Eine zentrale Rolle in der aktuellen Diskussion um Kulturelle Bildung nehmen die wachsenden Anforderungen an persönliche Schlüsselkompetenzen (im Gegensatz zu fachlichen und methodischen) ein, welche die zukünftige Gesellschaft an die Menschen stellt.
[...] Menschen aller Lebensalter müssen ständig komplexere Situationen verstehen, entschlüsseln und innovativ verbinden, um eine Vielzahl möglicher Lösungswege zu erarbeiten. Sozialkompetenz, die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren und stets neue Dinge zu lernen, Integrität, Teamfähigkeit, Flexibilität, Selbständigkeit [2] Wertschätzende Kommunikation, vernetztes Denken und Arbeiten, Nachhaltigkeit – nicht mehr als Diskussion sondern – als Kultur [3], Sinn für Kreativität und Initiative, Anpassungsfähigkeit, eine fruchtbare Vorstellungskraft, emotionale Intelligenz, die Fähigkeit zu kritischer Reflexion, Gedanken- und Handlungsfreiheit, und immer wieder Selbständigkeit[...]
sind die Schlagwörter welche in Verbindung mit den „neuen“ Arbeitskräften des 21. Jahrhunderts stets genannt werden.
[...]Die Kulturelle Bildung scheint nun, wie Untersuchungen belegen, das Zaubermittel zu sein, welches es den Menschen ermöglicht all diese Fähigkeiten zu erwerben.[...]
Zudem verbessert Kulturelle Bildung ganz allgemein das Lernen und die Lernfähigkeit und kann somit die Bildungsqualität verbessern.
Die daraus entstehende Vision (und ebenso Auftrag) ist nun, dass Kulturelle Bildung Schule durchdringt und im Sinne der oben genannten Qualifikationen bereichert.
Die vorliegende Facharbeit beschäftigt sich mit dem WIE. Mit der Frage: Wie können die, in der kulturellen Bildung formulierten, Ziele durch die Lehrenden, in diesem Falle Künstler und Lehrer, umgesetzt werden?
Die Facharbeit beschäftigt sich hier nicht mit den finanziellen, politischen oder institutionellen Rahmenbedingungen als Grundvoraussetzung für Kulturelle Bildung, sondern setzt sich mit der inneren Haltung und der Vorbildfunktion der Lehrenden in Bezug auf die zu erlangenden Kompetenzen, auseinander. Ein besonderes Gewicht liegt hier auf dem aktuellen Wissenschaftsstand im Bereich Lernen, insbesondere auf aktuellsten Erkenntnissen der Hirnforschung. Stichwort: Spiegelneuronen.
Der Titel „Coaching als Grundhaltung in der Kulturellen Bildung“ stellt bezüglich der Fragestellung eine mögliche Lösung dar.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. (Der Versuch einer) Definition: Kulturelle Bildung
2.1 Zielsetzung in der Kulturellen Bildung
2.2 Definition: Kultur
2.3 Definition: Bildung
3. Was ist Lernen?
3.1 Alternative Lernkonzepte - ein kleiner Ausflug
4. Eine kleine Geschichte der Spiegelneuronen
5. Was bedeuten diese Erkenntnisse für die Kulturelle Bildung
5.1 Die Sache mit der Kreativität
5.2 Wechselwirkungen und Story-Telling
5.3 Ein sokratischer Monolog
6. Was wir brauchen
6.1 Grundhaltung - Kultur der Anerkennung
6.2 Wissen um uns selbst
6.3 Der (mutige) Schritt ins Neue
6.4 (Frei)Raum - Aufwachorte
6.5 Was ist Erfolg
7. Coaching als Grundhaltung
7.1 Der Prozess
7.2 Selbstmotivation, oder: eine kurze Einführung in die Flow-Theorie
8. Fazit
8.1 für die Ausbildung
8.2 Und die Schule?
9 Modulentwicklung zur Fortbildung
10 Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Eine zentrale Rolle in der aktuellen Diskussion um Kulturelle Bildung nehmen die wachsenden Anforderungen an persönliche Schlüsselkompetenzen (im Gegensatz zu fachlichen und methodischen) ein, welche die zukünftige Gesellschaft an die Menschen stellt.
