In meiner Arbeit möchte ich aufzeigen, wie eine Zusammenarbeit unter den verschiedenen Institutionen zum Nutzen für psychisch Kranke aussehen kann und dabei besonders die Erkenntnisse und Entwicklungen der Sozial- und Gemeindepsychiatrie in den vergangenen 25 Jahren, das heißt seit der Psychiatrie-Enquête, einbeziehen.
Neben der reinen Bestandsaufnahme, in welchen Tätigkeitsfeldern ein Sozialpädagoge in der Gemeindepsychiatrie beschäftigt sein kann, will ich folgende Aspekte beleuchten:
Wie sieht die Entwicklung bis zum jetzigen Stand in Deutschland aus? Dabei werde ich aufzeigen, wie die Entwicklung von der instituts- zur personenbezogenen Psychiatrie in Gang gesetzt wurde, verbunden mit einem Überblick über die Situation vor und nach der Tätigkeit der Enquête-Kommission und deren Forderungen. Daraus wird sich ergeben, dass leider nur ein Teil der Forderungen umgesetzt werden konnte, was durchaus nicht nur finanzielle Gründe hatte. Soweit die Forderungen umgesetzt werden konnten, werde ich Art, Weise und Umfang dieser Umsetzung darstellen.
Vor diesem Hintergrund werde ich im Bereich der gemeindenahen Arbeit zeigen, unter welchen Bedingungen sozialpädagogische Arbeit stattfindet. Dabei werde ich auch auf die gesetzlichen Grundlagen, Finanzierung und Ausgestaltung eingehen.
Einige Tätigkeitsfelder werde ich an Beispielen erläutern.
Damit der Sozialpädagoge sich in diesen Tätigkeitsfeldern sinnvoll und kompetent einbringen kann, benötigt er einen Fundus an fachlichen Kenntnissen und eine Persönlichkeit, die wegen der Tätigkeit in diesem sensiblen Bereich besonders gefestigt, ja geschult sein sollte. Dies soll durch das Studium der Sozialpädagogik zum einen vermittelt und zum anderen ermöglicht werden.
Am Beispiel eines bestimmten Krankheitsbildes, der „Borderline-Persönlichkeitsstörung“, möchte ich die Umsetzung dieser Kenntnisse und erworbenen Fähigkeiten deutlich machen. An dieser Stelle werde ich persönliche Erfahrungen meiner Kollegen und mir miteinfließen lassen.
Ich bin daran interessiert, wie Menschen mit solchen Handicaps ermöglicht werden kann, ein weitgehend selbstbestimmtes und zufriedenes Leben zu führen, und somit vielleicht auch die Basis für eine erfolgreiche Therapie geschaffen werden kann.
Inhalt
Einleitung
1. Die Psychiatrie-Enquête
1.1. Situation vor der Psychiatrie-Enquête
1.2. Forderungen der Psychiatrie-Enquête
1.3. Maßnahmen infolge der Psychiatrie-Enquête
1.4. Ergebnisse der erfolgten Maßnahmen aufgrund der Psychiatrie-Enquête
2. Sozialpsychiatrie
3. Gemeindepsychiatrie
3.1. Realisierung der Forderungen in der Gemeindepsychiatrie
3.1.1. Sozialpsychiatrischer Dienst (SpD)
3.1.2. Kontakt- und Krisenstellen (KuK)
3.1.3. Tagesstätten
3.1.4. Häusliche Psychiatrische Pflege
3.1.5. Betreutes Wohnen
3.1.6. Wohnheime
3.1.7. Stationäres Einzelwohnen
3.1.8. Werkstätten für Behinderte (WfB)
3.1.9. Tages- und Nachtkliniken
3.1.10. Alternativen in der psychiatrischen Praxis
3.2. „Hier bin ich Mensch - Gemeindepsychiatrie in Deutschland“ - eine Dokumentation über die Ergebnisse engagierter Arbeit
3.3. Prinzipien gemeindepsychiatrischer Versorgung im neuen Jahrtausend
3.4. Personenzentrierte Hilfe : » Der integrierte Behandlungs- und Rehabilitationsplan (IBRP)«
4. Grundlagen sozialpädagogischer Arbeit
5. Sozialpädagogische Arbeit am Beispiel von Menschen mit einer „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ (BPS)
5.1. Perspektiven in der Arbeit mit »Borderlinern«
5.2. Kontakt- und Krisenstellen (KuK) und Sozialpsychiatrischer Dienst (SpD)
5.3. Häusliche psychiatrische Pflege
5.4. Betreutes Wohnen
5.5. Wohnheim
5.6. Stationäres Einzelwohnen
5.7. Arbeit
5.8. Realität / Umsetzung
5.8.1. Das Wohnheim
5.8.2. Frau A
6. Fazit
7. Schlusswort
Literaturverzeichnis (in alphabetischer Reihenfolge)
Quellenverzeichnis
Erklärung
Anhang
Einleitung
Ausschlaggebend für den Themenwunsch meiner Diplomarbeit war zum einen meine eigene berufliche Erfahrung als Krankenschwester im Arbeitsfeld Psychiatrie und zum anderen die Tatsache, in diesem Bereich nach meinem Studium weiterhin tätig bleiben zu wollen, wenn auch in einer anderen Funktion.
