Die mediale und außerwissenschaftliche Meinung von Ägyptologie ist zum hauptsächlichen Anteil von Grabräubertum und Pyramiden geprägt. Der reale Grabraub hatte bis in die heutige Zeit zum einen mit dem blanken Überleben der ärmeren Bevölkerungsschichten Ägyptens und zum anderen mit den reichsten Schichten der damaligen und der heutigen Gesellschaft zu tun. "Wer in dieser 5000 Jahre alten Branche tätig war, konnte entweder reich werden oder sterben." schrieb Peter Ehlebracht in seinem Bestseller "Haltet die Pyramiden fest". Diese Arbeit versucht in einer allgemeinhistorischen Übersicht dem ägyptischen Grabraub wissenschaftlich näher zu kommen. In der allgemeinhistorischen Übersicht werden mögliche Plünderungsgründe an exemplarischen Beispielen beschrieben. Zu bedenken ist hier, dass es keine vollständige Beispielhaftigkeit geben kann. Weiterhin werden Sicherheitsmaßnahmen genannt, welche unter anderem auch regelmäßig die Phantasie der Belletristikautoren anregten. Das Phänomen der Massenplünderungen am Ende des zweiten Jahrtausend vor Christus, sowie die augenscheinlich bedeutenden Grabbeigaben von Tutanchamun werden ebenfall in dieser Arbeit untersucht.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Historische Übersicht
2.1. Plünderungsgründe
2.2. Sicherheitsmaßnahmen
2.3. Massenplünderungen
2.4. Tutanchamun – ein ungewöhnliches Pharaonengrab
3. Schlusswort
4. Literaturverzeichnis
5. Abbildungsverzeichnis
6. Abbildungen
7. Anhang
7.1. Depotliste KV 35 Amenhoteps II
1. Einleitung
Die mediale und außerwissenschaftliche Meinung von Ägyptologie ist zum hauptsächlichen Anteil von Grabräubertum und Pyramiden geprägt. Der reale Grabraub hatte bis in die heutige Zeit zum einen mit dem blanken Überleben der ärmeren Bevölkerungsschichten Ägyptens und zum anderen mit den reichsten Schichten der damaligen und der heutigen Gesellschaft zu tun. „Wer in dieser 5000 Jahre alten Branche tätig war, konnte entweder reich werden oder sterben.“ schrieb Peter Ehlebracht in seinem Bestseller „Haltet die Pyramiden fest“.
Diese Arbeit versucht in einer allgemeinhistorischen Übersicht dem ägyptischen Grabraub wissenschaftlich näher zukommen. In der allgemeinhistorischen Übersicht werden mögliche Plünderungsgründe an exemplarischen Beispielen beschrieben. Zu bedenken ist hier, dass es keine vollständige Beispielhaftigkeit geben kann. Weiterhin werden Sicherheitsmaßnahmen genannt, welche unter anderem auch regelmäßig die Phantasie der Belletristikautoren anregten. Das Phänomen der Massenplünderungen am Ende des 2. Jahrtausends vor Christus, sowie die augenscheinlich bedeutenden Grabbeigaben von Tutanchamun werden untersucht.
2. Historische Übersicht
2.1. Plünderungsgründe
Bei der Erstellung eines Plünderungsschemata, sind mehrere Kategorien aufgefallen. Eine davon war der Plünderungsgrund, falls er offensichtlich oder bekannt war.
Bei dem ersten Typus kam es zur unvollständigen Plünderung des Grabes. Trotzdem wurden die Mumien (fast) völlig zerstört, wie bei Hetep-Heres[1] aus der dritten Dynastie oder bei Ramses VI. Letzterer war der 5. König der 20. Dynastie und regierte um das Jahr 1140. Das Grab wurde noch in der 20. Dynastie ausgeraubt, bevor die kläglichen Reste seiner Mumie und die seines Vaters Ramses V. zur Sicherheit in das Grab Amenhoteps II. umgebettet wurden. Wie bei allen Mumien, bzw. Mumienreste im Depotfund KV 35[2] stand hier die Sicherheit des neuen Grabes an erster Stelle. Wahrscheinlich war es offensichtlich, dass es den Grabräuber (hauptsächlich) um die Schändung der Mumie ging.[3]
Ein möglicher Hintergrund für diese Art der Grabplünderungen könnte ein Dynastienwechsel gewesen sein, in Folge dessen die Gräber auf staatlichen Befehl hin geschändet wurden, um den Vorgänger im Jenseits zu erniedrigen oder gar dessen Leben im Jenseits unmöglich zu machen.
