Nach einer kurzen Definition von Entwicklungs- und Schwellenländern wird im ersten Teil der Arbeit der Bereich Armut näher betrachtet. Es werden sowohl Armutskonzepte wie die bereits erwähnte relative und absolute Armut vorgestellt, als auch die Entwicklung der Armutssituation und Einkommensverteilung in den Entwicklungs- und Schwellenländern vorgestellt. Darauf folgend werden die Gründe für die extreme Armut betrachtet.
Der zweite Teil stellt den Hauptteil der Arbeit dar. In diesem wird zunächst die Entwicklung der Umwelt und die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die arme Bevölkerung in den Entwicklungsländern näher untersucht. Nachdem darauf folgend die Entwicklung der Umweltpolitik kurz dargestellt wird, sollen erste Hinweise auf den Zusammenhang zwischen Armutsbekämpfung und Umweltschutz gegeben werden, indem aufgezeigt wird, wie Umweltverschmutzung durch Armut bedingt sein kann. Darauf folgend werden zuerst Wege und Möglichkeiten gesucht, die globale Armut zu bekämpfen. Dazu wird vor allem genauer untersucht, welche Auswirkungen Entwicklung bzw. wirtschaftlicher Wachstum auf die Reduktion der Armut und die Veränderung der Umweltqualität hat. Dies wird zunächst allgemein anhand der Kuznets und der Umwelt Kuznets Kurve erörtert und anschließend konkret am Beispiel von Brasilien aufgezeigt.
Daraufhin wird den Hauptteil abschließend untersucht inwieweit die Bekämpfung der Armut und die Verbesserung der Umweltqualität zusammen-hängen. Dazu werden verschieden Ansätze, die zur Armutsreduktion beitragen könnten untersucht und anschließend deren mögliche Wirkung auf die Umwelt dargelegt.
Den Abschluss bildet eine Zusammenfassung der Ergebnisse und ein Ausblick auf die Zukunft.
Ziel dieser Arbeit ist also festzustellen, wie zum einen die Entwicklung der Armut und der Zustand der Umwelt zusammenhängen und sich zum anderen Armutsbekämpfung und Umweltschutz vereinbaren lassen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definitionen und grundsätzliche Zusammenhänge
2.1 Armut, Einkommensverteilung und Vulnerabilität
2.2 Entwicklungs- und Schwellenländer
2.3 Armut, Entwicklungsstand und Einkommensverteilung in Entwicklungsländern
2.4 Ursachen für die Armut in Entwicklungsländern
3 Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum, Einkommensungleichheit, Armut und Umweltqualität
3.1 Entwicklung der Umweltsituation und Konsequenzen für die Armut
3.1.1 Atmosphäre
3.1.2 Wasser
3.1.3 Boden
3.1.4 Biodiversität
3.1.5 Extreme Wetterereignisse und Naturkatastrophen
3.1.6 Zusammenfassung
3.1.7 Zur Entwicklung der internationalen Umweltpolitik
3.2 Umweltverschmutzung als Folge von Armut
3.2.1 Fehlverhalten der Haushalte
3.2.2 Fehlverhalten des Staates
3.3 Die Kuznets Kurve - Theorie, Empirie und Kritik
3.4 Die Umwelt Kuznets Kurve - Empirie und Kritik
3.5 Brasilien als praktisches Beispiel
3.5.1 Wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens
3.5.2 Entwicklung der Einkommensverteilung und der Armut
3.5.3 Entwicklung der Umweltqualität
4 Vereinbarkeit von Armutsbekämpfung und Umweltschutz
4.1 Änderung des Konsumverhaltens
4.2 Förderung der Grünen Gentechnik
4.3 Stärkung der Kleinbauern
4.3.1 Informationen und Sicherheit
4.3.2 Fair Trade
4.4 Mikrokredite als nachhaltige Investition in die Bevölkerung
4.5 Bildung für die Bevölkerung
4.6 Verbesserung der Infrastruktur
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Armutsraten nach Regionen nach Kaufpreisparität im Jahr in Prozent
Abbildung 2: Übersichtskarte der Desertifikation
Abbildung 3: Betroffene von Naturkatastrophen nach Einkommensgruppen pro 100.000 Einwohner
Abbildung 4: Flusszulauf, Nettoverdunstung und Nettogrundwasserzufluss am Aralsee
Abbildung 5: Verlauf der Kuznets Kurve
Abbildung 6: Die Umwelt Kuznets Kurve
Abbildung 7: Wachstumsraten des BIP in Brasilien von 1984 bis 2008
Abbildung 8: BIP pro Kopf nach Kaufkraftparität in US-Dollar in Brasilien