[...]Menschen aller Lebensalter müssen ständig komplexere Situationen verstehen, entschlüsseln und innovativ verbinden, um eine Vielzahl möglicher Lösungswege zu erarbeiten.[1] Sozialkompetenz, die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren und stets neue Dinge zu lernen, Integrität, Teamfähigkeit, Flexibilität, Selbständigkeit [2] Wertschätzende Kommunikation, vernetztes Denken und Arbeiten, Nachhaltigkeit - nicht mehr als Diskussion sondern - als Kultur [3], Sinn für Kreativität und Initiative, Anpassungsfähigkeit, eine fruchtbare Vorstellungskraft, emotionale Intelligenz, die Fähigkeit zu kritischer Reflexion, Gedanken- und Handlungsfreiheit, und immer wieder Selbständigkeit [1][...] sind die Schlagwörter welche in Verbindung mit den „neuen“ Arbeitskräften des 21. Jahrhunderts stets genannt werden.
[...]Die Kulturelle Bildung scheint nun, wie Untersuchungen belegen, das Zaubermittel zu sein, welches es den Menschen ermöglicht all diese Fähigkeiten zu erwerben. [1][...]
Zudem verbessert Kulturelle Bildung ganz allgemein das Lernen und die Lernfähigkeit und kann somit die Bildungsqualität verbessern.
Die daraus entstehende Vision (und ebenso Auftrag) ist nun, dass Kulturelle Bildung Schule durchdringt und im Sinne der oben genannten Qualifikationen bereichert.
Die vorliegende Facharbeit beschäftigt sich mit dem WIE. Mit der Frage: Wie können die, in der kulturellen Bildung formulierten, Ziele durch die Lehrenden, in diesem Falle Künstler und Lehrer, umgesetzt werden?
Die Facharbeit beschäftigt sich hier nicht mit den finanziellen, politischen oder institutionellen Rahmenbedingungen als Grundvoraussetzung für Kulturelle Bildung, sondern setzt sich mit der inneren Haltung und der Vorbildfunktion der Lehrenden in Bezug auf die zu erlangenden Kompetenzen, auseinander. Ein besonderes Gewicht liegt hier auf dem aktuellen Wissenschaftsstand im Bereich Lernen, insbesondere auf aktuellsten Erkenntnissen der Hirnforschung. Stichwort: Spiegelneuronen.
Der Titel „Coaching als Grundhaltung in der Kulturellen Bildung“ stellt bezüglich der Fragestellung eine mögliche Lösung dar.
Um ein angenehmes Lesen zu ermöglichen verzichte ich auf jegliche Genderisierung -was nicht meiner Grundhaltung entspricht. Ich verwende in bezug auf die Lehrenden des öfteren das einende „wir“, da ich mich sowohl als Künstlerin als auch als Lehrende hier mit einschließe. Jedes kritische Hinterfragen der Rolle, Haltung und Fähigkeiten der Lehrenden stellt somit immer auch meine kritische Selbstreflektion dar.
[1] Leitfaden für kulturelle Bildung (Road Map for Arts Education) UNESCO-Weltkonferenz für kulturelle Bildung, März 2006
[2] aus dem Artikel Karriere & Zukunft: Schlüsselkompetenzen - Gute Arbeit statt toller Titel aus der Bilanz, Schweizer Wirtschaftsmagazin vom 12.10.2007
[3] aus dem Buch: Meconomy, von Markus Albers (2010)
2.(Der Versuch einer) Definition: Kulturelle Bildung
Über das Allheilmittel Kulturelle Bildung wird in den unterschiedlichsten Kontexten diskutiert. Das reicht von „wenn die Eltern mit Ihren Kindern lesen würden wäre alles gut“, OT einer CDU-Politikerin, bis hin zu „die einzige Möglichkeit dass wir Lernen neu gestalten können ist die Schulen radikal zu schließen“ OT eines Doktors auf einer Fachtagung.
Ganz gleich, ob ich mich eben auf dieser Fachtagung befinde oder im Rahmen einer Fortbildung die Kulturelle Bildung als zentrales Thema hat, Einrichtungen besuche die kulturelle Angebote für Jugendliche und junge Erwachsenen auf dem Programm stehen haben oder auf einem Elternabend bin: wir alle reden kopfnickend über „Kulturelle Bildung“ als wichtiges Element im Prozess der Persönlichkeitsentwicklung und des Lernens und haben uns doch im Vorfeld nicht darauf geeinigt was wir eigentlich, per Definition, unter Kultureller Bildung verstehen. Ich gebe zu, mein Toleranzspielraum ist da auf einem Elternabend noch recht groß - im Vergleich zu einer Fachtagung.