Zu der Zeit der vordynastischen Könige spielten diese politischen Grabschändungen sicher eine feste Rolle. Die abydenischen Königsgräber in Oberägypten wurden geplündert und niedergebrannt, da ein fester Bestandteil des Grabes ein großes Schiff zu sein pflegte. Mit diesem wollte der Herrscher im Jenseits dem Sonnengott Re entgegen fahren. Das Ziel der Brandschatzung war somit die Verhinderung der Rückkehr auf die Erde.[4]
Die nächstbehandelten Plünderungen verliefen dem entgegengesetzt. Es kam zur völligen Räumung der Gräber und gleichzeitig zur Verschonung der Leichen. Ein Beispiel hierfür findet man bei Iput, die Gattin von Teti, welcher ca. 2318 bis 2300 v. Chr. als König der 6. Dynastie regierte.
Während seine Grabstätte, die nördlichste Königspyramide von Saqqara zwar relativ unscheinbar gegenüber ihren östlichen größeren Nachbarn ist, hat sie verhältnismäßig weitreichende Sicherheitsmaßnahmen. Die in 2.2. beschriebene Schutzmaßnahme des magisch – religiösen Schutz- und Sicherheitsmotivs findet man hier schon als stilisiertes Abbild der königlichen Prunkpalastfassade.[5] Weiterhin wurde erstmals der Sarg mit Schrift verziert, deren Deutung allerdings nicht mehr gesichert ist. Es könnte ebenfalls eine Schutzformel sein. Weiterhin war die Kammer mit einem Granitblock gut verschlossen und wurde erst deutlich später ausgeraubt.[6] Nordöstlich des Grabbezirks von Teti hatte Iput, die Mutter von Pepi I., ihre in Form einer Stufenpyramide angelegte Grabkammer.
Nach Maneto wurde Teti von seinem Leibwächter ermordet, da es zum Konflikt mit dem Hochadel gekommen war. Ein Indiz hierfür kann auch die Interregnumsregierung von Userkare aus der genannten Adelsschicht sein, welcher nach Maneto für die Plünderung von Iput’s Pyramide zuständig war, um seine eigene Grabkammer füllen zu können. Die kurze Regierungszeit wurde durch die Rekonstruierung der alten Dynastie durch Pepi I. beendet. Sein Einfluss könnte eine Plünderung der schwerer zugänglichen Grabkammer Teti’s und die Schändung von Iput verhindert haben.[7]
Es scheint gesichert, dass einige Pharaonen ältere Gräber benutzten, um ihr eigenes prunkvolles Weiterleben im Jenseits zu ermöglichen. Beispiele hierfür finden sich in der 12. Dynastie.
Das ausbrechende Chaos beim Untergang eines Reiches, beispielsweise des Alten Reiches unter Pepi II., und der Beginn der nachfolgenden Zwischenzeit ermöglichte es „räubernden“ Banden und Einzelgängern das Zerbrechen des Zentralstaates auszunutzen, und Totentempel und Gräber zu plündern. Ähnliche Folgen hatte die Verlegung der Pharaonenresidenz unter Amenhotep IV. von Theben nach Amarna. Das Fehlen der Administration führte in Theben dazu, dass viele Gräber aufgebrochen wurden.[8]
Additional dazu wurden die gesamte ägyptische Geschichte hindurch solche Straftaten des Grabraubs aus rein materiellen Gründen von profitorientierten Dieben und ärmeren Bauern durchgeführt. Interessant sind einige überlieferte Fälle, bei denen Grabräuber verbündete Handwerker kaschierte Öffnungen in den Holzsärgen einbauen ließen, um möglichst rasch wertvolle Grabbeigaben zu entwenden.[9] Eine mögliche These der Attraktivität der Grabräuberei ergibt sich aus dem Strafmaß des Diebstahls von Edelmetallen aus den Bergwerken: Die Goldwäscherei war ein traditionelles Recht der Tempel.[10] Die religiöse Bedeutung begründete u. a. 100 Hiebe, dabei 5 blutige Wunden und die Rückgabe der gestohlenen Güter als übliches Maß für geringen Diebstahl. In schwereren Fällen musste der Täter die Summe im Verhältnis 1:100 zurückzahlen und Zwangsarbeit für den Tempel oder in Steinbrüchen an der Grenze leisten. Oft wurde ihm auch die Nase oder das Ohr abgeschnitten um ein Exempel zu statuieren.[11] Die Wahrscheinlichkeit beim Diebstahl in den Tempel oder den Bergwerken erwischt zu werden, lag dank einer traditionell hohen Anzahl an Wachen und der Bedeutung der Tempel im gesellschaftlichen Leben deutlich höher als bei einem Grabraub in älteren, selten bewachten Grabanlagen.
