Hierbei handelt es sich um die Reflektion über ein vier Wöchiges Praktikum an einem Gymnasium. Dabei wurde auch ein Stunde im 12. Jahrgang selbst gehalten und ebenfalls in diesem Bericht reflektiert.
Universität Bielefeld, Schulpraktikum, WS 09/10
Jan Hoppe
Gymnasium H.
Praktikumsbericht
Hospitationen (aufgrund mangelnden Philosophie-Angebots wurden noch zwei Physik-Kurse besucht):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die selbst gehaltene und reflektierte Stunde
1. Einordnung der Stunde
Kursbezeichnung: GK 12 von Fr. W.
Thema der Unterrichtsreihe: Staatsphilosophien
Thema der Unterrichtsstunde (ES): Die Auflösung der Regierung bei Locke.
Einordnung der Stunde in die Reihe: In den Wochen vorher wurde die Staatsphilosophie Hobbes' abgeschlossen. Danach ging man zu der John Lockes über. Es wurden der Naturzustand, der Erwerb von Eigentum und die Entstehung des Staates bei Locke diskutiert. Außerdem wurde sehr ausführlich der historische Hintergrund (Einfluss der Puritaner und des Landadels auf Locke) besprochen. Die von mir gehaltene Stunde sollte die Möglichkeit einer Auflösung der Regierung bei Locke zeigen und erklären. Darauf soll in der nächsten Stunde noch ein abschließender Vergleich der Konzepte Hobbes' und Lockes folgen.
2. Unterrichtsskizze:
Ziel: Die SuS sollen verstehen, unter welchen Bedingungen die Regierung bei Locke aufgelöst werden darf und diese Bedingungen problematisieren können.
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3. Methodisch-didaktischer Kommentar
Stunden- und Teilziele: Ziel der Stunde war es, dass die SuS verstehen, aufgrund welcher Bedingungen es zu einer Auflösung der Regierung bei Locke kommen kann. Anschließend sollten die SuS anhand der erarbeiteten Bedingungen einige Konzepte (Kommunismus und Steuern) beurteilen und bewerten können.
Sachanalyse: Der Staat in Lockes Staatsphilosophie entsteht aufgrund des Wunsches der Individuen nach mehr Sicherheit. Sie wünschen sich, dass ihr Eigentum ihnen erhalten bleibt und es zu keiner Machtballung einzelner Personen oder Organisationen kommt. Erst durch den Zusammenschluss aufgrund dieser Intention erhält der Staat seine Legitimation. Daher kommt es zu einem Vertrauens- und auch Vertragsbruch der Regierung, wenn sie sich schuldig macht Leben, Freiheit oder Besitz der Bürger zu zerstören oder sich absolute Macht über diese zu verschaffen. In Folge dessen würde die Macht (und auch ihre ursprüngliche Freiheit) an das Volk zurückfallen, das nun eine neue Regierung bilden oder beauftragen könnte.
Ein kommunistisches System würde sich in Lockes Staat nicht bilden lassen, da es zu gravierenden Umverteilungen des Eigentums kommen würde. Das würde der Legitimation der Regierung zu wieder laufen.
Ein Lockscher Staat dürfte Steuern erheben, wenn es dem Allgemeinwohl dient (Beispiel: Dünenbau oder Streusalz zum Schutz der Bürger). Jedoch dürfen keine Steuern für soziale Leistungen etc. eingefordert werden, da diese zu Umverteilungen führen. Niemand darf durch die Steuern anderer profitieren, da dadurch das Eigentum des Einen jemand Anderem gegeben würde. Auch dürfen Politiker sich nicht durch Steuern unverhältnismäßig bereichern (Beispiel: Dienstwagen/Chauffeur für Urlaub verwenden).
Begründung der gewählten Sozialformen und Unterrichtsmethoden (in Klammern zum Schluss: Die wichtigsten Kompetenzen, die sich Schüler aneignen sollen):
Zu 1.: Durch die „Spekulation“ zum Thema soll das Interesse geweckt und der rote Faden der Unterrichtsreihe deutlich werden. Außerdem wird dem Lehrer die Möglichkeit gegeben, zu überprüfen, inwiefern die SuS in der Lage sind, Lockes Theorie eigenständig weiterzuführen (um die genannten Punkte nicht zu vergessen werden sie an der Tafel festgehalten). Das UG eignet sich hierzu, da die SuS damit gegenseitig auf ihr Beiträge eingehen und ergänzen können. (Die eigene Meinung darlegen können.)
Zu 2.: Die SuS sollen die wichtigsten Aussagen des Textes herausfinden. Die Fragen stellen dabei eine Hilfe dar, das von Locke angebrachte Argument zu erkennen. (Textverständnis.)
