Es gibt in Deutschland weder eine allgemein akzeptierte Theorie des Rechtsextremismus noch eine eigenständige Rechtsextremismusforschung. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Themenfeld ist mit Ausnahmen der Fachhochschule Düsseldorf und der Forschungsstelle Rechtsextremismus der Universität Greifswald in Deutschland akademisch nicht institutionalisiert. Dennoch füllen Publikationen zum Thema ganze Bibliotheken. Ursache dafür ist die Tatsache, dass der Forschungsgegenstand Autoren unterschiedlicher Disziplinen, besonders jedoch der Politikwissenschaft, Soziologie, Zeitgeschichte und Pädagogik immer wieder neu inspiriert hat. Dieses Buch dient der Systematisierung des Forschungsstandes. Es soll Übersicht in die schiere Unübersichtlichkeit bringen und somit besonders interessierten Studenten oder Nicht-Experten mit dem wissenschaftlichen Wissen zum Rechtsextremismus vertraut machen. Dabei wird der Forschungsstand bis zum Frühjahr 2011 aufgearbeitet. Die Fülle des Materials verbietet jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit der Literatur. Ziel der Arbeit ist es, eine Orientierung in die geläufigen Forschungsrichtungen und eine Übersicht über zentrale Erkenntnisse zu vermitteln.
Das Buch schließt mit zusammenfassenden Thesen zum Forschungsstand sowie Hinweisen auf Forschungslücken.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Definitionen
III. Geschichte der wissenschaftlichen Arbeiten
IV. Wissenschaftliche Zugänge
IV.1 Politikwissenschaftlicher Zugang
IV.2 Soziologische Zugänge
IV.3 Juristische und kriminologische Zugänge
IV.4 Psychologische Zugänge
IV.5 Gender orientierte Ansätze
IV.6 Pädagogische Zugänge
V. Zusammenfassende Thesen
VI. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Es gibt in Deutschland weder eine allgemein akzeptierte Theorie des Rechtsextremismus noch eine eigenständige Rechtsextremismusforschung[1], beklagt Stöss.[2] Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Themenfeld ist mit Ausnahmen der Fachhochschule Düsseldorf und der Forschungsstelle Rechtsextremismus der Universität Greifswald in Deutschland akademisch nicht institutionalisiert. Dennoch füllen Publikationen zum Thema ganze Bibliotheken.[3] Ursache dafür ist die Tatsache, dass der Forschungsgegenstand Autoren unterschiedlicher Disziplinen, besonders jedoch der Politikwissenschaft, Soziologie, Zeitgeschichte und Pädagogik immer wieder neu inspiriert hat. Dieses Buch dient der Systematisierung des Forschungsstandes. Es soll Übersicht in die schiere Unübersichtlichkeit bringen und somit besonders interessierten Studenten oder Nicht-Experten mit dem wissenschaftlichen Wissen zum Rechtsextremismus vertraut machen. Dabei wird der Forschungsstand bis zum Frühjahr 2011 aufgearbeitet. Die Fülle des Materials verbietet jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit der Literatur. Ziel der Arbeit ist es, eine Orientierung in die geläufigen Forschungsrichtungen und eine Übersicht über zentrale Erkenntnisse zu vermitteln. Einschränkend sei auch erwähnt, dass internationale Literatur zwar Erwähnung findet; der deutsche Forschungsstand jedoch vorrangig in den Blick genommen wird.
Das Buch beginnt nach einer Einführung in zentrale Definitionsversuche mit einem Überblick zur Geschichte der Forschungen zum Rechtsextremismus. Dem schließt sich eine Darstellung bestehender Ansätze und Ergebnisse sowohl der ost- als auch der westdeutschen bzw. ab 1989 der gesamtdeutschen Forschung an, die anschließend thesenartig zusammengefasst werden. Dieses Kernkapitel ist in sich unterteilt in verschiedene Zugänge der Forschungen. So werden sowohl verschiedene Richtungen der Politikwissenschaft wie auch der Soziologie, Pädagogik, Soziologie, Genderforschung wie der Kriminologie behandelt.
II. Definitionen
Die Forschungen zum Rechtsextremismus sind nicht nur in sich pluralistisch, sondern basieren auch auf sehr verschiedenen Grundverständnissen von dem, was Rechtsextremismus sei. Das erschwert häufig den Vergleich von Forschungsergebnissen und irritiert besonders den Nicht-Experten. Dieses Kapitel soll deshalb einerseits verschiedene Verständnisweisen dessen, was unter Rechtsextremismus verstanden wird, darstellen und andererseits auch das Verständnis des Autors darstellen, da nur so folgende Kommentierungen und Einordnungen von wissenschaftlichen Erkenntnissen deutlich werden können.
Rechtsextremismus
Es gibt in der deutschen Forschungslandschaft keine allgemein akzeptierte Definition des Rechtsextremismus.[4] Vielmehr stehen sich verschiedene Ansätze z. T. konträr und unvereinbar gegenüber. Armin Pfahl-Traughber artikuliert die daraus resultierenden Probleme deutlich:
„Die inflationäre Verwendung des Begriffs Rechtsextremismus bildet nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Politikwissenschaft einen eigentümlichen Kontrast zu seiner mangelnden theoretischen Reflektiertheit. Allgemein herrscht eine Begriffskonfusion vor, die noch durch die Verwendung anderer Bezeichnungen erhöht wird.“[5]
Ihm assistiert Butterwegge, der sogar meint,
„über kaum ein gesellschaftliches Problem gibt es ähnlich viele, sich meist eklatant widersprechende Theorien bzw. Theorieversatzstücke wie über den Rechtsextremismus.“[6]
Somit ist an dieser Stelle eine Entwicklung und exakte Darstellung der verwandten Begriffe genauso unumgänglich, wie eine Abgrenzung zu alternativen Begriffsoptionen bzw. Verwendungs- und Verständnisformen.
Ein weit verbreitetes Verständnis des Rechtsextremismus geht von der sogenannten Extremismusforschung aus. In dem Band „Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland“ unternehmen die Autoren Jesse und Backes den Versuch, einen eigenen Zweig der Politikwissenschaft, nämlich eine „Extremismusforschung“[7] zu etablieren. Sie gehören zu den prominentesten Köpfen einer bedeutenden Forschungsrichtung zu allen Fragen des Rechtsextremismus. Zwar sehen sich beide Autoren in der Rolle von „Stiefkindern“[8] der Politikwissenschaft; das eigene Jahrbuch,[9] eine Schriftenreihe,[10] eine universitäre und universitätsnahe Anbindung,[11] zahlreiche Schüler[12] und Dissertationen im Umfeld zeugen jedoch von der Bedeutung dieser Richtung. Besonders aber liegt der Arbeit der Staatschutz- und Verfassungsschutzämter die Extremismustheorie zu Grunde, woraus sie weitgehende Deutungshoheit im öffentlichen Diskurs gewinnt. Was ist somit unter Extremismus bzw. Rechtsextremismus zu verstehen?
Extremismus ist nach Ansicht der Extremismusforschung der „Gegenbegriff zum demokratischen Verfassungsstaat“[13] und damit ein Oberbegriff für die Phänomene Rechts- und Linksextremismus, Terrorismus sowie einen „politisch-religiös ausgerichteten Fundamentalismus“[14]. Extremistisch seien jene Bestrebungen, die in Opposition zum demokratischen Verfassungsstaat stehen. Jesse schreibt über den demokratischen Verfassungsstaat:
„Er fußt auf zwei Bestandteilen, der demokratischen und der konstitutionellen Komponente. Mit der demokratischen sind die Anerkennung des Prinzips der Volkssouveränität und das Ethos fundamentaler Menschengleichheit gemeint. Die konstitutionelle stellt insbesondere auf die Geltung des Rechtsstaatsprinzips ab.“[15]
Extremistische Bestrebungen lehnten nach Jesse mindestens eines der beiden Elemente ab.[16] Es handelt sich in diesem Verständnis zunächst um eine negativ ausgerichtete Definition, die alleine auf der Ablehnung eines Verfassungs- und Gesellschaftssystems beruht. Backes und Jesse gehen wie ihr Schüler Kailitz jedoch darüber hinaus und formulieren gemeinsame Wesenskerne der Extremisten. Zu diesen gehören nach Kailitz:
- Der Glaube „an die Möglichkeit einer homogenen Gesellschaft, in der eine Interessenidentität zwischen Regierenden und Regierten besteht.“[17]
- Antipluralistische Einstellungen.
- Der Glaube, im Besitz absoluter Wahrheiten zu sein.
- Die Einteilung der Menschen in Gut und Böse.
- Der Glaube, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten.
- Neigung zu Dogmatismus und Verschwörungstheorien.
- Neigung zu Fanatismus und manchmal auch zu Gewalttätigkeit.[18]
Jesse ergänzt diese Aufzählung noch um die „Missionsbereitschaft“[19] der Extremisten. Nach diesem Verständnis verfügten Rechts- wie Linksextremisten über gemeinsame Wesenskerne und lehnten gemeinsam den demokratischen Verfassungsstaat ab. Es handelt sich somit um eine vor allem staatswissenschaftlich hergeleitete Verständnisweise. Die Unterscheidung in die rechte wie linke Variante des Extremismus erfolgt dabei in der Beschreibung der jeweiligen Ziele der Akteure, die sich z. T. unterschieden.[20] Backes verdeutlicht diese Definition bildlich an dem Modell eines Hufeisens. An dessen linkem und rechtem Ende verortet er den „Rechts-bzw. „Linksextremismus.“[21] Kailitz interpretiert dieses Bild somit folgerichtig, wenn er ausführt:
„In diesem Modell berühren sich die Extreme von rechts und links nicht, auch wenn sie benachbart sind…“[22]
Backes und Jesse spitzen das Verhältnis der Extremisten zueinander noch zu. So heißt es bei ihnen:
„Rechts- und Linksextremisten brauchen mithin einander. Letztlich sind sie gar nicht daran interessiert, dass die andere Variante des Extremismus, die sie zu bekämpfen vorgeben, gänzlich von der Bildfläche verschwindet. Sie wollen vielmehr das hervorrufen, was sie so heftig attackieren. (…) Insofern besteht also eine merkwürdige Dialektik im Auftreten von Rechts- und Linksextremisten, die in gewisser Weise `Bundesgenossen` und - wenn auch unfreiwillig- `Bündnispartner` sind.“[23]
Dieser Begriff des Extremismus steht dabei in enger Beziehung zum Totalitarismus. Nach Jesse stellt der Extremismusbegriff „eine Anwendung des Totalitarismusbegriffs auf diejenigen antidemokratischen Kräfte dar, die innerhalb des demokratischen Verfassungsstaates wirken.“[24] Demnach wäre ein totalitäres Staats- oder Gesellschaftswesen das gemeinsame Ziel der Extremisten.
In der Forschungslandschaft wurde die Extremismusforschung wiederholt massiv kritisiert[25] und in Frage gestellt. Ein Kernpunkt der Kritik betrifft die deutlichen staatstheoretischen Bezüge. Besonders gesellschaftliche Aspekte wie z. B. die Verbreitung rechtsextremer Ideologiemomenten auch jenseits der definierten Ränder der Gesellschaft würden dadurch vernachlässigt und könnten nicht angemessen erfasst werden. Zusätzlich wird besonders die vermeintliche Gleichsetzung zwischen Links- und Rechtsextremismus verurteilt. Auf diesen Angriff reagieren die betroffenen Forscher zu Recht mit dem Hinweis, dass sie Unterschiede nicht leugnen. Dennoch erfolgt eine Inbezugnahme in Form der formulierten Gemeinsamkeiten.[26] In den Forschungsergebnissen zeigt sich dieses in z. T. etwas skurril anmutenden Bezugsetzungen. So vergleicht z. B. Everts zwei Parteien des vermeintlichen politischen Extremismus, nämlich PDS und Republikaner miteinander. Auf Seite 293 stellt die Autorin fest, dass es zwischen den beiden Parteien nur wenige Gemeinsamkeiten aber stattdessen sehr viele und erhebliche Differenzen gebe.[27] Der Vergleich bringt somit vor allem Unterschiede ans Licht. Das ist legitim und ehrt die Idee des Vergleichs. Aber warum werden die beiden Parteien dann doch wieder in einen engen Bezug gesetzt, wenn die Unterschiede erheblich größer sind als die Gemeinsamkeiten?
Butterwegge kritisiert weiterhin die vermeintlich klare Trennung zwischen den Demokraten sowie den Extremisten und verweist auf die weite Verbreitung von rechtsextremen Einstellungsmomenten wie Rassismus oder Antisemitismus durchaus auch bei Personen, die nicht am Rande der Gesellschaft anzusiedeln seien.[28] Das Modell sei somit zu statisch und zu sehr auf den Staat bezogen.