Wohl mag es daran liegen, dass es zwar viele Fachartikel zum Thema gibt, wir jedoch auf Wikipedia noch verzweifelt nach einer allgemeingültigen Definition suchen müssen.
[...]Die Vorstellungenüber Inhalte und Zielsetzung von kultureller Bildung gehen weit auseinander. [4][...]
[...]Worin jedoch ein gro ß er Konsens besteht, das ist die Zielsetzung in der Kulturellen Bildung. [5][...]
Und diese Zielsetzung entsteht weniger aus einer Fülle, denn aus einer gesellschaftlichen Not-wendigkeit (im Sinne die Not zu wenden) heraus, die es uns und den nachfolgenden Generationen ermöglichen soll die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen. Eines Zeitalters, welches nach einer neuen Kultur der Arbeitsgesellschaft sucht - und dies im Zeichen einer zunehmenden Globalisierung.
2.1 Zielsetzung in der Kulturellen Bildung
In der Zielsetzung der Kulturellen Bildung können wir grob unterteilen in
- Verbesserung des Lernens, der Lernfähigkeit, der allgemeinen Bildungsqualität
[...]Untersuchungen zeigen, dass das Heranführen Lernender an künstlerische Prozesse und die Einbindung von Elementen aus ihrer eigenen Kultur in jedem Einzelnen Sinn für Kreativität und Initiative, eine fruchtbare Vorstellungskraft, emotionale Intelligenz und moralische Leitlinien ebenso fördert, wie die Fähigkeit zu kritischer Reflexion, Selbständigkeit, Gedanken- und Handlungsfreiheit. [1][...]
[4] Sven Scherz-Schade, Artikel „ Was ist kulturelle Bildung “ ; bpb [5] Karl Emert, Artikel „ Was ist kulturelle Bildung “ ; bpb
[1] Leitfaden für kulturelle Bildung (Road Map for Arts Education) UNESCO-Weltkonferenz für kulturelle Bildung, März 2006
- kulturelle Teilhabe
[...]Die Sicherung von qualitativ hochwertigen Lernchancen für Alle ist eine der wichtigsten Prioritäten der internationalen Gemeinschaft.[6][...]
- Persönlichkeitsentwicklung
[...]Kulturelle Bildung muss als Grundlage einer ausgewogenen kognitiven, emotionalen,ästhetischen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen begriffen werden, so die Seoul-Agenda. [7][...]
- Erwerb von Schlüsselkompetenzen für zukünftige erfolgreiche Arbeitsbiographien
Wie in der Einleitung schon ersichtlich sind dies Begrifflichkeiten, die wir sowohl in der Aufzählung der „soft skills“ in Managermagazinen antreffen können, als auch in jedem Ratgeber zur Persönlichkeitsentwicklung. Selbständigkeit, Innovation, vernetztes Denken, Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Nachhaltigkeit, Sozialkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und immer wieder: der Sinn für Kreativität.
[...]Kulturelle Bildung ist zum Hoffnungsträger der Bildungsbemühungen geworden.
Kreativität ist höchst gefragte Schlüsselkompetenz mindestens in qualifizierteren Zusammenhängen der Arbeitswelt. Zugleich ist sie in Pädagogik und Didaktik von Schuleüber Berufsbildung bis Weiterbildung nur schwer zu vermitteln. In den Künsten und bei den Kulturschaffenden, d.h. bei Künstlern und Kulturvermittlern, wird Kreativität aber als selbstverständliche Grundkompetenz vorausgesetzt. Auf die Künste, auf Künstler und Kulturvermittler richtet sich vielfach die Hoffnung auch der Allgemein-, Berufs- und Weiterbildner. Durch den Einsatz künstlerischer Mittel und Methoden erhofft man sich Transferleistungen von Kreativität, Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit auch in Bildungsprozessen für alle möglichen Tätigkeitsbereiche. [5][...]
Da ich den Fokus auf die Vermittlung der zu erlangenden Schlüsselkompetenzen lege stellt sich trotz allem die Frage nach dem Wie? und
WAS IST KULTURELLE BILDUNG DENN NUN EIGENTLICH?