Im Verlauf meiner Tätigkeit, sowohl in der stationären Akutpsychiatrie, der häuslichen psychiatrischen Pflege, in einem Kinderhaus für verhaltensauffällige Kinder und auch einem Wohnheim für psychisch Kranke, konnte ich viele Facetten der Arbeit und des Umgangs mit Menschen kennenlernen. Daraus ergab sich zwangsläufig, dass ich beim Vergleich dieser Tätigkeiten Überlegungen anstellte bezüglich der Wichtigkeit der richtigen Wahl einer individuellen Lebensform für diese völlig unterschiedlichen Menschen.
Als Krankenschwester lernt man in der Regel defizitär zu denken. Natürlich bemüht man sich auch in der Krankenpflege um einen ganzheitlichen Ansatz, es wird versucht ressourcenorientiert zu arbeiten, aber meist steht dennoch die zu therapierende Erkrankung im Vordergrund.
Die erste Erfahrung, die viele auf einer offenen psychiatrischen Station machen, ist: Ein Patient, eine Patientin wird als „gesund“ entlassen, wobei „gesund“ im psychiatrischen Kontext eher „stabil“ oder „weitgehend beschwerdefrei“ heißt, und man glaubt, den Patienten oder die Patientin soweit auf die Realität vorbereitet und trainiert zu haben, dass er oder sie ohne Hilfe mit den Belastungen des täglichen Lebens zu Rande kommen müsste. Doch wird die gleiche Person, unter Umständen nur wenige Tage später, erneut aufgenommen.
In der pflegerischen Praxis werden diese Menschen „Drehtürpatienten“ genannt, gleichgültig welches psychiatrische Krankheitsbild zu Grunde liegt.
Gewiss bemühen sich die im Krankenhaus beschäftigten Sozialarbeiter um eine gute Überleitung, dass Wohn-, finanzielle und Arbeitsverhältnisse geklärt sind, und dennoch scheinen diese Bemühungen oft nicht ausreichend oder einfach nicht effektiv zu sein.
Die Folge ist häufig, der jeweilige Patient ist nicht zu Unrecht verzweifelt, unglücklich und hoffnungslos ob seiner Unfähigkeit, allein mit sich zurecht zu kommen, und das therapeutische und pflegerische Team beginnt, an der Wirksamkeit und Richtigkeit seines Tuns zu zweifeln.
In meiner Arbeit möchte ich aufzeigen, wie eine Zusammenarbeit unter den verschiedenen Institutionen zum Nutzen für psychisch Kranke aussehen kann und dabei besonders die Erkenntnisse und Entwicklungen der Sozial- und Gemeindepsychiatrie in den vergangenen 25 Jahren, das heißt seit der Psychiatrie-Enquête, einbeziehen.
Neben der reinen Bestandsaufnahme, in welchen Tätigkeitsfeldern ein Sozialpädagoge in der Gemeindepsychiatrie beschäftigt sein kann, will ich folgende Aspekte beleuchten:
Wie sieht die Entwicklung bis zum jetzigen Stand in Deutschland aus? Dabei werde ich aufzeigen, wie die Entwicklung von der instituts- zur personenbezogenen Psychiatrie in Gang gesetzt wurde, verbunden mit einem Überblick über die Situation vor und nach der Tätigkeit der Enquête-Kommission und deren Forderungen. Daraus wird sich ergeben, dass leider nur ein Teil der Forderungen umgesetzt werden konnte, was durchaus nicht nur finanzielle Gründe hatte. Soweit die Forderungen umgesetzt werden konnten, werde ich Art, Weise und Umfang dieser Umsetzung darstellen.
Vor diesem Hintergrund werde ich im Bereich der gemeindenahen Arbeit zeigen, unter welchen Bedingungen sozialpädagogische Arbeit stattfindet. Dabei werde ich auch auf die gesetzlichen Grundlagen, Finanzierung und Ausgestaltung eingehen.
Einige Tätigkeitsfelder werde ich an Beispielen erläutern.
Damit der Sozialpädagoge sich in diesen Tätigkeitsfeldern sinnvoll und kompetent einbringen kann, benötigt er einen Fundus an fachlichen Kenntnissen und eine Persönlichkeit, die wegen der Tätigkeit in diesem sensiblen Bereich besonders gefestigt, ja geschult sein sollte. Dies soll durch das Studium der Sozialpädagogik zum einen vermittelt und zum anderen ermöglicht werden.
Am Beispiel eines bestimmten Krankheitsbildes, der „Borderline-Persönlichkeitsstörung“, möchte ich die Umsetzung dieser Kenntnisse und erworbenen Fähigkeiten deutlich machen. An dieser Stelle werde ich persönliche Erfahrungen meiner Kollegen und mir miteinfließen lassen.
