Seitdem Deutschlands größtes Boulevardblatt BILD im Juni 2006 unter dem Titel „Warum zeigen immer mehr Menschen ihre privaten Sexfilme im Internet?“ über youporn.com berichtete, ist diese zu einer der meistgeklicktesten Webseiten Deutschlands geworden. Nach Angaben von alexa.com, das aufgrund des verursachten Datenverkehrs Rankings erstellt,fällt youporn.com weltweit auf Platz 772 und in Deutschland sogar auf Platz 273. Aber nicht nur youporn.com sondern auch zahlreiche andere Porno-Plattformen bieten ihre Dienste kostenfrei, ohne wirkliche Altersprüfung im Internet an und dank bezahlbarer Internetflatrates und Highspeedinternet passiert das sogar in einer sehenswerten Qualität.
Nebenbei erhalten sogenannte ,Porno-Rapper‘, wie ,Frauenarzt‘, ,Sido‘ o.ä. mit Titeln wie ,Spreiz deine Beine‘ oder dem ,Arschficksong‘ auf musikalischem Wege Einzug in die Kinderzimmer. Sie transportieren dabei nicht nur stark pornographisiertes Vokabular, sie vermitteln auch gleichzeitig eine menschen- (insbesondere aber auch frauen-) verachtende Einstellung zu Sexualität.
Jugendliche müssen nicht auf einen glücklichen Zufall, wie ihn Chandler und Joey erlebt haben warten, sie müssen auch nicht mehr nach alten Pornoheftchen in Papiercontainern suchen, sich auf der Suche nach pornographischem Input auf ältereGeschwister oder Freunde verlassen oder ,zufällig‘ auf die geheime elterliche Pornosammlung
stoßen, durch den technischen Fortschritt ist neuer Input permanent möglich. Die immer stärker werdende Sexualisierung der Medien und der Gesellschaft und die damit verbundene befürchtete Veränderung von Geschlechterrollen und -stereotypen beunruhigt Jugendschützer und Pädagogen.
Im Juni 2006 erschien im Magazin ,Stern‘ ein Artikel mit dem Titel: „Sexuelle Verwahrlosung: Voll Porno! - Wenn Kinder nicht mehr lernen, was Liebe ist“, welcher eine Welle der Entrüstung über die ,heutige Jugend‘ in Deutschland auslöste. Gleichzeitig erschien ein
Buch mit dem Titel „Deutschlands sexuelle Tragödie. Wenn Kinder nicht mehr lernen, was Liebe ist.“ vom evangelischen Pastor und Leiter des Vereines Arche e.V. Bernd Siggelkow, der bereits im Jahr zuvor massenwirksam auf Deutschlands vergessene Kinder hinwies, und mit seinem zweiten Werk an Einzelfallbeschreibungen die schrecklichen Schicksale von sexuelle verwahrlosten Jugendlichen präsentiert. Seitdem reiht sich eine schwarzmalende Nachricht über die sexuell verrohte Jugend von heute an die nächste...
Inhalt
I. Einleitung
A. Theoretischer Teil
II. Jugend und Pubertät
II.1 Pubertät und Adoleszenz
II.2 Lebensphase Jugend
II.2.1 Entwicklungskrisen nach E. H. Erikson
II.2.2 Entwicklungsaufgaben im Jugendalter nach R. J. Havighurst
II.2.3 Modell der produktiven Realitätsverarbeitung nach
Hurrelmann
II.2.4 Identitätsentwicklung/ -findung als zentrales Element der
Lebensphase Jugend
III. Jugend und Sexualität - Sexualität und Jugend
III.1 Menschliche Sexualität
III.1.1 Definition
III.1.2 Zweck und Funktion von Sexualität
III.1.3 Ganzheitliche Betrachtungsweise von Sexualität
III.2 Jugendsexualität
IV. Pornographie
IV.1 Der Begriff ,Pornographie‘
IV.1.1 Rechtlicher Hintergrund
IV.2 Inhalt und Nutzen von Pornographie
IV.3 Internetpornographie
IV.4 Wirkung von Pornographie
IV.4.1 Wirkung von Pornographie auf die sexuellen Skripte Erwachsener
IV.4.2 Wirkung von Pornographie auf die sexuellen Skripte Jugendlicher
V. Aktuelle Studien zum Thema Jugend und Jugendsexualität
V.1 Die 16. Shell-Jugendstudie
V.2 BZgA-Studie „Jugendsexualität“
V.3 BRAVO Dr. Sommer-Studie
VI. Zwischenfazit
B. Empirischer Teil
VII. Forschung Generation Porno?! - Jugendsexualität in Osnabrück
VII.1 Umfrage - Jugend, Sexualität und Pornographie
VII.2 Ergebnisse der Umfrage
VII.3 Auswertung und Interpretation der Ergebnisse
VII.4 Auswertung der Interviews mit pro familia
VIII. Zusammenführen der Ergebnisse aus Teil A und B
IX. Fazit
X. Literatur- und Quellenverzeichnis
I. Einleitung
Joey und Chandler entdecken zufällig, dass sie einen eigentlich gebührenpflichtigen Porno- Kanal, kostenfrei uncodiert sehen können. Sie glauben, dass sie diesen verlieren, sobald sie den Kanal wechseln oder den Fernseher gar ausschalten. Also läuft in ihrer Wohngemein- schaft 24 Stunden am Tag der Porno-Kanal. Nach einigen Tagen Dauerporno kommt es zu folgendem Dialog:
Chandler: „Mir ist heute etwas total Merkwürdiges passiert. Ich war bei meiner Bank und da war diese Bankangestellte, und sie hat mich nicht aufgefordert es mit ihr im Tresorraum zu tun!“
Joey: „Sowas Ähnliches ist mir auch passiert. Eine Pizzalieferantin kommt, bringt mir Pizza, nimmt das Geld und geht!“
Chandler: „Was? Kein ,Oh, schön hast du es hier; ich wette das Schlafzimmer ist riesig!?‘“ Joey (entsetzt): „Nein!“
Chandler: „Weißt du was? Ich glaube wir müssen den Porno-Kanal abschalten.“1
Im Gegensatz zu Chandler und Joey aus der US-Sitcom Friends, sind die Menschen heute auf solch ,glückliche‘ Umstände nicht angewiesen. ,Softe‘ oder ,weiche‘ Pornographie be- gegnet uns im Alltag auf Werbeplakaten, im Fernsehen oder Kino, in der Musik sowie im Internet, aber auch der Zugriff auf ,Hardcore‘-Pornographie ist viel einfacher und vor al- lem kostengünstiger geworden. Dank des Internets haben Kinder und Jugendliche ebenso mühelos Zugang zu jeglicher Art von Pornographie. Dabei müssen sie nicht einmal aktiv danach suchen. Ein auffälliger Werbe-Pop-Up, ein falscher Klick oder eine Suche bei ,Google‘ verlinken uns mit der Welt der Pornographie. Die Möglichkeit des Konsums ist grenzenlos, egal wie alt der Konsument ist.
Seitdem Deutschlands größtes Boulevardblatt BILD im Juni 2006 unter dem Titel „Warum zeigen immer mehr Menschen ihre privaten Sexfilme im Internet?“ über youporn.com be- richtete, ist diese zu einer der meistgeklicktesten Webseiten Deutschlands geworden. Nach Angaben von alexa.com, das aufgrund des verursachten Datenverkehrs Rankings erstellt, fällt youporn.com weltweit auf Platz 772 und in Deutschland sogar auf Platz 273. Aber nicht nur youporn.com sondern auch zahlreiche andere Porno-Plattformen bieten ihre Dienste kostenfrei, ohne wirkliche Altersprüfung im Internet an und dank bezahlbarer In- ternetflatrates und Highspeedinternet passiert das sogar in einer sehenswerten Qualität. Nebenbei erhalten sogenannte ,Porno-Rapper‘, wie ,Frauenarzt‘, ,Sido‘ o.ä. mit Titeln wie ,Spreiz deine Beine‘4 oder dem ,Arschficksong‘5 auf musikalischem Wege Einzug in die Kinderzimmer. Sie transportieren dabei nicht nur stark pornographisiertes Vokabular, sie vermitteln auch gleichzeitig eine menschen- (insbesondere aber auch frauen-) verachtende Einstellung zu Sexualität. Jugendliche müssen nicht auf einen glücklichen Zufall, wie ihn Chandler und Joey erlebt haben warten, sie müssen auch nicht mehr nach alten Pornoheft- chen in Papiercontainern suchen, sich auf der Suche nach pornographischem Input auf älte- re Geschwister oder Freunde verlassen oder ,zufällig‘ auf die geheime elterliche Porno- sammlung stoßen, durch den technischen Fortschritt ist neuer Input permanent möglich. Die immer stärker werdende Sexualisierung der Medien und der Gesellschaft und die da- mit verbundene befürchtete Veränderung von Geschlechterrollen und -stereotypen beunru- higt Jugendschützer und Pädagogen.
Im Juni 2006 erschien im Magazin ,Stern‘ ein Artikel mit dem Titel: „Sexuelle Verwahrlo- sung: Voll Porno! - Wenn Kinder nicht mehr lernen, was Liebe ist“, welcher eine Welle der Entrüstung über die ,heutige Jugend‘ in Deutschland auslöste. Gleichzeitig erschien ein Buch mit dem Titel „Deutschlands sexuelle Tragödie. Wenn Kinder nicht mehr lernen, was Liebe ist.“ vom evangelischen Pastor und Leiter des Vereines Arche e.V. Bernd Siggelkow, der bereits im Jahr zuvor massenwirksam auf Deutschlands vergessene Kinder hinwies, und mit seinem zweiten Werk an Einzelfallbeschreibungen die schrecklichen Schicksale von sexuelle verwahrlosten Jugendlichen präsentiert. Seitdem reiht sich eine schwarzma- lende Nachricht über die sexuell verrohte Jugend von heute an die nächste. Auch die Do- kumentation 37° mit dem Titel ,Generation Porno - Wenn Kinder hartem Sex begegnen‘6 des ZDF vom 13.04.2009 suggeriert dem Zuschauer ein dramatisches Bild von einer sexu- ell verwahrlosten Jugend - promiskuitive 14-jährige Mädchen, die schon mehr als 6 ver- schieden Sexualpartner hatten, ein 14-Jähriger der täglich Pornos konsumiert und sich selbst als pornosüchtig bezeichnet oder 12-jährige die gemeinsam Porno-Rap hören, die Lieder lauthals mitgröhlen und den Slang aus diesen in ihren Alltagswortschatz integrieren.
