Zu den genialsten Malerinnen ihrer Zeit gehörte die aus Russland stammende Künstlerin Marianne von Werefkin (1860–1938), die auch in Deutschland und in der Schweiz lebte. In ihrer Heimat wurde sie als „Russischer Rembrandt“ bezeichnet. In München leistete sie für den deutschen Expressionismus Herausragendes. Über sich selbst sagte sie einmal: „Ein Leben ist viel zuwenig für alle die Dinge, die ich in mir spüre“.
Ernst Probst
Marianne von Werefkin
Der „Russische Rembrandt“
Meiner Ehefrau Doris
sowie meinen Kindern Beate, Sonja und Stefan
gewidmet
Marianne von Werefkin
Der „Russische Rembrandt“
Zu den genialsten Malerinnen ihrer Zeit gehörte die aus Russland stammende Künstlerin Marianne von Werefkin (1860–1938), die auch in Deutschland und in der Schweiz lebte. In ihrer Heimat wurde sie als „Russischer Rembrandt“ bezeichnet. In München leistete sie für den deutschen Expressionismus Herausragendes. Über sich selbst sagte sie einmal: „Ein Leben ist viel zuwenig für alle die Dinge, die ich in mir spüre“.
Marianne von Werefkin (Marianna Wladimirowna Werewkina) kam – nach dem Julianischen Kalender – am 29. August 1860 als Tochter einer adeligen Familie im Gouverneurspalast von Tula bei Moskau zur Welt. Nach dem Gregorianischen Kalender war der 10. September 1860 ihr Geburtstag.
Ihr Vater war der russische Adelige Wladimir von Werefkin (1821–1896), dessen Vorfahren aus Moskau stammten. Er hatte beim Militär eine Karriere gemacht, wurde General und zuletzt Kommandant der Peter-und-Paul-Festung in Sankt Petersburg. Ihre Mutter Elisabeth Werewkin, geborene Dargan (1834–1885), stammte aus einer alten Kosakenfürstenfamilie und hatte bei Carl Timoleon von Neff (1804–1877) die Ikonenmalerei gelernt.
Im Auftrag des Zaren zog die Familie acht Jahre später nach Wilna (Litauen) um. Marianne wuchs auf dem Gut Blagodat (zu deutsch: „Glückseligkeit“) im litauisch-russischen Department Kowno auf. Das Gut liegt etwa sieben Kilometer nordwestlich der Provinzstadt Utena in dem Park „Vyzuonékliu“, der 1958 zum litauischen Naturdenkmal erklärt wurde.
Nachdem 1874 die zeichnerische Begabung von Marianne von Werefkin entdeckt worden war, erhielt sie unverzüglich akademischen Zeichenunterricht. Als Jugendliche stand ihr ein großes Atelier in der Peter-und-Paul-Festung und ein Atelierhaus auf dem Gut „Blagodat“ in Litauen zur Verfügung. Marianne betrachtete das Gut und die dortige Landschaft als ihre eigentliche Heimat. In ihrer Jugend hielt sie sich zeitweise in Sankt Petersburg auf.
Ab 1880 war Marianne von Werefkin eine Privatschülerin des ukrainischen Malers Ilja Repin (1844–1930). Er galt als bedeutender Vertreter der Peredwischniki, den Wandmalern, die den russischen Realismus vertraten. Durch Repin erhielt Marianne früh Kontakt zur Künstlerkolonie von Abramzewo und zu Walentin Alexandrowitsch Serow (1865–1911), dem zweiten Privatschüler von Repin.
In Moskau, wohin sie 1883 kam, studierte Marianne von Werefkin bei Ilarion Michailowitsch Prjanischnikow (1840–1894) Malerei und hörte Vorlesungen bei Wladimir Sergewitsch Solojow (1853–1900).
1888 durchschoss sich Marianne von Werefkin bei einem Jagdunfall versehentlich die rechte Hand, also ihre Malerhand. Um weiter zeichnen zu können, konstruierte sie eine Bleistiftkrücke.
Die Zeit vor 1890 gilt als die erste künstlerisch wichtige Werkphase von Marianne von Werefkin. In dieser Phase machte sie sich in der realistischen Malerei des Zarenreiches einen Namen als „Russischer Rembrandt“. Einige Werke aus dieser Phase sind erhalten, andere nur durch Fotos nachweisbar, viele aber verschollen.