Ich bin daran interessiert, wie Menschen mit solchen Handicaps ermöglicht werden kann, ein weitgehend selbstbestimmtes und zufriedenes Leben zu führen, und somit vielleicht auch die Basis für eine erfolgreiche Therapie geschaffen werden kann.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit habe ich mich in meiner Arbeit, sofern es sich thematisch um Frauen und Männer drehte, für die männliche Schreibweise entschieden und bitte hierfür um Verständnis, selbstverständlich sind immer beide Geschlechter gemeint. Es stellt keine Diskriminierung dar.
1. Die Psychiatrie-Enquête
Die Psychiatrie-Enquête ist ein Meilenstein der Geschichte der Psychiatrie in Deutschland. 1970 wurde bei der damaligen Bundesregierung ein Antrag gestellt, die psychiatrisch-psychohygienische Versorgung der Bevölkerung zu untersuchen. Einige namhafte Ärzte, wie C. Kulenkampff, H. Häffner, M. Bauer hatten sich mit ihrem Anliegen, die Situation der psychisch Kranken in Deutschland zu verbessern, an den Bundestagsabgeordneten W. Picard gewandt. Dieser konnte die CDU-Fraktion dazu bewegen, aus der Opposition heraus einen Antrag einzubringen, über welchen wenig später der Bundestag beriet. Anschließend wurde dieser an den Ausschuss für Jugend, Familie und Gesundheit verwiesen, und es folgten zwei Sachverständigenanhörungen. Im Anschluss daran „hat der Deutsche Bundestag [...] beschlossen, die Bundesregierung mit der Durchführung einer Enquête über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik zu beauftragen“[1]. So wurde eine Sachverständigen-Kommission einberufen, welche nach vier Jahren andauernder analytischer Bestandsaufnahmen eine Vielzahl von Empfehlungen zu Änderungen in der Versorgung von psychisch Kranken herausgab.
Heinz Häffner erinnert in seinem Beitrag zum Festakt »25 Jahre Psychiatrie-Enquête« am 21. November 2000 an die heute noch gültigen Empfehlungen der Enquête:
- „ Auf- und Ausbau eines bedarfsgerechten, gemeindenahen Versorgungssystems mit ambulanten und komplementären Diensten,
- Koordination und Zusammenarbeit innerhalb der Versorgungssysteme und Standardversorgungsgebiete,
- Aus- und Aufbau ambulanter Dienste und psychiatrischer Abteilungen in Allgemeinkrankenhäusern,
- Förderung der Aus-, Weiter- und Fortbildung,
- vorrangige Verbesserung der Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher und Alkohol- und Suchtkranker,
- Gleichstellung körperlich und seelisch Kranker in rechtlicher, finanzieller und sozialer Hinsicht.“[2]
1.1. Situation vor der Psychiatrie-Enquête
Psychisch Kranke wurden zumeist in Großkrankenhäusern, abseits der "normalen" Bevölkerung an der Peripherie der Städte untergebracht, noch gut erkennbar an den heutigen Landeskrankenhäusern in einigen deutschen Städten. Dies bedeutete für die Patienten, dass sie fern von ihrem Wohnort versorgt und untergebracht wurden, und somit eine Integration in ihr eigentliches Wohnumfeld, sowie eine Auflösung der zugrunde liegenden Problematik fast unmöglich war. Ihr Leben war von Ausgrenzung geprägt, im schlimmsten Fall durch unmenschliche Zustände und Missachtung der Menschenwürde in psychiatrischen Einrichtungen begleitet.
1.2. Forderungen der Psychiatrie-Enquête
Eine grundlegende Erkenntnis der Psychiatrie-Enquête war, dass seelische Erkrankungen, seelische Behinderungen in der Gemeinde entstehen und dass sinnvollerweise hier ihnen begegnet werden müsse, entgegen der bisherigen Vorgehensweise, die darin bestand psychisch Kranke in Institutionen zu versorgen, präziser formuliert zu ,verwahren’, womit eine räumliche und ebenso gedankliche Entfernung zum „normalen“ Leben in der Gemeinde verbunden war und was so zur Ausgliederung führte.
Daher lautete die Hauptforderung der Psychiatrie-Enquête, dass Voraussetzungen zu schaffen seien, um psychisch Kranke dauerhaft an ihrem Wohnort versorgen zu können.
Zu diesem Zweck mussten unter anderem komplementäre Einrichtungen in den Gemeinden geschaffen werden, die es ermöglichen sollten, dass Betroffene in ihrem Lebensumfeld verbleiben und hier betreut werden können.
Eng damit verbunden war das Anliegen, dass die Hilfe sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Betroffenen orientieren muss, und nicht die psychisch Kranken sich ausschließlich an die institutionellen und gesellschaftlichen Vorgaben anpassen müssen. Hier wurde das Stichwort ,personenzentrierte Hilfe’, bzw. ,Case-Management’ genannt, ein aus den USA übernommenes Konzept der Sozialarbeit. Dem Klienten sollte die Möglichkeit gegeben werden, selbst Einfluss zu nehmen auf die Art der Unterstützung. Es sollte Rücksicht genommen werden auf seine individuelle persönliche Vorstellung von Lebensqualität. Ganz spezifisch sollte hingeschaut werden, welche Therapie-, Wohn- oder Lebensform für den Einzelnen Sinn macht.
