Dieser Essay gibt einen grundlegenden Überblick über die Begrifflichkeiten des Staates bei Thomas Hobbes, dessen Entstehung und Aufbau er in seinem Werk "Der Leviathan" darlegt. Angesprochen werden u.a. Naturzustand, Gesellschaftsvertrag, Souverän und das Menschenbild von Hobbes.
Die Entstehung des Staates nach Thomas Hobbes
Die Überwindung des Naturzustands, die Beschreibung der bürgerlichen Gesellschaft und Probleme.
Das Leben von Thomas Hobbes war gezeichnet durch den Bürgerkrieg in seiner Heimat England. Verräter konspirierten gegen den König und zerstörten die politische Ordnung. Hobbes selbst war gezwungen seine Heimat zu verlassen. Dieser Umriss lässt erahnen aus welchem Grund der englische Denker sein wohl berühmtestes Werk Leviathan erschaffen hat.[1] Darin begründet er eine ganz eigene Theorie von der richtigen Gesellschaft, die auf den ersten Blick mit der heutigen Zeit vielleicht nicht mehr allzu viel zu tun hat. Untersucht man sie genauer, so wird doch klar, dass Hobbes seine Ideen aus dem anthropologischen Problem heraus entwickelte, was der Mensch für ein Wesen ist. Jene Gedanken sollen nun Gegenstand dieses Essays sein. Es soll erörtert werden aus welchem Zusammenhang der Staat entsteht, wie sich dieses Konstrukt definiert und was an der Darstellung von Thomas Hobbes so problematisch ist.
Zuerst muss festgehalten werden, wie Hobbes sich den Staat vorstellt. Eine allgemeine, kurze Beschreibung würde wohl so aussehen: Der Staat ist der freiwillige Zusammenschluss von Menschen unter einem positivistischen Gesetzeswerk. An der Spitze des Staates steht ein Herrscherapparat, genannt Souverän (Monarch oder Versammlung[2]), der die absolute Macht besitzt, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, was dessen Hauptaufgabe darstellt. Der liberale Aspekt von Hobbes Theorie bezieht sich auf den Rahmen, den der Souverän bietet: Er hat zwar die Möglichkeit sich in alle Belange einzumischen (und soll dies auch tun um z.B. Eigentum der Bürger zu schützen oder auf Einhaltung von Verträgen zu achten), macht dies jedoch nur aus der Ordnung heraus. Ansonsten gilt eine Art „laissez-faire“-Prinzip: Die Bürger eines Staates, voreinander geschützt durch einen gemeinsamen Gesellschaftsvertrag, sollen ihrem Leben nachgehen und persönliches Glück finden. Darüber hinaus ist unter dem Souverän jeder Bürger des Staates gleich.[3] Für die Begründung dieser Idee lässt sich, wie anfangs schon angedeutet, Hobbes Wahrnehmung des Bürgerkriegs heranziehen.
Was Hobbes Verständnis vom Staat kennzeichnet, kann man als widersprüchliche Position deuten, wie man im Falle der Bürgerrechte (die er in positivistischer Hinsicht als einer der ersten für eine Staatstheorie formulierte) und deren gleichzeitigen Bruch durch den Souverän erkennen kann. Doch dazu später. Um die Entstehung des Staates zu verstehen, muss man sich dem Konzept des Naturzustands Gewahr werden. Ohne ihn gäbe es auch keinen Staat.
Der Naturzustand wurde in der früheren Philosophie oft untersucht. Hobbes war nicht Erfinder dieser Idee, wohl aber wahrscheinlich deren bedeutendster Vertreter. Bei ihm bedeutet der Naturzustand, dass sich die Menschen ohne eine staatliche Ordnung in einer ewigen Konkurrenz befinden und rational und egoistisch handeln, um ihr eigenes Leben in allen Belangen zu verbessern, wenn nötig ohne Rücksicht auf andere. Sie leben in einem Krieg „aller gegen alle“.[4] Nach Hobbes These handelt jeder so. Zum Wohle aller ist es das gemeinsame Ziel den Naturzustand zu überwinden.[5] Über die Art und Weise wie der Naturzustand zu interpretieren ist, gibt es ebenfalls mehrere Ideen. Eine Frage lautet beispielsweise, ob Hobbes „seinen“ Naturzustand nur als Gedankenspiel aufgezeigt hat, um für seine Vorstellungen des idealen Staates zu mahnen. Oder hat der Naturzustand einen realen, historisch fundamentierten Hintergrund?[6] Eggers hat in seinem Buch die Betrachtungsweisen in drei Gruppen eingeordnet.[7] In jedem Fall ist es das Ziel der Menschen den Naturzustand zu überwinden, da er für die meisten nur Misstrauen und ein paranoides Leben aufgrund der Furcht vor Mitbewerbern bedeutet. Daher schließen sie gemeinsam den Vertrag.
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[1] vgl. Martinich, 1999, Kapitel 6 & 7: So befand sich Hobbes z.B. 10 Jahre lang im Exil. Eine Analyse liefert er im thematisch zum Leviathan verwandten Werk Behemoth, or the long Parliament.
[2] In meinem anderen Essay „Warum benötigt der Staatssouverän bei Thomas Hobbes derart absolute Macht?“ habe ich bei der Interpretation festgestellt, dass Hobbes durchaus eine Einzelperson für die Rolle des Souveräns favorisiert. Da dies jedoch nicht Gegenstand dieses Aufsatzes hier ist, wird beim Sprechen vom Herrscher auch die Möglichkeit einer solchen Versammlung einbezogen.
[3] Das gesammelte Wissen bzgl. dieser Beschreibung entstammt aus der Anaconda-Ausgabe des Leviathan.
[4] Hobbes 2009, S. 135
[5] vgl. ebd. S. 171ff: Hier bekommt man die Intention für die Gründung des Staates. Darüber hinaus befasst sich Hobbes nicht nur im Leviathan mit der Naturzustandsthese, sondern auch in wichtigen anderen Werken. Darauf geht Eggers in seinem Buch auf Seite 20ff. ein.
[6] ebd. z.B. S. 104: Bei seinen Beschreibungen nennt Hobbes u.a. „wilde Indianervölker“ oder die Bewohner „des alten Deutschlands“. Außerdem herrscht auch zwischen verschiedenen Staaten eine Form des Naturzustands. Zweifelsohne existieren zu dieser Forschungsfrage ebenfalls kontroverse Ansichten.
[7] Eggers 2008, 31.ff: Historisch, anthropologisch und juridisch, die sich aber nicht untereinander ausschließen müssen. Ähnlich wie Eggers glaube ich, dass Hobbes den Naturzustand auf Basis der Hintergründe aller drei beschrieben hat: Historisch, weil er Andeutungen eines gelebten Naturzustands in seinen Werken nennt. Anthropologisch, weil er untersucht, wie sich Menschen sowohl ohne staatliche Ordnung als auch als Mitglieder eines Staates verhalten. Und juridisch, weil er im Rahmen seiner Abhandlung auch Rechte formuliert, nämlich sowohl das Naturrecht im Naturzustand selbst, als auch das positivistische Recht nach dem Eintritt in den Gesellschaftsvertrag.
- Arbeit zitieren
- Ole Karnatz (Autor:in), 2010, Die Entstehung des Staates nach Thomas Hobbes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175645
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