Die vorgelegte Arbeit beschäftigt sich mit verschiedenen Risikomanagementansätzen, die im Bereich M&A angewendet werden. Dabei werden sowohl potentielle Risiken aufgezeigt als auch die entsprechenden Managementvarianten beschrieben. Die Arbeit ist dabei sehr praxisorientiert und greift an vielen Stellen auf reale Beispiele zurück.
1. Einführung in die Thematik
In der heutigen Finanzwelt stellen Fusionen und Übernahmen (M&A) einen nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil der Unternehmens- und Investitionspolitik dar. Die große Anzahl an Möglichkeiten und Chancen, die sich durch solche Transaktionen (im englischen „Deals“ genannt) ergeben, stehen jedoch einer nicht minder großen Anzahl an Faktoren gegenüber, die zu einem großen Risiko im Verlauf einer M&A Transaktion führen können.
In der jüngeren Vergangenheit wurden die Risiken einer M&A Transaktion insbesondere in der Übernahme des niederländischen Bankenkonzerns ABN Amro durch ein Käuferkonsortium aus der Royal Bank of Scotland (RBS), dem niederländisch-belgischen Finanzkonzern Fortis und der spanischen Bank Santander (Banco Santander) im Jahre 2007 deutlich, die mit einem Volumen von über 70 Milliarden Euro die bisher größte Transaktion im Bankenbereich darstellt.[1]
Die zu neunzig Prozent durch Barmittel finanzierte Übernahme führte nicht einmal zwei Jahre nach Abschluss dazu, dass die leitende Konsortialbank Royal Bank of Scotland in ihrem Jahresabschlussbericht für das Jahr 2008 einen Verlust von insgesamt 28 Milliarden Pfund (nach damaligem Wechselkurs rund 31 Milliarden Euro) ausweisen musste. Dieser Verlust setzte sich insbesondere aus Goodwill Abschreibungen zusammen, die aus der Übernahme der ABN Amro resultierten. Laut dem damaligen Chef der Royal Bank of Scotland, Stephen Heste, belief sich der Anteil der ABN Amro Goodwill Abschreibung an der Summe der Gesamtabschreibungen von rund 20 Milliarden Pfund auf annährend fünfzig Prozent, also einem Wert von 10 Milliarden Euro.[2]
Folgerichtig zählte die RBS zu einer der ersten Banken, die in der weltweiten Finanzkrise verstaatlicht werden musste. Noch heute ist der britische Staat mit Abstand der größte Anteilseigner der RBS. Auch das zweite Mitglied des Konsortiums, der niederländisch-belgische Finanzkonzern Fortis, brach unter den Lasten dieser M&A Transaktion zusammen und konnte nur durch das Eingreifen der Staaten Belgien, Niederlande und Luxemburg vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt werden. Der Anteil von Fortis an der Transaktion hatte sich auf die Summe von 24 Milliarden Euro belaufen.[3]
Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass Fusionen und Übernahmen gerade in Zeiten boomender Märkte und hoher Aktien- bzw. Unternehmenswerte mit sehr großen, wenn nicht sogar existentiellen Risken verbunden sind. Daher ist ein gutes und umfassendes Risikomanagement, das die Transaktion analysiert und versucht mögliche Risiken aufzuzeigen und frühzeitig durch geeignete Maßnahmen auszuschließen, von großer Bedeutung.
Diese Arbeit wird sich im Folgenden mit den verschiedenen Stufen des Risikomanagements beschäftigen. Dabei wird zunächst in Kapitel zwei aufgezeigt, wodurch grundsätzlich Risiken bei M&A Transaktionen entstehen können und welche Ursachen dahinter stehen. Das Verständnis dieses Fundaments ist notwendig um die unter Kapitel drei aufgezeigten phasenbezogenen Risiken und deren Management besser zu verstehen und einordnen zu können. So ergeben sich im Vorfeld einer Transaktion ganz andere Risiken für das Käuferunternehmen und das sogenannte „Target“ (das rezessive Unternehmen), als nach Abschluss der eigentlichen Transaktion. Entsprechend muss hier das Risikomanagement an den Stand des Transaktionsprozesses angepasst werden.
Den eigentlichen Kern der Arbeit stellen jedoch die Instrumente des Risikomanagements dar. So werden in Kapitel vier mit den „Contingent Value Rights“ (CVR) und dem „Staged Acquiring“ zwei bekannte Instrumente vorgestellt. Kapitel fünf wird anschließend die Thematik des Collar aufnehmen und detaillierter betrachten, um ein tiefgehendes Verständnis für die Funktionsweise dieses Risikomanagementinstrumentes zu gewinnen.