"Die Organisation der Hilfe muss so flexibel sein, dass Art und Umfang entsprechend dem wechselnden Bedarf ohne Abbruch der therapeutischen Beziehungen verändert, die Kontinuität therapeutischer Beziehung gewahrt und die hilfsbedürftige Person in ihrem Lebensfeld integriert bleiben kann: personenzentrierte Hilfe."[3]
Im Kapitel 3.4. werde ich auf letztgenanntes eingehen.
1.3. Maßnahmen infolge der Psychiatrie-Enquête
Bei der Betrachtung der Forderungen nach Gemeindenähe und Rücksichtnahme auf individuelle Bedürfnisse war einsichtig, dass die bisherige Unterbringungsform in psychiatrischen Großkrankenhäusern, auch Landeskrankenhäuser genannt, nicht den Ansprüchen und Forderungen der Betroffenen gerecht werden konnte. Doch auch Caspar Kulenkampff, der Vorsitzende der ehemaligen Enquête-Kommission, musste in seinem Grußwort zum Festakt »25 Jahre Psychiatrie-Enquête« feststellen:
„Richtig wäre es gewesen, besonders ungünstig situierte psychiatrische Krankenhäuser aufzugeben, zu schließen und die wegfallende Krankenhausbettenkapazität in gemeindenahe psychiatrische Abteilungen an Allgemeinkrankenhäuser zu verlagern. Aber die »Anstaltslobby« - wenn ich das einmal so bezeichnen darf - verteidigte den Bestand der 130 Häuser mit Klauen und Zähnen.“[4]
Somit wurden in den vergangenen 25 Jahren gerade zwei Landeskrankenhäuser geschlossen, die übrigen im Zuge der ,Umgestaltung’ immerhin drastisch verkleinert, ebenso ihr Einzugsgebiet. - Im Vergleich dazu wurden in England während desselben Zeitraums von 120 psychiatrischen Großkrankenhäusern 40 geschlossen -
Des weiteren wurden an vielen Allgemeinkrankenhäusern in Deutschland psychiatrische Abteilungen eingerichtet. Ihre Zahl stieg von 21 im Jahr 1970 auf ca. 160 Abteilungen bis heute an.
Anhand der Grafik wird deutlich, dass zwar die Anzahl der Aufnahmen zur stationären Behandlung in psychiatrischen Kliniken drastisch nach oben schoss, andererseits die Anzahl der zu belegenden Betten von 1968 bis 1988 sich halbierte.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Verweildauer deutlich herabging, was auch den Rückschluss zulässt, dass weniger chronisch psychisch Kranke sich in den Kliniken aufhielten als akut Erkrankte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entwicklung der Aufnahmen u. Bettenbelegung in den Rheinischen Landeskliniken für Psychiatrie, 1950-1988[5]
Außerdem entstanden eine Vielzahl von komplementären Einrichtungen, wie Kontakt- und Krisenstellen, Tages-, bzw. Nachtkliniken, Wohnheime und Tagesstätten für psychisch Kranke, sowie Dienste für ambulante psychiatrische Krankenpflege.
Zudem wurden 1980 von der damaligen Bundesregierung für das „Modellprogramm Psychiatrie“ 250 Mio. DM zur Verfügung gestellt. Dieses Modellprogramm sollte im Verlauf der nächsten 5 Jahre den Aufbau von extramuralen* Versorgungsnetzen, das heißt die ambulante Behandlung und Betreuung psychisch Kranker fördern.
Entsprechend der Empfehlung der Expertenkommission wurden gemeindepsychiatrische Verbunde eingerichtet. In einem Verbund sollten alle die für die ambulante Versorgung psychisch Kranker notwendigen Einrichtungen, auf die ich im 3. Kapitel näher eingehen werde, innerhalb einer Gebietskörperschaft zusammengefasst und organisiert werden.
Dies sollte zum einen zur Vernetzung und Verbesserung der Kooperation aller bestehenden Einrichtungen beitragen, und des weiteren sollten auf dieser Grundlage fehlende Angebote erarbeitet und geschaffen werden. Bislang scheiterte dieser Anspruch jedoch an den gewachsenen Strukturen der bestehenden Institutionen und der mangelnden Kooperation zwischen denselben, nicht zuletzt aufgrund der schlechter werdenden Wirtschaftslage und der sich dadurch verschärfenden Konkurrenzsituation.
Begleitet wurden diese Maßnahmen, die ja auch eine gesetzliche Grundlage haben mussten, von den entsprechenden Änderungen in der sozialen Gesetzgebung. Dies wird an einigen Formulierungen unter anderem im SGB sichtbar. Als Beispiel zu nennen, sind hier zum Beispiel das , Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten’ SGB IX § 9, 1+3, welches regelt, dass auf „ die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen“ wird und „ Leistungen, Dienste und Einrichtungen [...] den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände [lassen ] und [...] ihre Selbstbestimmung [fördern] “[7], oder in SGB IX § 12, 2 die ,Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger’ bzgl. der Kooperation der verschiedenen Institutionen, respektive ihrer Träger, „ Die Rehabilitationsträger und ihre Verbände sollen zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben zur Teilhabe behinderter Menschen insbesondere regionale Arbeitsgemeinschaften bilden. § 88 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches gilt entsprechend.“[8], und des weiteren in SGB IX § 29 die ,Förderung der Selbsthilfe’ welche besagt, dass „ Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung, Behandlung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, [...] nach einheitlichen Grundsätzen gefördert werden [sollen].“[9] und v.a. im SGB IX § 58 die ,Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben’[10] deren Bezeichnung schon für sich selbst spricht. Hier wären noch unzählige Beispiele zu nennen, unter anderem auch aus dem BSHG.
