Woran denkt man zunächst beim Begriff Präsidentialismus bzw. wenn ein politisches System als präsidentiell bezeichnet wird? Für Europa drängen sich aus deutscher Sicht womöglich die öffentlich oft sehr präsenten französischen Präsidenten ins Bewusstsein. Zumeist wird bei dem Begriff aber sicherlich vor allem an das politische System der USA und den „amerikanischen“ Präsidenten gedacht. Gerade mit Letzterem verbinden viele Menschen zudem die Vorstellung großer Macht einer einzelnen Person als Staatsoberhaupt und Regierungschef, wie es unter anderem im regelmäßig bemühten Bild des „mächtigsten Mannes der Welt“ zum Ausdruck kommt. Dabei unterliegen Präsidenten häufig ebenfalls einem Zwang zur Kooperation mit dem Parlament und anderen politischen Institutionen genau wie Regierungschefs in parlamentarischen Regierungssystemen. Dies gilt auf Grund der Gewaltenverschränkung im Sinne von checks and balance auch für die Präsidenten der Vereinigten Staaten (vgl. Shell 2008: 138f.).
Aus dem Blickfeld gerät bei der Fokussierung auf die angeblich starken Präsidenten solch bedeutender Länder wie Frankreich und der USA jedoch, dass im Weltstaatensystem noch eine Menge weiterer präsidentieller Staaten existieren und zwar gerade auch in Mittel- und Südamerika. Für den lateinamerikanischen Präsidentialismus gilt dabei ebenso, dass viele Präsidenten zwar große formelle Macht besitzen, ihre faktische Stellung allerdings meist schwächer ist als angenommen. So kommt beispielweise Nikolaus Werz zu der Einschätzung, dass die lateinamerikanischen „Präsidenten im Allgemeinen gar nicht so stark sind, wie die Verfassungen und auch ihr eigenes Auftreten suggerieren“ (Werz 2008: 278). Das bekannteste Beispiel für solch eine nur scheinbar starke Stellung gibt aktuell wohl Hugo Chavez ab, der seit 1999 als Präsident in Venezuela regiert und nach den Wahlen im September 2010 nun das erste Mal auf Kompromisse mit den Oppositionsparteien angewiesen ist, um im Parlament die notwendige 60-Prozent-Mehrheit für wichtige Gesetze und Postenbesetzungen erreichen zu können (vgl. Knecht 2010: 11). Parlamente und Parteien können demnach auch in den präsidentiellen Regierungssystemen Lateinamerikas eine bedeutende Rolle spielen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Vorüberlegungen
- Das Messen von Macht mit Hilfe des Vetospieler-Ansatzes
- Präsidentialismus und seine Merkmale in Lateinamerika
- Die Macht des Präsidenten in Uruguay
- Das politische System Uruguays
- Verfassung
- Präsident und Parlament als institutionelle Vetospieler
- Parteien- und Wahlsystem, potentielle Vetospieler
- Zeitraum I: Die Präsidentschaften von 1985 bis 2000
- Sanguinetti (1985-1990)
- Lacalle (1990-1995)
- Sanguinettis zweite Amtszeit (1995-2000)
- Zeitraum II: Die Präsidentschaften von 2000 bis 2010
- Battle (2000-2005)
- Vázquez (2005-2010)
- Das politische System Uruguays
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Machtstellung des uruguayischen Präsidenten in den letzten Jahrzehnten. Sie beleuchtet dabei die Entwicklung der präsidentiellen Macht im Kontext des politischen Systems Uruguays und analysiert die Veränderungen in den verschiedenen Zeiträumen seit dem Ende der Militärdiktatur 1985.
- Entwicklung der Machtstellung des Präsidenten in Uruguay
- Einfluss des politischen Systems und der Institutionen auf die präsidentielle Macht
- Rolle von Parteien und Wahlsystem im Kontext der präsidentiellen Macht
- Veränderungen der präsidentiellen Macht in verschiedenen Zeiträumen
- Analyse der Präsidentschaften seit 1985
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der präsidentiellen Macht in Uruguay ein und stellt die Ausgangsfrage der Hausarbeit dar. Die theoretischen Vorüberlegungen erläutern den Vetospieler-Ansatz als Instrument zur Analyse der Macht von politischen Akteuren und beleuchten die Besonderheiten des Präsidentialismus in Lateinamerika. Das dritte Kapitel analysiert das politische System Uruguays und untersucht die Machtstellung des Präsidenten in den Zeiträumen von 1985 bis 2000 und von 2000 bis 2010. Die Hausarbeit endet mit einer Schlussbetrachtung, die die Ergebnisse der Untersuchung zusammenfasst und die Ausgangsfrage beantwortet.
Schlüsselwörter
Präsidentialismus, Uruguay, Macht, Vetospieler-Ansatz, politische Institutionen, Parteien, Wahlsystem, Präsidentschaften, Militärdiktatur, politische Entwicklung, Lateinamerika.
- Citation du texte
- Benjamin Triebe (Auteur), 2011, Die Macht des Präsidenten in Uruguay, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172236
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