„Von unseren allgemeinen dramaturgischen Regeln und Vorlieben für die Handlungsordnung ausgehend, dürfen wir Lebensbereiche in anderen Gesellschaften nicht übersehen, für die anscheinend andere Regeln gelten“,
schreibt Erving Goffman in seinem Werk Wir alle spielen Theater: die Selbstdarstellung im Alltag (1959/2005 , 223). Der kanadische Soziologe betont, dass sein Modell der Dramaturgie des sozialen Handelns nicht unbedingt auf nicht-westliche Gesellschaften übertragbar ist (ebd., 223). Ungeachtet dieser Einschätzung wurden Versuche unternommen, die „Soziologie der Interaktionsordnung“ eines der bedeutendsten amerikanischen Soziologen des 20. Jahrhunderts (1922-1982) auch auf andere kulturelle Kontexte zu übertragen. Dies zeigt z.B. Srinivasans Aufsatz “The cross-cultural relevance of Goffman’s concept of indivicual agengy”, in dem die Verfasserin Goffmans Theorie auf die indische Gesellschaft bezieht (1990, 150ff.).
In einer Zeit, in der Gesellschaften immer stärker durch kulturelle Hybridisierung gekennzeichnet sind und eine Globalisierung sämtlicher Lebensbereiche stattfindet, gewinnen Interaktionen zwischen Personen, die einen unterschiedlichen kulturellen Hintergrund mitbringen, zunehmend an Bedeutung. Wie sich diese abspielen und wodurch sie gekennzeichnet sind, ist Untersuchungsgegenstand der in den 1950ern in den USA entstandenen interdisziplinären Forschung zur Interkulturellen Kommunikation (vgl. Peace Corps (U.S.) 1999, 136). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob sich Goffmans Interaktionstheorie auch auf einen interkulturellen Kontext übertragen lässt. Lucrecia Keim ist der Ansicht, dass der Soziologe „mit seinen detaillierten Analysen der rituellen Ordnung des Alltagshandelns interessante Anhaltspunkte für die Analyse interkultureller Kommunikation [bietet]“ (1994, 22). Welchen Beitrag leistet Goffmans Theorie zum Verständnis kultureller Überschnei-dungssituationen? Inwieweit wird sie bisher in der Interkulturellen Kommunikations-Forschung rezipiert und angewendet? Diese Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit unter-sucht werden. Veröffentlichungen, die einen Überblick zu diesem Thema geben, konnten nicht ausfindig gemacht werden. An dieser Forschungslücke setzt die vorliegende Arbeit an.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Goffmans Interaktionstheorie
2.1 Rahmen
2.2 Selbstdarstellung des Individuums
2.3 Interaktionsrituale
2.4 Image
2.5 Stigmatisierung
3. Theorien Interkultureller Kommunikation
3.1 Kulturbegriff
3.2 Interkulturelle Interaktionen
3.3 Bezüge zu Goffman in IKK-Überblickswerken
4. Anwendung von Goffmans Interaktionstheorie auf die IKK
4.1 Keims Untersuchung deutsch-spanischer Wirtschaftskommunikation
4.1.1 Ziele und Methode der Arbeit
4.1.2 Theoretische Bezüge zu Goffman
4.1.3 Anwendung der Theorie auf interkulturelle Interaktionen
4.2 Peters Anwendung von Goffmans Theorie auf den Migrationskontext
4.2.1 Ziele und Methode der Arbeit
4.2.2 Theoretische Bezüge zu Goffman
4.2.3 Anwendung der Theorie auf interkulturelle Interaktionen
4.3 Vergleich und kritische Bewertung der Arbeiten
5. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Internetquellen
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