Welche Lebensentwürfe haben Single-Frauen?
Die vorliegenden Interviews mit acht heterosexuell orientierten Frauen zwischen 24 und 52 Jahren, mit unterschiedlichen Berufen und aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, berichten davon, wie Frauen das Single-Dasein neu definieren und gestalten, wie sie sich mit ihrem Single-Dasein arrangieren können und nach einer Zeit der "Selbstfindung" als zufriedenere Singles bezeichnet werden können.Eine Ärztin, eine Krankenpflegerin, zwei Sozialpädagoginnen, eine Schauspielstudentin und eine Büroangestellte erzählen von gescheiterten Ehen, vom Sich-Auseinanderleben wie auch von häuslicher Gewalt, vom Verlassenwerden und den Höhen und Tiefen ihrer Trennungserfahrungen – und wie schmerzvoll der neue Anfang war.
Inhalt
Einleitung
„Für mich ist das Kriterium für eine Beziehung, dass ich mehr Spaß habe und mehr Energie raushole als ich reinstecke“
„Ich kann alles machen, was ich will, ohne schlechtes Gewissen“
„Auf sich selbst zu schauen, das ist das Wichtigste“
„Freundinnen sind wichtig!“
„Den größten Raum in meinem Leben hat jetzt die Kreativität.“
„Neugierig bleiben und offen sein was kommt“
„Mein Lebensmittelpunkt ist Gott“
„Wie bleib' ich mir selber treu?“
Schlusswort
Einleitung
Wir leben in einer Zeit, in der sowohl Männer wie auch Frauen nach neuen Beziehungsformen suchen, da die alten nicht mehr taugen. Heute entscheiden sich immer mehr Frauen gegen traditionelle Bindungen.
Eine traditionelle Beziehung bedeutet, dass es einen Haushaltsvorstand (Mann) gibt, der den größeren Teil des Familieneinkommens einbringt und dadurch mehr Macht hat. Die Frau ist von ihm abhängig, spätestens dann, wenn Kinder da sind, arbeitet meist er Vollzeit, sie Teilzeit. Ihr Anteil an der Beziehung besteht darin, ein behagliches Zuhause für Mann und Kinder zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die familiären Beziehungen gut funktionieren. Wie kann es auf dieser Grundlage eine gleichberechtigte Beziehung geben?
Frauen wünschen sich heutzutage keinen Versorger mehr - und in den meisten Fällen brauchen sie auch keinen. Eine Beziehung, in der die Frau materiell nicht vom Mann abhängig ist, verlangt von beiden Partnern ein Umdenken. Hier funktionieren die klassischen Rollen nicht mehr. Warum sollte eine Frau den Großteil der Kindererziehung, der Hausarbeit und der Beziehungsarbeit leisten, nur damit sie einen Mann im Haus hat? Warum sollte eine Frau kein Bedürfnis danach haben, sich in einer von anderen geschaffenen Beziehungsstruktur zu regenerieren?
Dieser Preis ist für viele Frauen heute zu hoch - wenn sie neben der Mehrfachbelastung durch Beruf, Haushalt und Kindererziehung noch die sind, die daran arbeiten müssen, dass sie eine funktionierende Beziehung zu einem Mann führen können, verzichten sie immer öfter auf die „Belastung Mann“ und wählen das Leben als Single oder als alleinerziehende Mutter.
Warum aber sind Frauen in der Regel die zufriedeneren, meist sogar glücklicheren Singles? Eine Frau gewöhnt sich sehr schnell an die Freiheiten, auf die sie während Ihrer Beziehung häufig verzichtet hat, sagt Döring in ihrem Ratgeber „Glücklich allein: Ohne Partner in die reifen Jahre“.
Bei allen Vorteilen, die das Single-Leben mit sich bringt - neun von zehn Singles wünschen sich wieder eine Partnerschaft. Hat frau sich aber einmal an die Annehmlichkeiten des Single-Lebens gewöhnt und sich genug Zeit genommen, die eigene Bedürfnislage ausreichend zu erforschen, wird sie anspruchsvoller, was neue Partner betrifft.
Viele Frauen, die ihre Zeit als Single konstruktiv nützen, sind nicht mehr bereit, Beziehungen mit Männern einzugehen, die traditionelle Rollenvorstellungen hegen. Die wenigsten Single-Frauen sind dabei „Extrem-Emanzen“ oder Männerhasserinnen. Die moderne Single-Frau schätzt Männer, die an ihrer Persönlichkeitsentwicklung arbeiten, die nicht mehr missioniert werden müssen, damit sie sich für gleichberechtigte Beziehungen interessieren, die nicht gebraucht werden, sondern in einer lebendigen Beziehung ausgewogen geben und nehmen wollen.
Bis ihr so ein Mann über den Weg läuft, genießt eine moderne Single-Frau die Annehmlichkeiten des Lebens allein - über ihre Zeit selbst bestimmen zu können, einen Freundeskreis zu pflegen, ihren Interessen nachzugehen - und auch mal einen Mann für eine Nacht zu goutieren.
Es macht Spaß, sich einer Beziehung zu widmen, die gut läuft - aber es macht genauso viel Spaß, sich der Beziehung zu sich selbst zu widmen! Das Persönlichkeitswachstum wie die Selbstentfaltung in der Single-Phase sind notwendige Voraussetzungen für ein zufriedenstellendes Leben und etwaige spätere befriedigende Beziehungen, darüber sind sich mit Singles und Paaren arbeitende PsychologInnen und TherapeutInnen einig.
Singles sind mutige Pioniere zwischen den Zeiten - sie haben die traditionellen Partnerschaften verlassen - und es führt kein Weg zurück. Sie experimentieren mit neuen Lebensentwürfen und suchen nach neuen und lebbaren Formen von Partnerschaft. Dass dieser Aufbruch ins Ungewisse nicht nur „Swinging Single Life“ ist, ist bekannt - der Umgang mit dem Alleinsein, die Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen, Wünschen, Ängsten, Hoffnungen und bisher im Dunkeln verborgenen Teilen der Persönlichkeit ist oft schmerzhaft oder bedrückend.
Welche Lebensentwürfe haben Single-Frauen?
Mich interessieren die Frauen, die den Mut haben, sich mit der Beziehung zu sich selbst auseinanderzusetzen - Frauen, die Männer nicht als Feinde sehen, sondern daran interessiert sind, respektvolle und auf Gegenseitigkeit beruhende Beziehungen einzugehen, da sie wissen, dass es bereichernd ist, mit dem anderen Geschlecht in Verbindung zu sein.
Ich interessiere mich für Frauen in einer Orientierungsphase - Frauen, die sich verändern - Frauen, die sich selbst wertschätzen und in einer zukünftigen Beziehung an Lebensqualität und Freude gewinnen wollen.
Natürlich ist es auch für diese Frauen wichtig, ihre Beziehungsmuster anzusehen. Aber das Streben einer Single-Frau nach einer befriedigenden Partnerschaft ist nicht das allein glückselig machende Ziel in ihrem Leben - es interessiert mich, wie viele unterschiedliche Lebensentwürfe es bei Single-Frauen gibt - und wie Frauen für ein erfülltes Leben ihre Träume (sei es nun beruflich, kreativ, sportlich, etc.) mindestens genauso ernst verfolgen wie ihre Partnersuche.
