Hans Bokemüller (1989-1911) aus Aschersleben war Flugschüler bei dem französischen Rad-Rennfahrer und Fluglehrer Gabriel Poulain (1884-1953)auf dem Flugplatz Berlin-Johnanisthal. Bei seinen Flugversuchen verunglückte er tödlich. Er war weltweit der 50. Absturz seit Bestehen der Flugkunst, der 12. im Jahre 1911, der vierte im Monat Mai 1911, aber der erste in Berlin-Johannisthal und der fünfte in Deutschland.
Über sein kurzes Leben wird im Heft 4 der Dokumentenreihe über die Geschichte des Flugplatzes und seiner Flugzeuführer berichtet.
Inhalt
Anmerkungen der Autoren
Kurzbiografie Hans Bockemüller
Hans Bokemüller in Johannisthal und der Kontakt zu Mellei Beese
Das Flugunglück am 11. Mai 1911
Sein Fluglehrer Gabriel Poulain
Weitere Unglücksfälle im Jahre 1911
Lageskizze des Flugplatzes im Mai 1911
Presseveröffentlichungen zum Flugzeugunglück Bokemüllers
Todesanzeigen Bokemüller in der Heimatzeitung Aschersleben
Lageplan des Flugplatzes Johannisthal Ende 1910
Personenregister
Quellen
Zeitungen
Literatur
Bildnachweis
Anmerkungen der Autoren
Der Johannisthaler Flugplatz - der erste Motorflugplatz Deutschlands - existiert nicht mehr. Er hat 1945 mit der letzten Landung des Flugzeugs Lissunow Li-2 aus Moskau und 1995 mit einer historischen Flugschau endgültig ausgedient. Am 26. September 2009 wurde der 100. Jahrestag des ehemaligen Flugplatzes Adlershof-Johannisthal begangen.
Heute stehen viele neue Häuser auf dem Flugfeld und fast nichts erinnert mehr an diesen historischen Ort. Kennen die jetzt dort angesiedelten Haus- und Grundstückbesitzer die Geschichten, die mit den Straßen - benannt nach Luftfahrtpionieren - verbunden sind? Obwohl dort selbst auf dem Platz nicht wohnhaft, interessierte uns, ob noch zeitgeschichtliche Bilder und Dokumente aufzufinden wären, die über diese Personen Auskunft geben. Wir begannen zu recherchieren, nachzulesen und zusammenzutragen. Während unserer Spurensuche hatten wir Kontakt mit vielen uns bisher unbekannten Menschen, die uns ausnahmslos freundlich anhörten und - soweit es ihnen möglich war aktiv und mit Interesse unterstützten.
Dieser Bericht ist keine wissenschaftliche Arbeit und kann auch nicht als vollständiger Lebenslauf betrachtet werden. Sie soll dem interessierten Leser zum Zurückschauen und Erinnern an einen der verunglückten mutigen Flugschüler dienen.
Zur Vervollständigung und Ergänzung sind wir weiterhin an Erlebnisberichten, Dokumenten und Fotografien über Hans Bokemüller interessiert.
Berlin-Johannisthal, August 2011
www.johflug.de
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hans Bokemüller
Beschreibung: Großer hagerer Mann, hilfsbereit, kameradschaftlich
Über das Leben des Flugschülers Hans Bokemüller ist wenig bekannt, auch nicht über seine Verwandten oder Nachkommen. Er war der einzige Sohn seiner Eltern. Mit 21 Jahren war er leidenschaftlicher Motorradfahrer und kam im November 1910 nach Johannisthal.
Die Schreibweise seines Familiennamens wird in Büchern unterschiedlich angegeben (Bo c kemüller, B r ockemüller, Brocke n müller, B oo cke n müller).
1916 lautete seine Todesanzeige, aufgegeben von seinem Vaters, Karl Bokemüller, auf Bokemüller und wurde in der vorliegenden Dokumentation als die richtige Schreibweise angenommen.[1]
Zum Zeitpunkt seines tödlichen Unfalls hatte er noch keinen Flugschein und war somit kein eingetragener Flugzeugführer.
Hans Bokemüller war der 50. Absturz seit dem Bestehen der Flugkunst, der 12. im Jahr 1911, der vierte im Monat Mai 1911, aber der erste in Johannisthal und der fünfte in Deutschland.