Doch inwiefern sind diese Bilder, die in den Medien momentan kursieren, ein Abbild der Normalität und inwieweit haben diese Inhalte wirklich Einfluss auf die sexuelle Entwick- lung, die Persönlichkeitsentwicklung und die Bildung des Selbstkonzepts von Jugendli- chen? Wo stehen die Jugendlichen in ihrer persönlichen Entwicklung? Wie gehen Jugend- liche mit dieser medialen Vielfalt um? Welche Werte hat ,die Jugend von heute‘? Besitzt unsere Jugend vielleicht keine Werte und keine Moral mehr? Ist der liberale Umgang mit Sexualität gar zu liberal?
Ein immer wieder auftretendes Stichwort ist der sogenannte ,Habitualisierungseffekt‘, ein Begriff aus der Lernpsychologie, der meint, dass ein Mensch sich an Reize/ Stimuli gewöhnt und diese dann als ,wahr‘ betrachtet. Dieser schwingt auch im Eingangsdialog zwischen Joey und Chandler mit, die durch das Ansehen von übermäßig viel pornographischen Darstellungen, eben diese mit der Realität verwechseln und sich über die von ihrer ,neuen‘ Realität abweichenden Verhaltensweisen der Frauen, denen sie begegnen, wundern. Wie stark ist dieser Habitualisierungseffekt in Bezug auf Pornographie tatsächlich und wie beeinflusst er die sexuelle Entwicklung von Jugendlichen?
Auf diese Fragen - kurz gefasst auf die Frage: Wie tickt eigentlich die ,Jugend von heu- te‘? - soll die vorliegende Bachelorarbeit versuchen Antworten zu finden. Allerdings kann dies nur eingeschränkt passieren, da der Forschungsstand zu dieser Thematik noch nicht sehr weit fortgeschritten ist. Eine Auseinandersetzung mit dem Einfluss von Pornographie auf Jugendliche findet kaum statt und auch Langzeituntersuchungen, die Aussagen zur Veränderung des Sexualverhalten geben können, existieren nicht. Hierauf kann somit auch in der vorliegenden Bachelor-Arbeit keine Antwort gegeben werden. Dennoch gibt es eini- ge wichtige Studien, die sich mit der Jugend und mit der Jugendsexualität und damit ein- hergehend auch mit dem Pornographie-Konsum Jugendlicher beschäftigen, so dass die vorliegende Arbeit eine Art Momentaufnahme der Einstellungen, Werte und Normen der Jugend des beginnenden 21. Jahrhunderts darstellen soll.
Dazu wird im zweiten Kapitel die Jugend als eigenständige Lebensphase betrachtet und die Veränderungen, die während der Pubertät und Adoleszenz passieren, beschrieben, welche dann als Basis für das Verstehen von Sexualität bzw. Jugendsexualität insbesondere mit Blick auf den Identitätsfindungsprozess für den weiteren Verlauf der Arbeit dienen soll. Das dritte Kapitel widmet sich dann der Sexualität im Allgemeinen. Hier soll festgestellt werden was Sexualität ist, welche Funktionen und welche Ziele sie hat. Im vierten Kapitel geht es um Pornographie, Pornographiekonsum und die möglichen/ befürchteten Auswir- kungen, die dieser auf die sexuelle Entwicklung Jugendlicher hat. Im Hinblick auf die neu- en Medien und die freie Zugänglichkeit von Informationen jeglicher Art, stellt die Inter- netpornographie hier ein zentrales Thema dar. Die Shell-Jugendstudie, die Studie der BZgA zur Jugendsexualität und die Dr. Sommer Studie der BRAVO geben regelmäßig Einblick in die Lebenswelt und -wirklichkeit der Jugendlichen, daher werden im fünften Kapitel die relevanten Ergebnisse der jeweils letzten Befragung zusammengefasst und die Ergebnisse aller in einem Zwischenfazit (VI) zusammengeführt. Im empirisch angelegten siebten Teil wird eine eigens für diese Arbeit konzipierte Umfrage zum Thema „Generation Porno“, die mit Osnabrücker Jugendlichen durchgeführt wurde, vorgestellt, ausgewertet und mit den in Kapitel V erarbeiteten Ergebnissen verglichen. Zusätzlich haben Interviews mit einem Sexualpädagogen für Jungen und einer Sexualpädagogin für Mädchen, beide Mitarbeiter der pro familia Osnabrück, stattgefunden, die die Umfrageergebnisse ergänzen sollen. Zuletzt werden dann in Kapitel VIII alle Ergebnisse zusammengetragen und ver- sucht das Bild der ,Jugend von heute‘ zu zeichnen.