Bedauerlich ist an dieser Stelle auch die Form der Auseinandersetzung. Anstatt eine theoriebildende Diskussion voranzutreiben, ergeben sich viele Autoren in mehr oder weniger versteckte Polemik und verzichten auf eine tatsächliche inhaltliche und damit weiterführende Auseinandersetzung.[29]
Einen Brückenschlag zu anderen Verständnisweisen bietet Stöss an, indem er einen „amtlichen“, d. h. der Extremismusforschung zuzurechnenden, und einen politikwissenschaftlichen Begriff von Rechtsextremismus unterscheidet.[30] Letzteren versteht er als einen
„Sammelbegriff für verschiedenartige, gesellschaftliche Erscheinungsformen, die als rechtsgerichtet, undemokratisch und inhuman gelten.“[31]
Dabei unterscheidet er zwei Dimensionen des Rechtsextremismus, die miteinander gekoppelt seien, nämlich eine Ebene der Einstellungen und eine andere Ebene des Verhaltens. Zu den Einstellungen zählt er folgende Merkmale auf:
- Autoritarismus
- Nationalismus
- Fremdenfeindlichkeit
- Ethnisch
- Rassistisch
- Sozioökonomisch
- Antisemitismus
- Pro-Nazismus[32]
Zu den optionalen Verhaltensformen zählt Stöss:
- Wahlverhalten
- Mitgliedschaft
- Gewalt/ Terror
- Protest/ Provokation
Stöss konzentriert sich damit auf die Einstellungen und die daraus folgenden Verhaltensformen, die einen Rechtsextremisten kennzeichnen. Dabei hebt er vier inhaltliche Linien besonders hervor:
- „Im Rechtsextremismus verbinden sich in der Regel übersteigerter Nationalismus mit imperialistischem Großmachtsstreben oder zumindest mit einer feindseligen Haltung gegenüber anderen Staaten oder Völkern.“[33]
- „Rechtsextremismus negiert die universellen Freiheits- und Gleichheitsrechte des Menschen...“[34]
- „Rechtsextremismus richtet sich gegen parlamentarisch-pluralistische Systeme...“[35]
- „Gesellschaftliches Leitbild des Rechtsextremismus ist die angeblich der natürlichen Ordnung entsprechende Volksgemeinschaft. Volk und Staat verschmelzen zum Reich, dessen Einheit sich zumindest in einer völkischen bzw. rassistischen Ideologie und vielfach auch in einer Person (Führer) manifestiert.“[36]
Stöss verbindet somit positive, d.h. zielgerichtete Elemente mit den negativen Komponenten der Gegnerschaft zum bestehenden politischen System. Weiterhin verbindet er den Rechtsextremismusbegriff mit Einstellungs- und Verhaltensoptionen. Im Gegensatz zum klassischen Extremismusbegriff von Backes/ Jesse betont Stöss’ Verständnisweise somit auch die eigenen Ideologiemomente, die den Rechtsextremismus als eigenständiges Phänomen kennzeichnen.
Der frühe Heitmeyer zeigt ein noch radikaleres Verständnis vom Rechtsextremismus. So legt er das zentrale Gewicht seines „soziologischen“ Begriffs von Rechtsextremismus auf die Einstellungsebene.[37] Nach seinem Verständnis ist dann von einem rechtsextremistischen Orientierungsmuster zu sprechen, wenn
„die strukturell gewaltorientierte Ideologie der Ungleichheit verbunden wird zumindest mit der Akzeptanz von Gewalt als Handlungsform.“[38]
Problematisch an diesem Verständnis ist der zu allgemeine Charakter der Definition, schließlich ist die Ideologie der Ungleichwertigkeit der Menschen auch bei Sekten. Linksextremisten, Islamisten und anderen Gruppen zu finden. Positiv ist jedoch bei Heitmeyer die Betonung der Einstellungsebene, da diese das statische Bild eines Rechtsextremisten am Rande der Gesellschaft auflöst und die Andockungspunkte an weitere gesellschaftliche Milieus aufzeigt sowie eine Verbreitung einzelner Momente eines rechtsextremen Weltbildes auch bei Personen jenseits des rechtsextremen Spektrums ermöglicht.
Einen integrativen Ansatz bietet die Definition von Jaschke, der sich sowohl von Heitmeyer und Backes/ Jesse und damit der eingangs eingeführten Extremismusforschung zunächst absetzt, jedoch wesentliche Teilmomente erfolgreich aufnimmt und zusammenfügt. Rechtextremismus meint danach:
„...die Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen, organisiert oder nicht die von der rassisch oder ethnisch bedingten sozialen Ungleichheit der Menschen ausgehen, nach ethnischer Homogenität von Völkern verlangen und das Gleichheitsgebot der Menschenrechts-Deklarationen ablehnen, die den Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum betonen, von der Unterordnung des Bürgers unter die Staatsräson ausgehen und die den Wertepluralismus einer liberalen Demokratie ablehnen und Demokratisierung rückgängig machen wollen. Unter Rechtsextremismus verstehen wir insbesondere Zielsetzungen, die den Individualismus aufheben wollen zugunsten einer völkischen, kollektivistischen, ethnisch homogenen Gemeinschaft in einem starken Nationalstaat und in Verbindung damit den Multikulturalismus ablehnen und entschieden bekämpfen.“[39]
Der Kern dieses Begriffs von Rechtsextremismus ist somit die entsprechende, von Jaschke präzise beschriebene Ideologie mit ihrem Basisverständnis von der Ungleichwertigkeit der Menschen, die gegen das menschenrechtliche Prinzip der prinzipiellen Gleichbehandlung der Menschen bedingt durch deren Würde verstößt. Handlungsformen und Fragen der Organisation sowie Ästhetik finden zwar Berücksichtigung, werden aber offen und flexibel gehalten. Der hier verwandte Begriff geht damit über das enge Extremismusmodell hinaus.
Wenn allerdings Fragen der Organisation, Ästhetik und Gesellungsform offen und flexibel sind, sollten diese nicht in der Definition künstlich begrenzt werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, der Kern von Rechtsextremismus ist seine Ideologie und dabei die Vorstellung von der Ungleichwertigkeit der Menschen. Dieser Gedanke positioniert den Rechtsextremismus gegen die allgemeinen Menschenrechte, gegen die Ideen der französischen Revolution von 1789 und damit gegen den Überbau der westlichen Demokratien. Seine ästhetischen, strukturellen und kulturellen Ausformungen können dabei verschieden sein wie die daraus resultierenden Verhaltensformen, die sowohl Passivität wie Aktivität umfassen können. Eine solche Definition erarbeitet eine Konsensusgruppe von bekannten Politologen[40], die in dieser Arbeit angewendet werden soll. Sie lautet:
„Der Rechtsextremismus ist ein Einstellungsmuster, dessen verbindendes Kennzeichen Ungleichwertigkeitsvorstellungen darstellen. Diese äußern sich im politischen Bereich in der Affinität zu diktatorischen Regierungsformen, chauvinistischen Einstellungen und einer Verharmlosung bzw. Rechtfertigung des Nationalsozialismus. Im sozialen Bereich sind sie gekennzeichnet durch antisemitische, fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Einstellungen.“[41]
Die Definition bezieht sich somit ausdrücklich auf die Einstellungsebene und umfasst die grundsätzlichen Elemente der rechtsextremen Ideologie. Wie dieses Einstellungsmuster von rechtsextremer Seite beschrieben wird, zeigt beispielhaft ein Blick in ein internes Schulungsheft der NPD:
Rechtsextreme Ideologie – ein Beispiel
Viele rechtsextreme Quellen sind wenig systematisch oder juristisch in Hinsicht auf mögliche Verbotsaspekte so geprüft und anschließend verändert, dass sie nur noch oberflächlich Auskunft über Idee und Wesen der politischen Vorstellungen geben. Deutlich wird dies z. B. bei der NPD. Ihr Programm und Aktionsprogramm ist sichtbar für die Öffentlichkeit geschrieben. Anders verhält es sich mit internen Schulungspapieren, die der Qualifizierung des eigenen politischen Nachwuchses dienen. Dem Autor liegt ein solches, immerhin 75 Seiten starkes Schulungspapier für ein Wochenendseminar der NPD vom 25. zum 26. September 1999, herausgegeben vom NPD – Landesverband Rheinland Pfalz, vor.[42] Es enthält u.a, eine Einführung in die politische Theorie der NPD und bildet hier die Grundlage für die Analyse der rechtsextremen Ideologie.
Weltbild
Die NPD spricht in ihrem Schulungspapier von einer Einführung in die „Grundlagen nationalistischer Theorie“.[43] Nation und Volk seien dabei identisch, so dass unter Nationalismus eine Theorie verstanden wird, „die das Volk als feste und erhaltenswerte Größe betrachtet.“[44] Völker werden darin definiert als „Gemeinschaften, die sich über eine gemeinsame genetische Herkunft definieren. Sie besitzen darüber hinaus eine gemeinsame Sprache, Geschichte und Kultur.“[45] Diese Definition offenbart den offenkundigen Biologismus der NPD. Die Biologie sei im Werden der Menschen dominant und Kultur und Geschichte lediglich zweitrangig. Die NPD spricht dabei von einer Unterscheidung in ein „lebensrichtiges“ und ein „liberalistisches“ Menschenbild. Die folgende Graphik zeigt die Unterschiede dieser Weltbilder aus Sicht der NPD auf:[46]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die NPD-Ideologen legen Wert darauf, dass sie nicht vernunft-, sondern trieb- und gengeleitet sind. Dem Menschen wird abgesprochen, dass er die Fähigkeit besitze, eine eigene Individualität zu entwickeln. Sein Handeln sei biologisch weitgehend (vor-)bestimmt und nicht veränderbar. Dabei beruft sich die NPD auf Konrad Lorenz, ohne jedoch näher auf ihn einzugehen.
Das gegenübergestellte „liberalistische“ Menschenbild ist erstaunlich unterkomplex dargestellt, und enthält z. B. keine Einordnung von Emotionen ins Menschenbild. So entsteht ein stark vereinfachtes und verkürztes Menschenbild, welches in dieser Form von keinem ernst zu nehmendem Forscher vertreten wird.
Der Mensch im Sinne der NPD ist nur als Teil einer Gruppe, dem Volk und der Rasse, denkbar, deren Verhalten biologisch bestimmt sei. So schreibt die NPD:
„Doch neben den artspezifischen Verhaltensmerkmalen, die auf gemeinsame Gene innerhalb der gesamten menschlichen Population zurückzuführen sind, gibt es auch Verhaltensmerkmale, die bestimmte Gen-Pools, z. B. Rassen, oder auch Einzelindividuen voneinander unterscheiden.“[47]
Die Gentechnologie hat die genetische Existenz von Rassen schon lange widerlegt. Die NPD hält trotzdem an ihr fest und fährt fort:
„Aus diesen individuellen und rassischen Unterschieden resultiert die Tatsache der Unterschiedlichkeit der Menschen, die im krassen Widerspruch zum liberalistischen und marxistischen Postulat der prinzipiellen Gleichheit der Menschen steht. Der Nationalismus lehnt daher zwanghafte Gleichmachung auf allen Ebenen ab und bekennt sich stattdessen zur Unterschiedlichkeit. An die Stelle des grauen Welteinheitsmenschen tritt der in seiner Umgebung verankerte Mensch, der seine individuellen Fähigkeiten zum Nutzen der Gesellschaft entfalten und einbringen kann.“[48]
Die Vorstellung vom Menschen steht tatsächlich im Widerspruch zum Menschenbild in der westlichen Moderne. Die Französische Revolution gab mit der Aussage „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ das zentrale Motto des modernen Verständnisses vor. Der Mensch werde frei und gleich an Rechten geboren. So bestreitet niemand die Unterschiedlichkeit der Menschen in Größe, Aussehen und Fähigkeiten. Die Idee der Gleichheit sagt jedoch, dass die Menschen trotz ihrer individuellen Unterschiedlichkeit gleiche Rechte und Pflichten hätten, dass sie gleich zu behandeln seien und dass sie damit die gleiche Wertigkeit in ihrer Unterschiedlichkeit haben. Der Mensch wird damit als Individuum betrachtet und nicht als Teilelement einer Gruppe, wie es die NPD formuliert.
Die Gruppe, so das NPD-Papier, verfüge dabei über einen gemeinsamen genetischen Nenner, benötige zum Überleben aber auch eine gemeinsame Identität.[49] Dazu gehören nach Ansicht der Autoren ein ausgeprägtes „Territorialitätsbewußtsein“[50], eine gemeinsame Sprache und Kultur sowie das „Endogamiegebot“[51], nach dem die Heirat und damit die Zeugung des Nachwuchses unbedingt innerhalb der eigenen Großgruppe zu erfolgen habe. Denn:
„Eine Durchsetzung der Kultur mit Fremdgut kann zu einem Verlust an Identität führen.“[52]
Anders ausgedrückt wiederholen die Autoren damit in veränderter Sprachwahl Ideologiefragmente des historischen Nationalsozialismus. Dort wurde es noch „Reinrassigkeit“ genannt, wenn das Volk genetisch bestimmt unter sich bleiben sollte und jeder „Fremdeinfluss“ als Gefahr für die Stärke der Großgruppe gedeutet wurde.
