Der Minderheitenschutz ist zu einem der bedeutensten und zugleich umstrittensten Anliegen der
internationalen Staatengemeinschaft geworden. Der Ausbruch zahlreicher ethnischer Konflikte
hat den Verantwortlichen in Staaten und internationalen Organisationen bewusst gemacht, dass
der rechtliche Schutz ethnischer Gruppen unzureichend ist.
Vor allem die Osteuropäischen Staaten sind sich der destabilisierenden Wirkung von
Minderheitenkonflikten bewusst und haben erkannt, dass Minderheitenschutz ein wichtiger
Beitrag zur Friedenssicherung ist, nicht zuletzt durch die traurigen Geschehnisse auf dem
Balkan.
Allgemein gültige Antworten und Lösungen bezüglich der Minderheitenproblematik sind bisher
nicht gefunden. Dazu sind die Probleme, die in den Staaten auftreten oft zu unterschiedlich.
Trotzdem können Staaten, die einen aktiven Minderheitenschutz betreiben, ein Vorbild für den
Minderheitenschutz in anderen Staaten sein.
In Ungarn hat der Minderheitenschutz traditionell eine große Bedeutung. Daher soll diese Arbeit
eine Untersuchung des Minderheitenschutzes in Ungarn sein. Der besondere Schwerpunkt wird
dabei auf der am stärksten vertretenen Minderheit, den Roma, liegen. Da Ungarns
Minderheitenschutz seine rechtlichen Verbindlichkeiten aus dem universalen Völkerrecht erfüllt
und auch den meisten der wenigen rechtlichen verbindlichen Dokumente auf europäischer
Ebene in diesem Bereich beigetreten ist, soll nur auf die innerstaatliche Situation eingegangen
werden. Hinzu kommt, dass eine zusätzliche Betrachtung des ungarischen Minderheitenschutzes
vor dem Hintergrund des Europa- und Völkerrechts den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Minderheitenschutz in Ungarn
A. Einleitung
B. Hauptteil
I. Notwendigkeit einer Privilegierung - welche Ansichten gibt es?
II. Die historische Entwicklung / Hintergrund des Minderheitenschutzes
III. Situation der Minderheit Roma in der Geschichte und heute
IV. Minderheitenbegriff
V. Verfassung
VI. Einfachgesetzliche Regelungen (Minderheitengesetz)
VII. Politische Vertretung der Minderheiten
1. Minderheitenparteien
2. Parlamentarische Ausschüsse, Ombudsleute
3. Parlamentarische Vertretung und Wahrnehmung der Minderheiteninteressen auf Ministerialebene – bzw. Regierungsebene
4. Autonomie / Selbstverwaltung
a) Kommunale Ebene
b) Landesebene
c) Bewertung
VIII. Sprachgebrauch
IX. Bildungswesen
1. Kindergarten
2. Grund- und Oberschule
3. Bewertung
C. Fazit
Anlage Bevölkerungsstatistik
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Einleitung
Der Minderheitenschutz ist zu einem der bedeutensten und zugleich umstrittensten Anliegen der internationalen Staatengemeinschaft geworden. Der Ausbruch zahlreicher ethnischer Konflikte hat den Verantwortlichen in Staaten und internationalen Organisationen bewusst gemacht, dass der rechtliche Schutz ethnischer Gruppen unzureichend ist.
Vor allem die Osteuropäischen Staaten sind sich der destabilisierenden Wirkung von Minderheitenkonflikten bewusst und haben erkannt, dass Minderheitenschutz ein wichtiger Beitrag zur Friedenssicherung ist, nicht zuletzt durch die traurigen Geschehnisse auf dem Balkan.
Allgemein gültige Antworten und Lösungen bezüglich der Minderheitenproblematik sind bisher nicht gefunden. Dazu sind die Probleme, die in den Staaten auftreten oft zu unterschiedlich. Trotzdem können Staaten, die einen aktiven Minderheitenschutz betreiben, ein Vorbild für den Minderheitenschutz in anderen Staaten sein.
In Ungarn hat der Minderheitenschutz traditionell eine große Bedeutung. Daher soll diese Arbeit eine Untersuchung des Minderheitenschutzes in Ungarn sein. Der besondere Schwerpunkt wird dabei auf der am stärksten vertretenen Minderheit, den Roma, liegen. Da Ungarns Minderheitenschutz seine rechtlichen Verbindlichkeiten aus dem universalen Völkerrecht erfüllt und auch den meisten der wenigen rechtlichen verbindlichen Dokumente auf europäischer Ebene in diesem Bereich beigetreten ist, soll nur auf die innerstaatliche Situation eingegangen werden. Hinzu kommt, dass eine zusätzliche Betrachtung des ungarischen Minderheitenschutzes vor dem Hintergrund des Europa- und Völkerrechts den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.