A. Theoretischer Teil
II. Jugend und Pubertät
„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Leh- rer.“ Dieses Zitat von Sokrates ist bereits um die 2400 Jahre alt, doch an der Einstellung und den Vorurteilen Jugendlichen gegenüber hat sich wenig geändert. ,Die Jugend‘ ist im- mer wieder (Streit-)Thema in Gesellschaft und Medien und wirft genauso oft Fragen zu ihrem Verhalten und ihrer Attitüde auf. Es bedarf allerdings eines tieferen Einblickes in die Lebenswelt der Jugendlichen - unter Einbezug von biologischen, soziologischen und auch psychologischen Aspekten - um zu verstehen welchen Prozess die Jugendlichen in dieser Phase des Lebens durchlaufen und welche Anforderungen, bzw. Herausforderungen damit verbunden sind. Daher soll es im folgenden Kapitel vorrangig um die Jugend als neu be- schriebene Lebensphase gehen, die die Pubertät und die Adoleszenz als wichtige Stationen im Leben eines Menschen einschließt und den Übergang vom Kind zum Erwachsenen dar- stellt. Im ersten Teil (II.1) sollen zunächst die Begriffe Adoleszenz und Pubertät definiert und voneinander abgegrenzt werden. Im Folgenden wird die Jugend als eigenständige Le- bensphase anhand unterschiedlicher Theorien und Modelle beschrieben (II.2) und die Iden- titätsfindung als zentrales Element dieser Lebensphase herausgearbeitet (II.2.4).
II. 1 Pubertät und Adoleszenz
Pubertät und Adoleszenz stellen wichtige Phasen im Leben von Jugendlichen dar. Dieser Lebensabschnitt ist sehr bedeutsam für die weitere Entwicklung eines jeden Individuums, da der Umgang mit den sich stellenden Herausforderungen und die Erfahrung in dieser Zeit maßgeblich zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen.
Der Begriff Pubertät bezieht sich vorwiegend auf die biologische Entwicklung hin zur Ge- schlechtsreife in dieser Zeit (vgl. Kluge/ Jahn 1996, S. 11). Die Pubertät beginnt bei Mäd- chen wie Jungen mit einer vermehrten Ausschüttung von Sexualhormonen wie z.B. Testos- teron und Östrogen. Diese Hormone kommen in unterschiedlicher Menge bei beiden Ge- schlechtern vor und bewirken die vollständige Ausbildung der primären (Genitalien) und sekundären (Brust, Körperbehaarung) Geschlechtsmerkmale (vgl. ebd. S.10). Was nun ge- nau den Beginn des Ausschüttungsmechanismus bestimmt, ist wissenschaftlich noch nicht ganz geklärt, denn Startzeitpunkt und Verlauf der hormonellen Veränderungen und somit der Pubertät variieren stark (vgl. ebd. S.31f).
Der Ausdruck ,Adoleszenz‘ schließt natürlich all diese pubertären, körperlichen Vorgänge mit ein, bezieht sich jedoch mehr auf die daraus resultierenden psychosozialen Konse- quenzen für Jugendliche. Mittlerweile „ist klargeworden, dass das Reifealter thematisch nicht nur auf die rasante Körperentwicklung beschränkt bleibt, sondern auch eine psycho- sexuelle, seelisch-geistige, sozial-kommunikative und sozio-kulturelle Komponente hat“ (ebd. S.11). Die ist für den Jugendlichen oft nicht ganz unproblematisch, denn durch die starken hormonellen und körperlichen Veränderungen gerät seine Gefühlswelt häufig durcheinander. Emotionale Schwankungen dieser Art können dann auch zu Konflikten mit Eltern oder anderen Erwachsenen führen, mit denen es vorher vielleicht keine Probleme gab (vgl. ebd. S.11). Dies basiert oft auf dem Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbstbe- stimmung, welchem natürlich von Erwachsenen nicht immer nachgegeben werden kann. Besonders wichtig in dieser Zeit sind Gleichaltrige mit denen sich die Jugendlichen aus- tauschen und vergleichen können. „Der eigene Körper und der anderer, insbesondere der Gleichaltriger und des anderen Geschlechts, tritt mehr und mehr ins Bewusstsein der Teen- ager und ruft bei ihnen ein ausgeprägtes Neugierverhalten hervor“ (ebd. S12).