Bei der Recherche zu diesem Buch fand ich v.a. Single-Börsen, die jedem Single versprechen, den „passenden Partner“ zu finden – seien es seriöse stilvolle Singles für kultivierte Liebesbeziehungen, heiratswillige Singles zur Familiengründung, Singles mit Familiensinn für Alleinerziehende, Mailfreundschaften, Partnervermittlung für Akademiker, Single-Tanzkurse, Flirtkurse, Beratungsgespräche mit Single-Coaches, etc. etc., für jeden findet sich scheinbar etwas am „www-Fleischmarkt“, ganz schnell, nur einen Mausklick weit entfernt, am besten direkt drauf los chatten…[1]
Auch Online-Beratung wird angeboten, Singles werden angeregt, zu erforschen, warum sie noch immer Singles sind. Warum begegnen sie niemandem für eine dauerhafte Beziehung? Jeder sei doch als Partner geboren. Das Single-Dasein sei keine dauerhafte Lebensform, sondern eine Lebensphase, eine Übergangszeit zwischen zwei Beziehungen. Seminare zu Themen wie „wie man zum idealen Partner wird“ sind ebenfalls zu finden,
An die Interviews mit Single-Frauen ging ich neugierig und unvoreingenommen heran. Ich wollte Neues entdecken – und nicht erforschen, was sie falsch gemacht habe und warum es ihnen nicht gelingt, einen Mann an sich zu binden. Mich interessierte viel mehr, von Single-Frauen zu erfahren, was ihnen wirklich wichtig ist im Leben, was sie schon immer tun wollten, wovon sie träumen. Mich interessierte ihre Einstellung zu Liebe, Sex und Partnerschaft, welche Lebensform sie leben wollten. Ich wollte wissen, ob und welchen Aktivitäten sie nachgingen, um neue Partner zu finden. Wie bauen Frauen nach einer gescheiterten Beziehung ihr Selbstwertgefühl wieder auf? Ich wollte wissen, wie sich Single-Frauen ihr Leben in 5 Jahren vor stellen? Wie stellen sie sich ihr Alter vor? Und wenn sie sich eine neue Beziehung wünschen – wie sieht ihr inneres Bild von Partnerschaft aus, welche Beziehungsphantasien haben sie? Was erwarten sie von einem neuen Mann in ihrem Leben? Welche Form von Partnerschaft entspricht ihnen?
Dazu habe ich acht Frauen interviewt, die sich auf meine Anzeige hin gemeldet haben. Es sind heterosexuell orientierte Frauen zwischen 24 und 52 Jahren, mit unterschiedlichen Berufen und aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten.
Die vorliegenden Interviews sollen davon berichten, wie Frauen das Single-Dasein neu definieren und gestalten, wie sie sich mit ihrem Single-Dasein arrangieren können und nach einer Zeit der "Selbstfindung" als zufriedenere Singles bezeichnet werden können.
Die Interviews werden im Folgenden leicht gekürzt (zur besseren Lesbarkeit) und unkommentiert wiedergegeben. Allen Frauen war es ein Anliegen, ihre Erfahrungen mit anderen Single-Frauen zu teilen.
„Für mich ist das Kriterium für eine Beziehung, dass ich mehr Spaß habe und mehr Energie raushole als ich reinstecke“
Nora, Schauspiel-Studentin, 24
Ich heiße Nora, bin 24, seit 4 Jahren Single und Schauspiel-Studentin. Ich glaube, dass es eher ungewöhnlich ist, in meinem Alter Single zu sein oder dass es wenig so junge Singles gibt, weil sich die dauernd in Beziehungen stürzen und nicht so genau wissen, was sie wollen. Ich glaube, Frauen, die älter sind, wissen schon mehr, was sie wollen, sind anspruchsvoller, vielleicht auch unflexibler, sind kompromissloser, glaube ich, denn je länger man alleine lebt, desto schwerer fällt es einem, sich auf jemand anderen einzustellen. Ich glaube, es gibt mehr ältere Singles, außer ganz junge Frauen, die schüchtern sind und noch nie jemand gehabt haben.
Erzählst du mir bitte von deinen Beziehungserfahrungen?
Meine erste große Liebe war, als ich sechzehn war. Von sechzehn bis achtzehn war ich mit dem zusammen. Ich war total verliebt, das war symbiotisch das Ganze, das heißt, ich habe nichts anderes im Kopf gehabt als ihn von früh bis spät, habe auch keinen Freundeskreis gehabt, war völlig auf den fixiert und allein nicht mehr lebensfähig. Als das dann vorbei war, er hat ein Jahr lang versucht, sich von mir zu trennen, ich habe das aber nicht wahrhaben wollen oder können, das war, als wenn ich sterben müsste. Eine Welt ist zusammengebrochen, ich war nicht mehr fähig, alleine etwas zu tun. Ich hab nicht mal ein Buch lesen können, ich war nur am Heulen. In dieser Zeit meines Lebens habe ich am meisten geheult, war völlig abhängig von dem, konnte mir kein Leben ohne ihn vorstellen. Im Endeffekt habe ich drei Jahre gebraucht, um emotional von ihm wegzukommen. Habe immer noch von ihm geträumt, obwohl ich schon mit anderen Männern zusammen war.
In die Beziehungen danach habe ich mich hineingestürzt, um nicht allein zu sein und aus Angst vorm Alleinsein. Das hat aber nie gepasst. Nach der Geschichte mit ihm habe ich mich nie wieder so richtig öffnen oder richtig geborgen fühlen können, so dass das gepasst hätte.
Danach habe ich ein halbes Jahr lang eine Beziehung gehabt, das war so ein gegenseitiges Trösten und Nicht-allein-sein-Wollen. Das hat aber nicht geklappt, weil wir nicht zusammengepasst haben. In dem ganzen Gefühlschaos bin ich dann auch noch schwanger geworden, und dann war das Ganze sowieso aus und vorbei, weil er überhaupt keine Hilfe war und nicht zu mir gestanden ist. Er hat gesagt, es sei ihm egal, was ich mache. Nach dieser Abtreibung war dann überhaupt alles tot in mir. Und nachdem er sich ziemlich beschissen benommen hat, war das dann auch vorbei.
Ich bin gleich in die nächste Beziehung geflüchtet, für ein Jahr, das war aber ein Typ, der ein völliger Waschlappen war, ich hab ihn nur provoziert und fertig gemacht. Ich war gefühlsmäßig so gestört und verwirrt, habe aber Angst gehabt vor dem Alleinsein und habe mich deshalb auch nicht richtig öffnen können. Das hat also auch nicht gepasst, es war nur eine Flucht. Das klingt so dumm, wenn ich das erzähle, aber von dem bin ich ein halbes Jahr nach der Abtreibung noch einmal schwanger geworden, dann hat sich die ganze Geschichte wiederholt, dass der auch ein Trottel war und ein Waschlappen und nicht mal bereit war, zu der Abtreibung mitzugehen oder mich abzuholen.
So habe ich also ziemlich jung schon ziemlich viel Scheiße mit Männern erfahren.
Danach war ich dann in Graz, war ein Jahr allein, habe aber mit einer Freundin von mir ziemlich viel Zeit verbracht und teilweise auch mit ihr zusammengewohnt. Da hab ich mir, weg von Wien, ganz allein in einer anderen Stadt bewiesen, dass ich in einer Stadt, wo ich keinen Menschen kenne, überleben kann und niemanden brauche. Dort habe ich eine Freundin wiedergetroffen, die ich aus Wien kannte, wir haben beide nur wenig Leute in Graz gekannt Wir haben ein total schönes Jahr miteinander verbracht. Da habe ich mich dann von den Geschichten in Wien erholt, Misstrauen abgebaut.
Ein Jahr später habe ich dann den O. kennengelernt, da war ich übers Wochenende auf Besuch in Wien bei meinem Vater. Mit meinem Vater bin ich zum Heurigen gegangen, und da hat der O. gekellnert. Er hat Schmäh geführt und mich angeflirtet über meinen Hund, wir haben geblödelt und uns kennengelernt.
Überhaupt ist das immer viel zu schnell gegangen mit dem Kennenlernen, ich war drei, vier Tage in Wien, und zwei Tage, nachdem ich ihn kennengelernt habe, bin ich schon mit ihm im Bett gelandet.
Dann war ich wieder in Graz, wir haben telefoniert. Ich war damals mit meiner Ausbildung an der Pädagogischen Akademie nicht besonders glücklich, ich wusste zwar nicht, was ich wirklich machen will, aber damit musste ich aufhören. O. hat mich in Graz besucht, das war sehr romantisch. Dann habe ich mal mit ihm telefoniert und ihm erzählt, dass ich mit meiner Ausbildung nicht zufrieden bin, das war um zehn Uhr abends, und er sagte: Pack deine Sachen zusammen, ich hole dich ab, wir ziehen nach Wien. Das habe ich dann auch gemacht. Mein Mitbewohner hat nur den Kopf geschüttelt und mich gefragt: „Was machst du denn jetzt?“ Ich habe gesagt:“Ich ziehe nach Wien.“ Dann hat er gesagt:“So blöd kann man auch nur mit zwanzig sein.“ Womit er ja recht gehabt hat.