2. Betrachtung von Transaktionsrisiken
Um die Bedeutung eines umfassenden und effektiven Risikomanagements begreifen zu können, ist es zunächst nötig zu verstehen, welche Risiken eine potenzielle M&A Transaktion begleiten und welche Kosten diese verursachen können. Um dies besser veranschaulichen zu können, definiert man einen Wert für das eingegangene Risiko, der in englischer Fachliteratur als „value at risk“ (vgl. Bruner (2004), S.637) bezeichnet wird. Dieser setzt sich sowohl aus monetären Größen wie insbesondere den Ausgaben für Recherche – und Analysearbeit oder Beratungskosten, als auch aus immateriellen Elementen wie dem potentiellen Verlust von Unternehmensreputation oder Zeitverlust zusammen.
Ziel des Risikomanagements ist es nun, Transaktionen auf ihren spezifischen value at risk hin zu überprüfen und diesen durch geeignete Strategien und Maßnahmen zu minimieren. Vorraussetzung dafür sind detaillierte Kenntnisse über mögliche Ursachen und Quellen transaktionsspezifischer Risiken, welche durch ausgewählte Beispiele im Folgenden genauer betrachtet werden sollen.
2.1 Wertverlust der Käuferaktien bei Durchführung eines „share-for-share-deals“
Bei M&A Transaktionen, die auf Basis eines Aktientauschs durchgeführt werden (share-for-share-deal), bestimmt der Aktienkurs des Käuferunternehmens den eigentlichen monetären Wert des Angebots. Dies führt jedoch zu der Problematik, dass schwankende Aktienkurse die Unsicherheit einer Transaktion auf Basis eines Aktientauschs im Vergleich zu einem auf einer Barzahlung basierenden Angebot deutlich erhöhen. So kann ein Verfall des eigenen Aktienkurses kurz nach Ankündigung des Übernahmeangebots, ein laut wissenschaftlichen Studien oft auftretendes Phänomen (vgl. Bruner (2004), S. 637), dazu führen, dass das Käuferunternehmen bei Durchführung der Transaktion deutlich mehr eigene Aktien eintauschen muss, um den anvisierten Kaufpreis aufbringen zu können, als ursprünglich vorgesehen. Bei hoch volatilen Märkten kann dies soweit führen, dass beispielsweise bei der Ausgabe von neuen Aktien zur Finanzierung der Transaktion wesentlich mehr Aktien emittiert werden müssten und bisherige Anteilseigner des Unternehmens durch die auftretende Verwässerung ihrer Anteile einen enormen Wertverlust und eine Verminderung ihres Einflusses zu verschmerzen hätten. Dieser Sachverhalt kann insbesondere einflussreiche Großaktionäre wie Hedge Fonds, die im Fall der Deutschen Börse AG auf Grund ihres großen Aktienteils sogar maßgeblich die Unternehmenspolitik beeinflussen[4], gegen eine Durchführung der Transaktion aufbringen und somit ein großes Risiko für einen erfolgreichen Abschluss darstellen. Diese Problematik wird insbesondere in den Kapiteln vier und fünf aufgegriffen werden.
2.2 Konkurrierende Bieter
Die Identifizierung des richtigen Preises ist einer der komplexesten Vorgänge bei der Durchführung von M&A Transaktionen und durch viele unterschiedliche Faktoren gesteuert. So suggeriert der endgültige Preis eines Angebots nicht zwangsläufig den Wertgehalt, den der Bieter dem Unternehmen, für das er bietet, beimisst. Vielmehr kann eine geschickte und intelligente Preispolitik die Risiken einer M&A Transaktion enorm reduzieren, insbesondere dann, wenn der Bieter in der Lage ist durch eine gute „Due Dilligence“ (vgl. Kapitel 3.2) einen fairen Wert für das Target zu bestimmen und diesen dann durch einen hohen Barmittelanteil im Übernahmeangebot absichert. Die Preisschwankungen, die unter 2.1 dargestellt wurden, lassen sich auf diese Weise deutlich reduzieren.