Nach 1890 modernisierte Marianne von Werefkin ihrem Malstil. Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ wechselte sie zu einer Freilichtmalerei mit Zügen eines Impressionismus osteuropäischer Prägung. Aus dieser Zeit existieren nur noch wenige Gemälde.
Dank Ilja Repin lernte Marianne von Werefkin 1892 den 27-jährigen Maler Alexej Jawlensky (1864–1941) kennen und lieben. Dieser hatte 1882 in Moskau, wo er Offizier werden wollte, in einer Ausstellung Gemälde bewundert, was seine Liebe zur Malerei weckte. Fortan verbesserte er seine malerischen und zeichnerischen Fähigkeiten durch Besuche an Sonntagen und Feiertagen in der Trejtjkow-Galerie. 1889 erreichte er als Offizier seine Versetzung nach Sankt Petersburg. Denn dort konnte er als Militär an Abenden die „Russische Kunstakademie“ besuchen. An der Akademie lernte er Ilja Repin kennen, wurde aber nie dessen Schüler. Repin gab aber Jawlensky den Rat, er solle die Ölmalerei bei seiner ehemaligen vermögenden Privatschülerin Werefkin erlernen. Marianne war in der Malerei damals weiter fortgeschritten als Jawlensky und beschloss, den fünf Jahre jüngeren mittellosen zaristischen Offizier auszubilden und zu fördern.
Nach dem Tod ihres Vaters zog Marianne von Werefkin 1896 gemeinsam mit Jawlensky, der seinen Militärdienst quittierte, und ihrem zehnjährigen Dienstmädchen Helene Nesnakomoff (1886–1965) nach München. Dort mietete sie in der Giselastraße 23 von Schwabing eine im dritten Stock liegende komfortable Doppelwohnung. Diese Doppelwohnung richtete sie teilweise mit Mobiliar im Empirestil und des Biedermeier ein, das sie mit volkskundlichen Möbeln kontrastierte, die in den Werkstätten der Künstlerin Jelena Dmitrijewna Polenowna (1850–1898) in der Künstlerkolonie von Abramzewo hergestellt worden waren. Die Weiterbildung von Jawlensky erfolgte zunächst durch den Slowenen Anton Azbe (1862–1905). Ihren Lebensunterhalt bestritt sie mit einer von ihrem Vater geerbten zaristischen Pension von jährlich 7.000 Rubel.
1897 gründete Marianne von Werefkin in ihrem so genannten „Rosafarbenen Salon“ die „Bruderschaft von Sankt Lukas“. Deren Mitglieder verstanden sich in der Tradition der Lukasgilde und bildeten die Keimzelle zur „Neuen Künstlervereinigung München“ (N.K.V.M) und zum „Blauen Reiter“. 1897 begegnete Marianne dem russischen Künstler Wassily Kandinsky (1866–1944), dem Begründer der abstrakten Malerei.
1900 malte Alexej Jawlensky das Dienstmädchen Helene Nesnakomoff seiner Lebensgefährtin Marianne von Werefkin. 1902 arbeitete Jawlensky an Aktstudien, bei denen meistens Helene und deren jüngere Schwester Modell standen. In jenem Jahr haben sich Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky einander stark entfremdet. Der Maler hatte mit dem Dienstmädchen Helene eine intime Beziehung begonnen. Nachdem Helene auf Schloss Anspacki in Russland heimlich den Sohn Andreas Nesnakomoff (1902–1984) zur Welt gebracht hatte, wandte sich Jawlensky fortan der jungen Mutter und deren Sohn so stark zu, dass Marianne von Werefkin vereinsamte.
Im November 1902 begann Marianne von Werefkin damit, ihre Briefe an einen Unbekannten („Lettres à un Inconnu“) zu schreiben. Diese Art von Tagebuch beendete sie 1906. Im Folgejahr reiste sie 1903 mit dem zehn Jahre jüngeren russischen Maler Alexander von Salzmann (1870–1933) in die Normandie. Jawlensky blieb in München.
1906 unternahm Marianne von Werefkin zusammen mit Alexej Jawlensky eine Reise nach Frankreich. Sie fuhren in die Bretagne, dann über Paris und Arles nach Sausset-les-Pins bei Marseille, wo ihr Malerfreund Pierre-Paul Girieurd (1876–1948) wohnte. Dort begann Marianne von Werefkin wieder zu malen.
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- Arbeit zitieren
- Ernst Probst (Autor:in), 2011, Marianne von Werefkin - Der Russische Rembrandt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169909
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