[6] Pressemitteilung; 26.5.2008 der Europäischen Arbeitstagung in Wildbad Kreuth bezugnehmend auf den UNESCO-Leitfaden zur kulturellen Bildung 2006
[7] Pressemitteilung; 28.5.2010 der Zweiten UNESCO-Weltkonferenz zur kulturellen Bildung in Seoul [5] Karl Emert, Artikel „ Was ist kulturelle Bildung “ ; bpb
2.2 Definition: Kultur
Kultur (zu Lateinisch cultura, „ Bearbeitung “ , „ Pflege “ , „ Ackerbau “ , von colere, „ wohnen “ , „ pflegen “ , „ den Acker bestellen “ ) ist im weitesten Sinne alles, was Mensch selbst gestaltend hervorbringt, im Unterschied zu der von ihm nicht geschaffenen und nicht veränderten Natur . Kulturleistungen sind alle formenden Umgestaltungen eines gegebenen Materials, wie in der Technik , der Bildenden Kunst , aber auch geistiger Gebilde wie etwa im Recht , in der Moral, der Religion , der Wirtschaft und der Wissenschaft.[8]
Kultur ist immer an eine Gruppe gebunden und somit identitätsbildend. Das kann eine Nation, eine Religionsgemeinschaft oder eine Jugendkultur sein. Eine gemeinsame Kultur vermittelt das Gefühl der Zugehörigkeit.
Wenn wir an die Kulturelle Bildung denken beschränken wir uns meist auf die „Schönen Künste“ wie z.B. Musik, Theater, Malerei, bildende Kunst und Dichtung. Wir gehen von einem bildungsbürgerlichen Begriff der Hochkultur aus und nicht wenige meinen, dass gerade der Zugang zu diesen Künsten maßgeblich für die gesellschaftliche Teilhabe sein.
[...]Mit Kultur im engeren Sinne werden die Künste und ihre Hervorbringungen bezeichnet: Bildende Kunst, Literatur, die darstellenden Künste (von Theater Tanz bis Film), Musik, die angewandten Künste wie Design und Architektur sowie die vielfältigen Kombinationsformen zwischen ihnen. Sie stellen aus der Kultur im weiteren Sinne die Teilmenge dar [5][...]
Angesichts der Zielsetzung, die durch das Wirken der Kulturellen Bildung erreicht werden soll, macht es Sinn diesen Begriff zu erweitern. Zum einen, um die jugendkulturellen Strömungen wie z.B. die Hip-Hop-Kultur, zum anderen um Tätigkeiten wie z.B. Kochen, Gärtnern oder gar Fußballspielen.
2.3 Definition: Bildung
[...]Bildung (von althochdeutsch bildunga ‚ Schöpfung ‘ ; ‚ Bildnis ‘ , ‚ Gestalt ‘ ) bezeichnet die Formung des Menschen im Hinblick auf sein „ Menschsein “ , seine geistigen Fähigkeiten.[...]
Der Begriff [...]lässt sich umschreiben als das reflektierte Verhältnis zu sich, zu anderen und zur Welt.
Der moderne dynamische und ganzheitliche Bildungsbegriff steht für den lebensbegleitenden Entwicklungsprozess des Menschen, bei dem er seine geistigen, kulturellen und lebenspraktischen Fähigkeiten und seine personalen und sozialen Kompetenzen erweitert.[9][...]
[8] Definition Kultur auf Wikipedia
[5] Karl Emert, Artikel „ Was ist kulturelle Bildung “ ; bpb [8] Definition Bildung auf Wikipedia [...]Bildung meint im Ergebnis einen Zustand, in dem der Mensch selbstverantwortlich fähig ist, sein Leben erfolgreich zu gestalten. Das betrifft die personale (Innen-)Perspektive ebenso wie die gesellschaftliche (Au ß en-) Perspektive. Dazu gehören Sachwissen, praktische Handlungskompetenzen, emotionale Kompetenzen und die Fähigkeit der Selbstreflexion, also Orientierungswissen. „ Gebildet sein “ ist imübrigen keine absolute, sondern eine relativ zu den lebensweltlichen Bezügen des Menschen zu bestimmende Gr öß e. Insoweit der Mensch, seine Lebenslagen und seine Bezugswelten sich im Laufe des Lebens verändern, ist Bildung nie abgeschlossen. Vielmehr sind Bildung und Lernen eine das gesamte Leben begleitende Aufgabe - und Chance. [5] [...]
