„Alle Schuld tragen die NGOs, die den Einwanderern ihre Rechte erklären“; ein Zitat des Bürgermeisters der Stadt El Ejido, welches in der Zeitung „Diario“ am 11. Februar 2000 erscheint. Er schiebt die Schuld an den Aufständen, welche zuvor tagelang seine Stadt verwüsteten den Einwanderern und ihren Fürsprechern in die Schuhe und gibt mit diesem Zitat mehr zu verstehen als ihm lieb ist. Spanien wandelt sich. Die Migration rückt in den Mittelpunkt des politischen und gesellschaftlichen Diskurses. Im Zuge dieser Entwicklung stellt sich die Frage nach den Ursachen für die irreguläre Migration und der Situation der irregulären Migranten.
Inhaltsverzeichnis:
1 Einleitung
2 Der Begriff der irregulären Migration
3 Irreguläre Migranten
4 Das Beispiel Spanien
4.1 Vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland
4.2 Ursachen der irregulären Migration
4.3 Die Situation der irregulären Einwanderer
4.4 Das Beispiel marokkanischer Einwanderer in Almería
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
Einleitung
„Alle Schuld tragen die NGOs1, die den Einwanderern ihre Rechte erklären"; ein Zitat des Bürgermeisters der Stadt El Ejido, welches in der Zeitung „Diario" am 11. Februar 2000 erscheint. Er schiebt die Schuld an den Aufständen, welche zuvor tagelang seine Stadt verwüsteten den Einwanderern und ihren Fürsprechern in die Schuhe und gibt mit diesem Zitat mehr zu verstehen als ihm lieb ist. Spanien wandelt sich. Die Migration rückt in den Mittelpunkt des politischen und gesellschaftlichen Diskurses. Im Zuge dieser Entwicklung stellt sich die Frage nach den Ursachen für die irreguläre Migration und der Situation der irregulären Migranten.
2 Der Begriff der irregulären Migration
Vor dem ersten Weltkrieg gab es den Begriff der irregulären Migration quasi nicht, bzw. es gab kaum Migrationsbeschränkungen und somit auch keine irreguläre Migration (Düvell, 2007, S. 3). Erst in den 1930er Jahren tauchte der Begriff der „illegalen Migration" in Berichten der britischen Kolonialverwaltung auf, mit dem Ziel „jüdische Einwanderer nach Palästina zu denunzieren" (Düvell, 2007, S. 3). Allerdings wurde dieser Begriff schnell durch den Begriff der „spontanen Migration" ersetzt, welcher die selbstständige und nicht durch Anwerbungsprogramme ausgelöste Wanderungsbewegung von Migranten beschrieb (Düvell, 2007, S. 3). Erst in den letzten 25 Jahren des 20. Jahrhunderts gewann der Begriff an Bedeutung. Die Einführung von Zuwanderungsbeschränkungen (z.B. Passpapiere, Visa, Arbeitserlaubnis, etc.) sowie die Vervielfachung und Verkomplizierung der rechtlichen Bestimmungen eines Staates sind eng mit dem Begriff der irregulären Migration verknüpft. Verbote und Bestimmungen machen die Migration zu einer irregulären Migration, nicht aber die Wanderungsbewegung selbst (Düvell, 2007, S. 4). Düvell (2007, S. 4) beschreibt irreguläre Migration als ein Konstrukt, welches aus politischen und juristischen Bestimmungen besteht.
3 Irreguläre Migranten
Was sind irreguläre Migranten?
Nach Düvell (2007, S. 4) definieren vier wesentliche Bedingungen irreguläre Migranten.
1) eine Person übertritt heimlich und ohne Erlaubnis die Grenze eines Staates, hält sich dort unerlaubt auf und arbeitet oder auch nicht.
2) eine Person reist regulär in einen Staat ein, reist aber am Ende des regulären Aufenthalts nicht wieder aus, sondern verbleibt irregulär im Lande und arbeitet oder auch nicht.
3) eine Person reist regulär in einen Staat ein, hält sich dort regulär auf, nimmt aber entgegen den Aufenthaltsbestimmungen eine Arbeit auf.
4) ein Kind wird von irregulären Immigranten zur Welt gebracht und ist „irregulär", obwohl es selber niemals eine Staatsgrenze überschritten hat.
Tatsache ist aber, dass in der Realität eine Einteilung vom Schema regulär/irregulär bzw. legal/illegal zu kurz greift. Durch zahlreiche gesetzliche Regelungen in den verschiedenen Einwanderungsstaaten, kommt es immer wieder zu Änderungen des Status der irregulären bzw. regulären Migranten (Düvell, 2007, S. 4). Zum Beispiel konnten irreguläre Migranten in den Niederlanden bis 1999 ihre Arbeit registrieren lassen und somit Steuern zahlen. Die dadurch erreichte Legalisierung ihres Arbeitsverhältnis hatte allerdings keine Auswirkungen auf ihren Aufenthaltsstatus, welcher weiterhin als irregulär eingestuft wurde (Düvell, 2007, S. 4). Das gleiche Phänomen beobachteten Ruhs und Anderson in Großbritannien und prägten den Begriff der „Teil-Befolgung" (semi-compliance). Auch sie beschrieben damit, dass zwar einige, aber nicht alle Einwanderungsbestimmungen eingehalten werden (Düvell, 2007, S. 4).