Die in der Pubertät und Adoleszenz stattfindenden Veränderungen, kann man auch als Se- xualisierung beschreiben (vgl. Schlichtermann 2008, S. 34). Der Körper wird durch rapide Veränderungen als fremd erlebt und beginnt auf neue, sexualisierte Reize zu reagieren (vgl. ebd.), und somit beginnt der Jugendliche seine eigene Sexualität zu erleben. Die Schultern der Jungen werden breiter, die Stimme tiefer, der Bart sprießt und den Mädchen wachsen Brüste und die Hüfte wird runder. Dieser körperliche Wandel ist Auslöser für die „starke Bewusstwerdung der eigenen Geschlechtsrolle und eine definitive Festlegung auf dieselbe“ (Göppel 2005, S. 84). Damit einher gehen starke Unsicherheiten im Umgang mit eben die- sen Veränderungen, insbesondere dann wenn es eine Diskrepanz zwischen körperlicher und seelischer Entwicklung gibt. Der einstmals so vertraute Körper wird zunehmend frem- der und mit genau diesem ,neuen Körper‘ und den darin verrückt spielenden Hormonen findet sich der Jugendliche nun in einer völlig neuen, stark auf Sexualität ausgerichteten Welt wieder. Insbesondere für Mädchen ist die Menarche ein wichtiger und doch noch sehr negativ besetzter Punkt im Leben, der das Ende der Kindheit bedeutet und der oftmals sehr abrupt kommt (vgl. Göppel 2005, 89 ff. und Interview), nur ca. 30 % der Mädchen sehen das Einsetzen der ersten Regelblutung als etwas Normales und Natürliches (vgl. Kluge 1998, S. 33). Für 45 % der Jungen ist die Ejakularche im Gegensatz dazu mit einem angenehmen Gefühl verbunden (vgl. Kluge 1998, S. 45). Dennoch ist die Pubertät, trotz der unterschiedlichen Einstellungen gegenüber der Geschlechtsreife, sowohl für Mädchen, als auch für Jungen eine Zeit des Umbruchs und der Ausrichtung auf einen neu- en Fokus. „Alles was jetzt kommt, jede ,Veränderung‘, jede Verwandlung, jeder Bruch, je- de Wende - alles hat mit dem Geschlecht zu tun“ (Göppel 2005, S.108). Das Akzeptieren dieses ,neuen‘ Körpers und die Bildung eines verantwortungsbewussten und selbstbe- stimmten Verhältnisses zur Sexualität sind zwei der Entwicklungsaufgaben, die R. J. Ha- vighurst für die Jugendzeit definiert hat (vgl. II.2.2), und sind grundlegend für die Zeit des Heranwachsens.
II.2 Lebensphase Jugend
Die Rolle eines Jugendlichen ist, im Gegensatz zur Kindheit oder dem Erwachsenenalter, in der heutigen Gesellschaft wenig beschrieben. Das liegt vor allem daran, dass die Jugend als Lebensphase erstmals zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausdifferenziert wurde und erst seitdem an Bedeutung gewonnen hat. Im Zuge dessen „ist es zu einer ständigen Ausdeh- nung der Lebensphase Jugend gekommen“ (Hurrelmann 2007, S. 19). Auch in der Jugend- forschung und Integration der Jugendphase in psychologische, sozialwissenschaftliche o- der pädagogische Konzepte haben sich resultierend aus der zunehmenden Wahrnehmung/ der Jugend als Lebensabschnitt neue Theorien gebildet. Im Folgenden sollen nun die be- kanntesten und vielleicht auch wichtigsten Ansätze zur Beschreibung der Jugendphase ein- hergehend mit den Anforderungen, mit denen Jugendliche in dieser Phase konfrontiert werden, dargestellt werden.
II.2.1 Psychosexuelle Entwicklungskrisen nach E. H. Erikson
1950 beschreibt der Psychoanalytiker Erik H. Erikson, aufbauend auf Sigmund Freuds Phasenlehre, das sogenannte ,Stufenmodell der psycho-sozialen Entwicklung‘, in dem das menschliche Leben in acht Stufen eingeteilt wird. Jede dieser Stufen beinhaltet eine Ent- wicklungskrise, die es zu bewältigen gilt, um die nächste Entwicklungsstufe zu erreichen. Hiermit ergänzt er die sozialwissenschaftlichen Ausführungen um psycho-analytische. Für das Jugendalter, dem fünften Stadium, in das ein Mensch mit dem Beginn der Pubertät ein- tritt und das er mit ca. 18-20 Jahren verlässt, formuliert er die Krise: ,Identität vs. Identi- tätsdiffusion‘. Im Fokus des fünften Stadiums steht somit der Prozess der Identitätsfin- dung. Dieser wird zum einen durch den Verlauf der vorangegangenen Phasen positiv oder negativ beeinflusst und gelingt nur dann, wenn der Jugendliche den ihm entgegengebrach- ten Erwartungen in den unterschiedlichsten sozialen Rollen gerecht werden kann.
Nach Erikson ist es essentiell in dieser Stufe, unter Loslösung von der Identifikation mit Eltern oder anderen nahestehenden Personen, „nach seinem eigenen Selbst zu fragen“ (Hobmair et al 2003, S. 314) und somit eine eigene Identität zu schaffen, sowie als Teil dessen eine eigene gesellschaftliche und soziale Rolle zu finden. Er sieht die Jugendzeit als ein psychosoziales Moratorium, also einen Schonraum, der zum einen Rückzugsmöglich- keit bietet, gleichzeitig aber auch Rollenexperimente erlaubt. Die Jugend ist somit eine Zeit des ,Sich-Ausprobierens‘ und dient vor allem der Persönlichkeitsbildung und Selbst- findung. Hierbei wird der Jugendliche durch die Außenwelt, vor allem aber, da die Ablö- sung vom Elternhaus eine wichtige Rollen spielt (vgl. hierzu auch Kapitel II.2.1), durch seine peer-group geprägt. Bei nicht gelungener Integration in ein bestimmtes Rollenmodell entsteht ein innerer Zwiespalt und somit eine Art Zersplitterung der eigenen Identität, von Erikson Identitätsdiffusion genannt.
