Wirkt sich das Geschlecht tatsächlich auf das Einkommen aus? Oder vermitteln die Medien ein falsches Bild von der vermeintlich unterbezahlten Frau? Diese Fragen stehen bei diesem Essay im Fokus.
Einkommensungleichheit
Rund 50.000 Ergebnisse spuckt die Suchmaschine Google aus, wenn nach
"Einkommensungleichheit" gesucht wird. Dies ist relativ wenig, im Vergleich zu themenverwandten Begriffen. Über 850.000 Ergebnisse erscheinen beispielsweise bei der Suche nach "Ungleichheit Geschlechter". Ist das Thema der Einkommensungleichheit somit nur eine Randnotiz in der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen? Wird das Thema überbewertet und von einer Minderheit immer wieder neu aufgegriffen? Oder verbirgt sich dahinter ein gesellschaftlicher Traditionalismus, der im Mittelalter entstand und noch im 21. Jahrhundert weiterlebt? Das vorliegende Essay versucht sich diesem Thema anzunähern und dabei die Fragen zu beantworten, wie sich die Einkommensungleichheit in Ost- und Westdeutschland entwickelt hat, und wo die Ursachen der durchschnittlich geringeren Entlohnung von Frauen zu suchen beziehungsweise finden sind. Weiterhin wird betrachtet, in welchem Sinne vom Zusammenhang Einkommensungleichheit und Diskriminierung gesprochen werden kann und was comparable worth bedeutet, beziehungsweise, welche Strategien sich daraus ableiten lassen und ob diese die Einkommensungleichheit vermindern.
Die offiziellen Zahlen des Berichts der Bundesregierung zur Berufs- und Einkommenssituation von Frauen und Männern aus dem Jahr 2002, präsentieren erschreckende Zahlen. So war im Jahr 1997 das Durchschnittseinkommen einer westdeutschen Vollzeitbeschäftigten um 25% niedriger als das eines Mannes. In Ostdeutschland betrug die Differenz zwischen den Gehältern hier durchschnittlich 6%, ebenfalls zugunsten der Männer. Die Gehaltsunterschiede sind hierbei nicht immer auf unterschiedliche Berufs- und Tätigkeitsjahre, Qualifikationen, Tätigkeitsanforderungen oder Leistungsgrade zurückzuführen, sondern bisweilen auf die Zuordnung des Berufs in eine "Männerbranche" oder "Frauenbranche"1. Darf die Zuordnung eines Berufes eine Rolle spielen, wenn es um die Gehaltsverteilung geht? Darf für die gleiche Arbeit unterschiedlicher Lohn bezahlt werden, weil der Arbeitnehmer männlich ist? Nein. Aber wird sich daran was ändern?
Tarifverträge, mit denen die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer ausgestattet ist2, sollten auf den ersten Blick wenig Gestaltungsfreiraum für ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen bieten. Dies ist jedoch falsch. Schon bei den Grundvergütungen gibt es erhebliche Unterschiede, die zwar nicht zwangsläufig auf das Geschlecht zurückzuführen, aber es bei genauerer Betrachtung doch sind. Die Höhe der Grundvergütung richtet sich u.a. nach dem Lebensalter und der Berufserfahrung3. Dies ist insofern eine Benachteiligung der Frauen, da sie oftmals eine kürzere Dauer der Unternehmenszugehörigkeit haben4, was u.a. bedeutet, dass sie später in den Beruf einsteigen und somit von vornherein über weniger Berufserfahrung verfügen. Durch die Öffnung des Bildungsmarktes hat sich zudem die Ausbildungszeit der Frauen verlängert, so dass sie zwar über eine immer bessere Qualifikation verfügen, aber somit auch immer mehr reale Arbeitsjahre verlieren. Eine Ungerechtigkeit liegt somit in der Tatsache, dass eine hohe Qualifikation der Frau nicht automatisch zu einem hohen Einkommen führt, gerade im Vergleich mit gleichqualifizierten Männern. Dieses Phänomen ist besonders in den westdeutschen Bundesländern zu beobachten. In Ostdeutschland scheint die Einkommensungleichheit für Frauen etwas weniger drastisch zu sein, denn während 1997 eine in den alten Bundesländern Vollzeit beschäftigte Frau 75% des Jahresbruttoeinkommens eines vollerwerbstätigen Mannes verdiente, betrug der Vergleichswert in den neuen Bundesländern 94%. Kann hieraus nun der Schluss gezogen werden, dass die neuen Bundesländer ein Lohnparadies für Frauen sind? Im Hinblick auf die Angleichung der Lohnbezüge möglicherweise schon, aber hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten nicht. Der Lohnunterschied zwischen Ost- und Westdeutschland ist beachtlich, in Ostdeutschland ist das Lohnniveau wesentlich geringer, weswegen es auch weitaus geringere Einkommensdifferenzen gibt. Hierin liegt vielleicht auch ein Ansatz zur Lösung der Einkommensungleichheit. Allerdings ist diese Lösung praktisch nicht machbar, da die betreffenden Personen sich, verständlicherweise, darauf nicht einlassen würden: wenn, wie die Zahlen des Bundesberichts deuten, die Höhe des Durchschnittseinkommens eine Rolle für die Einkommensungleichheit spielt, müsste das ostdeutsche Lohnniveau als Vorreiter für Westdeutschland gelten können. Würden nun die Bezüge in den alten Bundesländern gekürzt werden, was vornehmlich die männlichen Arbeitnehmer beträfe, da diese wesentlich mehr verdienen als ihre ostdeutschen Kollegen, dann wäre mehr Geld vorhanden, welches auf die Frauen umverteilt werden könnte. Dieses Modell ist jedoch nur in der Theorie machbar, und auch dort gibt es noch viele gesetzliche Lücken. Aber ein Ansatzpunkt wäre hier gegeben. Welche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind noch zu verzeichnen und geben möglicherweise.
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1 Deutscher Bundestag (Hrsg), 2002, S.35
2 http://doku.iab.de/aktuell/2010/Tarifbindung%20der%20Beschaeftigten%202009.pdf (22.06.2010)
3 Deutscher Bundestag (Hrsg), 2002, S. 40
4 Deutscher Bundestag (Hrsg), 2002, S. 40
- Quote paper
- Steven Oklitz (Author), 2010, Einkommensungleichheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178652
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