Die aristotelische Ethik bewegt sich in ihren Fragestellungen innerhalb der Struktur der aristotelischen Theorie, welche im Gegensatz zu Platons Modell einer idealen Genese der Welt einen völlig anderen Ausgangspunkt ins Zentrum ihrer Reflexion gestellt hat. In den Augen Aristoteles ist die Weltordnung eine höchste Gegebenheit, die an sich evident und an sich notwendig ist in ihrer Unwandelbarkeit: Es geht nur darum, sie wahrzunehmen und zu beschreiben. Um zum Wissen zu gelangen, müssen die Differenzen, die Bestandteile, die Beziehungen und Korrespondenzen, immanente Zusammenhänge dieser Welt in ihren vielschichtigen Strukturen analysiert werden. Die drei Hauptunterscheidungen der aristotelischen Konzeption: Substanz-Akzidenz, Akt-Potenz und Form-Materie haben ihre Funktion darin, als intelli-gible Schemata der Darstellung einer geordneten Welt von autonomen Wirklichkeiten im Werden zu dienen. Innerhalb dieses Systems erfüllen dann noch die vier Ursachenbegriffe (causa formalis, causa mate-rialis, causa efficiens, causa finalis) den Zweck, die grundlegende Korrelation von Form und Materie zu präzisieren.
Der Mensch ist in diesem System zweckbestimmt und in die Spannung von dynamis und energeia so eingebunden, dass er sich der Bewegung innerhalb des Ganzen aufgrund seiner Bestimmung anpasst. Er muss sich in dieser gegebenen Welt gewissermaßen "systemimmanent" verhalten, da er sich dem Streben nach Realisierung seiner Form als vernünftiges Lebewesen weder entziehen kann, noch es autonom aus sich selbst entwickeln kann. Denn aufgrund von Aristoteles kosmologischer Bewegungslehre überträgt die göttliche energeia die Bewegung auf die Welt, indem sie selbst unbewegt, diese gleichsam "als Geliebtes" bewegt.
Der Begriff der Freundschaft im VIII. und IX. Buch der Nikomachischen Ethik unter dem Aspekt der "Gemeinschaft" als Grundwert der Aristotelischen Ethik.
I) Einleitung: Die Ethik innerhalb der aristotelischen Konzeption.
Die aristotelische Ethik bewegt sich in ihren Fragestellungen innerhalb der Struktur der aristotelischen Theorie, welche im Gegensatz zu Platons Modell einer idealen Genese der Welt einen völlig anderen Ausgangspunkt ins Zentrum ihrer Reflexion gestellt hat. In den Augen Aristoteles ist die Weltordnung eine höchste Gegebenheit, die an sich evident und an sich notwendig ist in ihrer Unwandelbarkeit: Es geht nur darum, sie wahrzunehmen und zu beschreiben. Um zum Wissen zu gelangen, müssen die Differenzen, die Bestandteile, die Beziehungen und Korrespondenzen, immanente Zusammenhänge dieser Welt in ihren vielschichtigen Strukturen analysiert werden. Die drei Hauptunterscheidungen der aristotelischen Konzeption: Substanz-Akzidenz, Akt-Potenz und Form-Materie haben ihre Funktion darin, als intelligible Schemata der Darstellung einer geordneten Welt von autonomen Wirklichkeiten im Werden zu dienen. Innerhalb dieses Systems erfüllen dann noch die vier Ursachenbegriffe (causa formalis, causa materialis, causa efficiens, causa finalis) den Zweck, die grundlegende Korrelation von Form und Materie zu präzisieren.
Der Mensch ist in diesem System zweckbestimmt und in die Spannung von dynamis und energeia so eingebunden, dass er sich der Bewegung innerhalb des Ganzen aufgrund seiner Bestimmung anpasst. Er muss sich in dieser gegebenen Welt gewissermaßen "systemimmanent" verhalten, da er sich dem Streben nach Realisierung seiner Form als vernünftiges Lebewesen weder entziehen kann, noch es autonom aus sich selbst entwickeln kann. Denn aufgrund von Aristoteles kosmologischer Bewegungslehre überträgt die göttliche energeia die Bewegung auf die Welt, indem sie selbst unbewegt, diese gleichsam "als Geliebtes" bewegt.