Die definierte Zielsetzung der Kulturellen Bildung ist also im Begriff der Bildung schon angelegt und ist lediglich den Anforderungen der heutigen Zeit angepasst. „Kulturell“ weist auf das Medium hin, mit Hilfe dessen diese Ziele erreicht werden können. Die Verwirklichung dieses ganzheitlichen Bildungsbegriffes wurde, zeitgeschichtlich gesehen, vormals nur einer bestimmten Bevölkerungsschicht zugestanden und wird heute - angesichts der globalen und gesellschaftlichen Herauforderungen - auf die gesamte Gesellschaft übertragen.
Angesichts der zunehmenden Spaltung unserer Gesellschaft, nicht mehr in arm oder reich, oder oben und unten, sondern in gebildet und ungebildet wird die Not-wendigkeit und die Chance des Lernens durch Kulturelle Bildung ersichtlich, ist sie doch ein Grundrecht und soll ebenso gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit ermöglichen.
Im positivsten Sinne können wir sagen: Wir sind als Gemeinschaft an einem Punkt angelang, der es allen Menschen auf gleicher Augenhöhe ermöglicht, selbstverantwortlich und fähig, im Erfahren seines ganzen Potentiales, sich selbst verwirklichend, in eben diese Gemeinschaft einzubringen.
Abschließende eine Definition der Kulturellen Bildung von Karl Emert:
[...]Kulturelle Bildung (andere Bezeichnungen sind musische bzw. musisch kulturelle oder auchästhetische bzw.ästhetisch kulturelle Bildung) bezeichnet den Lern- und Auseinandersetzungsprozess des Menschen mit sich, seiner Umwelt und der Gesellschaft im Medium der Künste und ihrer Hervorbringungen. Im Ergebnis bedeutet kulturelle Bildung die Fähigkeit zur erfolgreichen Teilhabe an kulturbezogener Kommunikation mit positiven Folgen für die gesellschaftliche Teilhabe insgesamt.[5] [...]
Der Bildungsprozess im Hinblick auf das Menschsein, auch im, oder durch, das Spektrum der kulturellen Medien, ist also ein lebenslanger Prozess des Lernens. Kulturelle Bildung kann vor diesem Hintergrund eine Methode darstellen eben dieses Menschsein dauerhaft zu verwirklichen.
Schauen wir uns im Folgenden also an, was LERNEN ist.
[5] Karl Emert, Artikel „ Was ist kulturelle Bildung “ ; bpb
3. Was ist Lernen?
Definition: Lernen
[...]Unter Lernen versteht man den absichtlichen (intentionales Lernen) und den beiläufigen ( inzidentelles und implizites Lernen ), individuellen oder kollektiven Erwerb von geistigen, körperlichen, sozialen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Aus lernpsychologischer Sicht wird Lernen als ein Prozess der relativ stabilen Veränderung des Verhaltens , Denkens oder Fühlens aufgrund von Erfahrung oder neu gewonnenen Einsichten und des Verständnisses (verarbeiteter Wahrnehmung der Umwelt oder Bewusstwerdung eigener Regungen) aufgefasst.
Die Fähigkeit zu lernen ist für Mensch und Tier eine Grundvoraussetzung dafür, sich den Gegebenheiten des Lebens und der Umwelt anpassen zu können, darin sinnvoll zu agieren und sie gegebenenfalls im eigenen Interesse zu verändern. So ist für den Menschen die Fähigkeit zu lernen auch eine Voraussetzung für Bildung , also ein reflektiertes Verhältnis zu sich, zu den anderen und zur Welt.[...]
[...]Etymologisch ist das Wort „ lernen “ mit den Wörtern „ lehren “ und „ Liste “ verwandt. Es gehört zur Wortgruppe von „ leisten “ , das ursprünglich „ einer Spur nachgehen, nachspüren, schnüffeln “ bedeutet. Im Gotischen hei ß t lais „ ich wei ß“ , bzw. genauer „ ich habe nachgespürt “ und laists für „ Spur “ . Die indogermanische Wurzel *lais- bedeutet „ Spur, Bahn, Furche “ .[10][...]
