Die von Nietzsche 1873 verfasste, allerdings nie von ihm in Druck gegebene Schrift Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn gilt heut gemeinhin als Herzstück Nietzsches Sprachkritik. Eine mögliche Erklärung für Nietzsches Zögern, die Veröffentlichung der Schrift betreffend, sieht Rudolf Fietz in Nietzsches Zwiespalt sich von Schopenhauer und Wagner zu emanzipieren, in einer Zeit in der er sich öffentlich noch zu eben jenen bekennt.
Der Focus dieser Arbeit soll hingegen auf den Äußerungen der Sprachkritik in Nietzsches Schrift, so wie deren Bedeutung liegen. In ihr werden zunächst die Begriffe der Wahrheit und der Lüge in Nietzsches Sinne definiert und darüber hinaus die zentralen Ansätze seiner Schrift herausgearbeitet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wahrheit und Lüge
2.1. Begriffsdefinition der Wahrheit
2.2. Begriffsdefinition der Lüge
3. Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn
3.1. „Ist die Sprache der adäquate Ausdruck aller Realitäten?“
3.1.1. Die Bildung der Begriffe
3.1.2. Die Perzeption
4. Fazit
5. Bibliographie
1. Einleitung
Die von Nietzsche 1873 verfasste, allerdings nie von ihm in Druck gegebene Schrift Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn gilt heut gemeinhin als Herzstück Nietzsches Sprachkritik. Eine mögliche Erklärung für Nietzsches Zögern, die Veröffentlichung der Schrift betreffend, sieht Rudolf Fietz in Nietzsches Zwiespalt sich von Schopenhauer und Wagner zu emanzipieren, in einer Zeit in der er sich öffentlich noch zu eben jenen bekennt.[1]
Der Focus dieser Arbeit soll hingegen auf den Äußerungen der Sprachkritik in Nietzsches Schrift, so wie deren Bedeutung liegen. In ihr werden zunächst die Begriffe der Wahrheit und der Lüge in Nietzsches Sinne definiert und darüber hinaus die zentralen Ansätze seiner Schrift herausgearbeitet.
2. Wahrheit und Lüge
2.1. Begriffsdefinition der Wahrheit
Nietzsches Definition des Wahrheitsbegriffes ist nicht eindeutig zu benennen, wie es die Wahrheit selbst eben auch nicht ist. Eine ihrer Hauptfunktion ist die Wahrheit als Werkzeug zum Willen der Macht. Er ist der Ansicht, dass es keine allgemeine, gültige Wahrheit geben kann, da bereits eine an sich ̓wahre̓ Welt durch ihren stetigen Fluss der Veränderung, die sie in sich unfassbar und unbegreifbar macht, nicht existiert.[2] Die Annahme einer objektiven, logischen Ordnung in der Welt ist ein Irrtum, sie erscheint uns lediglich logisch, „weil wir sie logisiert haben“.[3] Was zurück bleibt ist die Welt als Schein, anstelle der Welt der Erscheinungen. Jede Weltanschauung ist somit eine Interpretation. Grammatische Strukturen, sowie die Teilung in Sub- und Objekt hingegen bestimmen die Logik. Wahrheiten sind subjektiv durch die Perzeption des Einzelnen bestimmt. Sie sind von Menschen durch Sprache erschaffene Konstrukte:
„Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden, und die […] dünken: die Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, dass sie welche sind“[4]
und können somit nie in Form sprachlicher Begriffe das eigentlich wahre abbilden.
[...]
[1] Fietz (1992), S. 132.
[2] Schiller (2000), S. 350.
[3] Grimm (1977) zitiert nach Schiller (2000), S. 350.
[4] Nietzsche (2010), S. 4.
- Citation du texte
- Nathalie Gerlach (Auteur), 2010, Friedrich Nietzsches Sprachkritik in „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175797
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