Ja, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, ich habe einfach alles in Graz abgebrochen. Aber das war nur ein Vorwand für mich, denn ich habe nicht gewusst, was ich wollte, ich wusste nur, ich wollte nicht mehr in Graz bleiben, denn das war mir zu langweilig. Also bin ich zum O. gezogen, wodurch ich mich ihm total ausgeliefert habe. Das Ganze ist dann ziemlich bald in eine Hassliebe übergegangen - wir waren ungefähr ein Jahr zusammen, und das Jahr war ziemlich intensiv, aber nicht besonders glücklich - so eine komische Abhängigkeitsgeschichte mit Psychoterror, wir haben uns gegenseitig geschlagen, es war ziemlich irr, aber wir sind nicht voneinander los gekommen. Nach einem Jahr habe ich einen Schlussstrich gezogen - ich sagte mir, da bin ich lieber allein als unglücklich. Aber es hat sich noch weitere drei Jahre dahingezogen - so ein Nicht-zusammen-Können aber auch nicht Voneinander-lassen-Können.
Wie hast du dich dann endgültig von ihm gelöst?
Endgültig aus ist es noch nicht so lange. Ich bin seit vier Jahren von ihm getrennt, obwohl es ewig noch so weitergegangen ist, dass wir uns wiedergesehen, wieder geküsst haben und so, aber es war nach jedem Treffen so, dass ich mir dachte, ich brauche eine ganze Woche, um wieder zu mir selber zu finden. Endgültig war das vor einem halben Jahr, als ich dachte: Mir reicht das jetzt wirklich, als er wieder mal bei mir übernachtet hat und das ganz grauslich ausgeartet ist. Es waren immer lange Pausen zwischen unseren Treffen, ein halbes Jahr oder länger... Als ich mir dachte, mir reicht es, ich will das nicht mehr, dachte ich mir, ich muss ein Ritual machen, um ihn aus mir rauszukriegen und ihn loszuwerden. Ich dachte mir, ich gehe in den Prater, kaufe mir einen Luftballon, schreibe O. drauf und lasse ihn fliegen. Nur - das Problem war, dass es im ganzen Prater keine Luftballonverkäufer mehr gibt, das ist eine Marktlücke! Auf jeden Fall habe ich das dann mental gemacht, und das hat offenbar geklappt. Ich weiß, ich darf ihn nicht mehr sehen und hören, aber ich habe auch nicht das Bedürfnis danach, das ist offenbar so ein Suchtfaktor, aber jetzt ist es vorbei.
Nachdem ich mich offiziell von O. getrennt habe, war mal lange nichts, fast ein Jahr lang überhaupt keine Männer, kein Sex, ich war auch mit meiner Ausbildung sehr beschäftigt und habe überhaupt wenig Privatleben gehabt. Ja, dann gab es einige Affären, wobei ich mich da gefühlsmäßig von vornherein ziemlich abgekapselt habe, oder es waren Männer, die mich nicht wirklich interessiert haben, obwohl das natürlich blöd ist, dann mit solchen Affären zu haben. Das waren meistens keine One-, sondern mindestens Two-Night-Stands.
Im letzten Jahr hat sich da einiges getan. Ich merke, ich verliebe mich leicht, vor allem in Männer, die fix liiert sind, wobei mir das mittlerweile ziemlich egal geworden ist und ich mir denke, das ist vielleicht ganz gut oder genau das, was ich brauche, weil die können dann keine Ansprüche stellen an mich. Oder ich finde es ganz angenehm, wenn sie mitten in der Nacht wieder heimgehen, weil meistens wache ich auf in der Früh, da liegt dann einer neben mir, und ich denke mir: Um Gottes willen, wann geht der endlich!
Ich habe das Gefühl, diese Männer bringen meinen Tagesplan völlig durcheinander, es ist ganz eigenartig, denn nach der zweiten Nacht habe ich meistens das Gefühl, das ist schon so eine Pseudo-Routine, das ist jetzt genauso abgelaufen wie in der ersten Nacht, es interessiert mich nicht mehr. Es ist so öd, so austauschbar, es könnte jeder andere sein. Und dann glaube ich, dass ich zwar ziemlich gute Schutzmechanismen habe, aber je öfter ich mit einem Mann schlafe, desto lieber mag ich ihn, oder ich mag ihn gar nicht mehr.
Die letzte Geschichte war so, dass der ziemlich auf mich abgefahren ist und ich die totale Panik bekommen habe und mir gedacht habe, der will jetzt wirklich was von mir, nachdem wir ein paar Mal miteinander im Bett waren. Doch sobald ich mich ein bisschen daran gewöhnt habe, dass da jetzt was sein könnte, hat der einen Rückzieher gemacht und mir irgendwas von einem unbändigen Freiheitsdrang erzählt, und das war es dann wieder.
Ich denke, ich treffe nur Männer, die schon liiert sind oder sie spinnen und sind beziehungsgestört wie ich selber.
Für mich ist das Kriterium für eine Beziehung, dass ich mehr Spaß habe und mehr Energie raushole als ich reinstecke. Und wenn mich das mehr Energie kostet, als es mir bringt, dann interessiert mich das nicht, da bin ich schon ziemlich radikal. Schon bei den kleinsten Anzeichen, wenn wer was Blödes sagt, dann serviere ich ihn ab. Denn ich denke, entweder es passt von vornherein oder nicht. Und wenn man sich das gleich von vornherein abstellt, wenn man merkt, der spinnt, der passt nicht zu mir, dann muss man sich nicht monatelang ärgern. Ich bin da nicht mehr bereit dazu. Ich will so was nicht mehr. Ich brauche meine Energie für andere Sachen, ich will mich nicht runterziehen oder ärgern lassen.
Was wäre für dich eine Beziehung, mit der du leben könntest, von der du sagen kannst: das passt?
Das ist schwierig, vielleicht habe ich gar keine so genaue Vorstellung. Also - ich kann mir schwer vorstellen, überhaupt mit einem Mann zusammenzuleben, nachdem ich schon so lange alleine lebe. Ich denke, das müsste auch anders als bisher beginnen, viel langsamer, nicht so schnell im Bett landen, sondern langsam schauen, ob das passt. Zuerst viele nette gemeinsame Erlebnisse. Die Interessen sollten sich zumindest teilweise decken. Mein Mann muss irrsinnig witzig sein, vielleicht auch ein bisschen ausgeflippt, aber sehr wichtig ist, dass wir einen gemeinsamen Humor haben. Er soll mich aufheitern können und mich nehmen, wie ich bin, wenn ich mal spinne, so dass das nicht so tragisch wird. Eine gewisse Erotik muss natürlich auch da sein, sonst interessiert es mich schnell nicht mehr, eine erotische Anziehung. Intellektuell muss auch was da sein. Ich hätte gerne einen Mann, der künstlerisch sehr kreativ ist, um sich gegenseitig geistig und kreativ anzuregen und aneinander zu entwickeln. Es dürfte auch nicht zu unterschiedlich sein vom Lebens- und Tagesablauf her. Nicht so, dass er einen Nachtjob hat und man sich dann nie sieht.
Wie hast du an dir nach der Trennung von O. gearbeitet, damit es dir besser geht?
Nach dem O. habe ich mich total in die Ausbildung reingekniet und nicht mehr viel Zeit für was anderes gehabt. Das war in der Musical-Schule, da war ein ziemlicher Drill, eine Härte und Herausforderung. Ich denke, dass das teilweise gar nicht so gut war, wenn man solche Sachen in den Körper reinarbeitet, aber es war eine Ablenkung. Zu anderen Dingen bin ich nicht viel gekommen. Und dann hat sich wieder ein Freundeskreis entwickelt - da war ich ja noch nicht so lange in Wien, alte Leute sind wieder aufgetaucht. Und irgendwann bin ich dann draufgekommen: Mir geht es jetzt wesentlich besser als früher, ich möchte das einfach nicht mehr eintauschen. Es ist viel netter, wenn man machen kann was man will, wann man will, nicht drüber diskutieren muss, selber planen kann, selber für alles verantwortlich ist. Und einfach ein eigenes Leben und einen eigenen Freundeskreis haben. Vor allem - mit dem Freundeskreis vom O. habe ich überhaupt nichts anfangen können, die Leute waren völlig irr. Ich treffe jetzt einfach keine Leute mehr, mit denen ich mich nicht treffen will oder mit denen ich nichts anfangen kann.