Die Welt gliedere sich in mehrere Rassen und diese würden wieder unterteilt in mehrere Völker.[53] Völker wiederum seien nicht die einzige identitätsstiftende Gemeinschaft:
„Auch die Region (Stamm), das Dorf (Dorfgemeinschaft) oder die Familie eignen sich zur natürlichen Abgrenzung und damit zur Identitätsfindung.“[54]
Wichtig sei jedoch die ethnische Homogenität der Gruppen, die alleine ein friedliches Miteinander der Menschen erlaube. Die NPD erklärt diese These anhand eines einfachen Folgeschemas:[55]
1. Die Einheimischen seien in der Rolle des Gebenden. Wäre dies nicht der Fall, so würde kein Anreiz zur Einwanderung bestehen.
2. Das menschliche Sozialverhalten verlange nach einer Gebephase Rückleistungen. Geben beinhalte eine unausgesprochene Forderung nach einer Gegenleistung.
3. Einwanderer böten generell keine Rückleistungen an.
4. Dies führe zu einer emotionalen Ablehnung der Geber gegen die Einwanderer und damit zum Konflikt.
Es bedarf keiner großen analytischen Leistungen, um festzustellen, dass die zweite Stufe zumindest sehr fraglich, der dritte Folgeschritt jedoch eindeutig Ideologie ist, wie ein Blick in die Geschichte von Einwanderergesellschaften wie den USA eindrücklich zeigt. Basierend auf dieser banalen ideologischen Theorie erklärt die NPD ihre Ablehnung von Vorstellungen des Zusammenlebens von Personen unterschiedlicher Herkunft. Auch die weiteren Begründungen lassen keine Vertiefungen der Argumentation erkennen, wenn die NPD z. B. zum Thema Ausländerkriminalität behauptet:
„Die Hemmungen, Straftaten gegen eine Gruppe, die als fremd empfunden wird, zu verüben, sind jedoch geringer als die Hemmungen, dies gegen eine genetisch nahe stehende Gruppe zu tun.“[56]
Die NPD verliert sich in ihrer Argumentation somit zunehmend im Biologismus ihres Menschenbildes.
Es kann somit an dieser Stelle festgehalten werden: Das Papier erläutert das biologistische Menschenbild der NPD.[57] Trotz gegenteiliger Beteuerungen und Betonungen der Werthaftigkeit der Kultur verbirgt sich dahinter noch der klassische Rassismus, der Menschen nach vermeintlichen Vorgaben der Biologie Gruppen zuordnet, deren Verhalten determiniert sei, womit eine Wertigkeit einhergeht, die zu einer Vorstellung der Ungleichwertigkeit der Völker und damit der Menschen an sich führt.[58] Dieses Menschenbild steht im Widerspruch zum Menschenbild, das den allgemeinen Menschenrechten zugrunde liegt und auf der Aufklärung und den Idealen der französischen Revolution aufbaut.[59]
III. Geschichte der wissenschaftlichen Arbeiten
Die Forschung lässt sich in der Bundesrepublik Deutschland bis 1989 in sechs Perioden gliedern, die übersichtsartig charakterisiert werden sollen.[60]
Periode: 1949 bis 1961
Die erste Periode ist einerseits geprägt durch die Dominanz der Totalitarismustheorie und einen starken Antikommunismus. Als historische Folie dient der Block kommunistischer Staaten unter dem Einfluss der UdSSR. Rechtsextremismus scheint trotz der zeitlichen Nähe zum Nationalsozialismus kein vorherrschendes Problemfeld zu sein. Andererseits entstehen in dieser Zeit bahnbrechende Forschungen, die auch über Fachkreise hinweg Aufmerksamkeit erregen. Meist beziehen sich diese auf die Erforschung der nahen Vergangenheit des Nationalsozialismus von 1933-1945.
An vorderster Stelle seien die Arbeiten von Bracher über den Untergang der Weimarer Republik und die Etablierung des nationalsozialistischen Regimes genannt.[61] Bracher weist erstmals daraufhin hin, dass der Untergang Weimars nicht alleine durch die Stärke der Feinde der Demokratie, sondern besonders auch durch die Schwäche, das heißt Nichtakzeptanz der Demokratie in breiten Teilen der Bevölkerung und besonders auch der Eliten bedingt ist.[62] Diese These gehört auch zu den wesentlichen Grundaussagen des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, der immer wieder die Notwendigkeit einer demokratischen Kultur als stützendem Unterbau des demokratischen Rechts- und Verfassungsstaates propagiert.[63]
Weiterhin werden in jenen Jahren grundlegende Untersuchungen zum Charakter des Nationalsozialismus vorgelegt. Dazu gehören u.a. Eugen Kogons „SS-Staat“[64] oder auch die bekannte Dokumentensammlung von Walther Hofer[65]. Außerdem wird in München mit großen Schwierigkeiten das heute renommierte Institut für Zeitgeschichte gegründet, dessen Periodikum „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte“ wichtige Erkenntnisse zur Analyse des Nationalsozialismus liefert.
In dieser Periode dominiert trotz dieser ersten Detailstudien noch die Totalitarismustheorie unter besonderer Betonung des Antikommunismus die Debatte. Insbesondere herrschaftsstrukturelle Theorien wie jene von Friedrich und Brzezinski[66] bestimmen den wissenschaftlichen und den populären Diskurs. Nach Ansicht dieser beiden Autoren verfügen kommunistische und faschistische Diktaturen im Wesentlichen über gleiche Strukturen. Zu ihnen gehören:
- Eine alle Bereiche des Lebens umfassende Ideologie
- Eine durch einen Führer bestimmte Massenpartei
- Ein Terrorsystem durch Polizei und Geheimdienst
- Die Kontrolle der Öffentlichkeit durch ein Nachrichtenmonopol
- Ein Waffenmonopol
- Eine zentral gelenkte Wirtschaft
Die herrschaftsstrukturellen Ansätze finden mittlerweile zahlreiche Kritiker. Rensmann führt in einer Zusammenfassung der Kritik aus, dass zum einen die tatsächliche Machtausübung im deutschen Nationalsozialismus wie im Stalinismus der UDSSR bei weitem nicht so stark gewesen sei, wie die Theorien es voraussetzen. Weiterhin führt er aus:
„Im Bestreben, mittels Strukturmerkmalen Typologien zu begründen, enden diese Ansätze ferner vielfach in einer theoretischen Tautologie: Gegenstand und Erklärung fallen in eins. Wenn zur Bestimmung des Totalitarismus etwa auf Eigenschaften wie geschlossene Deutungssysteme verwiesen wird, können diese nicht zugleich zu seiner Erklärung herangezogen werden.“[67]
Einen anderen Ansatz liefern genealogische Theorien, die totale Herrschaft aus bewegungstheoretischer Sicht analysieren. Die theoretische Fundierung liefert dazu im deutschen Wissenschaftsdiskurs Hannah Arendt[68]. Ihrer Ansicht nach basiert der Totalitarismus auf einem zeitweiligen Bündnis aus Mob und Elite. Unter Mob versteht sie eine Masse von entwurzelten, verzweifelten, hasserfüllten und sozial desintegrierten Menschen, die zu einem neuen Akteur der Gesellschaftspolitik werden können. Der Totalitarismus entspricht mit seiner Politik des Terrors dem Wunsch nach Bewegung. Arendt schreibt dazu:
„Die Anziehungskraft der totalitären Bewegungen auf diese Menschen bestand und besteht in dem, was man oft ihren „Aktivismus“ genannt hat, und das heißt, in jener nur scheinbar widerspruchsvollen Amalgamierung einer von allen Bedenken gereinigten, brutal-reinen Aktion mit dem Glauben an die überwältigende Macht einer allem menschlichen Verstehen entzogenen, brutal-reinen Notwendigkeit.“[69]
Die zentralen Kategorien des Totalitarismus sind für Arendt dabei totale Ideologie und totaler Terror, deren stärkster Ausdruck Vernichtungslager seien. Die Komplexität ihrer Herangehensweise wird jedoch im politischen Diskurs auf einen z. T. einfältigen Antikommunismus reduziert, während Arendts komplexe Analysen der gesellschaftlichen Voraussetzungen des Totalitarismus, des Antisemitismus wie auch des Imperialismus kaum öffentliche Wahrnehmung erfahren.
Parallel zur Debatte um den Totalitarismus entstehen somit in dieser Periode erste Schriften zur Geschichte des Nationalsozialismus sowie institutionelle Verankerungen von Forschungsansätzen, die jedoch erst in den weiteren Perioden größere Wirkung erzielen sollen.
Auffallend ist die kleine Menge von Abhandlungen über den damals gegenwärtigen Rechtsextremismus. Lediglich zum Verbot der „Sozialistischen Reichspartei“ erscheinen Abhandlungen in übersichtlicher Anzahl.[70]
Periode:1961-1966
Die zweite Periode ist einerseits durch die weitergehende Dominanz des Totalitarismustheorems geprägt. Andererseits beginnt ein Streit um Geschichtsbilder sowie die zunehmend öffentliche Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus.
Für Aufsehen in der Fachwelt sorgt zunächst die kleine Schrift „Griff nach der Weltmacht“ von Fritz Fischer.[71] Nach Kühnl schlägt dessen Kernthese von einer Kontinuität der Eliten in die Fachwelt „wie eine Bombe“[72] ein, da sie die bis dahin gängige Meinung widerlegt, „dass die deutsche Geschichte bis 1918 im Prinzip in Ordnung gewesen, dann vor allem durch den Versailler Vertrag aus der Bahn geworfen und 1933 von einem Verhängnis ereilt worden“[73] sei. Unterstützung erfährt die These ein Jahr später durch Sontheimers Untersuchung der „Konservativen Revolution“, die besonders die Verachtung der Weimarer Demokratie bei einem Teil der Intelligenz nachweist.[74] Neu ist an diesen Diskussionen die Beschäftigung mit dem Verhalten der Eliten des Staates und ihrer Verantwortung für die Katastrophe des Nationalsozialismus.
Ergänzt werden diese akademischen Debatten durch die breiten, international Aufsehen erregenden Prozesse in Jerusalem 1961[75] und Frankfurt 1963[76]. Erstmals wird eine breite Öffentlichkeit mit den Verbrechen des Nationalsozialismus offen konfrontiert, so schreibt z. B. Wolfrum:
„Bei 95 Prozent der Bundesdeutschen hatte der Eichmann-Prozess Aufmerksamkeit gefunden, was kaum überraschen konnte angesichts der Vielzahl von Artikeln und Berichten.“[77]
Besonders der Eichmann-Prozess sorgt dafür, den Mythos des unmenschlichen Verbrechers zu zerstören, indem er die scheinbare „Banalität des Bösen“[78] Eichmanns bzw. die Normalität des Verbrechers vorführt.
Periode 1966 – 1982
Beschäftigen sich die wissenschaftlichen Untersuchungen bis 1966 vornehmlich mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus, verändert sich diese Perspektive mit dem Erstarken der NPD Ende der 60er-Jahre und ihrem Einzug in mehrere Landtage. Die Debatte über die Ursachen der Wahlergebnisse überschneidet sich zeitlich mit den Studentenunruhen von 1967 und 1968. Mit dem Beginn dieser Periode werden die Grundlagen wesentlicher Forschungsrichtungen gelegt, die bis heute von Bedeutung sind. Dazu zählen:
- Die Beschäftigung mit der NPD entfacht eine Debatte um neue, rechtsextreme Phänomene. Bis 1970 entstehen zahlreiche Analysen und Ursachenbestimmungen zum Erfolg dieser rechtsextremen Partei wie auch ihres Niedergangs nach der Bundestagswahl 1969.[79] Dieses aufflackernde Interesse der Parteienforschung nach Wahlsiegen lässt sich auch in den 80er-Jahren beobachten. Es entsteht somit zumindest periodenhaft eine Wissenschaftsrichtung, die sich mit rechtsextremen Parteien auseinandersetzt.
- Hervorgerufen durch die Theorie Scheuchs und Klingemanns, die besagt, dass rechtsextreme Erscheinungen quasi zur Normalität einer modernen Industriegesellschaft zählen, startet zunächst kleinteilig, später ausgeweitet eine Diskussion über die Ursachen des Rechtsextremismus.[80] Neu sind daran besonders die Orientierung an der Moderne und damit der beginnende Bruch mit der These, es handele sich bei rechtsextremen Parteien „lediglich“ um Nachkommen des „klassischen“ Nationalsozialismus.
- Im Nachklang an die NPD gründen sich kleine intellektuelle Zirkel, die nach französischem Vorbild als „Neue Rechte“ bezeichnet werden.[81] Auch diese Zusammenhänge werden fortan beobachtet.
