„Jetzt sehe ich meine therapeutische Aufgabe darin, die in der Pathologie eines
Menschen oder einer Familie aufgestaute Energie so umzuformen und zu
transformieren, daß sie fruchtbar werden kann, ganz im Gegensatz zu meiner
früheren Ansicht, die sich auf die Beseitigung der Krankheit beschränkte. Man kann
diese Methode ‚gesundheitsorientiert‘ nennen, aber in Wirklichkeit ist sie mehr, also
nenne ich sie das ‚Selbstwertprozessmodell‘.“
1.1 Exkurs: Veränderungsprozess
Dieses Modell ist das logische Ergebnis von Satirs Thesen über den
Veränderungsprozess:
1.These: Menschen sind auf Veränderung und Wachstum ausgerichtet und von
jeder Art von Verwandlung fähig (diese Ausrichtung kann durch gestörte
Kommunikation oder Familienregeln blockiert werden)
- Familienregeln erwachsen aus Mechanismen, mit denen die Eltern ihren Selbstwert
aufrechtzuerhalten versuchen (sie sind also der Kontext, in dem auch die Kinder aufwachsen und ihren Selbstwert entwickeln)
- der Selbstwert der einzelnen Familienmitglieder beeinflußt das Familiensystem grundlegend
- darum ist der Hauptfaktor der Satirschen Methode die Unterstützung der einzelnen
Familienmitglieder bei der Steigerung ihres Selbstwerts
2.These: Jeder Mensch trägt bereits all das in sich, was er zu seiner Entfaltung
braucht
- der therapeutische Prozess besteht darin, den Klienten Zugang zu ihren eigenen Ressourcen
zu verschaffen und ihnen so zu neuen Bewältigungsfähigkeiten zu verhelfen
- in diesem Kontext ist das Symptom nur ein Ausgangspunkt, ein Hinweis für den
gegenwärtigen Stand der Bewältigung
- das Symptom liefert den Schlüssel für die Fehlfunktion (ABER: Der Fokus liegt auf dem Prozess,
der zu der Fehlfunktion geführt hat!)
3.These: Satir sieht die Familie als ein System, in dem jeder einzelne alle anderen
Personen oder Ereignisse beeinflußt und seinerseits davon beeinflußt wird
- kein einzelnes Familienmitglied kann allein für etwas verantwortlich gemacht werden
- Aufgabe des Therapeuten ist es, die umfassende Auffassung von „System“ für die Familie
lebendig werden zu lassen
4.These: Persönlichkeit und Überzeugung des Therapeuten sind seine wichtigsten
Handwerkzeuge
GLIEDERUNG
1. Selbstwertprozessmodell
1.1. Exkurs: Veränderungsprozess
1.2. Die Phasen des Selbstwertprozessmodells
1.2.1 Erste Stufe: Kontakt
1.2.2 Zweite Stufe: Chaos
1.2.3 Dritte Stufe: Integration
2. Persönlichkeit und Beruf des Familientherapeuten
2.1 Grundannahmen und Wertesystem
2.2 Menschliche und therapeutische Fähigkeiten
2.3 Ausbildung
2.4 „Self Care“ des Therapeuten und Selbstzentrierung
1. SELBSTWERTPROZESSMODELL
„Jetzt sehe ich meine therapeutische Aufgabe darin, die in der Pathologie eines Menschen oder einer Familie aufgestaute Energie so umzuformen und zu transformieren, daß sie fruchtbar werden kann, ganz im Gegensatz zu meiner früheren Ansicht, die sich auf die Beseitigung der Krankheit beschränkte. Man kann diese Methode ‚gesundheitsorientiert‘ nennen, aber in Wirklichkeit ist sie mehr, also nenne ich sie das ‚Selbstwertprozessmodell‘.“
1.1 Exkurs: Veränderungsprozess
Dieses Modell ist das logische Ergebnis von Satirs Thesen über den Veränderungsprozess:
1.These: Menschen sind auf Veränderung und Wachstum ausgerichtet und von jeder Art von Verwandlung fähig (diese Ausrichtung kann durch gestörte
Kommunikation oder Familienregeln blockiert werden)