Der Preis kann sich jedoch auch zu einem großen Risiko für den Verlauf einer M&A Transaktion entwickeln, gerade dann, wenn es mehrere Bieterunternehmen für ein potenzielles Target gibt. Schlussendlich entscheidet in einer solchen Situation der final angebotene Preis darüber, wer bei der Übernahme zum Zug kommen wird. Denn Erfolg oder Misserfolg einer Übernahme sind letztlich dadurch gekennzeichnet, wie viele Aktionäre den angebotenen Preis akzeptieren und im Gegenzug ihre Aktien an den Bieter verkaufen. Entsprechend hoch ist die Versuchung für konkurrierende Bieterunternehmen, den jeweils Anderen durch das Überbieten des aktuellen Angebotes auszustechen. Dieses „competitive bidding“ führt jedoch in den meisten Fällen zu einer zu hohen Bewertung des Targets, was sich als ernstzunehmendes Risiko für den nachhaltigen Erfolg einer M&A Transaktion darstellen kann (vgl. Bruner (2004), S. 638). Das Einführungsbeispiel der Übernahme der ABN Amro durch das Bankenkonsortium um die Royal Bank of Scotland unterstreicht diesen Risikoaspekt sehr deutlich, führte doch genau hier die deutlich zu hohe Bewertung des Targets zu Goodwillabschreibungen in Milliardenhöhe bei den Konsortialbanken.
2.3 Intervention von Regulierungsbehörden
Regulierungsbehörden stellen gerade in Branchen, in der sich nur einige wenige Unternehmen den Gesamtmarkt teilen, ein nicht zu unterschätzendes Risiko für erfolgreiche M&A Transaktionen dar. Hier kommt besonders zu Geltung, dass bereits die Vorbereitung einer Transaktion mit zum Teil sehr hohen Kosten verbunden sein kann, die sich wie Eingangs erwähnt vor allem aus Analyse- und Beratungskosten zusammensetzen. Diese müssen die Unternehmen aufwenden noch bevor von Seiten der Regierungsbehörden geklärt ist, ob die Transaktionen auch rechtlich durchgeführt werden kann. Die Eisenerzindustrie liefert hier ein gutes Beispiel, da sich dieser Markt im Wesentlichen auf die drei Minenunternehmen BHP Billiton plc, Rio Tinto plc und Vale aufteilt. So planen Rio Tinto und BHP zur Zeit die Zusammenlegung ihres Eisenerzgeschäfts[5], was in den Augen einiger Analysten endgültig zur Bildung eines Eisenerzkartells führen würde.[6] Auf Grund der ohnehin schon großen Marktmacht der drei noch selbstständigen Unternehmen würden die Kartellbehörden einer weiteren Konsolidierung aus Wettbewerbsgründen wohl nicht zustimmen, die Kosten im Vorfeld dieser theoretischen Transaktion müssten jedoch trotzdem aufgewendet werden. Den Unternehmen würden in der Folge hohe sogenannte „sunk costs“, also Kosten ohne Nutzen entstehen. In diesem hypothetischen Beispiel ist die Ausgangslage relativ eindeutig, jedoch gibt’s es viele Branchen, in denen Entscheidungen der Wettbewerbshüter nur sehr schwer zu prognostizieren sind. Sie stellen somit eine große Unbekannte innerhalb des M&A Transaktionsprozesses dar.
3. Phasen des Risikomanagements
M&A Transaktionen lassen sich trotz ihrer stets sehr individuellen Gestaltung im Wesentlichen in drei Phasen unterteilen (vgl. Bruner (2004), S. 640). Jede dieser Phasen ist durch bestimmte Risiken gekennzeichnet, die durch ein geeignetes Risikomanagement kompensiert werden müssen. Dabei ist es von großer Wichtigkeit zu verstehen, welche Charakteristiken die einzelnen Stufen des Transaktionsprozesses aufweisen und welche Risiken durch sie entstehen können. Aufbauend auf die Kenntnisse über generelle Risikofaktoren aus Kapitel zwei werden im Folgenden einige Strategien zur Minderung des Risikos in den verschiedenen Transaktionsphasen vorgestellt. Dieses Wissen stellt eine Grundlage für das Verständnis der unterschiedlichen Instrumente des Risikomanagements dar, die in den Kapiteln vier und fünf dieser Arbeit thematisiert werden.