- Eine kleine Blüte erlebt zumindest am Ende der 60er-, Beginn der 70er-Jahre eine marxistisch orientierte Analyse des so genannten Faschismus. Führende Vertreter verstehen den „modernen Faschismus“ als eine „Form bürgerlicher Herrschaft“[82] neben dem Liberalismus. In Zeiten der Not und des starken Drucks von Seiten der Arbeiterbewegung neigten die Eliten in Staat, Wirtschaft und Militär zur radikalen Diktatur, deren Opfer zumeist die Arbeiterbewegung sei und die dazu diene, das kapitalistische System zu retten. Eine Alternative sehen diese Forscher im Sozialismus. So sei es beispielsweise der DDR gelungen, „mit den faschistischen Traditionen zu brechen und eine Wiederkehr des Faschismus unmöglich zu machen“[83], während in der BRD der Faschismus „als Tendenz und Drohung“[84] bestehen geblieben sei. Einer empirischen Prüfung hält dieser Ansatz nicht stand. Spätestens die Wende 1989 führt dann auch zu massiven Legitimationsproblemen und Auflösungstendenzen dieser Denkrichtung.
- Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus wird auf neue Wissenschaftsdisziplinen ausgeweitet. Im Vordergrund stehen fortan nicht alleine zeitgeschichtliche Studien, sondern auch Analysen in den Disziplinen Psychologie und Philosophie. Von bleibender Bedeutung ist beispielsweise das Standardwerk zur „Unfähigkeit zu trauern“ von Mitscherlich und Mitscherlich.[85] Was in der Frankfurter Schule methodisch, und theoretisch begonnen wurde, ist fortan auf breiterer Basis fortgesetzt worden. Durch Integration psychologischer und besonders auch psychoanalytischer Studien gewinnt besonders der Diskurs um die Ursachen rechtsextremer Einstellungen eine neue Qualität. Sie eröffnet den Weg zu interdisziplinären Ansätzen der Sozialforschung.
Diese Übersicht zeigt bereits, dass sich in dieser Periode wesentliche Forschungszweige, die auch heute noch existieren, herausgebildet haben.
Die Periode endet mit einem Schock, der zur nächsten überleitet. Im Jahr 1981 erscheint mit der SINUS-Studie[86] eine quantitative Untersuchung über rechtsextreme Einstellungsmomente in der Bevölkerung. Ihre Kernaussagen rütteln die politische Öffentlichkeit auf: 13% der Deutschen verfügen über ein geschlossen rechtsextremes Weltbild. Trotz der tagesaktuellen Debatte entstehen daraus erstaunlicherweise kaum wahrnehmbare wissenschaftliche Aktivitäten. Gleiches gilt auch für die rechtsextremen Anschläge in München sowie für das Treiben der selbsternannten „Wehrsportgruppe Hoffmann“.
Eine weitere Ausdifferenzierung der Forschungslandschaft erfolgt erst nach 1982.
Periode 1982-1989
Den Regierungswechsel von 1982 verbindet der neue Bundeskanzler Kohl mit dem Anspruch einer „geistig moralischen Wende“. Auch wenn es im Rückblick eher fraglich erscheint, ob Kohl diesen Anspruch einlösen konnte, sorgt sein Umgang besonders mit der Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus für heftige Debatteneinlagen. Es beginnt mit dem Ausspruch von der „Gnade der späten Geburt“ auf einen dadurch verunglückt wirkenden Besuch in Israel. Es folgen der Bitburg-Besuch, wo er zusammen mit dem US-Präsident Reagan auf einem Friedhof, auf dem sich auch Gräber der SS befinden, der Opfer des Zweiten Weltkrieges gedenkt sowie das symbolische Händereichen mit Mitterand über den Gräbern von Verdun. Im Feuilleton diskutieren Journalisten und Intellektuelle über einen neuen Zeitgeist, der von „rechts“ wehe.[87] Einigen Personen ist dieser Wind jedoch nicht stark genug. So ist es sicherlich kein Zufall, dass bereits 1983 Unionsmitglieder aus Enttäuschung über die Politik der CDU/ CSU aus diesen Parteien austreten, um die „Republikaner“ (Reps) als neue, rechte Partei zu gründen. In dieselbe Phase fallen auch die Gründung einiger neuer „rechter Denkfabriken“[88] sowie die Anfänge der zunächst als Studentenzeitung gegründeten „Jungen Freiheit“[89].
Von bleibender Bedeutung ist auch der so genannte Historikerstreit, ausgelöst durch Thesen des Geschichtsprofessors Nolte zur Interpretation des Nationalsozialismus wie des Bolschewismus. Mit der Gegenrede von Jürgen Habermas startet eine der intensivsten Debatten der alten Bundesrepublik, deren Kern nicht alleine zeithistorische Interpretationen, sondern besonders auch Fragen des Selbstverständnisses der BRD sind.[90] Eindeutige Sieger gibt es in dieser Debatte nicht.[91] Geblieben sind jedoch der Eindruck einer politischen Polarisierung der wissenschaftlichen Debatte sowie eine deutlichere Artikulation von Thesen aus dem Kreis anerkannter Fachexperten, die bisher dem rechtsextremen Meinungsspektrum zugeordnet werden konnten. Eine Reaktion auf diese Debatten sind eine Verstärkung der wissenschaftlichen Aktivitäten zu den Themenbereichen Nationalismus sowie ein Wiederaufleben der Auseinandersetzung mit der „Neuen Rechten“.
Als Dammbruch in der Forschung zum Thema Rechtsextremismus können jedoch der überraschende Einzug der „Republikaner“ (Reps) ins Berliner Abgeordnetenhaus und ins Europaparlament sowie die Wahlerfolge der Deutschen Volksunion (DVU) u.a. in Bremen bezeichnet werden. Fortan lebt die Richtung wieder auf, die sich mit der rechtsextremen Parteienlandschaft beschäftigt. Bedingt jedoch durch die gleichzeitigen Diskurse über Verschiebungen in der politischen Kultur insgesamt werden auch zunehmend Analysen zu den Ursachen des erstarkten Rechtsextremismus angestellt. Im Gegensatz zu dem Versuch von Klingemann/ Scheuch in den 60er-Jahren findet dabei der Ansatz des Bielefelder Pädagogen Heitmeyer zur Erklärung des Rechtsextremismus breite Anerkennung. Auf der Basis der Kernaussagen des Ansatzes der „Risikogesellschaft“ von Beck[92] führt Heitmeyer rechtsextreme Einstellungen besonders bei Jugendlichen auf Ängste vor der Verarbeitung von gesellschaftlichen Prozessen in der Moderne zurück.[93]
Heitmeyer greift mit seiner „Bielefelder Rechtsextremismusstudie“[94] auch den Bereich der qualitativen Forschung wieder auf und verbindet sie mit Aussagen quantitativer Studien. So kann auch methodisch durch den zunehmenden Einzug der Methoden der empirischen Sozialforschung ein Fortschritt konstatiert werden, der wohl im Einklang mit dem generellen Trend in den Politik- und Sozialwissenschaften zu Gunsten der empirischen Sozialforschung steht.
Die weitere Ausdifferenzierung der Forschungslandschaft kann mit den Jahren der Wende datiert werden. Zunächst jedoch sei ein Blick auf die DDR und die dort entwickelten Vorstellungen vom Faschismus geworfen. Schließlich finden zentrale Verständnisweisen vom Faschismus auch heute noch Gehör und gedankliche Verbreitung besonders in Ostdeutschland.[95]
Faschismusanalysen in der DDR
Bei der Definition des Begriffs Faschismus orientieren sich DDR Historiker durchgehend an den Vorgaben der Kommunistischen Internationale von 1935. Auf dem VII. Weltkongress der Komintern hält Dimitroff das bestimmende Referat mit dem Titel „Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus“.
Dimitroffs zentrale Kategorien zur Erklärung sind ökonomischer Natur. Nach der Weltwirtschaftskrise 1929 und einer angeblichen Zunahme revolutionärer Tendenzen in der Arbeiterbewegung versuchen demnach Wirtschaftsführer und Monopolisten die Last der Krise auf die Schultern der Werktätigen abzuwälzen.[96]. Die parlamentarische Demokratie in Deutschland sei durch eine neue diktatorische Staatsform abgelöst worden. Dabei sei der
„Faschismus an der Macht (…) die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“[97] Ziel des Faschismus sei „die Organisierung der terroristischen blutigen Niederhaltung der Arbeiterklasse und des revolutionären Teils der Bauernschaft und der Intellektuellen.“[98]
Träger des Faschismus jenseits des Finanzkapitals seien
„die durch die Krise aus ihrem Geleise geworfenen Massen des Kleinbürgertums und sogar manche Teile der rückständigen Schichten des Proletariats.“[99]
Diese Gruppen seien durch die soziale Demagogie der Faschisten geblendet worden und hätten den wahren Charakter des Faschismus nicht erkannt.
In der Analyse des Inhaltes der Definition fällt ihr ausschließlich ökonomischer Charakter auf. Dimitroff begreift den Faschismus alleine als Angriff des Finanzkapitals auf die Arbeiterklasse. Die DDR-Wissenschaftler übernehmen zumindest offiziell diese Interpretation. Für Gossweiler ist Faschismus dann auch konsequent
„vor allem und an erster Stelle Antikommunismus in seiner wildesten, zügellosesten Gestalt.“[100]
Dimitroff konnte den Holocaust im Gegensatz zu Gossweiler noch nicht kennen. Beide verzichten auf eine Einbeziehung der geistigen Grundlagen des Nationalsozialismus wie des Rassismus und besonders auch des Antisemitismus. Angesichts der Schrecken des Holocausts ist eine Reduzierung des Wesens des Faschismus auf einen Antikommunismus jedoch zynisch. Zwar gehören organisierte Arbeiter zu den ersten Opfern der Machtübernahme der Nationalsozialisten, zentrale Opfergruppen des Holocaust sind jedoch rassistisch oder antisemitisch definiert.
Weiterhin spricht Gossweiler weite Teile der Bevölkerung von jeglicher Mitverantwortung frei, indem er im Antisemitismus
„ein probates Mittel der Herrschenden (sieht), für den sozialen Überdruck, für den Hass der Unterdrückten und Ausgebeuteten gegen ihre Unterdrücker und Ausbeuter ein Ventil zu öffnen und der Volkswut die Juden als angebliche Verursacher der Volkswut auszuliefern.“[101]
Noch deutlicher wird Gossweiler in Bezug auf den deutschen Nationalsozialismus:
„Der deutsche Faschismus und die faschistische Ideologie kamen - wie jeder Faschismus - nicht aus dem Volke, sondern waren eine Ausgeburt des Macht- und Eroberungsdranges des Finanzkapitals und der Großagrarier.“[102]
Die Massenbasis des Nationalsozialismus sei vom Finanzkapital getäuscht und bewusst in die Irre geführt worden. Die Schuld für die konkreten Verbrechen des Nationalsozialismus trügen damit alleine das Finanzkapital und die Großagrarier. Die Mehrheit des Volkes sei hingegen unschuldig.