Bist du mit deinem jetzigen Leben zufrieden?
Ja, im Großen und Ganzen schon. Ich habe schon Karrierepläne für die Zukunft, aber ich fühle mich jetzt ganz wohl. Und irgendwann hätte ich gerne wieder einen Mann, das muss ich auch sagen. Aber es ist nicht so, dass ich totunglücklich wäre, weil ich keine Partnerschaft habe, überhaupt nicht. Aber wenn sich jetzt weitere vier Jahre nichts tut, würde ich mich schon fragen...Aber, es wird sich schon wieder was ergeben.
Mit welchen Klischees über alleinstehende Frauen hast du dich bis jetzt auseinandersetzen müssen?
In letzter Zeit fragen mich dauernd irgendwelche Leute, ob ich verheiratet bin und Kinder habe. Ich bin immer völlig schockiert, denn so alt schaue ich noch nicht aus, denke ich mir. Ich möchte das auch nicht, das sind wirklich nicht meine Pläne, ich möchte weder Kinder noch heiraten.
Klischees...Ich glaube, dass Männer, wenn sie hören, ich mache Schauspiel, na gut, das hat jetzt nichts mit alleinstehenden Frauen zu tun sondern eher mit Klischees über Schauspiel - die glauben, Schauspielerinnen spielen immer was und kommen dann mit so blöden Sprüchen wie: Frauen und Schauspielerinnen kann man nicht verstehen.
Alleinstehende Frauen - ich glaube, in meinem Alter ist das noch nicht so schlimm, ich habe jetzt eher den Ruf, dass ich leicht zu haben, leicht ins Bett zu bringen bin oder viele Männer habe, obwohl ich gar nicht finde, dass ich so viele Männer habe. Die Sache ist die, dass mich diese Affären nicht befriedigen. Es interessiert mich nicht, wenn das nur Sex ist.
Vor einiger Zeit habe ich meine Hausmeisterin getroffen, und die hat mich gefragt: Na, wie schaut`s aus mit den Männern? Ich habe ihr gesagt: Ich habe den Richtigen noch nicht gefunden. Dann sagt sie: Na ja, ich habe auch erst mit einundzwanzig geheiratet!
Was hat sich in deiner Freizeit geändert, seit du allein bist?
Ich habe eine gemütliche eigene Wohnung nach meinen Vorstellungen, wo Freunde mich besuchen kommen oder öfters spontan wer vorbeikommt. Ich habe jetzt auch sehr viele liebe Freundinnen um mich, wo ich auch das Gefühl habe, wenn es mir schlecht geht, kann ich anrufen und über alles quatschen, oder mitten in der Nacht hinfahren, ich fühle mich nicht einsam. Ich habe viel mehr Spaß mit meinen Freundinnen, als ich jemals mit einem Mann gehabt habe! Und ich würde für keinen Mann meine Freunde aufgeben! Mein Mann müsste auch mindestens so witzig sein wie meine Freundinnen, sonst hat er keine Chance!
Was hat sich beruflich geändert, seit du alleine bist?
Ich mache die Schauspielausbildung. Es hat mir sehr gut getan, mich mit Tanz, Singen und Schauspiel auseinanderzusetzen, weil das auch sehr therapeutisch wirkt und viel offener macht. Ich bin einfach wesentlich risikobereiter als früher. Ich denke, ich habe nichts zu verlieren, und wenn was nicht klappt, kann man halt nichts machen. Es ist besser, wenn man gelassener ist.
Was hast du in den Jahren deiner Beziehungen und auch in der Zeit allein über deine Beziehungsfähigkeit gelernt?
Mit Männern war ich wohl noch nicht besonders beziehungsfähig. Ich merke mit diesen Affären, dass ich bei Männern, die sich ernsthaft für mich interessieren, Panik und Angstzustände kriege beziehungsweise wirklich verlieben tu ich mich nur in unerreichbare Männer. Sogar in einen Vierzehnjährigen in Italien, so dass ich mich schon frage, was das soll. Das war sicher total wichtig für mich, allein zu sein, zu mir selber zu finden und einmal zu schauen, was für mich wirklich ist, was mein Leben ist, was meine Bedürfnisse sind und zu sehen, dass man keine Angst haben muss vor dem Alleinsein. Zu sehen, dass die meisten Männer sowieso schwächer sind als ich und keine Ahnung haben, was sie im Leben wollen. Und es ist auch so, dass ich die meisten Männer nicht besonders ernst nehmen kann. Diese ganzen Beziehungsspielchen sind ja so lächerlich - meistens interessieren sich die Männer für einen, wenn man sich nicht für sie interessiert und umgekehrt. Wenn man sich für jemand interessiert, muss man so tun, als wäre das nicht so, zumindest am Anfang, und ich halte das nie durch, und deshalb klappt es auch nicht. Ich bin zu ungeduldig. Ich hoffe, dass man mit dem Mann, mit dem es sein soll, solche Spielchen nicht braucht.
Wie viel Alleinsein brauchst du oder verträgst du?
Es ist oft so, dass ich am Abend sehr gerne allein zuhause bin und lese und meine Ruhe haben und überhaupt nicht mehr fortgehen will, wenn mich wer anruft. Wie gestern zum Beispiel. Das sind so Phasen, wo ich lange Zeit nichts unternehme und nicht weggehe - und dann wieder dauernd. Wobei - wirklich allein sein... Ich treffe ja in der Ausbildung und in den Jobs immer viele Leute. Und wenn ich keine Zeit habe, meine Freunde zu sehen, dann telefoniere ich mit ihnen und genieße das sehr, auch wenn ich am Abend nur so allein zuhause bin.
Was würdest du anderen Frauen raten, die Single geworden sind?
Ich rate ihnen meistens - nur nutzt das nichts, weil sie sich sowieso gleich wieder in die nächste Beziehung stürzen, die genauso katastrophal ist... Also, ich sage ihnen immer wieder, dass mir meine Freundinnen wesentlich wichtiger sind als ein Typ, und dass sie mich anrufen sollen, wenn es ihnen schlecht geht. Ich finde es viel wichtiger, sich da abzulenken, mit Freunden darüber zu reden, zu überlegen: welche Leute will ich jetzt wirklich sehen, wer gibt mir Kraft? Oder einfach schauen, worauf ich Lust habe - vielleicht ins Kino gehen oder sich ein gutes Buch kaufen, einen Kurs beginnen, was auch immer, Sachen machen, die man schon lange nicht tun konnte, weil man blockiert war oder keine Zeit hatte.
Ich denke, am Anfang nach der Trennung ist immer eine Phase der Trauer, wo man durch muss und nicht viel anderes machen kann. Ich handhabe das dann immer so, dass ich gute Musik auflege, mir gute Duftöle in die Duftlampe gebe, mir gute Tees koche und schaue, dass ich möglichst nett bin zu mir und in mich hinein fühle, wen ich jetzt wirklich sehen will und auf was ich wirklich Lust habe.
Welche Lebensformen hast du schon ausprobiert - außer allein leben und mit einem Mann leben?
Eine gute Freundin von mir hat mal ein paar Monate bei mir gewohnt. Was ich mir nett vorstellen würde, ist in einem großen Haus zusammenwohnen, wo jeder einen Stock oder eine Wohnung für sich hat, lauter gute Freunde, mit einem gemeinsamen Gruppenraum, wo man sich gegenseitig besuchen kann oder auch seine Ruhe haben.
Was wolltest du schon immer in deinem Leben verwirklichen, bist aber nie dazugekommen?
Fallschirmspringen.
Wie soll dein Leben in fünf bis zehn Jahren aussehen?