Diese Krise kann, falls sie nicht bewältigt wird, vor allem in Zurückweisung münden, auf welche der Rückzug aus der Gesellschaft erfolgen kann oder die dazu führen kann, dass Jugendliche sich extremen oder radikalen Gruppen anschließen um damit eine gemeinsame Identität zu adaptieren. Im Falle einer positiven Bewältigung der Krise bildet der Jugendliche eine eigene Identität und erlernt die Fähigkeit der Treue. Der Jugendliche ist nun in der Lage seinen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.7
II.2.2 Entwicklungsaufgaben im Jugendalter nach R. J. Havighurst
Der Psychologe R. J. Havighurst hat 1948 das normative Konzept der Entwicklungsaufga- ben definiert, bei dem psychologische mit sozio-kulturellen Aspekten verknüpft werden. Entwicklungsaufgaben sind „kulturell und gesellschaftlich vorgegebenen Erwartungen und Anforderungen, die an Personen einer bestimmten Altersgruppe gestellt werden.“8 In je- dem Lebensabschnitt steht der Mensch verschiedensten, in der Regel sozio-kulturell und biologisch bedingten, sowie von der Gesellschaft gestellten, Aufgaben gegenüber, die in eben diesem Lebensabschnitt erfüllt werden sollten. Einigen von diesen schreibt Ha- vighurst einen besonders wichtigen Charakter zu, so dass sie eine Art Forderung darstellen, die, falls sie nicht gelöst werden, negative Konsequenzen nach sich ziehen; andere wieder- um sieht er nur als eine Art Empfehlung zur Steigerung der Zufriedenheit. Zusätzlich zu diesen gibt es aber auch persönliche Ziele, die nicht durch die Außenwelt vorgegeben wer- den. Somit geben Entwicklungsaufgaben dem Individuum Sozialisationsziele vor und glie- dern den Lebenslauf, sie bilden die Grundlage der zukünftigen Entwicklung.9
Zu den Aufgaben eines Jugendlichen gehören nach Havighurst zunächst das „Akzeptieren der ,neuen‘ körperlichen Gestalt“ (Hobmair et al 2003, S. 312), wobei Jugendliche vor allem lernen müssen ihren Körper anzunehmen und sich dessen Veränderungen bewusst zu machen. Eine weitere Aufgabe liegt in der „Ausgestaltung der Geschlechterrolle“ (ebd.), also dem Finden der eigenen männlichen oder weiblichen Rolle, welches eng einhergeht mit dem Finden der eigenen Sexualität.
Der „Aufbau neuer und verantwortungsbewusster Beziehung zu den Altersgenossen“ (ebd.) sowie die „emotionale Ablösung von den Eltern und anderen Erwachsenen“ (ebd.) sind zwei wichtige Aufgaben, die die Unabhängigkeit und das Verantwortungsbewusstsein des Jugendlichen prägen. Insbesondere das Austragen von Konflikten zwischen Eltern und Jugendlichen verstärkt den Ablöseprozess und die Zuwendung zur eigenen peer-group und ist somit Grundlage für das Bilden des Selbst. Für das „Erreichen eines sozial verantwor- tungsvollen Verhaltens“ (Hobmair et al 2003, S. 314) setzt sich der Jugendliche mit aktuel- len Problemen (Umweltverschmutzung, Tierschutz, Politik etc.) auseinander und lehnt das Handeln der Erwachsenen ab. Er reflektiert sein Verhalten und seine bisherigen Einstellun- gen und formt diese zu einem neuen Weltbild. Damit verknüpft ist die „Schaffung eines eigenen Wertesystems als Grundlage des Handelns“ (ebd.). Für die Bewältigung dieser Aufgabe hinterfragt der Jugendliche bisherige Werte und Normen aus Gesellschaft, Religi- on und Kultur und sucht nach neuen, für sich selbst verbindlichen Wertvorstellungen. Wei- tere Entwicklungsziele, die Havighurst nennt, sind die „Vorbereitung des beruflichen Wer- degangs“ (Hobmair et al 2003, S. 313) und die „Vorbereitung auf die Gründung von Ehe und Familie“ (ebd.).
Natürlich entstehen bei der Bewältigung solch komplexer Aufgaben auch Konflikte, die, falls sie nicht gelöst werden zu Resignation und Rückzug führen können. „Erfolgreiche Bewältigung führt zu Zufriedenheit und Erfolg [...] während der Mißerfolg zu Unzufrie- denheit, zur Mißbilligung durch die Gesellschaft und zu Schwierigkeiten mit späteren Auf- gaben führt.“10
II.2.3 Modell der produktiven Realitätsverarbeitung nach Klaus Hurrelmann
Der deutsche Professor für Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Universität Biele- feld Klaus Hurrelmann, vereint verschiedene Ansätze zur Beschreibung der Lebensphase Jugend in seinen 8 Maximen als „integrierende[n] Ansatz der Sozialisationstheorie“ (Hur- relmann 2007, S. 63), mit dem er den Sozialisationsprozess von Jugendlichen beschreibt:
1. Maxime: Die Persönlichkeitsentwicklung im Jugendalter findet in einem Wechselspiel zwischen Anlage und Umwelt statt.
2. Maxime: Sozialisation ist als „dynamische u. produktive Verarbeitung der inneren und äußeren Realität“ (Hurrelmann 2007, S. 64) mit Mustercharakter für den weiteren Lebenslauf zu verstehen. Körperliche und psychische Grundstrukturen sind hierbei innere Realitäten und soziale und physische Umweltbedingungen äußere.