3.1 Phase im Vorfeld der Ankündigung der Transaktion
Im Vorfeld einer geplanten Transaktion werden sich die beteiligten Parteien zumeist auf mehrere unterschiedliche Ablaufszenarien einstellen. Dies liegt besonders in der Tatsache begründet, dass eine genaue Prognose der Marktreaktion auf die Ankündigung der Transaktion praktisch nicht aufzustellen ist. Auf Grund des meist sehr großen Streubesitzes der Aktien hochkapitalisierter Unternehmen kann statistisch davon ausgegangen werden, dass die Transaktion stets nur einem gewissen Prozentsatz der Aktionäre grundsätzlich zusagen wird. Wie hoch dieser Prozentsatz am Ende ausfällt, hängt vor allem davon ab, welche Rendite für die Inhaber der Aktien bei Durchführung der Transaktion durchschnittlich zu erwarten ist. Über die transaktionsbedingten Renditen lassen sich im Vorfeld der Transaktion jedoch nur Mutmaßungen anstellen, was sich in einer erhöhten Volatilität der beteiligten Aktien niederschlägt.
Neben diesem generellen Risiko, welches sich wie bereits unter 2.1 veranschaulicht insbesondere bei share-for-share-deals stark negativ auswirken kann, existieren sowohl auf Seite der Käuferunternehmen als auch auf Seite der potenziellen Targets phasenspezifische Risiken, die sich durch ein strategisch gut geplantes Risikomanagement deutlich abschwächen lassen. Bei den potentiellen Targets stellt schon die Möglichkeit einer feindlichen Übernahme ein Risiko für das eigene Unternehmen dar, welches jedoch durch den geschickten Einsatz von Anti-Übernahme Taktiken deutlich abgeschwächt werden kann (vgl. Berk, DeMarzo (2007), S. 888ff.). Auf Seite der Käuferunternehmen besteht hingegen die Möglichkeit, im Vorfeld einer geplanten Übernahme durch den Erwerb einer nicht meldepflichtigen Aktienposition des potentiellen Targets bereits einen ersten Eindruck von relevanten Kenngrößen zu erlangen. Die Meldepflicht bei Aktienbesitz orientiert sich am prozentualen Anteil der gehaltenen Aktien an der Gesamtanzahl handelbarer Aktien und setzt beispielsweise in Deutschland aktuell ab einem Anteil von drei Prozent ein.[7] Dies bedeutet, dass das Käuferunternehmen bis zu 2,99 Prozent der Aktien des potenziellen Targets besitzen kann, ohne dies öffentlich bekannt geben zu müssen. Diese Minderheitsbeteiligung wird in englischer Fachliteratur als „toehold stake“ bezeichnet und kann sich in vielerlei Hinsicht als risikominderndes Element erweisen. So können die Kosten, die dem Käuferunternehmen durch einen verlorenen Bieterkampf entstehen, durch eine Steigerung des Beteiligungswertes wieder ausgeglichen werden (vgl. Bruner (2004), S.641). Da sowohl die verbesserte Informationslage als auch die Versicherung gegen mögliche „sunk costs“ eine Reduzierung des Risikos bewirken, stellt der toehold Ansatz eine sehr effiziente Möglichkeit zur Risikominderung für potentielle Käuferunternehmen im Vorfeld einer M&A Transaktion dar.
[...]
[1] Süddeutsche Zeitung (2007), Royal Bank of Scotland greift an, http://www.sueddeutsche.de/geld/kampf-um-abn-amro-royal-bank-of-scotland-greift-an-1.243536, 07.05.2010
[2] Süddeutsche Zeitung (2009), Royal Bank of Scotland schockt mit Rekordverlust, http://www.sueddeutsche.de/finanzen/473/455151/text/, 07.05.2010
[3] DPA (2007), Fortis: Können Finanzierung von ABN-Amro-Übernahme trotz Finanzkrise stemmen, http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2007-08/8859415-fortis-koennen-finanzierung-von-abn-amro-uebernahme-trotz-finanzkrise-stemmen-016.htm, 07.05.2010
[4] Manager Magazin, DPA (2008), Hedgefonds will Deutsche Börse spalten, http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,577139,00.html, 24.05.2010
[5] Handelsblatt (2010), Rio Tinto und BHP fürchten Milliardensteuer, http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/bergbau-branche-rio-tinto-und-bhp-fuerchten-milliardensteuer;2573302, 20.05.2010
[6] Manager Magazin (2010), Die neue Opec, http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,687420,00.html, 10.05.2010
[7] Deutsche Börse AG, Publikation der Stimmrechte (2010), http://deutsche-boerse.com/dbag/dispatch/de/listcontent/gdb_navigation/listing/20_Going_Public/30_bp_line/Content_Files/BP_Line_Text/notification_of_voting_rights.htm, 24.05.2010
- Citar trabajo
- Christian Fleischer (Autor), 2010, Risikomanagement bei M&A Transaktionen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177306
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