Entweder eine bekannte Schauspielerin oder Sprecherin sein, gut verdienen, mindestens 30.000 Schilling im Monat. Dann eine große Altbauwohnung. Oder vielleicht - ich lerne Italienisch - gehe ich nach Italien, ich weiß nicht. Ich sehe mich mit vielen lieben Freunden und kreativen Leuten um mich, die wir uns gegenseitig Anregungen zur Weiterentwicklung und Kraft geben. Es soll sehr bunt und kreativ sein, mit vielen lieben Leuten, und ich möchte mir alles leisten können, was für meine kreative Weiterentwicklung nötig ist, mich wohlfühlen und Spaß haben.
Wie stellst du dir dein Alter vor, falls du dann noch oder wieder Single bist?
Wenn ich alt bin, dann möchte ich mit meinen besten Freundinnen eine Alten-Single-WG gründen! Am besten am Stadtrand von Graz, im Grünen, ich hätte gerne Tiere - Hunde, Katzen, vielleicht ein Pferd zum Reiten. Wer einsam ist, hat sich das selbst gemacht, das ist die eigene Schuld. Wenn man offen bleibt, ist das alles nicht so schlimm. Und heutzutage ist man ja mit sechzig noch nicht wirklich alt.
Worüber möchtest du noch gerne sprechen?
Also, ich finde die Jahre, die ich alleine war, nicht als Manko. Ich habe mich noch nie so wohl gefühlt wie jetzt. Und es ist auch nicht so, dass ich so fürchterliche Lust auf Sex hätte und irgendeinen Mann will, ich meine, wenn es sich ergibt, bin ich nicht abgeneigt, aber der soll sich dann gefälligst wieder schleichen.
Ich fühle mich jetzt nicht hässlich oder ungeliebt - na klar, manchmal hab ich schon meine Krisen, wo ich mir denke, die Männer sind alle so blöd, die wollen mich nicht. Ich glaube, man braucht einfach Geduld, muss das Ganze behutsam angehen und darf sich da auch nicht überfordern oder Stress machen. Ich hoffe nur, dass sich irgendwann mal wieder was Beziehungsmäßiges ergibt, bevor ich über die Blüte meiner Jahre hinaus bin. Mittlerweile glaube ich aber nicht mehr, dass es dran liegen könnte, dass ich so hässlich bin - ich glaube eher das Gegenteil. Ich bin zu schön und zu klug!
„Ich kann alles machen, was ich will, ohne schlechtes Gewissen“
Ulli, Schneiderin/ Sozialpädagogin, 32
Ich fühle mich sehr gut als Single! Ich lebe seit 1 ½ Jahren getrennt. Ich habe in Berlin gewohnt, mein Freund ist ausgezogen. Das war natürlich nicht lustig, man hängt da in den ärgsten Erinnerungen, ich bin ja wegen ihm dorthin gezogen. Da habe ich mich dann relativ schnell entschieden, wieder nach Wien zurückzugehen. Ich wohne seit einem Jahr wieder da, jetzt geht es mir besser, bin ja auch weit genug weg von ihm.
Ich habe schon vorher acht Jahre in Wien gelebt und habe hier viele Freunde und Freundinnen. Mein Bruder lebt auch hier mit seiner Frau und seinem Kind. Ich kenne hier viel mehr Leute als in Berlin, das ist total fein.
Erzähl mir bitte über diese wichtige Beziehung in Deutschland mehr.
Wir waren zwei Jahre zusammen. Er hat in Deutschland gewohnt, ich in Wien. Das erste halbe Jahr war ich noch in Wien, dann bin ich nach Köln gezogen, weil ich dort Freunde habe, und dann erst nach Berlin. Ein Jahr haben wir nicht zusammengelebt, ein Jahr schon. Ich habe vorher schon einige längere Beziehungen gehabt - aber keine länger als zwei Jahre. Meist hat es ungefähr zwei Jahre gedauert. Aber bei diesem Mann war es schon so, dass ich mir gedacht habe: Das ist jetzt mein Mann für`s Leben. Deswegen bin ich auch zu ihm gezogen - er wollte das gar nicht unbedingt - vielleicht ist es auch deshalb auseinandergegangen, weil er es nie so richtig wollte.
Wir haben dann zusammengewohnt, haben nur eine kleine Wohnung gefunden, es war in Berlin sehr schwierig. Und nach einem Jahr hat er es nicht mehr ausgehalten und ist ausgezogen. Da habe ich zuerst gespürt, ich brauche total viel Ruhe. Ich bin fast nie weggegangen, bin eigentlich nur zuhause gesessen und habe sehr viel geschlafen. Ich habe natürlich auch diesen anstrengenden Kindergärtnerinnen-Beruf gehabt, da habe ich von neun bis drei gearbeitet, und wenn ich heimgekommen bin, war ich total müde, da ist es mir nicht gut gegangen. Ich war nicht sehr belastbar. Deshalb habe ich mich auch nicht so unter die Leute gemischt - ich habe immer wieder sehr plötzlich starke Traueranfälle gekriegt, die man mit Leuten nicht so ausleben kann. Ich war viel allein und hab dann auch einiges allein gemacht - ins Kino oder Spazieren, oder ich bin nach Köln zu meinen Freunden gefahren oder nach Vorarlberg zu meinen Eltern. Das schlimmste waren die Wochenenden - zwei Tage frei...Unter der Woche ging es, ich bin heimgekommen um vier, und dann war schon Abend.
Dann habe ich im gleichen Haus eine Frau kennengelernt und mich mit ihr angefreundet, die war ein bisschen älter als ich, auch Single und hatte immer Drama mit den Männern... Wenn ich mich einsam gefühlt habe, bin ich zu ihr raufgegangen - das war ein Glück für mich, dass ich sie gefunden habe. Mir ist es sehr schlecht gegangen. Aber es war dann auch schrecklich, von Berlin wegzugehen, denn wir haben uns immer wieder gesehen, dieser Mann und ich. Wie ich dann nach dem halben Jahr weggegangen bin, war das erst die richtige Trennung.
Die ersten Monate in Wien war ich auch noch total unglücklich, wollte nicht ausgehen, habe mich auch nicht für andere Männer interessiert. Meine Strategie war, mich total zurückzuziehen. Ich bin sonst nicht der Mensch, der alleine zuhause rumsitzt. Ich habe viel alleine gemacht. Ich habe es auch überhaupt nicht ausgehalten, mich nach jemand zu richten. Ich musste mein Ding in meinem Tempo auf meine Art durchziehen - zum Beispiel spazieren gehen. Ein halbes Jahr lang habe ich eher gelitten und war viel einsam - und dann ist es plötzlich, fast von einem Tag auf den anderen umgeschlagen - ich habe wieder Lust gekriegt, auszugehen und bin dann ganz viel ausgegangen. Seit der Zeit fühle ich mich sehr wohl - bin viel unter Leuten aber auch viel daheim. Aber ich bin nicht mehr die ganze Zeit so traurig.
Weißt du noch, was da war, als deine Stimmung so plötzlich umgeschlagen ist?
Ja, ich war mit einer Freundin im Kino, es war total lustig, so unerwartet, und dann bin ich wieder auf den Geschmack gekommen. Auf einmal war es wieder ein Konzept: Ausgehen. Ich habe auch nichts ausgehalten - z.B. am Abend, um acht, wenn es schon finster war, irgendwohin fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, das war mir zu mühsam, als ich so deprimiert war. Jetzt bring ich die Kraft locker auf.
Was hast du in der Zeit mit dir allein gemacht?
Das frag ich mich auch manchmal. Ich hab im ersten halben Jahr viele Kindersachen genäht, die ich dann zu Weihnachten am Weihnachtsbasar verkauft habe. Da bin ich dann gehockt und hab am Abend immer genäht. Es war auch tagsüber ziemlich mühsam mit der Arbeitssuche - ich war ja arbeitslos, als ich von Deutschland zurückgekommen bin. Ich war viel mit meinem Bruder, seiner Frau und deren Kindern zusammen. Bin schon auch in die Stadt gegangen und habe Freundinnen getroffen - aber es war schon eine mühsame Zeit. Ich habe das Alleinsein ganz schlimm gefunden und war total einsam. Alle meine Freundinnen haben einen Freund oder sind verheiratet und haben Kinder. Alle. Frauen, die Single sind, kenne ich keine. Ich bin so ein Spaßvogel und deshalb immer gerne gesehen, wenn wir ausgehen, weil ich jetzt immer guter Laune bin. Mir kommt auch vor, als Single hat man mehr Ausgeh-Energie als die ganzen Pärchen. Die hocken dann so da - ob sie jetzt im Lokal hocken oder zuhause ist auch schon egal - und ich habe viel mehr Spaß am Ausgehen, und es ist auch nett für die Leute, weil sie jemand haben, der sie unterhält.
