Zeit ihres Lebens hat sich Hannah Arendt (1906-1975) mehr als politische Theoretikerin denn als Philosophin verstanden. Die Tochter eines bürgerlichen jüdischen Ehepaares absolvierte ihr Philosophiestudium u.a. bei Heidegger, Husserl sowie Jaspers und engagierte sich bereits in den frühen 1930er Jahren im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Ihr Denken ist geprägt von den Erfahrungen der Verfolgung, des Holocausts und des Exils in Frankreich und den USA. Mit ihrer Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft im Jahre 1951 wurde New York zu ihrer Exil-Heimat, auch wenn sie Europa bereits im November 1949 wieder regelmäßig bereiste. Die Auseinandersetzung mit dem Schrecken des Naziregimes war bis zuletzt Antrieb ihres politischen Denkens.
Ausgehend von ihrer Vorlesung „Über das Böse“ ist es Ziel dieser Hausarbeit, Arendts Be-stimmung von Moral sowie die Voraussetzungen der Urteilsfähigkeit zu untersuchen. Der erste Teil behandelt das facettenreiche Thema Moral, der zweite Teil ist dem politischen Ver-ständnis Hannah Arendts gewidmet. Proklamierte Arendt in der „Vita activa“ das Handeln als politischste aller menschlichen Tätigkeiten, so wandte sie sich in ihrem späten Werk „Vom Leben des Geistes“ der vita contemplativa zu, in welcher sie das Vermögen der Urteilskraft als das politischste der geistigen Vermögen des Menschen erkannte. Ihr plötzlicher Tod hinterließ vom letzten Band der Trilogie nur das Titelblatt „Über das Urteilen“ , weshalb Arendts Vorlesungsmanuskripte „Über Kants politische Philosophie“ (1970) als wichtige For-schungsquellen zu diesem Thema gelten, da sie in ihnen bereits wesentliche Gedanken zur Urteilskraft formuliert. Neben den oben genannten Titeln liegen der Hausarbeit Werke aus dem Nachlass Arendts, die „Denktagebücher“ (2002) sowie „Was ist Politik?“ (2003) zu-grunde.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- EINLEITUNG.
- MORALISCHE NORMEN – EINE FRAGE DER GEWOHNHEIT?
- MORALISCHES VERHALTEN.
- DAS SELBST ALS MAẞSTAB - MORAL IN ZEITEN DER KRISE
- POLITIK - DER MENSCH IM PLURAL.
- OHNMACHT – DIE FURCHT VOR DER FREIHEIT
- URTEILSFÄHIGKEIT ALS POLITISCHES VERMÖGEN.
- EXKURS: VORURTEILE UND STEREOTYPE.
- DIE ROLLE DES ZUSCHAUERS ALS UNPARTEILICHER RICHTER.
- DER FAKTOR PUBLIZITÄT ALS GARANT FÜR MORALISCHES HANDELN.
- FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Hausarbeit befasst sich mit Hannah Arendts Verständnis von Moral und den Voraussetzungen für Urteilsfähigkeit. Basierend auf Arendts Vorlesung "Über das Böse", untersucht die Arbeit zunächst den komplexen Begriff der Moral, bevor sie sich Arendts politischem Verständnis zuwendet.
- Die Bedeutung von Moral im Kontext gesellschaftlicher Normen und Werte.
- Die Kritik an der Annahme universeller und ewiger Werte in Arendts Denken.
- Die Rolle von Moral in totalitären Systemen und der Wandel von Normen in Krisenzeiten.
- Die Urteilsfähigkeit als politisches Vermögen im Sinne Hannah Arendts.
- Die Bedeutung der vita contemplativa und das Zusammenspiel von Denken und Moral.
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Einleitung: Die Einleitung stellt Hannah Arendts Leben und Werk vor, insbesondere ihre Beschäftigung mit Fragen der Moral und Urteilsfähigkeit. Sie verweist auf wichtige Werke wie "Vita activa" und "Vom Leben des Geistes" und hebt die Relevanz von Arendts Vorlesungsmanuskripten hervor.
- Moralische Normen – Eine Frage der Gewohnheit?: Dieses Kapitel beleuchtet den Ursprung und die Bedeutung von Moral und Ethik, indem es deren etymologische Wurzeln und die Beziehung zu gesellschaftlichen Strukturen und Wandel diskutiert. Arendts Kritik an der Annahme universeller Werte sowie die Rolle von Moral in Zeiten der Krise werden aufgezeigt.
- Politik - Der Mensch im Plural.: Dieses Kapitel widmet sich Hannah Arendts politischem Verständnis, indem es die Bedeutung des Handelns und die Herausforderungen durch Ohnmacht und die Angst vor Freiheit diskutiert.
- Urteilsfähigkeit als politisches Vermögen.: Dieses Kapitel erörtert Arendts Konzept der Urteilsfähigkeit als politisches Vermögen, untersucht die Rolle des Zuschauers als unparteiischer Richter und beleuchtet den Faktor Publizität als Garant für moralisches Handeln.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der Moral und Urteilsfähigkeit im Werk Hannah Arendts. Schlüsselbegriffe sind hier: politische Theorie, Ethik, Moral, Normen, Werte, Urteilskraft, vita activa, vita contemplativa, Totalitarismus, gesellschaftliche Strukturen, politisches Handeln, Zuschauer, Publizität und Denktagebücher.
- Citation du texte
- Kristin Freter (Auteur), 2011, Über Moral und Urteilsfähigkeit in der politischen Theorie Hannah Arendts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173970