Erwähnt werden sollte auch das seit 1992 geltende ,neue Betreuungsrecht’[11], welches das Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht ablöste, die Entmündigung Erwachsener abschaffte und in Betreuungen umwandelte, wodurch die Rechtsposition der davon Betroffenen erheblich gestärkt wurde. Diese Betreuungen gliedern sich in drei Teilbereiche, Finanzen, Gesundheitsfürsorge und Aufenthalt und werden vielfach von Angehörigen oder von Ehrenamtlichen übernommen. Eine Vielzahl psychisch Kranker jedoch hat einen professionellen Betreuer, in der Regel einen Sozialarbeiter oder -pädagogen.
1.4. Ergebnisse der erfolgten Maßnahmen aufgrund der Psychiatrie-Enquête
Die damalige Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer stellt in ihrer Rede am 21. November 2000 in Bonn zum Festakt und Kongress „25 Jahre Psychiatrie-Enquête – Bilanz und Perspektiven der Psychiatrie-Reform“ fest:
„Für Deutschland wurden in der Psychiatrie-Enquete die wichtigsten Voraussetzungen benannt, um den Wechsel von einer verwahrenden zu einer therapeutisch und rehabilitativ ausgerichteten Versorgung zu erreichen: Der Aufbau bedarfsgerechter ambulanter und komplementärer Hilfeangebote im Lebensumfeld, die Dezentralisierung und Regionalisierung stationärer Hilfen, die Koordination der Hilfen und die Gleichstellung psychisch Kranker mit somatisch Kranken.
Vieles davon haben wir erreicht. Es gibt mittlerweile ein breites Angebot an ambulanten Diensten wie Sozialpsychiatrische Dienste, tagesstrukturierende Einrichtungen und arbeitsrehabilitierende Hilfen. Mit dem zunehmenden Aufbau von betreuten Wohnmöglichkeiten in den verschiedensten Formen wurde der Erkenntnis Rechnung getragen, dass ein selbstbestimmtes Leben mit einem individuellen Wohnbereich beginnt.“[12]
Nichtsdestotrotz sind die Forderungen nach personenzentrierter Hilfe nicht erfüllt worden. Unverändert muss der Betroffene seine Bedürfnisse am bestehenden Angebot der niedergelassenen Institutionen ausrichten. Auch das Ziel ”ambulant vor stationär” wurde noch nicht erreicht. Bis heute müssen noch zu viele psychisch kranke Menschen in stationären Einrichtungen betreut werden, weil es in vielen Fällen noch nicht möglich ist, die notwendigen Hilfen durch ambulante Angebote sicherzustellen.
Ebenso wurde die angestrebte Gleichstellung mit körperlich Kranken, wie Ministerin Fischer sie erwähnte, noch lange nicht erreicht, weder in formeller Hinsicht, noch in der Akzeptanz durch die Mitmenschen.
Der Ausspruch „das können wir hier nicht leisten“ ist zu einem geflügelten Wort geworden, mit dem sich vielfach Verantwortliche eben ihrer Verantwortung entziehen. Dadurch wird dem Hilfesuchenden nicht selten auch heute noch das Gefühl gegeben, er sei nirgendwo richtig und ihm könne nicht geholfen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Daher muss diesem Schaubild[13] nichts mehr hinzugefügt werden.
2. Sozialpsychiatrie
Sozialpsychiatrie ist der umfassende Begriff, unter welchem psychiatrische Überzeugungen, Inhalte und sozialpolitische Phänomene zueinander in Bezug gesetzt werden, im Unterschied zur strukturell orientierten Gemeindepsychiatrie, die wiederum auf den Grundlagen und Erkenntnissen der Sozialpsychiatrie basiert.
Im Fachlexikon der sozialen Arbeit wird Sozialpsychiatrie anhand einer Definition von K. Dörner folgendermaßen erläutert: „ Sozialpsychiatrie stellt als empirische Wissenschaft, als therapeutische Praxis und als soziale Bewegung den Versuch der Rückbeziehung auf und der Integration der psychisch Leidenden in ihre soziale Realität dar.“[14]
Das heißt, Sozialpsychiatrie ist als die Wissenschaft anzusehen, die den Kontrapunkt zur naturwissenschaftlich-medizinischen Sichtweise der Psychiatrie bildet und diese ergänzt. Sie hat somit einen erheblichen Einfluss auf die therapeutischen Maßnahmen, die sich nicht mehr isoliert auf Maßnahmen beschränken, die innerhalb eines institutionellen Rahmens Anwendung finden, sondern Anamnese, Therapie und nachfolgend die Integration sollen im direkten Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld des Klienten stehen.