Mit welchen Klischees über alleinstehende Frauen hast du dich bis jetzt auseinandersetzen müssen?
Extrem unangenehm war immer wieder - nicht nur im letzten Jahr, sondern auch davor, wenn ich mal allein war - die Reaktion der Leute der Generation meiner Eltern. Die gehen davon aus, dass man einen Mann haben muss. Immer, wenn wir uns getroffen haben, haben sie gefragt: Was machst du? und: Hast du einen Freund? Das waren die zwei wichtigsten Fragen. Und wenn ich dann gesagt habe: Ich bin arbeitslos, und ich habe keinen Freund, dann war ich unten durch oder zu bemitleiden. Das hat mich lange sehr genervt, ich hab das schwer ausgehalten - aber mittlerweile ist es mir total egal. Und die Freunde meiner Eltern akzeptieren das jetzt auch. Früher haben sie mir immer vermittelt: Man braucht Arbeit und einen Mann. Man ist dann erst fertig mit der Suche, wenn man beides hat. Das Konzept, dass man als Frau vielleicht nicht unbedingt einen Mann braucht, um was wert zu sein, das kennen die nicht. Jetzt strahle ich das auch nicht mehr aus, dieses Brauchen. Natürlich denke ich mir, es wäre lässig, mal wieder einen Freund zu haben. Aber ich bin jetzt nicht auf der Suche. Ich fühle mich eigentlich total wohl. Ich habe eher Angst davor, wenn einer daherkommt, dass ich mich dann wieder einschränken lasse. Dass der wieder Sachen in meinem Leben verändert, die ich gar nicht verändern will.
Ist das ein Muster von dir, dass du dich in Beziehungen einschränken lässt? Worin wirst du da eingeschränkt?
Bei allem möglichen. Das fängt an bei der Optik - dass Exfreunde von mir gesagt haben, ich soll mich anders anziehen - ein ganz extremer Eingriff. Bei meinem letzten Freund war es eher so, der hat das nicht ausgehalten, wenn ich nach der Arbeit heimgekommen bin und mich hingelegt habe - weil er hat dann gefunden, ich wäre faul, er wollte das nicht. Oder. wenn ich Bücher gelesen habe, hat er gesagt, das sind keine guten Bücher, ich soll andere lesen. Sehr mühsam! In allem - wenn ich beim Heimkommen nicht sein kann wie ich will, sondern irgendwelche Fragen beantworten muss, bei jeder Frage sich auch überlegen muss: was sage ich jetzt? Dass man einfach nicht in Ruhe gelassen wird die ganze Zeit.
Wie gesagt, mit ihm haben nicht nur seine Freundinnen und Exfreundinnen Probleme, sondern auch Freunde - er fordert immer so viel von seinen Mitmenschen, und das habe ich als seine Freundin ganz besonders erlebt. Das war sehr mühsam - da bin ich sehr froh, dass ich das nicht mehr hab.
Ich spreche da öfter mit einer Freundin, die hat einen Freund, und sie hat dieselben Probleme. Wir sagen immer: Es ist so fein, wenn man alleine ist, man hat die ganze Zeit seine Ruhe, man kann machen, was man will. Und die Aufregung, die Spannung, wenn man fortgeht: vielleicht passiert heute was!
Diese Single-Energie finde ich sehr lustig! Ja, dass man mehr Lust hat, auszugehen und mehr Spaß daran hat. Die meisten meiner Freunde sind Paare, und die finden es dann auch fein, sich niederzulegen, weil sowieso jemand neben ihnen liegt - ich gehe da lieber fort, Party machen, tanzen, Spaß haben.
Du beschreibst mir, sobald du mit jemand zusammen bist, geht die meiste Energie in diese Beziehung hinein und weniger nach außen?
Ja. Das sollte wahrscheinlich nicht so sein, aber bei mir war das immer so - dass mich eine Beziehung so viel Energie gekostet hat, dass ich viele Sachen, die ich sonst gerne mache und mir gar nichts dabei denke, plötzlich in Frage gestellt werden, zum Beispiel, welche Musik man sich anhört oder welches Buch man liest. Man muss sich für Sachen rechtfertigen, die man gerne macht. Ja, zum Beispiel, wenn man mal faul ist. In meiner letzten Beziehung, der hat das nicht ausgehalten, wenn ich mal faul war, denn er war selber so faul.
Und ich habe auch festgestellt, dass meine kreative Sache - das Kindermoden-Machen - neben ihm nicht gegangen wäre. Da habe ich nur meinen Job gemacht, und wenn ich heimgekommen bin, habe ich ihm meinen Abend gewidmet und aus. Und wenn ich da noch kreativ hätte sein sollen... Ja, das wäre einfach nicht mehr gegangen. Einmal, als ich für meinen Neffen zur Geburt ein Wollmützerl gestrickt habe, da hat sich mein Freund schon beschwert, dass ich wie eine Hausfrau dasitze und stricke. Diese Klischees finde ich mühsam. Ich stricke gerne - ich verkaufe das dann auch - aber das halten die Männer einfach nicht aus. Ich werde deswegen immer blöd angeredet: Na, gehst heim stricken? Das finde ich dermaßen blöd, da denke ich, das kapieren sie sicher nicht. Ja. Ich glaube, das ist das Klischee von der alten Frau vorm Ofen, die strickt. Stricken ist was total Schrulliges.
Wie ich das verstanden habe, hast du erst in den letzten Monaten dein Arbeitszimmer hergerichtet, um zuhause zu arbeiten?
In den letzten acht Monaten habe ich hier in Wien als Kindergärtnerin gearbeitet, aber es hat mir nicht gefallen, von Anfang an nicht. Dann habe ich mir gedacht, ich könnte es jetzt probieren, von meinen Modekreationen zu leben. Ich versuche es - ich kriege jetzt ein halbes Jahr Arbeitslosengeld, diese Zeit möchte ich nutzen, um mir was zu organisieren - Geschäfte fragen, ob sie mir was abnehmen. Und wenn es klappt, wäre das mein Traum, das würde ich gerne machen.
Ich möchte noch mal darauf zurückkommen, was du vorher über Kreativität und das Zusammenleben mit einem Mann gesagt hast. Würde er dich bei deiner Arbeit stören?
Ich glaube, es kommt auf den Mann an, wie ich mit dem umgehe, ob ich mich von ihm einschränken lasse. Mit meinem Exfreund wäre es nicht gegangen. Das geht auch jetzt nicht - er ist manchmal für ein paar Tage auf Besuch, da kann ich nichts machen, erst, wenn er wieder bei der Tür draußen ist! Der Stresst mich zu sehr. Ich kann mich neben ihm nicht frei bewegen. Das fängt schon bei so Kleinigkeiten an, wenn ich im Bad bin und mich beeile, weil ich weiß, er ist da und wartet im Wohnzimmer. Was mich eigentlich ärgert, weil ich will mich nicht beeilen. Oder beim Geschirrabwaschen - ich mache das gerne, aber nicht, wenn jemand wartet. Ich glaube, dass das auch meine Einbildung ist und meine Schuld. Wenn ich von vornherein Grenzen gesetzt und gesagt hätte: So geht es nicht, und das mache ich, und wenn es dir nicht passt, dann hast du Pech gehabt - aber das habe ich nicht gemacht. Ich hoffe, dass ich es das nächste Mal schaffe. Ich hab es vor! Es war bis jetzt immer so, dass ich die Männer einen Tag gekannt habe, und dann waren wir schon zusammen. Das war bei allen so. Und das ist im Grunde Wahnsinn, denke ich jetzt. Aber: es wird natürlich auch schwieriger. Mit 32 - oder wie alt ich dann sein werde - ist man natürlich viel heikler und hat mehr Vorstellungen als mit 29... Ich habe ihn gesehen, und das war genug. Das würde ich mir jetzt nicht mehr antun - dass ich gar nicht schaue, ob der zu mir passt, haben wir was gemeinsam. Früher war ich gleich mit dem zusammen. Aber die Möglichkeit zu sagen: Du, leider interessiert es mich doch nicht, auf Wiedersehen, das habe ich mir gar nicht überlegt, dass es diese Möglichkeit auch gibt. Das habe ich mich nicht getraut. Ich habe immer gedacht: Man muss ja einen Freund haben, sonst fehlt einem ja was.