3. Maxime: Menschen im Jugendalter müssen sich durch aktives individuelles Handeln profilieren, sind durch den offenen Charakter ihres Lebensabschnittes in der Lage ein ei- gengesteuertes Leben zu führen und repräsentieren eine “Lebensführung, die auf die je- weils neuesten kulturellen, sozialen und ökonomischen Veränderungen der Gesellschaft reagiert“ (Hurrelmann 2007, S. 65). Sie konstruieren sich somit eine eigene Lebenswelt, in dem sie die Eindrücke, Einflüsse und Werte der Umwelt, also die der inneren und äußeren Realität, produktiv verarbeiten.
4. Maxime: Die Jugendphase bietet zum ersten Mal eine Chance eine Ich-Identität zu entwickeln, die aus einer „Synthese von Individuation und Integration“ (Hurrelmann 2007, S. 66) entsteht und in einem „spannungsreichen Prozess immer wieder neu hergestellt werden muss“ (ebd.). Unter Ich-Identität versteht Hurrelmann eine Kontinuität in Verhalten und Selbsterleben, die sich über mehrere Lebensphasen erstreckt.
5. Maxime: „Der Sozialisationsprozess im Jugendalter kann krisenhafte Formen anneh- men, wenn es Jugendlichen nicht gelingt, die Anforderungen der Individuation und Integ- ration aufeinander zu beziehen und miteinander zu verbinden“ (Hurrelmann 2007, S. 67). Hierdurch entsteht zunächst ein hohes Stimulierungspotential, das allerdings durch den e- benso hohen Entwicklungsdruck, der auf dem Jugendlichen lastet, und die daraus resultie- renden Belastungen der Entwicklungsaufgaben minimiert oder gar umgekehrt werden kann.
6. Maxime: „Um die Entwicklungsaufgaben zu bewältigen und das Spannungsverhältnis von Individuations- und Integrationsanforderungen abzuarbeiten, sind neben individuellen Bewältigungsfähigkeiten (personale Ressourcen) auch soziale Unterstützungen durch die wichtigsten Bezugsgruppen (soziale Ressourcen) notwendig.“ (Hurrelmann 2007, S. 68)
7. Maxime: „Neben der Herkunftsfamilie sind Schulen, Ausbildungsstätten, Gleichaltrige und Medien als Sozialisationsinstanzen die wichtigsten Vermittler u. Unterstützer im Entwicklungsprozess des Jugendalters. Günstig für die Sozialisation sind sich ergänzende u. gegenseitig anregende Impulse dieser Instanzen“ (Hurrelmann 2007, S. 69).
8. Maxime: „Die Lebensphase Jugend muss unter heutigen historischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen in westlichen Gesellschaften als eine eigenständige Phase im Lebenslauf identifiziert werden“ (vgl. Hurrelmann 2007, S. 70)
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Ziel des Sozialisationsprozesses die Bil- dung einer handlungsfähigen und mündigen Persönlichkeit ist. Außerdem soll ein reflek- tiertes Selbstbild durch die lebenslange und individuelle Auseinandersetzung mit den Rea- litäten entstehen.
Nach Hurrelmann bedeutet das, dass der Jugendliche, also das Subjekt, seine Umwelt aktiv verarbeitet. Diese Umwelt bildet seine Realität und ist geteilt in innere (körperliche und psychische) und äußere (physische) Realität. Die Auseinandersetzung mit der inneren Rea- lität, der Individuationsprozess, führt zur Entwicklung einer persönlichen Identität und die Verarbeitung der äußeren Realität, Integrationsprozess genannt, führt zu einer sozialen Identität. Beides sind dynamische Prozesse und erst der Konflikt zwischen beiden Identitä- ten und das Verbinden beider, trotz des oftmals starken Spannungsverhältnisses, zu einer gemeinsamen Realität ist hierbei der Prozess der Persönlichkeitsentwicklung. Jugendliche befinden sich während der Adoleszenz in Inkonsistenz mit den Veränderungen, die sowohl psychischer als auch körperlicher Art sind. Oftmals sind die Impulse aus der Umwelt wi- dersprüchlich und verwirrend, weshalb sie während des Sozialisationsprozesses Hilfe von außen bedürfen. Sie benötigen sowohl feste Standards zur Orientierung als auch Spielräu- me um sich zu erproben. Hurrelmann überträgt hierzu der Gesellschaft die Aufgabe den Jugendlichen den richtigen Weg zu weisen und auf das Funktionieren innerhalb dieser vor- zubereiten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: vereinfachte Darstellung des Modells der produktiven Realitätsverarbeitung
Darüber hinaus hat sich die Lebensphase Jugend nach Hurrelmann bis zum 27./28. Lebens- jahr (frühe Jugendphase (Adoleszenz) 12-17 Jahre; mittlere Jugendphase 18-21 Jahre und späte Jugendphase 22-27 Jahre) aufgrund soziologischer und gesellschaftlicher Faktoren ausgeweitet; somit bekommt dieser Lebensabschnitt eine noch größere Bedeutung. (vgl. Hurrelmann 2007, S 41).11
II.2.4 Identitätsentwicklung/ -findung als zentrales Element der Lebensphase Jugend
In allen, der drei hier dargestellten Ansätze, spielt ein besonderer Aspekt eine sehr zentrale Rolle: das Finden einer eigenen Identität.