Bokemüller in Johannisthal
Es war Hans Bokemüller, der Amelie (Melli) Beese (1886-1925), die erste Pilotin Deutschlands, im November 1910 auf dem Flugplatz traf, als sie sich um eine Anstellung bei den Albatros-Werken bemühte und das Fliegen erlernen wollte. Er nahm sie mit in das „Tribünenrestaurant Troppens“ und in das „Fliegercafe Senftleben“[2]. Dort lernte sie durch ihn einige Piloten kennen. Später traf er Melli Beese ein zweites Mal auf dem Flugfeld, als er dort mit seinem grünen Opel unterwegs war.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Melli Beese
Er machte sie mit Rudolf Kiepert (1888-1955) und Robert Thelen (1884-1968) von der „Ad Astra Fluggesellschaft“ bekannt. Dort sollte sie das Fliegen lernen. Auch durch den Kontakt zu Bokemüller lernte sie ihren späteren Flugzeugführer und Ehemann Charles Boutard (1884-1951) kennen. Ihre erste Wohnung in Johannisthal hatte sie auch Hans Bokemüller zu verdanken, der sich über „ Mutter Senftleben “ für die Vermittlung eines Untermietsverhältnisses in der damaligen Parkstr. 19, 1. Stock, bei Frau Winkler (verstorben 1917) einsetzte. Sie wohnte dort bis Herbst 1911 und konnte von dort direkt auf das Flugfeld sehen und war nur wenige Meter vom Haupteingang des Flugplatzes Johannisthal entfernt.[3] 1939 schrieb Adalbert Norden sein Buch „Flügel am Horizont“, welches Melli Beese und ihren Kameraden gewidmet war, u. a. über das „Cafe Senftleben“ und Hans Bockemüller:
„… als sie das kleine Cafe an der Parkstra ß e zum ersten Mal wieder betrat, wurde auf ihren Tisch ein winterlich spärliches Blumensträu ß chen gestellt. Rufe, Fragen, Begr üß ungen flogen herüber. Der kleine Hanuschke [4], Bokemüller, der gelassene Schweizer Rupp von den Albatroswerken, Benno K ö nig, der stille nachdenkliche Dorner [5], dessen erste Maschine gerade ihre ersten Flüge machte, Georg Schendel - sie alle warben in ehrlicher Herzlichkeit um die junge Fliegerin und boten ihr die Hand der Kameradschaft.
Am 11. Mai 1911, Melli Beese ist gerade in ihrer Untermietswohnung in der Parkstra ß e bei ihrer Vermieterin Frau Winkler aufgestanden, da krachte die Paulain-Maschine von Hans Bokemüller gegen das alte Posthäuschen, drückte ihm die scharfe Dachkante wie ein Pfeil in den Brustkasten.
Es waren nur wenige Augenzeugen auf dem Feld. Was sie erzählten, bestätigte Mellis Befürchtungen. Bockemüller, dessen Schulung sich bisher auf Rollversuche mit einer leichtmotorigen Maschine beschränkt hatte, war um 05.10 Uhr mit dem hundertpferdigen Eindecker gestartet.
Vor einer pl ö tzlich aus dem Dunst herauskommenden Barriere zog er das H ö hensteuer, erkannte im Nebel zu spät das kleine Posthäuschen und rannte mit 70 Stundenkilometer in die berstenden Bretter.
Als sich die stillen Gruppen der Piloten und Flugschüler den Ausgängen des Flugfeldes näherten, um bei Senftleben den Morgenkaffee nachzuholen, sprach niemand ein Wort. Nur die vielen Augen blickten zu den steilen Fahnenmasten empor, an denen zum ersten Mal die stolzen Flaggen auf Halbmast niedergingen. “ [6]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Telegrafenamt/Posthaus, rechts „ Kaiserlicher Aero-Club “ .
In der „B.Z.“ noch am 11. Mai 1911 und in der „Deutschen Zeitschrift für Luftschiffahrt“ vom 12. Mai 1911 wurde über Hans Bokemüller, berichtet:
„ Am Donnerstag, den 11. Mai 1911 wollte der Poulainschüler Hans Bokemüller um etwa 5 Uhr morgens Rollversuche machen, als ihm auf der Rudower Seite ein Angestellter des Flugplatzes entgegenkam. Bokemüller bemerkte diesen bei dem Morgennebel zu spät und zog, um ihn nicht zuüberfahren, das H ö hensteuer. Dabei muss er wahrscheinlich auch die Seitensteuerung in Tätigkeit gesetzt haben, denn der Apparat machte pl ö tzlich eine Rechtsschwenkung,überflog die Barriere und sauste in das noch auf dem früheren Tribünenplatz stehende alte Posthäuschen hinein.