So bin ich erzogen. Es hat immer von mir geheißen: Sie hat Probleme mit den Männern, und sie hat immer so komische Männer. Und ich habe das auch von mir gedacht: Entweder habe ich schwierige, komische Männer - oder ich habe keinen Freund. Dann habe ich mir gedacht: Ich habe da einen Fehler - ich habe das Problem mit Männern - das muss ja an mir liegen. Jetzt denke ich mir: Sicher habe ich Schrullen mit den Männern - aber jetzt finde ich es auch ohne Männer fein und mache mir da nicht so viele Gedanken. Jetzt habe ich auch dieses Ding mit der Kindermode, und das beansprucht mit derart, dass ich gar nicht so viel Zeit habe, darüber nachzudenken.
Ich habe zwei Männer kennengelernt, die mir beide gut gefallen, wir treffen uns schon einige Zeit, aber wir kommen nicht über einen gewissen Punkt. Früher habe ich immer dazu beigetragen, aber jetzt tue ich das nicht, ich will sehen, was von selber kommt. Jetzt bin ich schon sehr gespannt, was sich da entwickelt. Aber ich kann es mir auch nicht so richtig vorstellen - ich brauche grad so viel Energie für andere Sachen und hab sehr viel zu tun - bin unterwegs oder am Schnittzeichnen.
Ich könnte mir schon vorstellen, dass es toll wäre, einen Mann zu haben, der nicht nervt oder stresst, sondern der lieb ist. Der mich nicht permanent so herausfordert. Nein, er muss interessant sein, von mir aus auch etwas seltsam. Aber mir wäre wichtig, dass ich alles machen kann, was ich will, ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu haben.
So ein Mann kostet auch viel Zeit und Betreuungsaufwand. Im letzten Fall war es ein sehr süßer Mann - aber eine unglückliche Situation. Er war für mich der Mann fürs Leben und für ihn war es nicht so. Aber das hat mir nichts gemacht, ich hab mir gedacht, ich werde ihn schon noch überzeugen. Ja, und ich hab gespürt, dieses Projekt funktioniert nicht, es war so mühsam. Das sagen zwar sicher alle Frauen, die sich von einem Mann getrennt haben - aber er war wirklich mühsam und sehr kompliziert. Und das war auch ein Kampf zwischen uns.
Mit ihm zu reisen war immer sehr schön, wir hatten viele gemeinsame schöne Momente. Aber das Gefühl: Jetzt könnte ich Bäume ausreißen! habe ich mit einem Mann noch nie gehabt. Eher das Gegenteil, eher macht mich ein Mann müde als wach. Ich habe mir in den letzten 1½ Jahren so viele Gedanken darüber gemacht, wie es anders sein könnte.
Mich interessieren deine Wünsche und Vorstellungen bezüglich des nächsten Partners - wie das sein sollte, damit es für dich passt.
Ich hätte gern, dass er total von mir überzeugt ist. Sicher, man lernt sich erst genauer kennen und findet dann Sachen am anderen, die einem auf die Nerven gehen. Aber er soll am Anfang total begeistert sein von mir. Und dass er mich in den Sachen, die mir wirklich wichtig sind - in meinem Fall die Mode - akzeptiert und nicht versucht, mich zu ändern.
Ich bin in vielen Sachen auch unsicher - soll ich jetzt am Wochenende nach Köln fahren oder nicht? Soll ich mir die rote Hose kaufen oder die blaue? Ich will in dieser Unsicherheit in alltäglichen Entscheidungen nicht noch mehr verunsichert werden. Der Mann soll mich lassen, wie ich bin - und dass er mich nett findet und lustig, zumindest am Anfang. Sicher geht man sich mit der Zeit auch auf die Nerven. Er sollte auch nicht an mir hängen, sondern selbstständig sein und seinen Weg gehen. Was in meinem Alter auch schon wichtig ist: er sollte einen Beruf haben, der ihm Spaß macht. Natürlich kann er sich verändern - aber einen in der Luft hängenden Mann, das würde mich nerven.
Bei meinem Exfreund war das so: ich bin ein bisschen älter als er, er hat noch studiert und keine Richtung gehabt, hat immer nur gejammert, dass er nicht fertigstudieren will. Ich habe keine positive Zukunftsvision haben können. Als Kindergärtnerin verdient man relativ wenig. Wenn ich eine tolle Karrierefrau gewesen wäre, hätte ich gesagt, ok, soll er zuhause bleiben als Hausmann. Aber dem war nicht so.
Ich finde es fein, wenn der Mann sein eigenes Ding hat - denn dann hat er nicht die Zeit, sich nerven zu lassen - denn er ist mit seinen Sachen beschäftigt. Ja - ich finde das wichtig, dass man sich ähnlich ist. Ich sehe das bei meinem Bruder und seiner Frau. Die haben in vielen Sachen denselben Geschmack und wollen dasselbe. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist für eine Beziehung. So Kleinigkeiten wie einen ähnlichen Geschmack bei Kino oder Musik.
Was hast du in der Zeit alleine über dich herausgefunden? Was weißt du jetzt mehr von dir?
Dass ich mir früher den Mann nie so genau angeschaut habe. Das will ich jetzt machen.
Ich bin mit zwei Brüdern in einem männerbetonten Haushalt aufgewachsen und hab mir recht viel von denen sagen lassen. Meine Mama ist zwar sehr stark, macht aber alles für den Papa. Und das habe ich mit angesehen und von ihr gelernt. Sie hat schon auch viel gemacht, wo er nicht immer einverstanden war, sie war nicht die Über-Hausfrau. Aber trotzdem, wo sie jetzt schon beide über 60 sind, sagt sie zu mir: Man muss sich sehr einschränken mit einem Mann. Sie kann verstehen, dass ich keinen Mann will. Sie findet das super. Sie steht da hinter mir. Ja, sie sagt, ist doch super, dass du keinen Mann hast, da kannst du machen, was du willst. Früher habe ich immer geglaubt, ich brauche unbedingt einen Mann, jetzt sehe ich, dass es auch ohne Mann schön sein kann. Sicher denke ich: Ich möchte mal wieder einen. Ich hab schon Angst davor, als Single alt zu werden.
Das Alleinsein ist manchmal auch sehr mühsam. Man muss ja die ganze Energie aus sich selber schöpfen. Man kriegt nie ein nettes Wort oder eine Streicheleinheit. Es sagt ja nicht meine Freundin zu mir: Wow, bist du heute hübsch! und streichelt mich. Das passiert mir nur mit Freund. Ok, ich habe schon Freundinnen, die mir sagen, ich wäre hübsch - aber das ist was anderes, wenn dir das dein Freund sagt. Ich habe auch Zeiten, wo es mir wochenweise nicht so gut geht, im Winter, wo jede mit ihrem Freund in der Wohnung hockt... und ich allein.
Für dieses Ding mit der Mode brauche ich viel Freiraum im Hirn und auch viel Ruhe, das habe ich über mich herausgefunden. Ich brauche auch viel Platz. Aber ich habe immer gedacht, wenn man einen Mann hat, gibt man das sofort auf für ihn. Und jetzt denke ich anders. Ich brauche viel Platz - und daneben könnte ich noch einen Mann haben. Der darf nicht in meinen Platz reingehen und ihn mir wegnehmen, das halte ich nicht aus. Das war früher sehr unbewusst.