Neben der ökonomischen Konzentration der Theorie bei zweifelhafter empirischer Basis ist der schwerwiegendste Einwand gegen diese Interpretation des Nationalsozialismus die Missachtung des Stellenwertes des Holocaust, der kaum thematisiert wird und doch einzigartig in der Menschheitsgeschichte war.[103] Benz schreibt zu Recht:
„Auschwitz ist zum Synonym für den Zivilisationsbruch des Menschheitsverbrechens an den Juden und anderen ethnischen Minderheiten geworden. Der Völkermord, ausgeführt von pflichtbewussten Dienern des Dritten Reiches im stillschweigenden Mitwissen der Unbeteiligten, war einzigartig wegen seiner kaltblütigen Planung und Durchführung als Akt vermeintlicher Staatsräson.“[104]
Das Dimitroffsche Verständnis bestimmt den wissenschaftlichen Diskurs zu allen historischen wie aktuellen Fragen des „Faschismus“ in der DDR. Die offizielle Wissenschaftslandschaft ist deshalb auch sprachlos beim Aufblühen rechtsextremer Umtriebe in der Gesellschaft und rettet sich lediglich mit einem Verweis auf Marx Hinweise zu den Problemen der Phase des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus, in der noch Reste der alten Gesellschaft in der neuen Gesellschaft zu finden seien.[105]
Umstritten ist die Wirkung der Faschismusdiskussion in die breite Bevölkerung. Besonders Autoren mit Berührungspunkten zur ehemaligen PDS verteidigen den antifaschistischen Grundansatz der DDR als prinzipiell gelungen.[106] Andere Autoren versuchen zu differenzieren.[107] So verweist z. B. Danyel nach einer expliziten Kritik des Dimitroffschen Ansatzes auf Forschungslücken. Er schreibt:
„Jenseits der Geschichte des offiziellen DDR-Antifaschismus gibt es eine Erfahrungsgeschichte des Umgangs mit Nationalsozialismus und Widerstand in der ostdeutschen Gesellschaft, die keineswegs schon gründlich aufgearbeitet ist.“[108]
Er verweist dabei explizit auf die subjektive Verarbeitung der Individuen, die keineswegs mit der offiziellen Doktrin identisch sein muss und entwickelt ein literaturbezogenes Beispiel:
„Die Prägungen, die jemand im Osten durch die Schullektüre von Bruno Apitz `Nackt unter Wölfen`, von Anna Seghers `Das siebte Kreuz`, den kollektiven Besuch in Buchenwald oder die DEFA – Filme zum Thema erfahren hat, sind nicht deshalb schon minderwertiger, weil wir den gesellschaftspolitischen Zusammenhang des DDR-Antifaschismus (…) inzwischen sehr kritisch betrachten. Die Bereitschaft zur kritischen Selbstreflexion vorausgesetzt, haben sie ein gleiches Gewicht wie die Einflüsse, die jemandem im Westen durch die Bücher von Primo Levi, Ruth Klüger, die Holocaust Serie oder die Fahrt nach Auschwitz zuteil wurden.“[109]
Leider existieren keine (vergleichenden) Forschungen dazu, inwieweit diese Sozialisationselemente noch heute die politischen Kulturen prägen oder gar inspirieren.[110] Auch ist weitgehend unbekannt, ob die verkürzte, offizielle Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Antisemitismus noch heute Auswirkungen auf die Ausprägung und die ideologischen Konsistenz des modernen Antisemitismus in Ostdeutschland hat.[111]
Periode 1989 bis 2008
Die andauernde Phase ist gekennzeichnet durch ein periodenhaftes Medieninteresse am Thema Rechtsextremismus. In Wellenform begleitet es den öffentlichen Diskurs seit der Wende und kann in folgenden Zeiteinheiten skizziert werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Übersicht zeigt den Wellenverlauf der öffentlichen Wahrnehmung zum Thema Rechtsextremismus. Auf rechtsextreme Ereignisse folgen dabei Initiativen der Bundesregierung in Form von Programmen zur Prävention oder Intervention. Auffallend ist dabei auch, dass es eine Steigerung der Qualität der Ereignisse geben muss, um öffentlich wahrgenommen zu werden. Die Zahl rechtsextremer Gewalttaten hat in den letzten drei Jahren einen Höchststand erreicht, ohne dass dieses Faktum Gegenstand einer breiteren Diskussion gewesen wäre. Selbst Morde durch rechtsextrem orientierte Personen, wie z. B. im Juli 2008 in Templin, erreichen gerade noch einen regionalen Nachrichtenwert ohne breitere überregionale Diskussionen auszulösen.
Diese Wellen öffentlicher Wahrnehmung gehen nur z. T. einher mit wissenschaftlicher Arbeit, stellen jedoch den Hintergrund des aktuellen Debattenstands dar.
Die Forschungslandschaft hat sich im Gegensatz zu den vorangegangen Perioden deutlich ausdifferenziert, enthält dabei erfreulicherweise zunehmend auch interdisziplinäre Ansätze sowie methodische Vielfalt. Um eine Übersichtlichkeit herzustellen, wird an dieser Stelle eine Sortierung nach fachspezifischen Zugängen gewählt.
IV. Wissenschaftliche Zugänge
Noch immer gilt, dass es keine eigenständige Rechtsextremismusforschung gibt. Stattdessen gibt es Forschungen zum Rechtsextremismus insbesondere mit folgenden Zugängen:
- Politikwissenschaftliche Zugänge
- Soziologische Zugänge
- Juristische und kriminologische Zugänge
- Psychologische Zugänge
- Pädagogische Zugänge
Diese Zugänge sind in sich zu differenzieren und sollen im Folgenden vorgestellt und in Hinsicht auf den aktuellen Forschungsstand analysiert werden.
IV.1 Politikwissenschaftlicher Zugang
Innerhalb der Politikwissenschaft gibt es Forschungen zum Rechtsextremismus mindestens in folgenden fachinternen Richtungen:
- Sozialwissenschaftliche, zumeist quantitative Untersuchungen
- Parteienforschung
- Extremismusforschung
- Soziale Bewegungsforschung
- Politische Kulturforschung
Wichtige Erkenntnisse aus diesen Richtungen sollen für sich dargestellt und anschließend als Gesamtkonstrukt bewertet werden.
Sozialwissenschaftliche Untersuchungen
In den Sozialwissenschaften existieren qualitative und quantitative Methoden nebeneinander. Umgangssprachlich formuliert, steht die qualitative Sozialforschung für einen beschreibenden Ansatz, während die quantitativen Forschungen messen. Quantitative Forschungen benötigen ein sehr gut bekanntes und klar begrenztes Forschungsfeld.[112] Ihr Ziel ist es, repräsentative Daten durch hohe Standardisierung der Fragen und der Auswahl der Befragten zu erreichen. Die quantitative Sozialforschung sieht sich in der Tradition der Naturwissenschaften. Der Forscher selbst sei dabei im Sinne Max Webers[113] der „Wertfreiheit“ verpflichtet; das heißt, er solle eigene Wertmaßstäbe zurückstellen und soziale Abläufe beobachten bzw. dokumentieren, ohne sie durch die eigene Subjektivität zu verfälschen. In der Praxis benötigt der Forscher sehr gute Vorabkenntnisse des Forschungsfeldes. Er stellt eine Theorie auf und versucht diese Theorie durch gezielte Fragestellungen zu verifizieren. Die Fragen haben dabei einen geschlossenen Charakter. Das heißt, es gibt Multiple-Choice-Verfahren, und sie werden zumeist einer repräsentativen Auswahl von Personen gestellt.
Im Gegensatz zu den qualitativen Sozialforschungen gibt es zumindest seit Beginn der 90er-Jahre einen recht kontinuierlichen Strang quantitativ orientierter Untersuchungen zum Themenbereich Rechtsextremismus, aber auch zur politischen Kultur in Deutschland im erweiterten Sinne. Deren Erkenntnisse sollen hier gebündelt formuliert werden. Dazu werden die vorliegenden Studien in Hinsicht auf forschungsrelevante Fragen ausgewertet, thematisch geclustert, verglichen und in Form einer zeitlichen Matrix sortiert.
Quantitative Erhebungen in Deutschland seit 1990
Die einzelnen Studien lassen sich thematisch nach folgenden Inhalten clustern:
1. Jugendstudien
2. Allgemeine Einstellungen / Rechtsextreme Orientierungen
3. Wahlverhalten
4. Regionalstudien
5. Antisemitismus
Um Übersichtlichkeit zu gewährleisten, sollen zunächst in den Einzelbereichen alle erwähnten Studien kurz in Tabellenform präsentiert und anschließend inhaltlich ausgewertet und zusammengefasst werden:
Jugendstudien
Übersicht
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Die Mehrzahl der ostdeutschen Jugendlichen blickt 1990 optimistisch in die Zukunft und hat positive Zukunftsaussichten. Das schreibt Pollmer in der Auswertung einer repräsentativen Studie über ostdeutsche Jugendliche. Auffallend sei alleine ein politisches Desinteresse bezüglich eines aktiven Engagements.[114]
Bereits erheblich detaillierter sind die Erkenntnisse von Melzer.[115] Seine repräsentative Befragung von 2750 Jugendlichen, davon 1250 ostdeutschen, startet er im Winter 1990 und schließt die Datenerhebung Anfang 1991 ab. Fünf Themenkomplexe verdienen in dieser Arbeit besondere Beachtung: So zeigt zunächst die Frage nach den Interessen von Jugendlichen interessante Ost-West-Unterschiede. In der Rangliste auf Platz 1 findet sich jeweils die Antwort „Musik“. Dieses Ergebnis spiegelt auch die Erkenntnisse qualitativer Jugendstudien wider. Unterschiede gibt es jedoch auf Platz 2 der Liste. Im Westen ist das zweitgrößte Interesse „Umweltschutz“, während im Osten bereits „Arbeitslosigkeit“ genannt wird, die im Westen lediglich auf Platz 13 landet. Dieses Ergebnis zeigt die besondere Wertigkeit des Faktors Arbeit in Ostdeutschland schon zu einer Zeit, als dieses Thema für westdeutsche Jugendliche noch relativ unbedeutend ist.[116]
Aufschlussreich ist auch eine Liste der „beliebtesten Nationalitäten“. Basierend auf einer Liste mit Vorgaben für Nationen sollen Jugendliche beliebte und unbeliebte Nationen auswählen. In der Rangliste werden „Österreich“, „Holland“ und „Schweiz“ als besonders beliebt eingeschätzt. Die unbeliebtesten Vertreter einer Nationen sind auf den Rängen 23-27: Vietnamesen, Araber, Polen, Türken und zuletzt Israelis. Die für sich schon fragwürdige Kategorie „Juden“ landet auf Platz 16.[117] Diese Liste ist deshalb spannend, da die als „unbeliebt“ geltenden Gruppen schon zur Wendezeit zu bevorzugten Opfern rechtsextremer Gewalt gehören. Die rechtsextremen Täter konzentrieren sich somit auf jene Personenkreise, die auch bei der Masse der Jugendlichen am wenigsten Anerkennung finden.
Drei weitere Fragekomplexe zeigen erhebliche Hinwendungen zu rechtsextremen Orientierungen. Im Detail:
a)
These: „Es hat sich in der Geschichte immer gezeigt: wohin die Juden kamen, erregten sie Anstoß; Es muss also etwas mit ihnen los sein.“
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Immerhin 26.7% der ostdeutschen Jugendlichen meinen somit, dass es genau oder ziemlich stimme, dass es an den Juden liege, dass sie Anstoß erregen, wohin sie auch kommen, und nicht an den Einheimischen. In Westdeutschland stimmen dem sogar 39% ganz oder ziemlich zu. Im Ost-West-Vergleich zeigt sich der insgesamt höhere Wert der tendenziellen Zustimmung bei den Westdeutschen.
b)
These: „ Mich stören die vielen Ausländer bei uns im Land.“
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Im Gegensatz zur obigen Hinwendung zu antisemitischen Ressentiments stimmen diesem Item erheblich mehr ost- als westdeutsche Jugendliche zu. In Ostdeutschland unterstützen das Item mit 50,5% über die Hälfte ganz oder ziemlich, in Westdeutschland sind dies „nur“ 39,8%. Angesichts der realen, verschwindend geringen Zahl von Personen mit Migrationshintergrund scheint dieser starke Ausfall für viele zunächst überraschend.
c)
These: „Es wäre am besten, wenn alle Ausländer Deutschland verlassen würden.“
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Über 40% der ostdeutschen Jugendlichen unterstützen somit ganz oder ziemlich die klassische Parole rechtsextremer Parteien: „Ausländer raus“, in Westdeutschland sind es immerhin auch 29,6%.
Zusammengefasst kann Melzer bereits 1992 signifikante politische Orientierungen bei Jugendlichen feststellen, die zumindest mit Teilen rechtsextremer Ideologien konform gehen können. Augenfällig sind besonders die hohen ablehnenden Werte gegenüber Migranten. Dass es sich dabei nicht um einmalige Ausreißer handelt, zeigt die Studie von Friedrich 1993, die den Trend hoher ablehnender Werte gegenüber Migranten in diesem Fall am Beispiel Sachsen generell bestätigt.[118] Ernüchternd wirkt diesbezüglich auch das Ergebnis einer Untersuchung von Erb, der entgegen landläufiger Meinungen folgendes feststellt: „Einmal erworbene Einstellungen werden kaum aufgegeben.“[119] Er widerspricht damit der Hoffnung, dass es sich bei den von Melzer festgestellten Werten um „Moden“ oder kurzfristige „Ausreißer“ handele und attestiert ihnen einen manifesten Charakter.
Hoffmann-Lange [120] belegt 1995 in ihrer repräsentativen Umfrage von 4526 jungen Menschen zwischen 16 und 29 Jahren in Deutschland, dass es Widersprüche geben kann zwischen der grundsätzlichen Befürwortung der Demokratie als Idee und deren konkreten Umsetzung in der Realität des politischen Systems. . So stimmen 81,2% der ostdeutschen Jugendlichen der Idee der Demokratie zu (West: 89,7%). Zufrieden mit dem demokratischen System der BRD sind hingegen nur 31,2% der Jugendlichen. (West: 49,5%). Der Idee des Sozialismus sind 38,7% der ostdeutschen Jugendlichen positiv zugetan. Dies sind 22,9% mehr als im Westen. Ein Zurück zum real existierenden Sozialismus der DDR wünschen sich im Osten jedoch nur 6,3% der Befragten (West: 0,5%). Dem historischen Nationalsozialismus wird als Idee von 10,5% der ostdeutschen und 8,1% der westdeutschen Befragten zugestimmt. Eine starke Ablehnung erfährt diese Idee hingegen von immerhin 75,0% der ostdeutschen Jugendlichen.[121] Dies sind 2,1% mehr als im Westen, was für die größere Polarisierung in Ostdeutschland (mehr Zustimmung und mehr starke Abneigung) spricht.