Zu 3.: Den SuS soll nun die Möglichkeit gegeben werden, mit eigenen Worten die wesentlichen Punkte zu nennen. Außerdem kann so nach Beispielen, Ergänzungen und Gegenmeinungen gefragt werden, was das Verständnis des Themas fördert. An der Tafel soll dabei ein Tafelbild entworfen werden, das die wesentlichen Punkte zusammen mit Beispielen enthält. (Textverständnis.)
Zu 4.: Nun sollen die SuS vergleichen, inwiefern ihre in 1. genannten Szenarien mit den in 3. erarbeiteten Gründen Lockes übereinstimmen und darüber austauschen, worin die Unterschiede bestanden. (Die eigene Meinung überprüfen können.)
Zu 5.: Lockes Theorie soll nun auf einen anderen (oder speziellen) Zusammenhang angewandt werden. Zunächst soll dies im UG geschehen, um als Lehrer helfen zu können, falls die Aufgabe nicht klar geworden ist oder die SuS nicht wissen, wie sie dabei vorgehen sollen. (Argumentationskompetenz; anwenden erarbeiteter Prinzipien.)
Zu 6.: Die Problematisierung soll nun fortgeführt werden, wobei die SuS in Partnerarbeit sich gegenseitig ihre Gründe für den Umgang mit Steuern in Lockes System darlegen. Dadurch sollen die SuS Fragen in Gruppen diskutieren und beantworten lernen. (Argumentationskompetenz; anwenden erarbeiteter Prinzipien .)
Zu 7.: Die Hausaufgabe soll für den Einstieg in die nächste Stunde helfen. (Vergleich philosophischer Konzepte.)
Reflexion der gehaltenen Stunde: Insgesamt ist die Stunde erfolgreich verlaufen. Die Begrüßung ist ein wenig kitschig ausgefallen (so peinlich, dass ich sie hier nicht wiedergeben will). Man hätte sie kürzer ausfallen lassen und schneller zum Thema kommen sollen. Die SuS waren zu großen Teilen motiviert und haben sehr gut mitgemacht.
Die „Spekulation“ zu Beginn erwies sich als gelungen, da die SuS danach gespannt waren, was nun die Gründe Lockes sind. Außerdem ist deutlich geworden, dass die SuS zu Beginn viel mehr auf die Rolle der Bürger fixiert waren (wenn diese gierig werden etc., ist eine Auflösung des Staates erlaubt usw.). Erst nach einem Hinweis dachten sie über die Rolle der Regierung nach und haben dann auch Lockes Meinung zum Teil vorweg nehmen können.
Die Textarbeit wurde motiviert ausgeführt. Leider habe ich vergessen konkret zu sagen, wie die Aufgaben ausgeführt werden sollten (eigentlich nur die wichtigsten Kernbegriffe herausfinden). Daher haben einige angefangen, Texte oder sehr ausführliche Stichpunkte zu notieren und es wurde mehr Zeit gebraucht als veranschlagt. Das Zusammentragen der wichtigsten Punkte erwies sich auch als sehr lebhaft. Leider habe ich keine Überschrift über das Tafelbild gesetzt, so dass SuS evtl. keine klare Gliederung in ihren Mitschriften haben. Beim Zusammentragen wurde deutlich, dass meine Fragen, mit denen ich auf die wesentlichen Punkte hinführen wollte, oft etwas vage waren und die SuS nicht genau erkannten, welche Antwort erwartet wurde (darauf wurde ich von zwei Schülern nach der Stunde hingewiesen!).
Den Vergleich zu ihren eigenen Gedanken zu Beginn der Stunde konnten die SuS nur teilweise selbständig vollziehen. Sie haben erkannt, dass sie die Rolle der Bürger zu stark betont haben, aber kamen nicht darauf warum das ein Problem ist. Daher musste ich kurz noch einmal darauf verweisen, dass man bei Locke mit dem Eintritt in den Staat einige Rechte aufgibt und somit bestraft werden kann (z.B. Gefängnis), wenn man sich nicht an die Gesetze hält. Daher ist es nur bei einer „verdorbenen“ Regierung möglich, den Staat wieder aufzulösen.
Während der Diskussion zu 3. kamen die SuS schon von selbst auf das Thema Steuern und Enteignung von Grundstücken für Autobahnbauten. Ich bat sie an der Stelle, diese Themen kurz zurück zustellen. Daher ließ ich aus Zeitgründen den ganzen Punkt 5 (Diskussion des Kommunismus) weg und ließ die SuS über die beiden eben genannten Themen in Zweiergruppen diskutieren. In der darauf folgenden Diskussion konnten die SuS nahezu selbständig (es waren nur einige Hinweise nötig um Struktur in die Diskussion zu bringen) zu den gewünschten Ergebnissen kommen.
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- Citation du texte
- Jan Hoppe (Auteur), 2010, Philosophie in der Oberstufe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176118