Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Ausbildung von Leitstellendisponenten (in bayerischen Feuerwehr- und Rettungsleitstellen) in Bezug auf Fähigkeiten der Gesprächsführung und Kommunikation mit Anrufern, die einen Notruf absetzten (Laien). Es wird der Frage nachgegangen, ob die bisherige Ausbildung ausreichend für eine qualitativ hochwertige Notrufabfrage ist. Ziel ist es Methoden anzubieten, mit deren Hilfe eine einheitliche, sichere und professionelle Telefonie für den „Notrufkunden“ zu jeder Tages- und Nachtzeit gewährleistet wird.
Die Bearbeitung erfolgt auf Grundlage der Auswertung aktueller Fachliteratur, ergänzt durch Expertenmeinungen und Erfahrungen aus dem eigenen Arbeitsfeld.
Im ersten Teil der Arbeit wird zunächst der Frage nachgegangen, durch welche Faktoren die tägliche Arbeit in der Leistelle bestimmt wird und es werden die einzelnen Faktoren, die zur Komplexität beitragen, analysiert und beleuchtet. Im weiteren Verlauf werden die bisherige, unübersichtliche „Leitstellenlandschaft“ und die Ausbildung der Personen, die zur Annahme von Notrufen berechtigt war, vor und nach dem Jahr 2002 (Verabschiedung des Gesetzes über die Errichtung und den Betrieb Integrierter Leitstellen) dargestellt.
Abschließend werden zwei Methoden vorgestellt, die diese Fähigkeiten im konkreten Arbeitsfeld verbessern sollte.
Im Ergebnis wird deutlich, dass die bisherige Ausbildung des Personals sehr unterschiedlich hinsichtlich des Umfangs, des Niveaus und nur bedingt ausreichend für den eigentlichen Kernprozess einer Leitstelle der Notrufannahme war. Dieser Zustand wurde erkannt und in der neuen, einheitlichen Disponentenausbildung an der staatlichen Feuerwehrschule Geretsried (SFSG) in Form von 14 Unterrichtseinheiten zum Thema „Gesprächsführung und Kommunikation“ implementiert. Der genaue Transfer der erlernten theoretischen Inhalte in den Arbeitsalltag muss jedoch in den Leistellen selbst erfolgen.
Hier bietet sich die Methode des „kollegialen Coachings“ an: Bei diesem so genannte Training-on-the-job wird der Mitarbeiter durch einen Kollegen hinsichtlich seiner Gesprächsführung gecoacht und zur Selbstreflexion angeregt. Bei der zweiten Methode handelt es sich um standardisierte Notrufabfrageprotokolle, die bereits in deutschen Großleitstellen genutzt werden und diverse Vorteile mit sich bringen, den Mitarbeiter aber auch hinsichtlich seiner Gesprächsführung stark einschränkt und an vorgegebene Schlüsselfragen bindet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Die Rolle der Leitstelle als Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und professionellen Rettungsinstitutionen
- Institutionsanalyse: Integrierte Feuerwehr- und Rettungs-Leitstellen unter Berücksichtigung des „Faktors Mensch" (Human Factors)
- Human Factors in der Leitstelle
- Fehler durch menschliches Handeln
- Arbeitsplatz Leitstelle und der Kernprozess „Notrufaöfrage" - Eine komplexe Tätigkeit in kritischen Situationen
- Faktoren von Komplexität
- Faktoren von Komplexität als System- bzw Situationskennzeicnen
- Faktoren von Komplexität: Anforderung an das Individuum
- Besonderheiten der Notrufabfrage als Kernprozess einer Leitstelle
- Die Anatomie einer Notrufmeldung nach dem Kommunikationsmodell von Schulz von Thun
- Die vier Elemente des Notrufgespräches
- Situationsanalyse
- Allgemeine Anforderungen an das Berufsbild „Leitstellendisponent"
- Rückblick: Notrufannanme und Alarmerunq vor dem Jahre 2002 in Bayern: Ausbildunq und Qualifikation des Personals
- Feuerwehreinsatzzentralen
- Rettunqsleitstellen
- Erstalarmierende Stellen: Polizeiinspektionen
- Nachalarmierende Stellen
- Notrutaötraqe und Alarmierung ab 2002 durch integrierte Leistellen
- Zusammenfassunq
- Ziele
- Verbesserung der Gesprächsführung und Kommunikation insbesondere bei der Notrutabfraqe
- Die zwei Aspekte der Kommunikation
- Methoden
- Standardisierte Notrufabtrageprotokolle
- Standardisierung und Handlungsmöglichkeiten bei der Notrufabtraqe
- Möqlichkeiten und Ziele der standardisierten Notrutabtraqeprotokolle
- Was bedeutet Qualität im Notrutdialoq?
