Wer in Deutschland eine Lehre in der Landwirtschaft, Industrie, im Handel, Handwerk oder sogar im öffentlichen Dienst absolvieren möchte, wird sich in das duale System der Berufsausbildung eingliedern müssen. Dies trifft in Deutschland für ca. zwei Drittel eines Altersjahrganges zu und verdeutlicht die Wichtigkeit dieses Ausbildungssystems. Die Berufsschulen und die jeweiligen Betriebe teilen sich die Ausbildung der Jugendlichen. Das weltweit hoch gelobte System der dualen Berufsausbildung hat heutzutage mit beachtlichen Krisen zu kämpfen. Es wäre angezeigt das System umzustrukturieren, um den Gegebenheiten des aktuellen Arbeitsmarktes Rechnung zu tragen. Diese Hausarbeit wird sich mit der Krise des dualen Systems auseinandersetzen. Dazu werde ich in Kapitel 2 zunächst auf den historischen Hintergrund des dualen Systems eingehen. Zu seiner Entstehung habe ich die wichtigsten Punkte herausgearbeitet. Kapitel 3 ist der gegenwärtigen Situation des dualen Systems gewidmet. Es geht hier u. a. um die quantitative Entwicklung des Ausbildungsmarktes und um das Ausbildungsplatzwahlverhalten von Männern und Frauen sowohl in der Industrie als auch im Handel. In Kapitel 4 gehe ich auf die aktuellen Krisen des dualen Systems ein. Auf die zwei wohl gravierendsten Punkte komme ich in Kapitel 4.1 und 4.2 zu sprechen. In Kapitel 5 gebe ich einen kleinen Ausblick in mögliche Szenarien die eintreten könnten, um möglicherweise diese Probleme zu lösen. Dabei werde ich das Modell der Vollzeitschule behandeln (5.1), aktuelle Lösungswege der Integrationsprobleme aufzeigen (5.2) und letztlich noch die Lage in Deutschland mit Europa und der Welt vergleichen (5.3), denn viele Konzepte aus anderen Ländern könnten in Deutschland zukünftig übernommen werden.
Inhalt
1. Problemstellung
2. Historischer Hintergrund
3. Gegenwart
4. Krisen
4.1 Integrationsprobleme
4.2 Veränderungen im Berufsbild
5. Möglichkeiten in der Zukunft
5.1 Das Modell der Vollzeitschule
5.2 Lösung der Integrationsprobleme
5.3 Lösung der Probleme durch Konzepte aus dem Ausland
1. Problemstellung:
Wer in Deutschland eine Lehre in der Landwirtschaft, Industrie, im Handel, Handwerk oder sogar im öffentlichen Dienst absolvieren möchte, wird sich in das duale System der Berufsausbildung eingliedern müssen. Dies trifft in Deutschland für ca. zwei Drittel eines Altersjahrganges zu und verdeutlicht die Wichtigkeit dieses Ausbildungssystems. Die Berufsschulen und die jeweiligen Betriebe teilen sich die Ausbildung der Jugendlichen.
Das weltweit hoch gelobte System der dualen Berufsausbildung hat heutzutage mit beachtlichen Krisen zu kämpfen. Es wäre angezeigt das System umzustrukturieren, um den Gegebenheiten des aktuellen Arbeitsmarktes Rechnung zu tragen.
Diese Hausarbeit wird sich mit der Krise des dualen Systems auseinandersetzen. Dazu werde ich in Kapitel 2 zunächst auf den historischen Hintergrund des dualen Systems eingehen. Zu seiner Entstehung habe ich die wichtigsten Punkte herausgearbeitet. Kapitel 3 ist der gegenwärtigen Situation des dualen Systems gewidmet. Es geht hier u. a. um die quantitative Entwicklung des Ausbildungsmarktes und um das Ausbildungsplatzwahlverhalten von Männern und Frauen sowohl in der Industrie als auch im Handel. In Kapitel 4 gehe ich auf die aktuellen Krisen des dualen Systems ein. Auf die zwei wohl gravierendsten Punkte komme ich in Kapitel 4.1 und 4.2 zu sprechen. In Kapitel 5 gebe ich einen kleinen Ausblick in mögliche Szenarien die eintreten könnten, um möglicherweise diese Probleme zu lösen. Dabei werde ich das Modell der Vollzeitschule behandeln (5.1), aktuelle Lösungswege der Integrationsprobleme aufzeigen (5.2) und letztlich noch die Lage in Deutschland mit Europa und der Welt vergleichen (5.3), denn viele Konzepte aus anderen Ländern könnten in Deutschland zukünftig übernommen werden.