Die Ethik Aristoteles fügt sich dann auch konsequent in diese Welterfassung. So wie Aristoteles sich in seiner Wissenschaft darum bemüht, das Seiende als solches in seiner Konkretheit zu betrachten, so geht es in der Ethik darum, das menschliche Handeln in der Zerrissenheit der Welt so zu erfassen, dass es dem Einzelnen gelingen kann, zu werden, was er ist und sich auf seiner richtigen Ebene zu vollenden. Um der Phänomenalität dieser Welt in ihrer Vielfalt gerecht zu werden, bemüht sich Aristoteles um eine Systematisierung der Ethik in einem idealen Raum. Sämtliche Einzeltugenden werden deshalb nach zwei Fragestellungen untersucht:
1. Welches sind die Situationen, in denen sich Tugend manifestiert oder beobachtet wird, bzw. welches ist ihr Bereich, ihr Betätigungsfeld? und
2. Wie und in welchem Sinn ist sie eine Mitte?
Dadurch kommt er zu Definitionen, die nicht auf eine dynamische ethische Entwicklung zielen, sondern auf Beschreibung eines vollkommenen Zustandes, der lediglich Grenzwerte mit einbezieht, die jedoch nur die jeweilige Tugend in ihrer Idealisierung hervorheben sollen. Der Mensch ist zwar aufgefordert, die Tugenden einzuüben, aber er ist potentiell durch seine Natur fähig, sie aufzunehmen (Buch II der NE). Denn Aristoteles geht aus von einer Grundkonstellation in der Seele des Menschen, die es ihm ermöglicht, wie ein Stück Land, das den Samen nähren soll (Buch X der NE) auch den Samen der Belehrung in sich aufzunehmen.
Aristoteles zeichnet also keine Entwicklungsskizze hin zur Tugend, denn es geht ihm nicht um die platonische Sorge für die Seele, in welcher der Mensch sich um das Gute als unendliche Aufgabe bemühen muss. Seine Werthaftigkeit, seine Tugend steht einfach da, und das Handeln wird von dieser vollendeten Haltung ausgehend untersucht, welche als gegeben gesetzt ist. Wie komme ich zur Tugend und worauf gründet sie, sind nicht die aristotelischen Fragestellungen.
Der Glücksbegriff der aristotelischen Ethik unterstreicht dann auch diesen Zweck: Ziel des Menschen ist das Glück, welches eine Aktivität, eine energeia der Seele "gemäß" der Tugend ist, denn das Glück setzt bereits Arete voraus. Das Glück verbindet sich also nur mit der wesensgemäßen Tüchtigkeit zum obersten Gut, das von Aristoteles als das Endziel bezeichnet wird. Die Sittlichkeit bewegt sich hierbei im Rahmen der richtigen Handlung, der aristotelischen Mitte und entspricht nicht einer höheren Moralität, die sich an einem unbedingten Guten orientiert.
Das heißt, dass die aristotelischen Tugenden als Bestimmung sittlichen Handelns nicht wie ein mathematisches Prinzip a priori eingesehen werden, sondern Normen und Werte aus dem Gegebenen abstrahierend ermittelt und auf das Ziel des höchsten Gutes appliziert werden. Denn was ein oberster Wert und was Glück ist, gewinnt Aristoteles aus den bekannten Lebensformen (Buch I der NE).
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- M.A.phil. Sigrid Eckold (Author), 1996, Der Begriff der Freundschaft im VIII. und IX. Buch der Nikomachischen Ethik unter dem Aspekt der "Gemeinschaft" als Grundwert der Aristotelischen Ethik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178250
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