Weiter heißt es „Sozialpsychiatrie wendet sich gegen einen individualisierenden Krankheitsbegriff und gegen ein Verständnis der Krankheit als einer schicksalhaften Veränderung von Organen oder Funktionen.“[15]
Dies beinhaltet, der psychisch Kranke wird nicht mehr nur über seine Erkrankung definiert, sondern seine gesamte Umwelt wird in die Betrachtung miteinbezogen, da er mit einer für ihn charakteristischen Symptomatik auf seine individuelle Umwelt reagiert und nicht einfach nur ein zufälliges Opfer einer bestimmten Erkrankung ist. Anders formuliert, die Erkrankung ist nicht nur symptomatisch für den Betroffenen, sondern für sein gesamtes Umfeld, sie macht nicht nur für den Erkrankten Sinn, sondern lässt auch Rückschlüsse auf sein Lebensumfeld zu. Als logische Konsequenz folgt hieraus, dass eine erfolgreiche Therapie des Erkrankten eben nur in dieser Umwelt erfolgen kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[16]Mit der Psychiatrie-Enquête bekam die Sozialpsychiatrie die lang verwehrte Anerkennung. Bis dahin hatte es einige Versuche namhafter Ärzte gegeben, menschenwürdigere Verhältnisse für psychisch Kranke zu schaffen und diese nicht nur zu »verwahren«, sondern erfolgreich zu therapieren. Hier zu nennen sind C. Kulenkampff, K.-P. Kisker, W. Bräutigam und H. Häffner, die bereits lange vor der Enquête Übergangsheime, Tages- und Nachtkliniken und Patientenclubs errichteten. 1962 wurde von ihnen der erste »Weiterbildungskursus in Sozialpsychiatrie für Krankenpflegepersonal« ins Leben gerufen, der mittlerweile als »Fachweiterbildung der Psychiatrie« staatlich anerkannt ist. Ebenso wurde inzwischen eine »Fachweiterbildung der Gemeindepsychiatrie« geschaffen, die nicht mehr nur Krankenpflegepersonal offen steht, sondern auch anderen verwandten Berufsgruppen, wie z.B. Ergotherapeuten.
Dörner hatte 1972 postuliert, „dass Psychiatrie soziale oder keine Psychiatrie sei.“[17], Wollschläger dagegen distanziert sich deutlich von dieser Meinung mit dem Argument, dass die meisten Erkenntnisse bzgl. psychischer Erkrankungen sich unverändert auf Ergebnisse der Gen-, Gehirn- oder Bioforschung stützen, also den naturwissenschaftlich-medizinischen Teil.
Für ihn ist der Begriff „Sozialpsychiatrie“ nicht einfach das Wort, mit welchem lediglich der „soziale“ Aspekt der Psychiatrie umschrieben wird, sondern ein eigenständiger Zugang zur Psychiatrie, in Konkurrenz zum naturwissenschaftlich-medizinischen Zugang.
Konkurrenz leider auch deshalb, da die Kostenträger, d.h. die Krankenkassen, unverändert weitgehend nur letzteren honorieren und bis heute die sozialpsychiatrischen Konzepte kaum nachvollzogen, an ihrer Weiterentwicklung kein Interesse[18] und daher nicht in ihren Leistungskatalog aufgenommen haben.
Nicht unähnlich formuliert auch Luc Ciompi seine Vorstellung von »Sozialpsychiatrie« als sogenannten „ Unterbereich der Psychiatrie, der psychische Störungen in ihrer engen Verpflechtung mit der gesamten sozialen Umwelt – Familie, Wohn- und Arbeitsumgebung, ökonomische Situation, soziokulturelle Umwelt – sowohl zu verstehen wie auch zu behandeln versucht.“[19] Auch er macht die Problematik deutlich, dass sie oftmals „nur“ als Gegenpart zur »biologischen Psychiatrie« angesehen wird, beziehungsweise diese flankierend ergänzt.
»Sozialpsychiatrie« ist für ihn in erster Linie Gemeindepsychiatrie unter besonderer Beachtung der präventiven Krisenintervention und der Rehabilitation als Hauptpfeiler der sozialpsychiatrischen Praxis. Auf diese stützt sich gemeindepsychiatrische Arbeit zum Zwecke der „ Schwerpunktverlagerung und Dezentralisierung der Betreuung der Patienten von der großen Klinik in das kleinräumige soziale Umfeld, [...]“[20] , mit ganz spezifischen sozialpsychiatrischen Arbeitsweisen.
Andererseits hat die »Sozialpsychiatrie« für ihn vor allem auch eine philosophische Komponente durch ihre ganzheitliche, wie er sagt ,pluridimensionale’, Sichtweise des Menschenbildes. Er spricht von einer Integration von Affekten und Logik und meint damit, dass es unerlässlich ist, die scheinbar gegensätzlichen Überzeugungen, geprägt von emotional-subjektiven, ideologischen und politischen, daher eher antiakademischen, zum Teil antimedizinischen Erkenntnissen oder, als Gegenpol, von nüchtern-sachlichen, forschungsorientierten, wissenschaftlich objektivierten, das heißt akademischen Erkenntnissen geleitet, zusammenzuführen, nicht nur für die gesamte psychiatrische Arbeit, sondern überhaupt für die Betrachtung des Menschen und seiner Wirklichkeit anstatt, wie bisher geschehen, diese gegeneinander zu verwenden .
