Eine kurze, sprachlich gewandte Charakterisierung von Severin von St. Emmeram für das Fach Deutsch auf drei Seiten.
Umberto Eco - Der Name der Rose
Charakterisierung: Severin von St. Emmeram
In dem Roman „Der Name der Rose“ von Umberto Eco erscheint unter anderem der Charakter des Benediktinermönchs Severin von St. Emmeram, der „Bruder Botanikus“ der Abtei. Severin ist etwa in William von Baskervilles Alter und von kräftiger Gestalt. Sein Nachname lässt auf das heutige Deutschland als Herkunftsland schließen: St. Emmeram ist der Name eines Klosters im bayerischen Regensburg. Er ist das mittelalterliche Pendant zu dem, was man heute als Wissenschaftler bezeichnen würde, und leitet mehrere Bereiche des Klosters. Hauptsächlich leistet er William und Adson tatkräftige Unterstützung bei der Aufklärung der Mordfälle, jedoch wird er gegen Ende des Romans selbst zum Opfer.
Severin von St. Emmeram ist derjenige, der William und dessen Adlatus Adson anbietet, sie auf dem Gelände der Abtei herumzuführen und ihnen alles zu zeigen. Er ist ein höflicher, zuvorkommender und freundlicher Mann, der sich ganz der Wissenschaft verschrieben hat, gleichzeitig aber auch ein gläubiger Mönch ist (z.B. „Gott sei uns allen gnädig!“, S. 354). Durch seine Äußerungen und sein Verhalten lässt sich feststellen, dass er ein recht neutrales Verhältnis zu den anderen Mönchen hat. So werden weder irgendwelche Freunde oder bevorzugte Personen erwähnt, noch Menschen, mit denen er nicht gut zurechtkommt. Da Severin jedoch die meiste Zeit im sogenannten „Laboratorium“ verbringt (vgl. S.97) und dort wohl nur selten mit seinen Mitbrüdern in Kontakt kommt, mag das nicht weiter verwunderlich erscheinen.
Severin sagt über sich selbst, ihm unterstehe die „Pflege der Bäder, des Hospitals und der Gärten“ (S. 93), was erst einmal nicht sehr spektakulär klingt. Dabei ist er ein wahres Multitalent:
Im Laufe der Geschichte erweist er sich als sehr gebildeter Mann, ist gleichzeitig Kräuterkundiger, Biologe, Chemiker, Pathologe, Mediziner und Apotheker in einer Person. Außerdem obliegt ihm die Aufsicht über das Badehaus. Severin besitzt ein sehr umfangreiches Wissen über alle damals bekannten Pflanzen und deren Wirkung, sowohl die heilsame, für Mensch und Tier nützliche, als auch deren schädliche. Anfangs beschleicht William der Verdacht, Severin könnte etwas mit den Morden zu tun haben, da er so viel über Gifte weiß, wie William bewundernd feststellt. Im Laufe des Buches reagiert Severin jedes Mal mit Unmut auf Williams Fragen diesbezüglich und weicht Ihnen bestmöglich aus („Severins Gesicht und sein ganzes Verhalten drückten den lebhaften Wunsch aus, dieses Thema umgehen zu können“, S.147), wohingegen er gerne jede Gelegenheit zu einer Unterhaltung auf seinem Fachgebiet ergreift. Da wir wissen, dass er nichts mit den Morden zu tun hat, lässt sich daran erkennen, dass Severin (von lateinisch „der Strenge“) ein rechtschaffener Mann ist, der seine Fähigkeiten nur zum Wohle der Menschen einsetzt (vgl. S.350) und jeglichen Missbrauch derselben strikt ablehnt.
Daher ist er mit diesen Dingen auch sehr vorsichtig, er verhält sich verantwortungsvoll und pflichtbewusst, besonders im Umgang mit Giften und schädlichen Substanzen, sowohl was den physischen Umgang betrifft (er trägt „weiche Lederhandschuhe“, vgl. S.477), als auch das Wissen und die Aufbewahrung („ich hüte die gefährlichen Kräuter sehr sorgfältig“, S.97). Einmal sogar, so erzählt er, als seine Reagenziensammlung durch einen Sturm verwüstet wurde, machte er seinen Novizen in seiner Wut dafür verantwortlich.
Dabei ist er die meiste Zeit kein Mann, der sich leicht aus der Fassung bringen lässt. Im Gegenteil, er ist die Ruhe selbst, bleibt sachlich und zeigt seiner Umgebung nicht allzu oft, was in ihm vorgeht.
Einer der wenigen Augenblicke, in denen wir etwas über sein Innerstes erfahren, ist - abgesehen von der zunehmenden Furcht bei jedem weiteren Mord und dem ängstlichen Verhalten kurz vor seinem Tod (vgl. S.463) – der Tag, an dem er an der Trüffelsuche teilnimmt: „mit munteren Gesten und fröhlichen Rufen“ versammelt er „die Schweinehirten und einige ihrer Tiere“ (S.382). Damit zeigt er dem Leser außerdem eine andere Seite von sich: Er kann sich an der Natur auch erfreuen und Vergnügen empfinden, anstatt sie wie sonst nur mit Ernsthaftigkeit zu studieren.
Doch der Benediktiner Severin ist nicht nur ein begabter Naturforscher, sondern beweist auch bei der Inspektion der Toten seine Kompetenz. Anscheinend hat er in seinem Leben schon viel Erfahrung gesammelt. Das wird an einer Stelle deutlich: „;Hast du schon mal einen Ertrunkenen gesehen?', fragte William. ,Schon viele', sagte Severin.“ (S.142). Er beweist eine gute Beobachtungsgabe, z.B. als er die schwarzen Flecken an den Fingern der Toten bemerkt (vgl. S. 347), und macht sichere Feststellungen über die Todesursachen der Opfer („Tod durch Ertrinken […] daran besteht kein Zweifel“, S.345).
Seine Fähigkeiten beruhen jedoch fast nur auf eigener Erfahrung, ihm fehlt scheinbar die Gabe, sich neues Wissen durch Schlussfolgerungen anzueignen . Denn an einer Stelle wird gesagt: „Severin, der gewiß kein guter Logiker war, räsonierte indessen gemäß seiner eigenen Erfahrung“ (S.349).
Schließlich aber wird auch Severin Opfer von Jorge von Burgos, der ihn jedoch nicht selbst ermordet. Stattdessen füttert jener den Mitbruder Malachias geschickt mit falschen Tatsachen über Severin und das Buch, so dass dieser Severin „rasend vor Eifersucht“ (S.610) erschlägt und Jorge das Buch zurückbringt.
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- Quote paper
- André Schmitz (Author), 2010, Umberto Eco - Der Name der Rose: Charakterisierung Severin von St. Emmeram, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171317
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