- Die bisheriqe Nutzunq von SNAPS im deutschsprachigen Raum
- Protokolle vs. Leitlinien
- Aufbau von (medizinischen) Protokollen zur Notrutabfraqe im AMPDS
- Hiltehinweise - „Dispatch Support"
- Technische und personelle Voraussetzunqen tür die Nutzung von SNAPS
- Die Rolle des Leitstellenmtarbeiters bei der Nutzunq von SNAPS
- Kritische Beleuchtung der Nutzung von SNAPS
- Einführunq von SNAPS - was sollte beachtet werden
- Fazit für die Einführung standardisierter Notrutabfraqeprotokolle in bayerischen integrierten Leistellen
- Kollegiales Coachinq
- Einleitung
- Ziele des kollegialen Coachings
- Die Beteiligten im Kollegialen Coaching
- Der Coachinqöoqen
- Ablauf anhand der CITOC-Phasen
- Ertanrunqen und Ergebnisse aus dem ersten Coachinq in der Rettunqsleitstelle Bayreuth
- Rahmenbedingungen
- Ergebnisse, Schwierigkeiten und Anforderungen an den Coach
- AusbliCk
- Standardisierte Notrufabtrageprotokolle
- Abschließender Überblick
- Literaturverzeichnis:
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit untersucht die Ausbildung von Leitstellendisponenten in bayerischen Feuerwehr- und Rettungsleitstellen hinsichtlich ihrer Gesprächsführungskompetenzen. Ziel ist es, Methoden zu identifizieren, die eine einheitliche, sichere und professionelle Telefonie für den „Notrufkunden" gewährleisten. Die Arbeit basiert auf der Auswertung aktueller Fachliteratur, Expertenmeinungen und Erfahrungswerten aus dem eigenen Arbeitsfeld.
- Komplexität der Leitstellentätigkeit und die Rolle von Human Factors
- Bisherige Ausbildungssituation in Bayern vor und nach der Einführung integrierter Leitstellen
- Standardisierte Notrutabfrageprotokolle als Methode zur Qualitätssteigerung der Gesprächsführung
- Kollegiales Coaching als Methode zur Förderung der individuellen Gesprächsführungskompetenzen
- Bewertung der beiden Methoden und ihre Implikationen für die bayerische Leitstellenlandschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Rolle der Leitstelle als Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und professionellen Rettungsinstitutionen. Sie hebt die Bedeutung der Notrufaöfrage als ersten Schritt in der Rettungskette hervor und betont die Notwendigkeit von „non-technical Skills" wie Kommunikation und Gesprächsführung.
Kapitel 2 analysiert die Arbeit in der Leitstelle mit Hilfe der Human-Factor-Wissenschaft. Es werden Faktoren beleuchtet, die die Arbeit komplex machen, wie z.B. die Informationsfülle, Vernetztheit, Zeitdruck und das Risiko falscher Entscheidungen. Die Besonderheiten der Notrufaöfrage werden im Hinblick auf die Kommunikation mit medizinischen Laien und die Anwendung des Kommunikationsmodells von Schulz von Thun betrachtet.
Kapitel 3 gibt einen Rückblick auf die Notrufannanme und Alarmerunq in Bayern vor dem Jahr 2002. Es werden die unterschiedlichen Strukturen und Ausbildungsstandards in Feuerwehreinsatzzentralen, Rettunqsleitstellen, Erstalarmierenden Stellen und Nachalarmierenden Stellen dargestellt. Die Einführung des Gesetzes über die Errichtung und den Betrieb Integrierter Leitstellen (ILSG) im Jahr 2002 und die damit verbundene Strukturveränderung werden beschrieben.
Kapitel 4 definiert die Ziele der Arbeit, die Verbesserung der Gesprächsführung und Kommunikation insbesondere bei der Notrutabfraqe. Die beiden Aspekte der Kommunikation, Information und Interaktion, werden als Grundlage für die Suche nach geeigneten Methoden vorgestellt.
Kapitel 5 stellt zwei Methoden zur Verbesserung der Gesprächsführung und Kommunikation in bayerischen integrierten Leitstellen vor: Standardisierte Notrufabtrageprotokolle und Kollegiales Coaching. Die standardisierten Notrufaötrageprotokolle sollen durch verbindliche Schlüsselfragen eine qualitativ hohe und rechtlich abgesicherte Notrufaötrage gewährleisten. Das Kollegiale Coaching hingegen soll die Mitarbeiter in ihrer individuellen Gesprächsführungskompetenz unterstützen und durch Reflexion und Feedback ihre Fähigkeiten verbessern.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Gesprächsführung in Leitstellen, die Notrufaöfrage, die Ausbildung von Leitstellendisponenten, die Integration von Feuerwehr und Rettungsdienst, Human Factors, standardisierte Notrufaötrageprotokolle, kollegiales Coaching und die bayerische Leitstellenlandschaft. Die Arbeit beleuchtet die Herausforderungen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Kommunikation in Leitstellen, um eine sichere und effektive Hilfe für den Bürger in Not zu gewährleisten.
- Citation du texte
- Holger Sieber (Auteur), 2011, Ein Konzept zur Verbesserung der Gesprächsführung in bayerischen integrierten Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdienst, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/178034
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