Einen Erkenntnisfortschritt bringt 1997 die Auswertung des DJI-Jugendsurveys, dessen Ergebnisse Kleinert, Krüger und Willems [122] zusammenfassen. Die Autoren konstruieren darin die Kategorien „ausländerfreundlich“ und “ausländerfeindlich“ auf Basis von eher zustimmenden bzw. eher nicht zustimmenden Antworten. Folgende Tabelle[123] zeigt dabei die Ost-West-Differenzen und einzelne Ausformungen (in %):
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Bezogen auf die ostdeutschen Werte zeigen sich sehr hohe, ausländerfeindliche Werte bei den Items, die sich direkt auf den Arbeitsmarkt oder staatliche Unterstützungen beziehen. Dies dürften jene Bereiche sein, bei denen Ausländer als direkte Konkurrenz interpretiert werden. Indiz dafür ist die geringere Ausprägung mit dem Bezug auf den Wohnungsmarkt, der darauf hinweist, dass es sich nicht um generelle, materielle Bezüge handelt. Das Item „ Deutsche seien bessere Menschen“ zeigt immerhin einen Kern von 14,7% mit einem klassisch rassistischen Menschenbild. Auffallend ist weiterhin, dass die ostdeutschen Ausprägungen der Ausländerfeindlichkeit bei allen Items höher sind als bei den Westdeutschen. In Zahlen ausgedrückt zeigen in Westdeutschland eine „hohe Ausprägung von Fremdenfeindlichkeit“ immerhin 18% der Jugendlichen. In Ostdeutschland sind dieses dagegen 36% der Jugendlichen.[124] Weiterhin zeigen Einzelauswertungen der Ergebnisse nach Ansicht der Autoren folgende Zusammenhänge:
- Die formale Schulbildung ist ein Merkmal, das deutlich mit der Ausprägung von Feindlichkeit korreliert. Je niedriger die formale Bildung ist, desto höher ist der Anteil der ausländerfeindlich Gesinnten.[125]
- Das Geschlecht spielt auf der Einstellungsebene keine Rolle. Mädchen und Jungen unterscheiden sich dabei kaum.[126]
- Das Alter spielt statistisch keine Rolle.[127]
- Mit zunehmender politisch-gesellschaftlicher Verunsicherung wächst auch das Ausmaß der Ausländerfeindlichkeit.[128]
Kleinert und Rijke legen in ihrer Auswertung der Daten Wert auf die Feststellung, dass es eine besonders große Differenz „im Bereich fremdenfeindlicher und antidemokratischer/ antipluralistischer Haltungen“[129] gebe.[130] Sie belegen damit auch praxisnahe, qualitative Erhebungen, wie z. B. von Wagner 1998[131], die auch über die Fachöffentlichkeit hinweg für viel Aufmerksamkeit sorgen. So startet beispielsweise die damalige Zeitung „ Die Woche “ eine eigene Umfrage, basierend auf einer repräsentativen Befragung von Jugendlichen durch das Forsa-Institut, mit der Fragestellung: „Wie rechtsradikal ist die Jugend?“[132] Forsa ermittelt kein Gesamtpotential, sondern veröffentlicht einzelne Items zur Fragestellung. Immerhin 17% der ostdeutschen Jugendlichen können sich demnach die Wahl einer rechtsradikalen Partei vorstellen. Dies sind 10% mehr als im Westen und 6% mehr als in einer Forsa-Umfrage von 1995. Die Ideen des Nationalsozialismus seien gar nicht so schlecht gewesen, meinen demnach 23% der Jugendlichen (West 13%). Dies sind 7% weniger als noch zwei Jahre zuvor. Aufschlussreich sind auch zwei Fragen zur politischen Kultur: Mit der Demokratie in Deutschland zufrieden zeigen sich nur 35% der Ostdeutschen gegenüber 48% im Westen. Dass es sich hierbei um eine gerechte Gesellschaftsordnung handele, bejahen im Osten 22% gegenüber 29% im Westen. Sie sei ungerecht, meinen im Osten 56% und im Westen 49%.
Obwohl diese Zahlen die grundlegende Frage der Zeitung nicht beantwortet, deuten sie doch auf zwei wichtige Punkte hin: Zum einen fällt die skeptische Haltung der Ostdeutschen gegenüber der real existierenden Demokratie auf. Insbesondere der Punkt der Gerechtigkeit wird dabei in Frage gestellt. Zum anderen zeigt sich, dass nicht alle Personen, die in diesem Falle ein rechtsextremes Item (Bejahung des Nationalsozialismus) unterstützen, deshalb auf das Angebot rechtsextremer Parteien zurückgreifen. Dies ist ein Punkt, der an späterer Stelle noch ausführlicher behandelt wird.
Einen internationalen Vergleich wagt Oesterreich in seinem Bericht über die politische Handlungsbereitschaft im Jahr 2001. Bilanzierend stellt er in dieser Schüler-Vergleichsstudie von Achtklässlern fest:
„Im internationalen Vergleich findet sich bei deutschen Jugendlichen ein unterdurchschnittliches politisches Engagement. Sie zeigen sich auch weniger an der schulischen Mitbestimmung interessiert und nehmen weniger an politisch und sozial orientierten Gruppen außerhalb der Schule teil.“[133]
Folgende Tabelle zeigt die z. T. erheblichen Abweichungen:
Mit „Ja“ antworten:
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A = Deutschland, B = reiche Industrieländer, C = ehemals sozialistische Länder, D = ärmere Länder Südeuropas und Südamerikas
So ist in Deutschland die Bereitschaft, einer Partei beizutreten, mit Abstand am geringsten. In Deutschland können sich dies 10% der Befragten vorstellen, in den reichen Industrieländern durchschnittlich 16%, in Osteuropa sogar 19%. Schwächer ausgeprägt als in den anderen Kohorten ist in Deutschland auch die Bereitschaft zum Schülerengagement in der Schule und zur Beteiligung an einer friedlichen Demonstration.
Insgesamt zeigen diese Jugendstudien eine Permanenz hoher Anerkennungswerte von ideologischen Teilmomenten des Rechtsextremismus und stützen somit Beobachtungen in der Praxis, die mittlerweile von „Generationen“ von rechtsextrem Orientierten besonders im ostdeutschen Jugendkontext zeugen.[134]
Erheblich abgeschwächter ist das Bild – schon traditionell – in der bekannten „ Shell-Jugendstudie “ unter Leitung von Hurrelmann und Albert.[135] Sie identifizieren zunächst eine pragmatische Generation, die sich individuell auf die Herausforderungen einer globalisierten Welt eingestellt habe.[136] Zwar bestätigen die Autoren eine weit verbreitete Kritik an der bestehenden demokratischen Praxis, deuten diese jedoch als individuelle Unzufriedenheit mit zu geringen Chancen der beruflichen und sozialen Integration.[137] Eine verstärkte Zuwendung zu Formen des politischen Extremismus wird dabei ausgeschlossen, indem besonders auf eine Liste mit Kompetenzzuweisungen verschiedener Parteien verwiesen wird, bei der die offen rechtsextremen Parteien erkennbar schlecht abschneiden.[138]
Regionalstudien
Ab 1999 erscheinen eine Reihe regionaler Analysen, deren Ergebnisse mit den o.g. Werten abgeglichen werden sollen:
Übersicht
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Eines der interessantesten Projekte der Jugendforschung stellen Längsschnittstudien wie die von Förster in Sachsen[139] dar. Er formuliert für den Zeitraum 1990 bis 1998 basierend auf einer Längsschnittstudie sächsischer Schüler u.a. folgende Thesen:
- Die Mehrheit der Jugendlichen betrachtet die „Wende“ von 1989 als positives Ereignis.[140]
- Die Zufriedenheit mit dem bestehenden politischen System ist signifikant zurückgegangen.[141]
- Eine besondere Form der Identität zeigen folgende Werte: 81% bezeichnen sich 1998 als „Bürger der BRD“ und gleichzeitig sehen sich 79% als „Bürger der untergegangenen DDR“.[142]
- 70% der Jugendlichen sind 1998 schon direkt mit Auswirkungen von Arbeitslosigkeit konfrontiert. Bei diesen Jugendlichen zeigt sich eine durchschnittlich höhere Distanz zum bestehenden politischen System.[143]
- Nur 30% der Jugendlichen meinen, „ihren gerechten Anteil am Wohlstand zu erhalten.“[144]
- 53% der Jugendlichen haben die Erfahrung gemacht, dass Westdeutsche Ostdeutsche als „Bürger 2. Klasse“ behandelt haben.[145]
Insgesamt zeigt Försters Analyse besonders den besorgniserregenden Trend unter den sächsischen Jugendlichen, dass das real existierende politische System an Zustimmung verliert. Als ungerecht wird auch die Verteilung materieller Güter in Deutschland empfunden. Bedeutend ist auch die Aussage über eine immer noch eigenständige ostdeutsche Mentalität, die sich auf die DDR bezieht, ohne zwingend mit dem neuen System unvereinbar zu sein.
Ergänzend zu diesem Befund können die Ergebnisse der repräsentativen Befragung von Leipziger Schülern der 9. Klassen von 1998 herangezogen werden.[146] Folgende Werte zeigen die jeweilige Zustimmung zu fremdenfeindlichen Aussagen:[147]
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Mehrere explizite Items mit ausländerfeindlichem Inhalt werden somit von durchschnittlich über 40% der Leipziger Jugendlichen geteilt. Diese Zahl liegt damit über den Ergebnissen anderer Regionalstudien. So kommen Krüger u.a. 2000 für Sachsen-Anhalt auf einen Anteil von 32% der Schüler, die „hohe Ausländerfeindlichkeit“[148] aufweisen, und das Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung für 1999 auf 11% der Jugendlichen in Brandenburg, die ausländerfeindliche Einstellungen in „hohem Maße“ zeigen, 24% mit tendenziell ausländerfeindlichen Einstellungen.[149] Doch zurück zur Leipzig-Studie:
Eine Anpassung an hiesige Verhältnisse bzw. die Ausgrenzung von Migranten, falls das nicht gelingt, verlangen 61% der Befragten. Deutlich geringer fällt das explizit rechtsextreme Item, „Deutschland braucht wieder einen Führer“, aus. Nicht ganz ein Viertel der Befragten teilt diese Auffassung. Dabei ist zu bedenken, dass es sich um Schüler der neunten Klasse handelt. Bei dieser Kohorte kann eine schulische Beschäftigung mit der staatlichen Struktur des Nationalsozialismus und damit mit der Assoziation des „Führers“ Adolf Hitler nicht vorausgesetzt werden, so dass das Item lediglich als Wunsch nach starkem staatlichen Autoritarismus gewertet werden kann.
In einer ergänzenden Untersuchung beschäftigen sich die Autoren mit der Akzeptanz von Gewalt. Bei etwa 13,1 % der Leipziger Jugendlichen zeigt sich dabei eine Verbindung aus starker Gewaltbefürwortung und starkem fremdenfeindlichen Einstellungspotential. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass nur eine Minderheit der fremdenfeindlich Eingestellten eigene Gewaltanwendung befürwortet.[150]
Auch eine Panelbefragung von Schülern in Sachsen-Anhalt gibt keine Entwarnung. So steigt der Anteil der Schüler, die der Meinung sind, dass es zu viele Ausländer in Deutschland gebe, von 43% im Jahr 1993 über 54% im Jahr 1995 auf 73% im Jahr 2000.[151] Krüger und Pfaff ermitteln in ihrer Untersuchung hingegen nur einen Anteil von 6% der Jugendlichen, die als Angehörige einer rechtsextrem orientierten Jugendkultur bezeichnet werden können. 11% der Jugendlichen verfügen über eine „hohe Gewaltaffinität“.[152] Dies bedeutet, dass nur eine verschwindende Minderheit derjenigen, denen der Ausländeranteil in Deutschland zu hoch ist, einer rechtsextrem orientierten Jugendkultur angehört oder selbst zur Gewaltanwendung neigt. Bedeutend ist auch die zusätzliche Information von Reinhardt und Tillmann, dass immerhin 22% der sich selbst als „rechts“ einstufenden Jugendlichen an Politik sehr oder ziemlich interessiert sind. Bei den sich selbst als „links“ einstufenden Jugendlichen sind dies 1,8% weniger. Bei allen anderen Gruppen sind die Werte erheblich niedriger,[153] so dass sich eine Gleichsetzung von „rechter“ Selbsteinschätzung mit politischem Desinteresse verbietet. Im Gegenteil: in ihren Reihen ist der Anteil der politisch Interessierten sogar am höchsten!
