Noch nie war Erziehung einfach. Selbst im oft so verklärten „Früher“ gab es nicht nur einheitliche, eng verknüpfte und einander unterstützende Großfamilien. Die familiären Hintergründe der Kinder von damals waren – wenn vielleicht auch auf eine andere Weise – ähnlich heterogen wie man sie von den heutigen kennt. Natürlich sind die Probleme heute andere – das Überleben und die soziale Absicherung sind inzwischen bei weitem nicht mehr so gefährdet. Und gerade mit diesen veränderten Lebenslagen geht viel Verwirrung einher. Kinder müssen auf andere Probleme vorbereitet werden und Eltern haben eine andere Einstellung zu ihren Freiheiten als ihre Großeltern. Wie sollte man nun Kinder erziehen, die für ihr Leben in dieser Welt sowohl gute
Erziehungsstile
Noch nie war Erziehung einfach. Selbst im oft so verklärten „Früher“ gab es nicht nur einheitliche, eng verknüpfte und einander unterstützende Großfamilien. Die familiären Hintergründe der Kinder von damals waren – wenn vielleicht auch auf eine andere Weise – ähnlich heterogen wie man sie von den heutigen kennt. Natürlich sind die Probleme heute andere – das Überleben und die soziale Absicherung sind inzwischen bei weitem nicht mehr so gefährdet. Und gerade mit diesen veränderten Lebenslagen geht viel Verwirrung einher. Kinder müssen auf andere Probleme vorbereitet werden und Eltern haben eine andere Einstellung zu ihren Freiheiten als ihre Großeltern. Wie sollte man nun Kinder erziehen, die für ihr Leben in dieser Welt sowohl gute schulische Leistungen benötigen, als auch ein hohes Maß an Selbstständigkeit?
In seinem sehr mutigen Aufsatz „We Know Some Things“ versucht Larry Steinberg genau auf diese Frage eine Antwort zu geben und zwar in Bezug auf das „schwierigste“ Alter: pubertierende Jugendliche. Sie fällt nicht sehr differenziert und Situationsgebunden aus, wie man als Laie erwarten würde, sondern klar und eindeutig. So klar und eindeutig, dass er die Antwort für so gut belegt hält, dass er fortan an etwas anderem zu forschen empfiehlt.[1]
Die Lösung ist der sogenannte autoritative Erziehungsstil. Er bewirkt vergleichsweise viel:
Adolescents from authoritative homes achieve more in school, report less depression and anxiety, score higher on measures of self-reliance and self-esteem, and are less likely to engage in antisocial behavior, including delinquency and drug use (Steinberg 2001, 8).
Wie sehen Eltern aus, die so einen Einfluss auf ihre Kinder haben? Nach Steinberg sind autoritative Eltern warm und im Leben ihrer Kinder involviert. Sie sind aber auch fest und versuchen konsistent Leitlinien und Grenzen durchzusetzen. Außerdem stellen sie angepasste Erwartungen an ihre Kinder. Und gerade bei Jugendlichen erlauben sie in angemessener Weise eigene Meinungen zu bilden.[2]
Warum funktioniert dieser Erziehungsstil besser als beispielsweise der autoritäre? Weil, so Steinberg, er eher einen emotionalen Kontext als einen Katalog an Praktiken beschreibt. Nicht unbedingt das was Eltern tun, sondern das Klima in dem sie es tun ist entscheidend. Dazu nennt Steinberg drei Dinge die den Erfolg von autoritativer Erziehung ausmachen: 1. Durch enge und persönliche Beziehung und Fürsorge zu den Kindern werden diese empfänglich für den Einfluss der Eltern. 2. Durch die Verknüpfung von Unterstützung mit struktureller Lenkung entwickelt das Kind selbst-regulierende Fähigkeiten und Verantwortung. 3. Außerdem fördert der rege sprachliche Austausch in autoritativen Familien soziale und kognitive Kompetenzen. Gerade die Verbindung von autoritativen Elementen mit dem warmen emotionalen Kontext macht den Unterschied, und auch den Erfolg, zu anderen Stilen aus.[3]
Aber Eltern sind nicht die einzigen, die Einfluss auf ihre Kinder nehmen. Gerade Gleichaltrige und Freunde können die Erziehung entweder fördern oder unterminieren. So zitiert Steinberg eine Studie, nach der Kinder afro-amerikanischer Eltern trotz deren autoritativen Stils, keine signifikant besseren Schulleistungen erbringen. Das liegt, so Steinbergs Erklärung, an den Gleichaltrigen des gleichen ethno-kulturellen Hintergrunds, die stark negativ zu akademischen Leistungen eingestellt sind. Andererseits konnte aber auch beobachtet werden, dass Freundschaften zwischen Kinder aus autoritativen Elternhäusern sich gegenseitig in den positiven Effekten verstärken.[4] Diese Synergie können Eltern nutzen, indem sie bestimmte Freundschaften unterstützen.
Steinbergs Ansatz ist mutig und bestimmt. Gerade dadurch bekommt man Antworten, wo man sonst eher ein schwammiges und wenig überzeugendes Hin und Her erwartet. Gerade auch seine Ausgewogenheit und seine mitfühlende Haltung sprechen für ihn. Kritisch sehe ich nur zwei Punkte: 1. Wie sieht der Lenkungsansatz im autoritativen Erziehungsstil aus? Ist wirklich nur der emotionale Kontext als Unterschied ausschlaggeben? An dieser Stelle wünsche ich mir konkretere Antworten von ihm – da er da recht unbestimmt schreibt. 2. Er verwendet ein weitgehend evolutives Programm, das hilft Kinder an die gesellschaftlichen Forderungen und Umstände anzupassen. Er bringt nicht ins Spiel, dass die Gesellschaft fehlerhaft sein könnte. Wenn in einer Gesellschaft gehorsame Soldaten die meisten Chancen und die beste Zukunft haben, dann würde solch ein Ansatz einen Erziehungsstil hervorbringen, der gehorsame Soldaten produziert. Daher fehlt mir – so sympathisch mir der autoritative Erziehungsstil ist – die theoretischen Grundlagen zu einem sinnvollen Menschen- und Gesellschaftsbild. Was ist das Ziel mit Erziehung ganz allgemein? Das ist was mir hier noch fehlt – nicht nur pragmatische Anpassung.
Literaturverzeichnis:
Steinberg, L. (2001), „We Know Some Things: Parent-Adolescent Relationships in Retrospect and Prospect“, Journal of Research on Adolescence, Ausgabe 11(1), 1-19.
„Hiermit erkläre ich, dass ich diesen Essay selbstständig geschrieben und keine als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe.“
[...]
[1] Vgl. Steinberg 2001, 2.
[2] Vgl. ibid., 7-8.
[3] Vgl. ibid., 9-10
[4] Vgl. ibid., 14.
- Quote paper
- Jan Hoppe (Author), 2011, Autoritative Erziehung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176236
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