Für Erikson ist die Ich-Identität der „Zuwachs an Persönlichkeitsreife, den das Individuum am Ende der Adoleszenz der Fülle seiner Kindheitserfahrungen entnommen haben muss, um für die Aufgaben des Erwachsenenlebens gerüstet zu sein“ (Erikson 1973, S. 123). Das Kind ist sich seiner eigenen Identität noch nicht bewusst und identifiziert sich über Eltern, Geschwister oder anderen Personen aus seinem Umfeld, erst durch das Einsetzen der Adoleszenz rückt das eigene Selbst mehr und mehr in den Mittelpunkt.
Hurrelmann spricht von Identität, wenn ein Individuum trotz sich verändernder Einflüsse und Eindrücke auf der Grundlage eines über einen längeren Zeitraum hinweg bestehenden Selbsterfahrens ein stabiles Selbstbild wahrt (vgl. Hurrelmann 2007, S. 66). Dies umfasst sowohl den Aufbau einer sozialen als auch einer personalen Identität und das Herausbilden eigener Wert- und Moralvorstellungen (vgl. Hurrelmann 2007, S. 67).
In Havighursts Ausführungen ist zwar nie von dem Begriff ,Identität‘ die Rede, sieht man allerdings alle Entwicklungsaufgaben im Zusammenhang, kann durchaus von Identitätsbildung oder Selbstfindung als , Ü ber-Entwicklungsaufgabe ‘ gesprochen werden. Beziehungen zur peer-group, Zurechtkommen mit dem eigenen Körper, Auseinandersetzung mit der Berufswahl, Partnerschaft, Nachdenken über die Zukunft sowie darauf aufbauend ein eigenes Wertesystem zu entwickeln und gesellschaftlich aktiv zu werden, sind auch in den Identitätskonzepten von Erikson und Hurrelmann verankert.
Während der Jugendphase wird natürlich auch das Interesse an Sexualität geweckt, und der Jugendliche probiert sich auch in sexueller Hinsicht aus. Er soll somit auch seine sexuelle Identität, die weit über die bloße sexuelle Orientierung hinausgeht, sondern insbesondere das Verständnis für die eigene Geschlechterrolle meint, finden.
Um erfolgreiche Identitätsarbeit in jeglicher Hinsicht zu leisten und damit auch dem eigenen Leben eine Richtung und einen Sinn vorzugeben, ist die Auseinandersetzung mit den Fragen: Wer bin ich? Wie bin ich? Wie möchte ich sein? Wie glaube ich, dass ich werde? Für wen hält man mich? und Wie möchten andere Personen mich haben? (Hobmair et al. 2003, S. 315) nötig, um die eigene Identität zu konstruieren. Das erfordert ein hohes Maß an Reflexionsfähigkeit und kognitiver Leistung, daher ist dies auch die schwerste Aufgabe, denen Jugendliche während des Heranwachsens gegenüberstehen.
Allgemein gesagt ist ,Identität‘, welche als zentrale Kompetenz über allen Entwicklungs- aufgaben steht, bzw. mit ihnen einhergeht, somit „die Beschaffenheit des Selbst als einma- lige und unverwechselbare Person durch die soziale Umgebung und durch das Individuum selbst“ (ebd.).
[...]
1 frei übersetzt nach Friends, Staffel 4 Folge 17 - The One With The Free Porn (Erstausstrahlung 26.3.1998 NBC) -
2 http://www.alexa.com/siteinfo/youporn.com
3 http://www.alexa.com/topsites/countries;1/DE
4 - Fußnote bezieht sich auf Anhang, der nicht im Lieferumfang enthalten ist (Anm. d. Red.)
5 - Fußnote bezieht sich auf Anhang, der nicht im Lieferumfang enthalten ist (Anm. d. Red.)
6 - Fußnote bezieht sich auf Anhang, der nicht im Lieferumfang enthalten ist (Anm. d. Red.)
7 http://www.schulpsychologie.at/schuelerberatung/lehrgang/M5-krisenberatung_II.pdf
8 http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIEENTWICKLUNG/EntwicklungsaufgabeJugend.shtml
9 vgl. ebd.
10 http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIEENTWICKLUNG/EntwicklungsaufgabeJugend.shtml 11
11 http://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_Hurrelmann
- Arbeit zitieren
- Nadine Schmees (Autor:in), 2011, Generation Porno?! Jugendliche zwischen sexueller Verwahrlosung und der Suche nach Geborgenheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176621
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