- Familienregeln erwachsen aus Mechanismen, mit denen die Eltern ihren Selbstwert
aufrechtzuerhalten versuchen (sie sind also der Kontext, in dem auch die Kinder aufwachsen und ihren Selbstwert entwickeln)
- der Selbstwert der einzelnen Familienmitglieder beeinflußt das Familiensystem grundlegend
- darum ist der Hauptfaktor der Satirschen Methode die Unterstützung der einzelnen
Familienmitglieder bei der Steigerung ihres Selbstwerts
2.These: Jeder Mensch trägt bereits all das in sich, was er zu seiner Entfaltung
braucht
- der therapeutische Prozess besteht darin, den Klienten Zugang zu ihren eigenen Ressourcen
zu verschaffen und ihnen so zu neuen Bewältigungsfähigkeiten zu verhelfen
- in diesem Kontext ist das Symptom nur ein Ausgangspunkt, ein Hinweis für den
gegenwärtigen Stand der Bewältigung
- das Symptom liefert den Schlüssel für die Fehlfunktion (ABER: Der Fokus liegt auf dem Prozess,
der zu der Fehlfunktion geführt hat!)
3.These: Satir sieht die Familie als ein System, in dem jeder einzelne alle anderen
Personen oder Ereignisse beeinflußt und seinerseits davon beeinflußt wird
- kein einzelnes Familienmitglied kann allein für etwas verantwortlich gemacht werden
- Aufgabe des Therapeuten ist es, die umfassende Auffassung von „System“ für die Familie
lebendig werden zu lassen
4.These: Persönlichkeit und Überzeugung des Therapeuten sind seine wichtigsten
Handwerkzeuge
- der Therapeut muß davon überzeugt sein, daß der Mensch wachsen und sich verändern kann, daß er alle nötigen Ressourcen bereits in sich trägt und daß alle Probleme immer mehr als
eine Ursache haben
- er muß der Familie die Kongruenz vorleben, die sie entwickeln müssen
- wesentliche Fähigkeit: auf die unterschwelligen Botschaften in der Kommunikation wertungsfrei
reagieren zu können (denn das demonstriert der Familie neue Modelle der Kommunikation)
- die Menschlichkeit des Therapeuten ist wichtiger als seine Sachkenntnis!
1.2 Die Phasen des Selbstwertprozessmodells
Das Selbstwertprozessmodell von Virginia Satir lässt sich in 3 Stufen einteilen:
1.2.1 Erste Stufe: Kontakt aufnehmen
Beginn der ersten Stufe: wenn der Therapeut der Familie begegnet
Ende der ersten Stufe: wenn der Therapeut genug Informationen gesammelt hat
und genügend Vertrauen etabliert hat, um mit der
nächsten Stufe beginnen zu können
Erste Aufgabe des Therapeuten: Schaffen einer angenehmen Atmosphäre, in der
Hoffnung und Vertrauen möglich werden
- auf dieser Grundlage können die einzelnen Familienmitglieder nach und nach die für eine
Veränderung nötigen Risiken auf sich nehmen
METHODEN:
- zur Begrüßung jedem einzelnen Familienmitglied die Hand schütteln (oder auf andere Weise zu
Jedem einzelnen Kontakt herstellen!)
- der Therapeut muß wertungsfrei auf negative Beschreibungen von Ereignissen reagieren, da
die Familienmitglieder ohne Angst vor Sanktionen etwas von sich oder den anderen offenlegen
können müssen
- in dieser Anfangsphase ist die therapeutische Arbeit bereits in vollem Gange
- nach Satir muß der Therapeut zuerst von jedem einzelnen Familienmitglied akzeptiert sein, bevor er der Familie seine Sichtweise der Bedeutung von Situationen nahebringen kann
[...]
- Citation du texte
- Judith Hilden (Auteur), 2003, Selbstwertprozessmodell und Persönlichkeit des Therapeuten nach V. Satir, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17798
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