Wir brauchen also die Fähigkeit des Lernens als Vorraussetzung für Bildung und somit auch als Vorraussetzung für Kulturelle Bildung und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Ein Ort, den viele von uns mit dem Lernen verbinden und ebenfalls ein Ort an dem Kulturelle Bildung ein fester Bestandteil des Lernprozesses sein soll, ist die Schule. Ich werde mich im folgenden auf diesen Ort beschränken mit dem Hinweis, dass alle genannten Prinzipien des Lernes natürlicherweise auch auf andere Orte übertragbar sind wie z.B. die Kita, ein Jugendzentrum, die Volkshochschule, die Familie oder die Straße.
Jeder Mensch, der mit einem Kind in Berührung kommt, ist ein Lehrer. Er erklärt die Welt unaufhörlich. Castaneda [11][...]
In allen Diskussionen an denen ich in den letzten Jahren zum Thema Schule teilhaben durfte gab es einen gemeinsamen Konsens: So, wie in den letzten Jahrzehnten dort gelernt und gelehrt wurde (und noch wird) dient weder einem erfolgreichen Lernprozess noch der freien Entfaltung und Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. Die Schule, so wie wir sie kennen ist in ihrer Form nicht mehr zeitgemäß. Veränderung muss her.
Es ist in der Tat fast ein Wunder, dass die modernen Methoden des Unterrichtens die heilige Neugier des Forschens noch nicht völlig erstickt haben. Denn diese zarte, kleine Pflanze bedarf, au ß er dem Ansporn, hauptsächlich der Freiheit. Ohne diese geht sie ohne Zweifel zugrunde." (Albert Einstein)[12]
[10] Definition Lernen auf Wikipedia
[11] Carlos Castaneda in: Reise nach Ixtlan; Quelle: Story Power von Vera F. Birkenbihl; S.20 [12] Albert Einstein; zitiert in dem Artikel „ Schulen der Zukunft “ ; SEIN;
Wir wissen mittlerweile, dass jeder Mensch seinen eigenen Lernrythmus hat, dass es unterschiedliche Lerntypen gibt und das Frontalunterricht gepaart mit „alle lernen zur selben Zeit das Gleiche“ nicht erfolgversprechend ist. Wir wissen, dass Zuckerbrot und Peitsche langfristig nicht motiviert sondern demotiviert und freudiges und Erfolg verprechendes Lernen der Motivation bedarf.
[...]Motivation wird immer noch vielfach missverstanden als etwas, dass man bewirken kann.
Ja, ok, das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche funktioniert. Doch spätestens seit R. Sprengers Buch “ Mythos Motivation ” , das Anfang der neunziger Jahre erschien, wissen wir, dass die fünf gro ß en “ B`s ” des Motivierens: Belobigen, Belohnen, Bestechen, Bedrohen und Bestrafen ” allenfalls Kurzzeiteffekte haben, schlussendlich aber in eine totale Demotivation münden.
Motivation ist etwas, dass aus dem Inneren eines Menschen kommt und nicht von au ß en. Es ist die von Innen kommende Bewegungsenergie, die etwas bewirkten will. Dr. Gerhard Huhn [13][...]
Nun ist es nicht so, dass es an alternativen Lernkonzepten mangeln würde.
3.1 Alternative Lernkonzepte - ein kleiner Ausflug Montessori
Die Montessoripädagogik ist ein, seit 1907 entwickeltes, Bildungskonzept welches das Kind und seine Eigen-art in dem Mittlerpunkt der Aufmerksamkeit der Lehrenden stellt. methodisch verwendet sie die Form des offenen Unterrichts und die Freiarbeit.
[...]Sie beruht auf dem Bild des Kindes als „ Baumeister seines Selbst “ ... Als Grundgedanke der Montessoripädagogik gilt die Aufforderung „ Hilf mir, es selbst zu tun “ .[14][...]
Der Dialog als demokratisches Grundprinzip - Paolo Freires 1970 erschien Paolo Freires Werk Pädagogik der Unterdrückten, welches die vorherrschende Unterrichtsmethode, die von der Annahme ausgeht, die Köpfe der Schüler seien etwas leeres und passives und müssten vom Lehrenden mit Wissen gefüllt werden - Inhalte, losgelöst von der Wirklichkeit des Erlebens, kritisierte. Er erhob den Dialog (auf gleicher Augenhöhe, also auf demokratischer Ebene) zwischen Schüler und Lehrer zum aktiven Mittel des Lernens, der in der kritischen Analyse und der Selbstreflektion die Möglichkeit bietet die Welt als Wirklichkeit im Prozess zu erfahren. [15]
[...]Für den Verlauf des Unterrichts sind die Beziehungen der Schülerinnen und Schüler zu ihren Lehrerinnen und Lehrern von grundlegender Bedeutung. Die besondere Funktion des Lehrers als Koordinator, Animator oder Arrangeur schulischer Interaktionsprozesse dürfte am deutlichsten beim gemeinsames Herangehen von Lehrern und Schülern an komplexe Themenstellungen sein. [16][...]