Zum Teil reisen Migranten aber auch regulär ein und verfügen über einen regulären Status, nehmen dann aber eine Arbeit auf, was sie dann, nach geltendem Recht, wieder zu irregulären Migranten macht. Viele dieser Migranten regularisieren dann aber erneut ihren Aufenthalt, indem sie an verschiedenen Regularisierungsprogrammen teilnehmen oder eine nachträgliche Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis beantragen (Düvell, 2007, S. 4). Dem ungeachtet haben auch politische Entscheidungen z.T. großen Einfluss auf den Status der Migranten. So machte beispielsweise der Beitritt von 10 Staaten zur EU 2004 und 2007, aus zuvor irregulären Migranten sozusagen über Nacht reguläre Migranten (Düvell, 2007, S. 4).
Einweiteres Problem ist, dass vielen Migranten nicht bewusst ist, dass sie eine Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis benötigen, so Düvell (2007, S. 4). Auch ist es für sie nicht nachvollziehbar, warum ihnen Arbeitsrechte und z.T. sogar Menschenrechte untersagt werden, obwohl sie doch offensichtlich auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden (Düvell, 2007, S. 5). So bleibt vielen nur der irreguläre Weg, da keine legale Option verfügbar ist. Zusätzlich erscheint den meisten Migranten ein Verstoß gegen das Ausländerrecht als belanglose Straftat. Das mag daran liegen, dass viele irregulären Migranten nur darauf aufmerksam gemacht werden ihren Aufenthaltsstatus zuklären, aber meistens nicht mit harten Strafen rechnen müssen (Düvell, 2007, S. 4). Zusammenfassend kann man sagen, dass der aufenthaltsrechtliche Status der Migranten „von recht wechselhafter Natur" (Düvell, 2007, S. 4) ist und außerdem von den politischen Rahmenbedingungen abhängt.
4. Das Beispiel Spanien
4.1 Vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland
Aus der historischen Perspektive betrachtet zählt Spanien zu den „klassischen" Auswanderungsländern. In einem Zeitraum von etwas mehr als 100 Jahren (1882-1990) emigrierten von Spanien aus ca. 7 Millionen Menschen (Santel, 2001, S. 7). Die erste Wanderungsphase, welche zwischen 1880 und 1936 stattfand, wurde durch die Emigration nach Amerika geprägt. Vorwiegende Ziele der spanischen Auswanderer waren zu jener Zeit Argentinien, Kuba und Venezuela (Santel, 2001, S. 7). Allerdings wurde die transkontinentale Emigration stark durch den Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges (Juli 1936) beeinflusst und verminderte sich in den folgenden Jahren deutlich (Santel, 2001, S. 7). Es folgte eine weitere Phase signifikanter Emigration aus Spanien (1953-1973). Die westeuropäischen Industriestaaten waren, im Zuge ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, die vorwiegenden Zielpunkte der Auswanderer (Santel, 2001, S. 7). Durch die Wirtschaftskrise von 1973/74 und das damit verbundende Ende der Anwerbungen von „Gastarbeiter" führte zu einem drastischen Rückgang der Auswanderungen. (Laubenthal, 2007, S. 121). Des Weiteren ist diese dritte Phase durch eine „signifikante Rückkehrmigration" (Laubenthal, 2007, S. 121) spanischer Arbeitskräfte geprägt, was dazu führte, dass in den 1990er Jahren mehr Menschen nach Spanien zurückkehrten als auswanderten (Laubenthal, 2007, S. 121). 1999 lag die Rückkehrzahl aus Europa und Lateinamerika bei ca. 20.000 Personen (Kreirenbrink, 2006, S. 2).
Ferner erlebt Spanien seit Ende der 1980er Jahre einen immensen Anstieg an Zuwanderung, speziell aus dem außereuropäischen Ausland (Laubenthal, 2007, S. 121). 1975 waren ca. 200.000 reguläre Migranten in Spanien gemeldet. Bis Ende 2005 vervielfältigte sich diese Zahl um das Vierzehnfache auf ca. 2,74 Millionen (Kreirenbrink, 2006, S. 2). Die jährlichen Zuwachsraten lagen dabei seit dem Jahre 2000 fortlaufend bei ca. 20% und bei einer Regularisierungsaktion 2004 bei sogar fast 40% (Kreirenbrink, 2006, S. 2). Die deutlichen Erhöhungen bei Zuwachsraten im Zuge von Regularisierungsaktionen lassen eine Vermutung auf die „aufenthaltsrechtliche Illegalität" (Kreirenbrink, 2006, S. 2) in Spanien zu.
Auch die Zahlen des kommunalen Melderegisters, dem padrón municipal, unterstützen die Annahme, dass die tatsächliche ausländische Wohnbevölkerung sehr viel höher ist, als die gemeldeten Zahlen aussagen (Kreirenbrink, 2006, S. 2). Im Januar 2005 ergibt sich aus diesem Register, dass ca. 3,73 Millionen Ausländer gemeldet sind (siehe Abb. 1). Im Vergleich mit den offiziell vergebenen Aufenthaltsgenehmigungen von ca. 1,98 Millionen (siehe Abb. 1) ergibt sich eine Differenz von etwa 1,75 Millionen (Kreirenbrink, 2006, S. 2). Insgesamt stellen die Ausländer, nach Angaben des padrón municipal, etwa 8,46% der Gesamtbevölkerung (44,1 Millionen) dar (Kreirenbrink, 2006, S. 2).
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1 Non-Governmental Organizations - Nichtstaatliche Organisationen
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- Peer Bittner (Author), 2008, Irreguläre Einwanderer in Europa - Das Beispiel Spanien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170063
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