Ich habe die Männer auch immer sehr bemuttert - mir ihre Probleme angehört, ihnen gute Ratschläge gegeben, sie bemitleidet und so. Dabei soll man das ja gar nicht tun, weil die Männer das ja nicht wollen. Meistens, wenn sie mich verlassen haben - und sie haben mich alle verlassen - dann haben sie gesagt: Du bist die liebste Frau der Wet, aber ich verlasse dich trotzdem. Dass ich zu ihnen so lieb war und ihnen immer zugehört und geholfen habe, das war zwar ganz nett, aber es hat nichts gebracht. Und mein Exfreund sagt auch: Das war die schönste Zeit seines Lebens, es ist ihm so gut gegangen. Das wundert mich nicht. Ich habe alles für ihn gemacht. Es war immer Geld da, weil ich Geld verdient habe, er hat keine Sorgen gehabt. Nur die Beziehung war immer weniger harmonisch. Ihm ist es gut gegangen mit mir - mir aber ist es total schlecht gegangen. Ich habe Alpträume gehabt.
Es wird für mich sicher schwer sein, mich zu emanzipieren - bei so kleinen Sachen, dass ich das Buch lese, das ich will, auch wenn er blöd drüber redet. Oder dass ich eine Stunde in der Badewanne sitze, auch wenn er da ist - ich bade halt, so lang ich will. Das habe ich früher nie gemacht - habe mich bei allem beeilt, was nicht für ihn war. Selbst wenn ich krank war, bin ich mit ihm joggen gegangen, weil er alleine nicht wollte. Er hat ja nichts davon. Deshalb liebt er mich nicht mehr, wenn ich als Kranke mit ihm joggen gehe. Eher im Gegenteil, da hat er ja keinen Respekt. Das will ich vermeiden.
Was würdest du anderen Frauen raten, die Single geworden sind?
Sie sollten lernen, sich alleine zu beschäftigen und das auch schön zu finden. Das ist am Anfang sicher schwierig, wenn sie vielleicht schon immer einen Freund hatte. Es gibt ja viele Frauen, die können nicht alleine ins Kino gehen oder spazieren. Und das finde ich so wichtig: dass man es sich alleine schön machen kann - alleine ins Kaffeehaus gehen zum Beispiel.
Ich finde es wichtig, dass man sich auf die Trauer einlässt. Ich habe sicher fast ein Jahr lang voll getrauert, und das war auch wichtig. Es ist auch super, wenn man jemand hat, mit dem man drüber reden kann. Das habe ich am Anfang nicht gehabt. Manche gehen ja sofort los und saufen sich jeden Abend an. Das habe ich nicht gemacht. Ich habe sehr viel geschlafen und hab es mir gutgehen lassen - hab mich selber viel beschenkt. Ich hab mir auch Beschäftigungsmöglichkeiten aufgeschrieben: was kann ich machen, damit ich nicht so traurig bin: z.B. Briefe schreiben, einen Pullover stricken.
In den guten Momenten In den schlechten bist du einfach nur verzweifelt. Und dann habe ich versucht, diese verzweifelten Momente möglichst trocken zu sehen. Ich habe bemerkt, sie dauern meistens nicht so lang, so zehn Minuten, und dann weine ich, und dann geht es wieder. Diese Trennung ist nicht so extrem schlimm. Ich meine, man leidet halt ein Jahr, das ist nicht lustig, aber es geht vorüber. Ich habe es ohne Therapie überstanden. Als ich noch mit ihm zusammen war, wollte ich zu einer Therapie gehen, weil ich so depressiv war und so viele schlechte Träume gehabt habe, doch als ich mich von ihm getrennt habe, war es vorbei. Ich war auch die ganze Zeit krank, Angina, Bronchitis - und das war sofort weg, als er ausgezogen ist.
Welche Lebensformen außer zu zweit und allein hast du gelebt?
Vor ihm habe ich in einer WG gelebt. Erst seit der Trennung von ihm lebe ich das erste Mal in meinem Leben allein. Das war ein doppelter Schock. Er ist ausgezogen, und ich war das erste Mal in meinem Leben allein. Ich hab mir da oft gewünscht, ich würde noch in einer WG wohnen.
Ich finde es total wichtig, dass man sich in der Zeit der Trennung Gutes tut. Ich hab das nicht mehr gehabt, dass ich mich gedemütigt gefühlt hätte. Da kommt es natürlich auch auf die Art der Trennung an. Mein Exfreund hat mir immer vermittelt, ich bin ja total super, aber er kann keine Beziehung führen und muss jetzt deshalb gehen. Ich habe mich nicht minderwertig gefühlt, das war ein Vorteil. Ich war total nett zu mir, ich habe mir immer Blumen gekauft und meine Räume nett gestaltet. Das war schon in Berlin so und auch hier. Ich könnte nie in einem grässlichen Loch wohnen. Es ist mir total wichtig, dass alles sehr schön ist. Es hilft auch, wenn man traurig ist und herumschaut, und dann sieht man schöne Blumen oder die Kuh da. Das sind dann lauter positive Sachen. Ich nehme mich sehr wichtig, das hilft mir. Ich kaufe mir nur gute Sachen zum Essen. Ich bin so nett wie möglich zu mir selbst. Ich gehe joggen. Das ist fein. Ich genieße das täglich, wenn ich in der Früh dasitze, meinen leckeren Kaffee trinke, ein Buch lese - das ist Lebensfreude. Ich habe Geschmack am Alleinsein gefunden und daran, alles was mir wichtig ist, auch voll auszuleben und dazu zu stehen. Das gibt mir ein freies Gefühl. Ich gebe mich nicht mehr so leicht auf. Ich glaube, ich habe in den letzten 1½ Jahren sehr genau entdeckt, was ich will, was ich brauche, wie soll mein Leben aussehen? Natürlich hab ich auch so Torschlussmomente - jetzt bin ich schon 32, wäre schon nett, ein Mann und ein Kind?
Manchmal frage ich meine Freundinnen: Findest du das normal? Jetzt bin ich schon 1½ Jahre allein? Sie versichern mir, das wäre normal. Wenn ich jetzt schon fünf oder sieben Jahre allein wäre, würde es mir vielleicht gutgehen, oder... Aber dieses Konzept ist noch immer da: Es wäre schon ganz nett, einen Mann zu haben und mit ihm das Leben zu verbringen. Ich will mich dabei aber nicht schlechter fühlen als jetzt. Im Moment wüsste ich aber nicht: wohin mit ihm? Ich wäre schon gern verliebt. Ich hätte gern einen Mann, der so beschäftigt ist mit seinem Job, dass er keine Zeit hat, mich einzuschränken.
Was wolltest du schon immer in deinem Leben verwirklichen, bist aber nie dazugekommen?
Das ist die Sache mit der Kindermode. Davon will ich auch leben können - vom Kindermode machen. Sonst ist grad nichts so ein brennendes Thema.
Wie soll dein Leben in fünf oder zehn Jahren aussehen?
Mein Bruder, seine Frau und ich würden gern aufs Land ziehen, aber eine Wohnung in Wien behalten. Ich könnte von dort aus meine Mode produzieren, würde schön in der Natur leben. Ich bin vom Land - ich fühle mich in Wien schon wie im Vogelkäfig. Ich stelle mir vor, allein zu leben - schon mit dieser Familie in meiner Nähe, so dass ich nicht ganz allein bin auf der Welt. Andererseits könnte ich mir gut vorstellen, einen Mann zu haben, der was macht, das zu meinem Beruf passt - entweder auch was mit Mode oder Textilien, Stoffdesigner oder so was. Mit dem ich über meine Arbeit reden könnte, weil es ihn auch interessiert. Oder dass wir zu zweit arbeiten - dass er mein Manager ist und ich mach das Kreative, das könnte ich mir auch gut vorstellen. Ich hätte auch gerne Kinder.
[...]
[1] Online-Dating wird im vorliegenden Buch nicht bearbeitet, gibt es doch bereits eine Fülle von Ratgebern und Erfahrungsberichten zum Thema.
- Arbeit zitieren
- Mag. Johanna Vedral (Autor:in), 2011, Wieder zu mir finden. Interviews mit Single-Frauen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176437
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