3. Gemeindepsychiatrie
Die Gemeindepsychiatrie in Deutschland entstand auf der Grundlage der Erkenntnisse und Forderungen der Psychiatrie-Enquête, deren Beschlüsse 1979 verabschiedet wurden.
Eine der Forderungen der Psychiatrie-Enquête lautete, dass psychisch Kranke an dem Ort verbleiben sollten, an welchem sie erkrankt sind - in ihrer Gemeinde -, da nur so ihr spezifisches Problem in sinnvoller Weise gelöst werden und nachfolgend eine stabile Wohn- und Lebenssituation geschaffen werden kann.
Im Grunde simple Logik, denn jemand, der Angst vor großen Menschenmengen hat, wird diese Phobie sicherlich nicht erfolgreich in einem einsamen Kloster therapieren können. Er wird dort angstfrei sein, aber sein Problem ist nicht gelöst.
Daher sollte es selbstverständlich sein, dass innerhalb einer Gemeinde Gesunde und Kranke miteinander leben. Für somatisch Kranke ist es schon lange eine Realität, dass zumindest versucht wird, die Umgebung so einzurichten, dass sie weitgehend selbständig leben können, psychisch Kranke dagegen müssen vielfach noch die Erfahrung machen, dass ihre Erkrankung Verunsicherung, auch Ablehnung auslöst.
Demnach geht es nicht nur darum, dass diesen Menschen wohnortnah Hilfe angeboten wird, sie müssen dort auch leben können.
"Statt chronisch psychisch kranke Menschen in Asyle (im Sinne von Goffman) zu institutionalisieren und sie damit aus ihrem eigenen Lebensfeld auszugliedern, geht es darum, dass der Kreis, die Stadt ihnen »Asyl« bietet im Sinne von akzeptierendem Lebensraum und sie Sorge trägt für die dazu notwendigen Hilfen.
Der Kreis/die Stadt hat die politische Verantwortung dafür, dass nicht nur gesunde und somatisch kranke Menschen in der Kommune leben können, sondern auch die schwerer psychisch kranken Personen als Bürgerinnen und Bürger in der Gemeinde bleiben können. Das ist das Ziel von Gemeindepsychiatrie."[21]
Daher gilt es neue Wege zu beschreiten, unter Berücksichtigung von sozialökonomischen, sozialpolitischen, soziologischen und professionstheoretischen Gesichtspunkten.
Psychiatrisierung von Problemen, ebenso wie die Inanspruchnahme von „besonderen“ Einrichtungen, wie Werkstätten für Behinderte, Fachkrankenhäuser, Heimen führen zu einer Ausgrenzung der Betroffenen und nutzen allenfalls der Beruhigung des ,schlechten’ Gewissens der ,gesunden’ Bevölkerung, da diese die Erkrankten dort ,gut’ versorgt weiß. Auch das unter Umständen übereilte Hinzuziehen von Fachkräften fördert diese Entwicklung. Zudem ist diese Vorgehensweise zum einen für die Betroffenen sehr unbefriedigend, da ihre Situation nicht verändert und schon gar nicht verbessert wird, zum anderen ist sie ausgesprochen kostenintensiv, was sozialökonomisch nicht vertretbar ist.
Daher gilt auch hier die Forderung, dass Fachleute erst zum Einsatz kommen, wenn die Schwierigkeiten nicht mehr aus eigener Kraft behoben werden können. Es sollte eine Art Subsidiaritätsprinzip installiert werden; d.h. Selbsthilfe vor Fremdhilfe, nichtfachmännische Hilfe vor professioneller Hilfe, ambulante vor teilstationärer vor stationärer Hilfe, so wie ein „normaler“ Arbeitsplatz vor der Werkstatt für Behinderte.
Dörner und Plog haben 1978 die Grundsätze der Versorgung zusammengefasst:
1. Gemeindenähe ist oberster Grundsatz: Psychiatrisches Handeln wird von der Länderebene wieder auf die Gemeindeebene rückverlagert. D. h. seelische Schwierigkeiten oder Krankheiten werden dort bearbeitet, wo sie entstehen und gelebt werden: In der Stadt, in der Gemeinde, am Arbeitsplatz, in der Familie. Daher Dezentralisierung aller Dienste.
2. Sektorisierung (Regionalisierung): ein Standardversorgungsgebiet (SVG), auch Sektor genannt, umfasst ca. 250.000 Einwohner, also eine Stadt, einen Stadtbezirk oder einen Landkreis. Es wird als Organisationseinheit eines umfassenden, bedürfnisgerechten, chancengleichen und integrierten Versorgungsangebots zugrundegelegt.
