Das Essay befasst sich mit dem "Kampf" zwischen den Gesellen, die eigenständige Organsiationen gründetete, gegen die etablierten Zünfte, die als Instrument der Meister benutzt wurden, um die Gesellen nicht in höhere Schichten und Einkommensklassen aufsteigen zu lassen. Dazu wird einerseits zunächst die Sozialtopographie des Handwerks erläutert, um dann anschließend auf die Gesellseninnungen, sowie auf die überregionalen Handwerkerbünde zur Abwehr der Gesellenorganistionen einzugehen.
1. Die Sozialtopographie des Handwerks im Hoch- und Spätmittelalter
Um den Kampf der Gesellen für größere Mitbestimmungsrechte in den Zünften und eine selbstständige Organisation zu analysieren, müssen zunächst die Grundmerkmale der sozialen Hintergründe des Handwerks erläutert werden.
Die soziale Lage der Handwerker unterschied sich nach Phase und Stellung des Handwerkers im Betrieb. Die untere Schicht bildeten definitiv die Handwerksgesellen, die Schlepper und die Hilfsarbeiter. Die Aufstiegsmöglichkeiten waren nur über die Zunftorganisation gegeben. Die Zunftkämpfe des 14. Und 15. Jahrhunderts erlaubten den Gesellen1 den Meistertitel leichter zu erwerben. Jedoch war es ihnen aufgrund der Bevorzugung der Nachkömmlinge der Meister oft nicht vergönnt, die Meisterstellung zu erlangen.2 Es lässt sich analysieren, dass konsequenterweise der Wohlstand von der politischen Teilhaberschaft abhing. Bis ins 15. Jahrhundert hinein waren die Zünfte relativ uneingeschränkt in ihrer Handlungsfreiheit und besetzten zahlreiche Positionen in den Stadtratsämtern. Zudem machten die Handwerker auch den größten Teil der Steuerzahler3 aus. Dies bedeutete, dass dadurch Konkurrenz abgewehrt und gewerbliche Interessen durchgesetzt werden konnten.
Ab dem 16. Jahrhundert beanspruchten der Adel und das Patriziat die Ratsämter für sich, was als Folge der funktionalen Ausdifferenzierung der Städte gesehen werden kann. Die Handwerker waren tendenziell mehr unter der Krone beschäftigt.4
In den Städten wurden spezielle Viertel, je nach Handwerkstätigkeit, gebildet. Demnach waren z.B. Gerber und Färber in einem Viertel untergebracht, das nahm am Wasser lag. Es wird vermutet, dass auf Straßen nur gleiche und verwandte Gewerbe ausgeführt wurden. Bei belästigenden Handwerkern, wie z.B. bei Kesselmachern und Töpfern, konnte bewirkt werden, dass sie, wie im Falle des Erlasses von Johann II. von Würzburg im 15. Jahrhundert, wegen Ruhestörung ihren Produktionsort außerhalb des Zentrums verlegen mussten. Die reicheren Handwerker wohnten im Zentrum, ärmere in der Peripherie oder in vermischten Vierteln der Stadt.5
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1 Im Hochmittelalter lag das Verhältnis Meister zu Gesellen circa 1:4, vgl. John: Handwerk im Spannungsfeld, S. 173.
2 NORTH: Europa expandiert, S. 162 ff u. S. 339.
3 In Nürnberg bspw. waren knapp 55% der ca. 40.000 Einwohner des 17. Jahrhunderts Handwerker (5% Patriziat und Handwerker-Unternehmer, 8-10% Meister und 40% Gesellen und Tagelöhner), vgl. Diefenbacher: Massenproduktion und Spezialisierung, S. 212.
4 VOGLER: Europas Aufbruch in die Neuzeit, S. 300 ff.
5 ENGEL: Die deutsche Stadt im Mittelalter, S. 149-152.
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- Julian Ostendorf (Author), 2009, "Kampf "der Gesellengilden im Mittelalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175600