Vor diesem Hintergrund ist die Konzentration vieler qualitativer Studien auf die Aspekte Gewalt- bzw. Straftaten[154] bei rechtsextrem Orientierten zu bedauern. Die einzelnen Studien verlieren dadurch an Wert. Im Sinne einer Rechtsextremismusforschung wäre eine Ausweitung der Ansätze auf jene rechtsextrem orientierten Jugendlichen sinnvoll, die noch nicht selbst mit Gewalt- oder Straftaten aufgefallen sind, um so zu einem komplexeren Bild zu gelangen.
Im Forschungsdesign der Leipziger Studie sehr ähnlich ist die repräsentative Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen von 2000 über Neuntklässler in Rostock[155]. Elf Items sollen hier besondere Beachtung finden:
Die Aussage stimmt... (in %)[156]
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Einige Zahlen ähneln den Leipziger Ergebnissen: Etwa 2/3 der Jugendlichen meinen, Ausländer müssten sich den Deutschen „anpassen“. Über 40% der Schüler lehnen eine Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt eher bis völlig ab.
Eindeutig rechtsextreme Positionen werden hingegen nur von einer Minderheit, hier etwa 20-25% der Befragten, vertreten, wie die letzten beiden Items beweisen, in denen die klassische rechtsextreme Parole „Ausländer raus“ sowie die Gewaltakzeptanz gegenüber Migranten abgefragt wird.
Sehr hoch ist auch in dieser Untersuchung der Wert negativer Einstellungen gegenüber Migranten in Bezug auf den Arbeitsmarkt. Über 40% der Befragten meinen, Ausländer seien an der Arbeitslosigkeit schuld. In einem weiteren Untersuchungsfeld wird auch hier nach einer Überschneidung stark ausländerfeindlicher Einstellungen mit Gewaltakzeptanz gefragt. Diesem Typus entsprechen nach dieser Untersuchung 17,8% der befragten Schüler.[157] Das sind immerhin 4,7% mehr als in Leipzig. Eine Schülerstudie aus Bayern [158] kommt hingegen nur auf einen gemessenen Anteil von 1,6% der Jugendlichen, die gleichzeitig feste rechtsextreme Orientierungen und starke Gewaltakzeptanz aufweisen. Insgesamt kommen die Autoren auf einen Anteil von rechtsextrem Orientierten von 4,7% der Befragten. Diese Daten können jedoch angesichts unterschiedlicher Definitionen dessen, was unter „rechtsextrem“ zu verstehen sei, nicht direkt verglichen werden. So fokussiert die Bayern-Studie explizit auf den direkten und positiven Bezug zum historischen Nationalsozialismus, obwohl qualitative Ansätze schon längere Zeit darauf hinweisen, dass sich viele Rechtsextremisten nicht mehr mit dem historischen Nationalsozialismus identifizieren und insbesondere Hitler „als Verbrecher am deutschen Volk“ ablehnen.[159] Die Folge ist, dass die Bayern-Studie zwar die geringsten Werte misst, leider jedoch wegen der definitorischen Fragwürdigkeiten auch nur begrenzt mit anderen Studien verglichen werden kann.
Aufschlussreiche Erkenntnisse bringt hingegen eine repräsentative Umfrage in Thüringen zur politischen Kultur des Landes.[160] Dort werden neben Jugendlichen auch Erwachsene befragt, so dass Vergleichsoptionen bestehen. Die Studie kommt dabei zu folgendem Gesamtergebnis[161]:
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Bei den Jugendlichen sind 22% explizit anti-demokratisch gesinnt. Dies sind 6% mehr als bei den Erwachsenen. Immerhin 78% der Jugendlichen werden nach dieser Studie als Demokraten bezeichnet, wobei der hohe Wert der Unzufriedenen von 38% zu beachten ist. Im Altersvergleich unterscheiden sich Jugendliche und Erwachsene besonders in der Anzahl der Anti-Demokraten (+6% bei den Jugendlichen) und in der Anzahl der zufriedenen Demokraten (+6% bei den Erwachsenen).
Indizien für die Verbreitung rechtsextremer Ideologieelemente bei Jugendlichen gibt folgende Tabelle[162]:
„Ich stimme der These...“ (in %)
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Fast die Hälfte der Thüringer Jugendlichen (48,8%) stimmt der These ganz oder überwiegend zu, dass Deutschland in einem gefährlichen Maße „überfremdet“ sei. Eine direkte Abschottungspolitik gegenüber Ausländer, hier am Beispiel der Ehegattensuche gemessen, bejahen tendenziell 28% der Jugendlichen. Den Gleichheitsgrundsatz der Menschenrechte lehnen 17,0% komplett und 18,2% überwiegend ab, wie die Messung der Ergebnisse des Items von der Differenz zwischen „wertem“ und „unwertem“ Leben zeigt. Positive Seiten des Nationalsozialismus erkennen hingegen „nur“ 8,4% vollkommen und 13,0% überwiegend. Hier zeigt sich, dass die explizite Negierung menschenrechtlicher und demokratischer Grundsätze nicht automatisch mit einem positiven Bezug zum Nationalsozialismus einhergeht. Das antisemitische Item, nach dem Juden nicht so recht „zu uns“ passen, bestätigen 3,9% vollkommen und 11,0% überwiegend.
Die Autoren korrelieren die Einzelergebnisse und kommen so zu einem Gesamtanteil von 19,0% der Thüringer Jugendlichen, die sie als rechtsextremistisch bezeichnen. Auffallend ist dabei wiederum die Bedeutung des Bildungsabschlusses, der in einer These prägnant zusammengefasst wird:
„Hoch gebildet und gleichzeitig Nicht-Demokrat zu sein, schließt sich nahezu aus.“[163]
Betrachtet man die regionalen Analysen und vergleicht sie mit den überregionalen Ergebnissen, so kann man feststellen, dass sie generell nicht im Widerspruch stehen, sondern in ihren Teilergebnissen die überregionalen Trends bestätigen. Besonders im Jugendkontext sind trotz einiger Schwankungen und weniger Ausreißer (Bayern-Studie) die Zahlen der rechtsextrem Orientierten konstant hoch und schwanken je nach Definition zwischen 15 und 35% der Jugendlichen. Zum Teil deutlich höher ist der Anteil von Jugendlichen, die Items mit explizit ausländerfeindlichen Thesen, die sich auf den Arbeitsmarkt beziehen, unterstützen. Deutliche Mehrheiten fordern darüber hinaus eine Anpassung von Migranten und eine Sanktionierung bei Nichtanpassung an „hiesige“ Konventionen. Nur kleinere Minderheiten beziehen sich positiv auf den historischen Nationalsozialismus. Explizit antisemitische Items vertreten ebenfalls weniger Jugendliche als rassistische Thesen.
Insgesamt zeigt die chronologische Darstellung der Ergebnisse eine zumindest 15-jährige Tradition bei Jugendlichen in Ostdeutschland, zu rechtsextremen Ideologievorstellungen zu neigen. Diese Tradition hat ihren Ursprung, wie an anderer Stelle gezeigt wird, bereits in der DDR. Die Nachwendehoffnung, es handele sich um eine kurze Modewelle, die schnell vergehe, hat sich somit nicht erfüllt. Vielmehr ist eine Verstetigung, trotz einzelner positiver Trends, zu verzeichnen.
Neben den Jugendstudien liegen mittlerweile auch zahlreiche Untersuchungen zu Erwachsenen vor, die für diese Arbeit von Interesse sind:
Quantitative Daten zu politischen Einstellungen
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Hüsers bezieht sich in ihrer Analyse auf Daten einer repräsentativen Umfrage des Emnid-Instituts von 1993 bei 1398 Befragten in Gesamtdeutschland. Die Autorin bezeichnet darin 15,5% der Befragten als „überdurchschnittlich stark fremdenfeindlich“. Auffallend ist dabei die Ost-West Differenz, so gehören zu dieser Gruppe im Osten 19,0 und im Westen 14,6%.[164]
Leider enthält die Untersuchung definitorische Defizite, so dass unklar bleibt, welche Kategorien die Bezeichnung „fremdenfeindlich“ letztendlich verdienen.
Einen erheblichen Erkenntnisfortschritt bringen hingegen die Studien des Otto-Stammer-Instituts der Freien Universität Berlin, die ausführlich vorgestellt werden sollen:
Basierend auf einer repräsentativen Umfrage bei 3764 Personen ab 14 Jahren in Deutschland widmen sich Stöss und Niedermayer 1998 der Messung rechtsextremer Einstellungs- und Wählerpotentiale. Die Autoren kommen insgesamt zu dem Ergebnis, dass 13% der Deutschen über ein geschlossen rechtsextremes Einstellungspotential verfügen. Dabei gibt es wiederum eine Ost-West-Differenz, so sind es im Osten 17% der Befragten und damit 5% mehr als in Westdeutschland.[165] Aufschlussreich ist die Auflistung der Zustimmung zu den einzelnen Bestandteilen des rechtsextremen Weltbildes.[166]
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Auffallend sind die deutlich erhöhten Werte bei der sozioökonomisch motivierten Fremdenfeindlichkeit in Ost- und Westdeutschland, gefolgt von der ethnisch motivierten Fremdenfeindlichkeit. Hier liegt eindeutig der Schwerpunkt, der auch über das enge Rechtsextremismuspotential, welches sich aus der Summe der Einzelergebnisse ergibt, deutlich hinausgeht. Pronazismus und Antisemitismus sind hingegen mit jeweils 5-6% eher marginal gemessen worden.
Eine deutliche Ost-West-Differenz zeigt sich darüber hinaus beim Autoritarismus. Hier sind die ostdeutschen Werte 6% über denen der westdeutschen.
Für unser Thema aufschlussreich ist auch ein Ländervergleich der Autoren. In Mecklenburg-Vorpommern liegt der Anteil der Personen mit geschlossen rechtsextremem Weltbild bei 16%. Das Land hat damit den fünfthöchsten Anteil in Deutschland. An der Spitze stehen Brandenburg mit 19%, Sachsen und Sachsen-Anhalt mit jeweils 18% und Thüringen mit 17%. Schlusslichter im Ranking sind das Saarland mit 4% und Bremen mit 5%.[167]
Detailanalysen des rechtsextremen Potentials ergeben zusätzliche Informationen. Eine Geschlechteraufteilung zeigt für die westdeutsche Gruppe keine Differenzen zwischen Männern und Frauen (jeweils 12%). In Ostdeutschland ist eine kleine Differenz erkennbar: Männer = 19% und Frauen = 16%.[168] Die Zahlen erlauben es jedoch nicht, von einem Männerproblem zu reden. Dafür sind die Unterschiede statistisch zu gering.
Aus der Übersicht der Rechtsextremismuspotentiale in den Alterskohorten lassen sich ebenfalls wichtige Erkenntnisse ziehen:[169]
Der Anteil des rechtsextremen Einstellungspotentials an den Altersgruppen in Prozent:
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In der Bundesrepublik zeigt sich insgesamt bis zur Gruppe der 45-Jährigen eine relativ gleichmäßige Verteilung von 8-10%. Danach nimmt der Anteil in den älteren Altersgruppen stetig zu. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in Westdeutschland. Hier schwanken die Zahlen der 14-44-Jährigen zwischen 5 und 7%. Mit zunehmendem Alter nimmt danach der Anteil stetig zu. Bei der Generation derjenigen, die den Nationalsozialismus noch selbst erlebt haben, ist der Anteil 1998 mit 23% am höchsten. In Ostdeutschland hingegen ist die Verteilung mit Ausnahme der Gruppe der 25-34-Jährigen und der 65-74-Jährigen relativ konstant und schwankt zwischen 14% und 17%. Die Generation der 25-34-Jährigen ist jene Kohorte, die zur Zeit der Wende mit 18 Jahren oder älter beim Einstieg ins Berufsleben war. Die Gruppe der 65-
[...]
[1] Die zahlreichen Handbücher, Lexika und Forschungsbilanzen stellen zwar einen Fortschritt; aber noch keine Lösung des Problems dar. Sie dokumentieren unterschiedliche Richtungen der Forschungen, fügen diese aber mit wenigen Ausnahmeversuchen (Vgl. Neugebauer 2000) nicht zu einer eigenständigen Theoriebildung zusammen. (Vgl. Grumke/ Wagner 2002; Schubarth/ Stöss 2000; Kowalsky/ Schröder 1994; Mecklenburg 1996,Mecklenburg 1996a, Fromm 1993, Wagner 1994, Mudde 2005, Klandermans/ Mayer 2006). Den Versuch einer theoretischen Fundierung wagt immerhin Winkler 1996 und 2005)
[2] Vgl. Stöss 1994
[3] Eigenständige und öffentliche Bibliotheken zur Thematik existieren u.a. bei den Vereinen „Apabiz“ und „Regionale Arbeitsstelle für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule“ in Berlin. Eine erste Übersicht der Literatur schaffen: Minkenberg 2005 und Rieker 2009
[4] Vgl. dazu Stöss 1994, Druwe 1996, Butterwegge 1997, Backes 2003
[5] Pfahl-Traughber 1993: 14
[6] Butterwegge 1996a: 349
[7] Backes/ Jesse 1993: 15; Auf die vermeintliche Notwendigkeit, die Extremismusforschung aus dem Status des „Stiefkindes“ der Politikwissenschaft zu heben, verweisen die Autoren allerdings schon erheblich früher: Vgl. besonders Backes/ Jesse 1985 sowie Backes/ Jesse 1987. eine Übersicht zum Ansatz bietet auch Lang 2006
[8] Backes/ Jesse 2005: 35
[9] „Jahrbuch Extremismus & Demokratie“
[10] Schriftenreihe „Extremismus und Demokratie“ im Verlag Nomos.