Von seinem Sitz heruntergehoben, verstarb er nach einigen Minuten, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Der Arzt stellte innere Blutungen und Zerrei ß ungen der Lunge fest “ .
Seine Leiche wurde in den Poulainischen Flugzeugschuppen gebracht. Der zertrümmerte Poulain-Eindecker hatte sich beim Zusammenstoss bis an die Flugzeugträger in die Hauswand eingerammt. Hans Bokemüller war der Sohn eines Lehrers in Aschersleben und erst 23 Jahre alt. Von Beruf war er Kaufmann. Schon seit mehreren Jahren war er leidenschaftlicher Motorradfahrer und vom Motorradsport kam er zum Flugsport.
Im November 1910 kam Bokemüller nach Berlin, um bei Gabriel Poulain auf dem Flugplatz Johannisthal das Fliegen zu erlernen. Schon vor längerer Zeit erlitt der junge Flugschüler einen Unfall, bei dem sein Apparat in Trümmern ging, er selbst aber ohne wesentliche Verletzungen davonkam. Hans Bokemüller war in Johannisthal wegen seines liebenswürdigen, bescheidenen Wesens sehr beliebt. Am Vortage weilte er noch bis ziemlich spät abends im Restaurant „ Bürgergarten “ , wo er vergnügt dem Tanze huldigte und Billard spielte. Seine Eltern in Aschersleben sind von dem unglücklichen Ende ihres Sohnes in Kenntnis gesetzt worden “.[7]
Der im Artikel genannte unbekannte Angestellte war der Flugplatzfotograf Franz Fischer. Er bannte alles auf seine Platte, was auf dem Flugplatz geschah. Dabei half ihm Herr Gr ö ne, genannt „ Wurzelsepp “, der Platzaufseher des Direktors Major a. D. Georg von Tschudi (1862-1928). Gr ö ne bekam von Fischer eine Provision. Fischer verkaufte nicht nur an Zuschauer, abends schickte er seine neusten Bilder an die Zeitungsredaktionen, überwiegend an die B.Z. am Mittag. Der Direktor Georg von Tschudi kassierte dafür auch von Fischer, denn der Fotograf konnte sich auf dem Flugfeld ungehindert bewegen. Auf dem Flugplatz gab es nichts umsonst!
Im Buch von Hans Ahner wurde das Unglück vom 11. Mai 1911 wie folgt beschrieben:
…“ Drau ß en tauchte pl ö tzlich ein Radfahrer aus dem Dunst auf. Es war Fischer, der Flugplatzfotograf. Er hatte keinen Fotoapparat, wie sonstüblich, bei sich, gestikulierte wild mit dem linken Arm und rief aufgeregt: Haben sie Poulain gesehen? Wo ist er? Melli Beese wies auf den Schuppen. Fischer fuhr in rasendem Tempo davon.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Franz Fischer
[...]
[1] Siehe Brief der Stadt Aschersleben, Stadtarchiv, Postfach 1355, 06433 Aschersleben. 7
[2] Heft 3 „Cafe und Conditorei Senftleben“ der Dokumentenreihe über den Flugplatz Johannisthal 1909-1914.
[3] Hans Ahner, „Sturz in die Tiefe“ (über Bokemüller Seite 14).
[4] Heft 5 „Bruno Hanuschke - Das Küken vom alten Startplatz (1892-1922)“ aus der Dokumentenreihe über den Flugplatz Johannisthal 1909-1914.
[5] Heft 11 „Der Einzelkämpfer Dorner (1882-1963)“ aus der Dokumentenreihe über den Flugplatz Johannisthal 1909-1914.
[6] Adalbert Norden, Buch „Flügel am Horizont“
[7] „B.Z.“ vom 11. Mai 1911 und „Deutsche Zeitschrift für Luftschiffahrt“ (DZL) vom 12. Mai 1911. 10
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