2. Historischer Hintergrund
Als geeigneten Ausgangspunkt für eine Darstellung der Entstehung des dualen Systems hält Steinmann es für sinnvoll, bei der Gewerbeordnung in Preußen von 1869 zu beginnen (vgl. Steinmann 2000, 21). Diese wird 1871 auf das deutsche Reich ausgedehnt.
Die Gewebeordnung erweist sich als wichtig und in dieser Zeit dringend notwendig, da durch sie die Ausbildung der Jugendlichen grundlegend verändert wird, denn die demographische Entwicklung hätte voraussichtlich zu einem schulischen Versorgungsengpass geführt. Der Mittelstand wird gestärkt, insbesondere das Handwerk, das als Schule der Nation neben der Armee dienen soll (vgl. Steinmann 2000, 22). Das Prüfungsmonopol wird von Handwerkskammern und Innungen übernommen, mit der Folge, die Meister verlieren ihre Vormachtstellung. Seit 1869 ist es nicht mehr notwendig, dass der Lehrling beim Meister wohnt. Dieser übernimmt auch nicht mehr die Vaterrolle, was dazu führt, dass keine Sozialisation sondern vielmehr nur eine Berufsausbildung stattfindet. Es besteht nunmehr ein Vertragsverhältnis und kein Vaterrollenverhältnis mehr. Der Lehrling lernt sowohl beim Meister als auch in der Schule (entsprechende Schulen werden in dieser Zeit gegründet). Der Meister verliert somit das Ausbildungsmonopol und muss zusätzlich den Lehrling entlohnen. Der Lehrling muss vom Meister für die Zeit der Schule freigestellt werden.
Auch die Handelskammern werden 1870 zuständig für die Überwachung der Ausbildung von Jungendlichen. Es werden Fortbildungsschulen gegründet, die allerdings 1890 heftiger Kritik ausgesetzt sind, da deren Gründung vorwiegend politischen Interessen dienen. 1892 wird vom deutschen Verein für Fortbildungswesen eine Reformierung der Fortbildungsschule gefordert. Ab 1885 wird diese Einrichtung Pflicht in Preußen. Es entstehen die ersten betriebseigenen Lehrwerkstätten.
Ab 1908 beginnt die Metallindustrie sich gegen das Prüfungsmonopol des Handwerks zu wehren. Es wird der DATSCH (= Deutscher Ausschuss für technisches Schulwesen) gegründet. Der DATSCH ist für die „Entwicklung, Systematisierung und inhaltlichen Festlegungen industrieller Lehrberufe“ (Steinmann 2000, 24) zuständig.
Ab 1920 wollen sich die Arbeitgeberverbände der Industrie vom Handwerk lösen und ab 1925 werden dann eigene Prüfungen in den Werken durchgeführt. Es werden gleichzeitig der AfB (Arbeitsausschuss für Berufsbildung) und das DINTA (Deutsche Institut für technische Arbeitsbildung) gegründet.
Die Ausbildung in der Industrie und im Handwerk unterscheiden sich erheblich. Während im Handwerk der Lehrling in die Produktion mit einbezogen wird, schon alleine weil der Meister nicht auf seine Arbeitskraft verzichten kann, werden die Lehrlinge in der Industrie in Werksschulen ausgebildet. Die Ausbildung hier übernehmen Ausbilder, während im Handwerk der Meister für die Ausbildung zuständig ist. Das industrietypische Ausbildungsmodell umfasst drei zentrale Dimensionen und zwar eine
1. institutionelle: Lehrwerkstätten und Lehrschulen
(vgl. Steinmann 2000, 24),
2. methodische: Neue Arbeits- und Lehrmethoden, standardisierte Lehrgänge, Lehrmittel usw. (vgl. Steinmann 2000, 24),
3. berufssystematische: Ausbildungsplan und Prüfungsanforderung
(vgl. Steinmann 2000, 24).
Durch diese drei neuen Dimensionen ist ein neuer Qualifikationstypus entstanden. Neben dem Gesellen im Handwerk gibt es nun den Facharbeiter in der Industrie.