[13] Dr. Gerhard Huhn in seinem Blog Flow Doc - FLOW als Schlüssel zu Motivation, Lebensfreude und Kreativität
[14] Auszüge aus Wikipedia [15] frei nach Wikipedia
[16] Joachim Dabisch Dialog als grundlegendes Prinzip
Lernarchitektur
Das aktuelle Konzept der Lernarchitektur von Dr. A. Thiele weist ebenfalls dem Lehrenden die Rolle des Moderators von Wissen zu und setzt auf die Effektivität von Individualisierung und Differenzierung im Lernprozess. Es berücksichtigt ebenfalls das Fortschreiten der, den Schüler umgebenden, neuen Technologien sowie die aktuellen Erkenntnisse aus der Lehr -, Lern - und Hirnforschung.
[...]Konzeptionelle Grundlage eines Unterrichtsgestaltungs-ansatzes, der in einem besonderen Sinne das individuelle Lern- und In- formationsverarbeitungspotential jedes einzelnen Schülers in den Mittel-punkt des Lehr-Lerngeschehens zieht. Dabei eröffnet dieser Ansatz jedem Lerner, besonders auch begabten Individuen, einen gro ß en Handlungs- und Gestaltungsfreiraum. Diese Konzeption baut besonders auf die veränderte Funktion und Arbeitsweise der Lehrenden - Wissen moderieren und nicht vermitteln - um individualisierendes und differenzierendes Lehren und Lernen immer weiter zu optimieren. [17][...]
Es würde mehrerer Bücher bedürfen alle alternativen Lernansätze aufzuzählen. Sie sind also mannigfaltig vorhanden und weisen großartige Erfolge auf wie z.B. in dem Film „Treibhäuser“ auf das Eindrücklichste zu sehen ist.
Was all diesen Ansätzen gemein ist, ist eine veränderte Grundhaltung zum Lernenden. Eine Haltung, die diesen als gleichberechtigtes, wertvolles und individuelles Gegenüber begreift und den Lernenden in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit stellt.
Was allen gemein ist, ist die Position der Lehrenden, der mehr und mehr die Rolle des Wissensmoderators einnimmt und Raum schafft bzw. lässt für Aktion und die individuelle Aneignung von Wissen und Fähigkeiten - und was all diesen Konzepten und Methoden gemein ist, ist, dass die Menschen, die sich diesen Formen des Lernens widmen sich immer einen Schritt in Neu-land begeben und die gewohnte Sicherheit der Wissensvermittlung in konventionellen Schulen verlassen.
Anhand dieses Wissendstandes stellt sich die Frage, aus welchem Grund noch nicht alle Schulen im Sinne dieser Erkenntnisse lehren und die Universitäten gar auf ein System umstellen, welches sich diametral zu diesem Wissensstand behaupten soll. Eine Frage, deren Beantwortung eher eine politische sein wird.
Die Frage, die wir uns hier stellen und der wir nachgehen können, ist: Welche
Auswirkungen auf die Methoden des Lernens haben die modernen Erkenntnisse der Hirnforschung?
[...]Wenn man die modernen Erkenntnisse der Hirnforschung zusammenfasst, kommt man zu einer ganz katastrophalen Schlussfolgerung für das gegenwärtige Schulsystem. Und diese Schlussfolgerung hei ß t: Es war eine falsche Vorstellung, die wir hatten, als wir dachten, man könne Kinder, man könne andere Menschen unterrichten (Prof. Dr. Dr. Gerald Hüther )[12][...]
[12] Neurobiologe an der Universität Heidelberg; zitiert in dem Artikel „ Schulen der Zukunft “ ; SEIN; [17] Ankündigung icbf zum Vortrag: Lernarchitekturen gestalten, Dr. Angela Thiele, nach ihrem gleichnamingen Buch
- Citar trabajo
- Tanja Ries (Autor), 2011, Coaching als Grundhaltung in der Kulturellen Bildung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172465
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