Ein drittes ungewöhnliches Schema ist die völlige Verwüstung eines Grabes, obwohl die Grabkammer offensichtlich nicht genutzt wurde. Ein Beispiel hierfür findet sich in der 13. Dynastie: Die Pyramide der Gattin von Chendjer an der Nordostecke seiner Grabanlage, in der sie nicht bestattet wurde.
[...]
[1] vgl.: Peter A. Clayton, Die Pharaonen, London 1994, S. 49: Hetep-Heres war die Mutter von Chufu, auch bekannt als Cheops mit den Regierungsdaten von 2589 bis 2566 v. Chr. und die Gemahlin von Snofru. Neben reichhaltigen Grabbeigaben, wie zum Beispiel zwanzig Silberarmbänder, fand man den frühsten Beleg für die gesonderte Bestattung der mumifizierten Eingeweide und der Mumie selber: den vollständigen Kanopenschrein.
[2] siehe Anhang 8.1. Depotliste KV 35 Amenhoteps II.
[3] Thomas Schneider, Lexikon der Pharaonen, Zürich 1994, S. 237-238
[4] Miroslav Verner, Pyramiden, Hamburg 1998, S. 41; Anmerkung des Autors: Wie Miroslav Verner auf Seite 44 und 45 beschreibt, begründet sich die Entwicklung zum Pyramidenbau und die Bedeutung der Mumifizierung der Leichen und somit auch des Grabräubertums durch den religiösen Wandlungsprozess im altägyptischen Staat. Während in Abydos die Idee des Grabhügels als heraufsterilisierter Urhügel in den Vordergrund tritt, ähneln die Gräber von Saqqara einer Art Haus oder Unterkunft für das irdische Leben nach dem Tod. Dies war auch nötig, da der Pharao die Aufgabe des Mittlers zwischen seinem Volk und den Göttern auch nach seinem irdischen Tod wahrnehmen musste. Diese Funktion ist allerdings schon durchaus in den abydenischen Königsgräber in Oberägypten vorhanden. Daher auch das Schiff als Grabbeigabe um als Mittler zwischen Re und der Erde zu fungieren. Ab der dritten Dynastie entwickelte sich die Pyramidenform, da der zum Gott avancierte Pharao sicher im Land verbleiben musste. Die Pyramiden wurden somit zur erstrangigen Aufgabe des ägyptischen Staates.
[5] Verner, Die Pyramiden, S. 380
[6] Schneider, Lexikon d. Pharaonen, S. 288
[7] Peter A. Clayton, Die Pharaonen, London 1994, S.63-64
[8] vgl. Peter Ehlebracht, Haltet die Pyramiden fest! , Wien 1980, S.27 – 28; Anmerkung des Autors: Es wird angenommen, dass in der Zeit des Amenhotep IV. das Grab von Tutmosis IV. ausgeraubt wurde.
[9] Ehlebracht, Haltet die Pyramiden fest!, S.27
[10] vgl. Hermann Kees, Das alte Ägypten, Köln 1977, S.139: Als Beispiel wird Sethos I. angegeben: Er übertrug einem von ihm begründeten Tempel die Rechte an den äußerst ergiebigen südlichen Goldbergwerken.
[11] Kees, Das alte Ägypten, S.139
- Quote paper
- Matthias Widner (Author), 2003, Grabräuber im alten Ägypten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17600
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