[11] Z. B. Universität Chemnitz, Hannah-Arendt-Institut an der TU Dresden
[12] U.a. Steffen Kailitz, Hendrik Steglich u.a.
[13] Jesse 2004: 21
[14] ebenda, S. 15
[15] ebenda, S. 9
[16] Vgl. ebenda, S. 10
[17] Kailitz 2004: 21
[18] Alle Vgl. Kailitz 2004: 21f
[19] Jesse 2004: 11
[20] Vgl. Backes/ Jesse 1993: 47ff
[21] Vgl. Backes 1989: 252
[22] Kailitz 2004: 25
[23] Backes/ Jesse 1993: 400f. Vgl. in diesem Sinne zur Verdeutlichung auch: Backes 1994
[24] Jesse 2004: 13, Siehe auch Jesse 1996. In diesem Sinne Vgl. auch Schroeder 1994
[25] Vgl. z.B. Neugebauer 2000, Rensmann/ Kopke 2000 sowie wiederholt Butterwegge, Vgl. Butterwegge 1996, Butterwegge 2002
[26] Deutlich wird dies in der dauerhaften Forderung von Jesse nach einem antiextremistischem Konsens in Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit. (Vgl. Jesse 2007a und Jesse 2006)
[27] Vgl. Everts 2000: 293. Ähnliche Schwächen zeigen sich auch bei Bergsdorf 2003. Differenzierter im Vergleich ist Jesse 2003, ohne jedoch die grundsätzlichen Schwächen des Ansatzes beheben zu können.
[28] Vgl. besonders Butterwegge 2002 sowie weiterführend Butterwegge u.a 2002.
[29] Die Debatte dokumentieren Bergsdorf wohlwollend gegenüber der Extremismustheorie, Möller neutral beschreibend und Fülberth polemisch aus ablehnender Perspektive. (Siehe: Bergsdorf 2003, Möller 1998 und Fülberth 1997)
[30] Vgl. Stöss 2000: 13ff
[31] ebenda, S. 20
[32] Vgl. ebenda, S. 22
[33] ebenda, S. 20
[34] ebenda
[35] ebenda
[36] ebenda, S. 21
[37] Vgl. Heitmeyer 1989a: 15-16
[38] ebenda, S. 16
[39] Jaschke 2001: 30
[40] Dazu gehören u.a. Richard Stöss, Oskar Niedermayer, Jürgen Winkler, Jürgen Falter und Karl Schmitt.
[41] Zitiert nach Decker/ Brähler 2006: 20
[42] Vgl. NPD-LV Rheinland Pfalz 1999
[43] Ebenda, S. 25
[44] Ebenda, S. 37
[45] Ebenda
[46] Graphik entnommen: ebenda, S. 29, Abbildung 6.1
[47] Ebenda, S. 31
[48] Ebenda, S. 32
[49] Vgl. ebenda S. 34
[50] Ebenda, S. 35
[51] Ebenda
[52] ebenda
[53] Vgl. ebenda, S. 38
[54] ebenda
[55] Vgl. ebenda, S. 42
[56] Ebenda, S. 42-43
[57] Dieses Ergebnis ist kompatibel mit ähnlich gelagerten Untersuchungen: Vgl. Ramelsberger 2005 und DGB-Bildungswerk Hessen 1999
[58] Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass neben dem Rassismus auch der Antisemitismus in NPD-Kreisen biologistisch begründet wird. (Siehe z. B. das Schulungsblatt „Judentum in Stichworten“ von Jürgen Gansel anlässlich eines JN-Zeltlagers 1999, liegt dem Autor als Kopie vor).
[59] Kailitz sieht die NPD programmatisch deshalb auch schon „inmitten des nationalsozialistischen Spektrums.“ (Kailtz 2007: 44)
[60] Eine andere, dreistufige Einteilung unternimmt Stöss. Sein zentrales Kriterium sind dabei jedoch Wahlergebnisse und nicht primär Forschungsdebatten. (Vgl. Stöss 2005a: 75-99; siehe auch die Vorläuferuntersuchung mit zusätzlichen Daten: Stöss 1989)
[61] Vgl. Bracher 1971
[62] Vgl. dazu Bracher 1964 und Bracher 1970. Eine Übersicht zu Leben und Werk liefert: Rupp 1994
[63] Vgl. Hamm-Brücher 2001b
[64] Vgl. Kogon 1974
[65] Vgl. Hofer 1957
[66] Vgl. Friedrich/ Brzezinski 1965. Übersichten zur Forschung liefern (leider in der Kritik politisch einseitig) Wippermann 1997 sowie (in sehr kurzer Form) Rensmann 2004
[67] Rensmann 2004: 371
[68] besonders Arendt 1955
[69] Arendt 1996: 710
[70] Vgl. beispielsweise Büsch/ Furth 1957
[71] Fischer 1961; später auch weiterführend Fischer 1979
[72] Kühnl 1996: 156
[73] ebenda
[74] Vgl. Sontheimer 1962
[75] ausführlich: Arendt 1964
[76] ausführlich Vgl. u.a. Reichel 2003: 158-181 und sehr kritisch Friedrich 1984. Siehe zu den Vorläufern der Debatten auch: Frei 1999
[77] Wolfrum 1999: 237
[78] Arendt 1964
[79] Vgl. u.a. Kühnl/ Rilling/ Sager 1969; Duve 1968; Fetscher 1967; Hirsch 1967; Hofmann 1966; Hofmann 1967; Kühnl 1967; Kühnl 1968; Maier 1967; Niethammer 1967; Niethammer 1969 Rilling 1968; Spoo 1966
[80] Vgl. Scheuch/ Klingemann 1967
[81] erste Analysen dazu lieferte z. B. Bartsch 1975
[82] Federführend war Reinhard Kühnl. Siehe besonders: Kühnl 1971. Lediglich in linksradikalen Kreisen fand ansonsten noch Opitz Beachtung; Vgl. Opitz 1988
[83] Kühnl 1971a: 269
[84] ebenda
[85] Mitscherlich/ Mitscherlich 1967
[86] Sinus Institut 1981
[87] Zusammenfassende Analysen und Sammlungen bieten u.a. Funke 1988 und Kühnl 1986;
[88] Siehe Leggewie 1987
[89] Zur Geschichte, Entwicklung und Ideologie dieses Projekts siehe: Braun 2007
[90] Vgl. dazu den noch immer wichtigen Essay: Wehler 1988
[91] Eine Zusammenfassung der Debatte bietet: Piper Verlag 1987. Zur Bewertung siehe die Beiträge in Diner 1987. Zusätzliche Dokumente liefert die Sammlung Kühnl 1987
[92] Beck 1986
[93] Siehe Heitmeyer 1987; Heitmeyer 1989
[94] Vgl. Heitmeyer 1993
[95] Siehe z. B. den durchaus kritischen, aber dennoch nicht überzeugenden Versuch der Rekonstruktion des Begriffs Antifaschismus bei: Kinner/ Richter 2000.
[96] Vgl. Dimitroff 1982: 49
[97] Ebenda, S. 50
[98] Ebenda, S. 51
[99] Ebenda, S. 51
[100] Gossweiler 1986: 654
[101] Gossweiler 1982: 93
[102] Gossweiler 1986: 559-560
[103] Vgl. dazu den klugen und differenzierten Aufsatz von Groehler 1992
[104] Benz 2000: 229
[105] Marx schreibt in der Kritik des Gothaer Programms: „Womit wir es hier zu tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eigenen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie hervorkommt.“ (Marx 1972: 20). Mit dieser Muttermaltheorie versucht der SED-Staat den hausgemachten Rechtsextremismus theoretisch zu fassen und verkennt damit deren Ursprung in der eigenen Gesellschaft.
[106] Vgl. die Übersicht der Diskurslandschaft in Ahbe 2007
[107] Besonders aus dem Kreis der AG Rechtsextremismus der „Linken“ heraus gibt es Bemühungen, einen neuen Antifaschismus-Begriff zu entwickeln, der sich auch auf die Geschichte des Begriffs bezieht, jedoch die Frage der Humanität in den Mittelpunkt stellt und sich damit gegen seine stalinistischen Prägungen stellt. (Vgl. Elm 1999)
[108] Danyel 2001: 13
[109] Ebenda, S. 17
[110] Versuche der Erfassung dieses Zusammenhangs gibt es nur kurz nach der Wende. Es ist bedauerlich, dass dieser Forschungsstrang keine Fortführung erlebt. (Vgl. einführend: Schubarth/ Pschierer/ Schmidt 1991; Schubarth/ Schmidt 1992 und Klier 1990)
[111] Einblicke eröffnet die Debatte um eine Ausstellung zum Antisemitismus in der DDR. Vgl. Amadeu Antonio Stiftung 2010
[112] Ein fundierte Kritik des quantitativen Ansatzes bietet: Lamnek 1995
[113] Vgl. Weber 1991a und Weber 1991b
[114] Vgl. Pollmer 1992
[115] Vgl. Melzer 1992
[116] Vgl. ebenda, S. 91f
[117] Vgl. ebenda, S. 129ff
[118] Vgl. Friedrich 1993
[119] Erb 1996: 54
[120] Vgl. im Folgenden: Hoffmann-Lange 1995
[121] Vgl. Westle 1995: 226
[122] Vgl. Kleinert/ Krüger/ Willems 1998
[123] Entnommen: ebenda, S. 17
[124] ebenda, S. 19
[125] Vgl. ebenda, S. 20
[126] Vgl. ebenda
[127] Vgl. ebenda, S. 21
[128] Vgl. ebenda, S. 23-25
[129] Kleinert/ Rijke 2000: 181
[130] Kleinert legt 2008 ein Update des DJI-Jugendsurveys mit Daten bis 2003 vor. Darin gehen die fremdenfeindlichen Einstellungen ostdeutscher Jugendlicher zwischen 1997 und 2003 leicht zurück. (Siehe Kleinert 2008)
[131] Vgl. Wagner 1998
[132] Vgl. Wiedemann 1998
[133] Oesterreich 2001: 21
[134] Dies bestätigt auch die Übersicht von Edelstein/ Bromba 2001
[135] Siehe Shell Deutschland Holding 2006
[136] Vgl. Hurrelmann/ Alber / Quenzel/ Langness 2006
[137] Vgl. ebenda, S. 46
[138] Siehe: Schneekloth 2006: 108-110
[139] Vgl. Förster 1999
[140] Vgl. ebenda, S. 23
[141] Vgl. ebenda, S. 25
[142] Vgl. ebenda, S. 27f
[143] Vgl. ebenda, S. 29f
[144] ebenda, S. 30
[145] Vgl. ebenda. Watermann kommt in seiner allgemeinen Untersuchung zu ähnlich lautenden Ergebnissen und bewertet sie als Ausdruck deutlich geringeren Systemvertrauens ostdeutscher Jugendlicher gegenüber den westdeutschen Befragten. (Vgl. Watermann 2005)
[146] Vgl. Wetzels/ Fabian/ Danner 2001
[147] ebenda, S. 43
[148] Vgl. Krüger/ Pfaff 2001: 18
[149] Vgl. Institut für angewandte Familien- Kindheits- und Jugendforschung 2000: 6ff
[150] Vgl. ebenda, S. 65ff
[151] Vgl. Krüger/ Pfaff 2001: 15
[152] Vgl. ebenda, S. 17ff
[153] Vgl. Reinhardt/ Tillmann 2001: 7
[154] Vgl. Wahl 2001; Sellkens/ Wilde 2001; Mentzel 1998; Frindte/ Neumann 2002; Erb 1998; Willems 1993; Heitmeyer/ Müller 1995
[155] Vgl. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen 2000
[156] Vgl. ebenda, s. 3ff
[157] Vgl. ebenda, S. 147
[158] Vgl. Fuchs/ Lamnek/ Wiederer 2003
[159] Vgl. Wagner 2001
[160] Vgl. Dicke/ Edinger/ Hallermann/ Schmitt 2002
[161] Vgl. ebenda, S. 72
[162] ebenda, S. 31
[163] ebenda, S. 21; Vgl. zusätzlich den Vorläufer Dicke/ Edinger/ Schmitt 2000
[164] Vgl. Hüsers 1995: 23ff
[165] Vgl. ebenda, S. 10
[166] Vgl. ebenda, S. 11
[167] Vgl. ebenda, S. 12
[168] Vgl. ebenda, S. 13
[169] Vgl. ebenda
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