Es stellt sich die Frage, ob das klassische Bild umfassender gesellschaftlicher Kriegseuphorie aufrechterhalten werden
kann. In der neueren Forschung ist es bereits stark relativiert worden, daher ist der Ansatz einer Dekonstruktion dieses Bildes nichts außergewöhnlich Neues. Die Leitfrage der Arbeit,
ob der Topos einer kriegsbegeisterten deutschen Gesellschaft im Ersten Weltkrieg anhand literarischer Quellen dekonstruiert werden kann, lässt jedoch genügend Spielraum für neuere Ansätze. Unter literarischen Quellen werden die Feldpostbriefe deutscher Soldaten verstanden, die einen profunden Einblick in deren Denken
über das Kriegsgeschehen geben. Darüber hinaus wird das Werk des kriegskritischen elsässischen Bauern Dominik Richert „Beste Gelegenheit zum Sterben“ als Hauptquelle herangezogen. Dies ist ein in der Forschungsliteratur noch recht junger Ansatz, für den sich kaum Literatur findet.
Durch das Aufgreifen einer Fragestellung, die sich nicht auf die militärischen Ereignisse an sich fokussiert, geht die Arbeit den Ansatz der neueren Militärgeschichte. Diese ist keine „Generalstabs- und Pulverdampfmilitärgeschichte“ mehr, sondern stellt z.B. auf ziviler Ebene den Soldaten mit seinen Kriegserlebnissen in den Vordergrund der Analyse.
Zunächst wird der Topos einer kriegsbegeisterten deutschen Gesellschaft im Ersten Weltkrieg dargestellt. Dabei wird zuerst auf den Zusammenhang zwischen Wehrpflicht und Kriegsbegeisterung eingegangen, wobei eine dazu passende These von Gerhard Ritter den Ausgangspunkt des später zu dekonstruierenden Bildes umfassender Kriegsbegeisterung bildet. Des Weiteren wird im zweiten Kapitel die soziale Verwurzelung der Kriegsbegeisterung thematisiert, bevor zu
dessen Abschluss der heroisierende Bericht Ernst Jüngers „In Stahlgewittern“ über seine Kriegserlebnisse prägnant dargestellt wird. Im Anschluss daran wird das Werk Dominik Richerts „Beste Gelegenheit zum Sterben“ unter Einbeziehung des historischen Kontextes zusammenfassend vorgestellt. Das Werk Richerts wird aufgrund seiner ablehnenden Haltung zum
Krieg die Hauptrolle dabei spielen, das Bild umfassender Kriegsbegeisterung zu dekonstruieren. Im vierten
Kapitel werden nicht nur die kritischen Feldpostbriefe der Soldaten untersucht, ebenso soll auf die zivile Ebene eingegangen werden, die eine gegenüber den Frontsoldaten leicht
differierende Reaktion zeigte.
- Arbeit zitieren
- Bakkalaureus Artium Steffen Radtke (Autor:in), 2011, Der Topos einer kriegsbegeisterten deutschen Gesellschaft im Ersten Weltkrieg – ein anhand literarischer Quellen dekonstruierbares Bild?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174720
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