3. Selbsthilfe geht vor Fremdhilfe: Das gilt für den einzelnen Menschen, die Familie, die Nachbarschaft, die übrige natürliche Umwelt, die Gemeinde.
4. Aufklärung: sie richtet sich an die allgemeine Öffentlichkeit, mehr noch an die Politiker und die Berufsangehörigen, die mit Menschen zu tun haben, sowie an die psychiatrisch Tätigen selbst. Letzteres ist - im Sinne der Selbstaufklärung - erwie senermaßen wirksamer als allgemein gestreute Aufklärung. Denn die Haltung der psychiatrisch Tätigen selbst ist der entscheidende Faktor, der Meinungen und Haltungen der allgemeinen Öffentlichkeit steuert. Aufklärung enthält die Forderung nach kritischer Solidarität mit den seelisch Kranken sowie nach Abbau ihrer Benachteiligung (z. B. in der Krankenversicherung und in Gesetzen) gegenüber körperlich Kranken und sozial Notleidenden.
5. Aus-, Weiter- und Fortbildung: Es wird Sie vielleicht wundern, dass wir dies zu den Grundsätzen der Versorgung rechnen. Es ist aber eine der häufigsten und schwerwiegendsten Fehler der Versorgungsplanung, zwar bauliche Strukturen zu verändern, jedoch nicht dafür zu sorgen, dass die psychiatrisch Tätigen in ihrem Handeln sich angemessen entwickeln können.
6. Prävention geht vor Behandlung: möglichst frühzeitige Konfrontation der Patienten mit ihren Schwierigkeiten und möglichst schnelle Wiederherstellung der Unabhängigkeit von Betreuung.
7. Ambulante geht vor stationärer Behandlung: Das bedeutet Ausweitung der ambulanten Dienste und des Rehabilitationsbereichs. Dafür Verkleinerung, Dezentralisierung und Rückführung der Krankenhäuser bzw. Abteilungen auf die nur ihnen möglichen Aufgaben
8. Kontinuität: a) institutionell: alle Elemente des Versorgungssystems müssen miteinander kooperieren, bilden eine "therapeutische Kette"; b) personell: die Bezugspersonen eines Patienten sollen möglichst dieselben bleiben.
9. Koordination: Jedes SVG braucht ein Gremium oder Forum, das den Austausch und die Abstimmung der Aktivitäten zwischen allen Diensten ermöglicht.“[22]
Wie dies aussehen kann, wird durch das seit Ende der 70er Jahre ständig wiederverwendete Einbands-Logo zu den Tagungsberichten der "Aktion Psychisch Kranke" sehr schön bildlich dargestellt.Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenEs zeigt ein aufeinander abgestimmtes Versorgungssystem für Personen mit unterschiedlich ausgeprägten Hilfe- bzw. Stützungsbedarfen.
[...]
[1] Aktion Psychisch Kranker [Hg.]: 25 Jahre Psychiatrie-Enquête, Band 1, S. 90
[2] ebda., S.96
[3] Kauder, Volker, Aktion Psychisch Kranker [Hg]:Psychosoziale Arbeitshilfen 11, S.12
[4] Aktion Psychisch Kranker [Hg.]: 25 Jahre Psychiatrie-Enquête, Band 1, S.40
[5] Bock, Thomas / Weigand, Hildegard [Hg.]: Hand-werks-buch Psychiatrie, S.511 * eigentlich: extramural á lat.-nlat. ñ: 1. außerhalb der Stadtmauern befindlich, hier im Sinne von außerhalb des vollstationären klinischen Bereichs
[7] http://www.sozialgesetzbuch-bundessozialhilfegesetz.de/_buch/sozialgesetzbuch.htm, 20.02.03, 19 Uhr
[8] ebda.
[9] ebda.
[10] ebda.
[11] http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bgb/index.html 03.04.03, 0 h BGB §§1896-1909 ff
[12] http://www.andrea-fischer.de/politik/sozialpolitik/psychiatrie_enquete.shtml 20.01.03 19 h
[13] Bock, Thomas / Weigand, Hildegard [Hg.]: Hand-werks-buch Psychiatrie, S. 545
[14] Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge [Hrsg.]: Fachlexikon der sozialen Arbeit, S. 906
[15] ebd.
[16] Kauder, Volker, Aktion Psychisch Kranker [Hg]: Psychosoziale Arbeitshilfen 11, S.16
[17] Wollschläger, Martin [Hg.]: Sozialpsychiatrie, Entwicklungen – Kontroversen – Perspektiven, Vorwort, Seite 13
[18] ebda., S.15
[19] Bock, Thomas [Hg.], u.a.: Abschied von Babylon: Verständigung über Grenzen in der Psychiatrie, Bonn 1995, S.295
[20] ebda., 296
[21] Kauder, Volker, Aktion Psychisch Kranker [Hg]:Psychosoziale Arbeitshilfen 11, S.11
[22] Dörner, Klaus / Plog, Ursula: Irren ist menschlich, S.412-413
- Arbeit zitieren
- Diplom-Sozialpädagogin Andrea Krüger (Autor:in), 2003, Sozialpädagogische Tätigkeitsfelder in der Gemeindepsychiatrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17640
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