Durch die Weltwirtschaftskrise geht die Anzahl der Lehrwerkstätten 1929 zurück und die Entwicklung der Lehrlingsausbildung ist ebenfalls rückläufig.
1933 versucht das DINTA und die NSDAP die gesamte Lehrlingsausbildung nach ihren Vorstellungen durchzusetzen. Dies wird jedoch vom Reichswirtschaftsministerium verhindert.
1938 endet endgültig das Ausbildungsmonopol des Handwerks. Die Industrie und Handelskammern sind nun für die Facharbeiterprüfung zuständig. Ebenfalls wird die Facharbeiterprüfung der Gesellenprüfung gleichgestellt.
Die Berufsschule ist während der NS Diktatur ein Auffangbecken für arbeitslose Jugendliche und die Ideologie der Nazis wird auch hier gelehrt. Es herrscht das Führerprinzip. Der DATSCH wird gleichgeschaltet und die Gewerkschaften aufgelöst. Dennoch entstehen in dieser zeit viele Fundamente für die Bildungspolitik der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Steinmann 2000, 26).
Nach der NS Zeit wird versucht, an die Strukturen von 1920 – 1930 anzuknüpfen. Die Industrie und Handelskammern nehmen 1947 ihre Arbeit wieder auf. Sie gründen die „Arbeitsstellen für die Berufserziehung“ (später: Arbeitsstellen für betriebliche Berufsausbildung = ABB). Eine Neubildung des deutschen Ausbildungssystems erfolgt in dieser Zeit nicht, aber am 14.08.1969 wird das Berufsbildungsgesetz (BBiG) erlassen.
Die wichtigsten Regelungen des BBiG:
- Regelungsbreite: Mit Ausnahme des öffentlichen Dienstes sind alle Wirtschafts- und Tätigkeitsbereiche in das duale System mit einbezogen
(vgl. Steinmann 2000, 27).
- Rolle der Kammern: Die Kammern sind private Körperschaften. Sie haben die zentralen Durchführungs- und Kontrollaufgaben im dualen System der BRD
(vgl. Steinmann 2000, 27).
- Ausbildungsordnungen regeln eine planmäßige, zeitliche und sachliche Gliederung der Ausbildungsgänge. Diese haben sowohl eine breite Grundbildung zu vermitteln, als auch die entsprechend notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse (vgl. Steinmann 2000, 27).
- Mitwirkungsrechte: Diese werden den Gewerkschaften, den Ländern sowie den Berufsschullehrern zugesprochen (vgl. Steinmann 2000, 27).
- Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BBIB) wird gegründet (vgl. Steinmann 2000, 27).
„[S]eit der Verabschiedung des Berufsbildungsgesetzes (1969) [hat] das „duale System“ der Berufsausbildung in nicht unerheblichem Maße sein Gesicht verändert[e]: (1.) der staatliche Einfluss auf die Berufsausbildung konnte wesentlich verstärkt werden, (2.) die Modernisierung und Vereinheitlichung der Ausbildungsberufe wurde ein gutes Stück vorangetrieben und (3.) das Prinzip einer gestuften Ausbildung [...] zumindest in Ansätzen konnte realisiert werden[...]“ (Greinert 1984, 5).
Ab 1970 wird das traditionale System der dualen Berufsausbildung in Deutschland erstmals kritisiert. Kritikpunkte sind die Leistungsfähigkeit, als auch die Strukturschwäche. Durch eine entsprechende Politik wurde in den 70er Jahren versucht, den Problemen entgegenzutreten. Hauptproblemfelder dieser Zeit waren:
- Die berufliche Grundbildung wurde eingeführt. Das Berufsgrundbildungsjahr (BVJ) gilt als vorbereitende Institution für das duale System und somit für das Finden von Ausbildungsplätzen auf dem freien Markt. Die Einführung des BVJ sorgte für heftige Kontroversen in der Politik (vgl. Steinmann 2000, 29).
- Über die Finanzierung des dualen Systems wurde ebenfalls heftig debattiert. Es war eine Berufsfondfinanzierung im Gespräch, die allerdings am Bundesrat scheiterte. Das 1976 verabschiedete Ausbildungsplatzförderungsgesetz scheiterte 1980 durch ein Gerichtsurteil des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Steinmann 2000, 29).
[...]
- Quote paper
- Sven Stumpf (Author), 2003, Das duale System Deutschlands. Krisen auch in der Zukunft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17863
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