B. Hauptteil
I. Notwendigkeit einer Privilegierung - welche Ansichten gibt es?
Wie sind Minderheitenkonflikte zu lösen? Ist es notwendig, die Minderheit zu privilegieren? Dieses möglicherweise in Form einer positiven Diskriminierung, oder steht dann am Ende eine sprachliche Segregation, so dass es ratsam ist, auf eine Integration der Minderheiten hinzuarbeiten.
Es gilt, dass Demokratie die Herrschaft des Volkes ist, das Volk ist Träger der Staatsgewalt[1]. Minderheiten gelten nach h.M. als Teil eines Staatsvolkes[2], daher steht ihnen in demokratischen Staaten auch die Möglichkeit zu, an der Herrschaft des Volkes, an den politischen Entscheidungen mitzuwirken.
Nach einer Ansicht erscheint eine hinreichende Beteiligung möglich, wenn den Minderheiten alle Rechte eingeräumt werden, die auch der Mehrheit zustehen (Gleichbehandlungsgebot). Jedoch können durch dieses Gleichheitsgebot nie die Interessen der ethnischen Gruppen durchgesetzt werden, da Demokratie die Gefahr der “Diktatur der Mehrheit“ in sich birgt[3]. Ethnische Gruppen können nie gegen den Willen der Mehrheit ihre Interessen durchsetzen, da nationale und ethnische Minderheiten „strukturelle Minderheiten“ sind, also im Gegensatz zu politischen Minderheiten nie die Möglichkeit haben, eines Tages selbst die Mehrheit zu sein[4].
Daher sind positiv diskriminierende Maßnahmen und Regelungen erforderlich, um den Minderheiten in den Bereichen, die sie betreffen, eine Möglichkeit zur Mitwirkung einzuräumen.
II. Die historische Entwicklung / Hintergrund des Minderheitenschutzes
Die Situation zwischen Ungarn und seinen Minderheiten, insbesondere den Roma, lässt sich nur vor dem geschichtlichen Hintergrund verstehen. Aus diesem Grund muss ein geschichtlicher Abriss erfolgen:
Der im 13. Jahrhundert erfolgte Tatarensturm und die im 15. Jahrhundert beginnenden Türkenkriege, die eine 150-jährige Besetzung von weiten Teilen Ungarns zur Folge hatte, führten
zu einem Rückgang der Bevölkerungszahl.
Um diesen Verlust auszugleichen, wurden durch staatliche Programme Siedler angeworben[5]. Daneben kamen verschiedene Volksgruppen nach Ungarn, die auf der Flucht waren[6]. Dies führte dazu, dass sich zwar die Einwohnerzahl zwischen 1720 und 1787 verdreifachte, von ca. 2.5 Mio. auf knapp 8 Mio., jedoch übertraf nun die Gesamtzahl der nicht ungarischstämmigen Bevölkerung die Zahl der ungarischstämmigen[7].
Diese Entwicklung weckte in dem ungarischen Teil der Bevölkerung die Angst, von den „Fremden“ verdrängt zu werden[8].
Zwar nahm der Bevölkerungsteil der ungarischen Staatsnation, aufgrund eines natürlichen, teils mit obrigkeitlichen Mitteln geförderten Assimilierungsprozesses der Minderheiten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasch zu, jedoch hat er die 50 % Grenze im Gesamtstaat nie erreicht. Nur im „engeren“ Ungarn wurde diese Grenze während der Volkszählung von 1910 erstmals überschritten[9].
Ungarn war somit vor dem 1. Weltkrieg ein klassischer Vielvölkerstaat.
[...]
[1] Degenhart, Christoph: Staatsrecht I , Rn. 6
[2] vgl. Katz, Staatsrecht, Rn. 57.
[3] Blumewitz, Volksgruppen und Minderheiten, S. 43.
[4] Berger, Politische Vertretung nationaler und ethnischer Minderheiten in Osteuropa In: Osteuropa Recht Mai 2001, S. 37.
[5] Vgl. Küpper, Das neue Minderheitenrecht in Ungarn, S. 60
[6] Berger, Minderheitenschutz in Ungarn, S. 7.
[7] Berger, Minderheitenschutz in Ungarn, S. 7.
[8] Berger, , Minderheitenschutz in Ungarn, S. 8.
[9] Brunner/Tontsch, Minderheitenschutz in Ungarn und Rumänien, S.13ff.
- Quote paper
- Julia Schmidt (Author), 2002, Minderheitenschutz in Ungarn - die Situation der Roma, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17158
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