Abbildung 9: Entwicklung der Einkommensverteilung in Brasilien zwischen 1982 und 2007
Abbildung 10: Entwicklung verschiedener Armutsindikatoren in Brasilien zwischen 1990 und 2006
Abbildung 11: Vergleich der Wachstumsraten des Düngemitteleinsatz und der Getreideproduktion pro Hektar sowie des anbaufähigen Landes
Abbildung 12: Ernteverluste durch Stressfaktoren
Abbildung 13: Agronomische Auswirkungen von gentechnisch veränderter Baumwolle
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zusammensetzung des HDI
Tabelle 2: Anzahl der Menschen, die von weniger als 1,25 US Dollar am Tag leben (Angaben in Millionen)
Tabelle 3: Anzahl der Menschen, die von weniger als 2 US Dollar am Tag leben (Angaben in Millionen)
Tabelle 4: Human Development Index nach Regionen
Tabelle 5: Jährliche Ausgaben für Luxusgüter im Vergleich zu Aufwendungen für die Befriedigung ausgewählter Grundbedürfnisse in US Dollar
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Am 18.09.2000 fand in New York der Millenniums-Gipfel mit allen 189 Mitgliedsstaaten der UN statt. Auf diesem einigte man sich auf die wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts (vgl. Spiegel Online, 2000). Zwei der Hauptaufgaben waren und sind Entwicklung und Armutsbekämpfung sowie Schutz der gemeinsamen Umwelt bzw. Gewährleistung einer nachhaltigen Umwelt (vgl. UN 2000, S. 4ff). Die Tatsache, dass diese beiden Punkte mit als Hauptziele deklariert wurden, zeigt bereits ihre Wichtigkeit.
In dieser Arbeit soll nun beantwortet werden, ob diese beiden Ziele miteinander vereinbar sind oder ob sogar das eine Ziel nur durch die Erreichung des anderen Ziels realisiert werden kann.
Es wird hierbei auf die Entwicklungs- und die Schwellenländer eingegangen, da hier die absolute Armut sehr extrem ausgeprägt ist. So lebten beispielsweise im Jahr 2005 circa 1,4 Milliarden Menschen, also ein Viertel der Bevölkerung in Entwicklungsländer in absoluter Armut, was bedeutet, dass sie ihr Leben mit weniger als 1,25 US Dollar am Tag bestreiten mussten (vgl. UN 2010, S. 1). Es ist unumstößlich, dass es auch in Industrieländern Probleme hinsichtlich Armut bzw. Armutsgefährdung gibt. Exemplarisch dafür ist die Tatsache, dass beispielsweise in der EU-25 im Jahr 2003 im Durchschnitt 16 Prozent der Bevölkerung, was einer Anzahl von insgesamt 72 Millionen EU- Bürgern entspricht, in relativer Armut lebte (vgl. Guio 2005, S. 2). Es steht natürlich außer Frage, dass auch dagegen etwas unternommen werden muss. Allerdings konzentriert sich diese Arbeit auf das oben erwähnte Problem der extremen und lebensbedrohlichen Armut in den Entwicklungsländern, das sich nicht nur darin äußert, dass der betroffene Bevölkerungsteil von wenig Geld leben muss, sondern auch darin, dass andere wichtige grundlegende Bedürfnisse, wie Zugang zu Trinkwasser vielen Menschen immer noch verwehrt bleibt. Aktuell leben zum Beispiel immer noch 884 Millionen Menschen ohne ausreichende Trinkwasserquellen (vgl. UN 2010, S. 4).
Nach einer kurzen Definition von Entwicklungs- und Schwellenländern wird im ersten Teil der Arbeit der Bereich Armut näher betrachtet. Es werden sowohl Armutskonzepte wie die bereits erwähnte relative und absolute Armut vorgestellt, als auch die Entwicklung der Armutssituation und Einkommensverteilung in den Entwicklungs- und Schwellenländern vorgestellt. Darauf folgend werden die Gründe für die extreme Armut betrachtet.
Der zweite Teil stellt den Hauptteil der Arbeit dar. In diesem wird zunächst die Entwicklung der Umwelt und die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die arme Bevölkerung in den Entwicklungsländern näher untersucht. Nachdem darauf folgend die Entwicklung der Umweltpolitik kurz dargestellt wird, sollen erste Hinweise auf den Zusammenhang zwischen Armutsbekämpfung und Umweltschutz gegeben werden, indem aufgezeigt wird, wie Umweltverschmutzung durch Armut bedingt sein kann. Darauf folgend werden zuerst Wege und Möglichkeiten gesucht, die globale Armut zu bekämpfen. Dazu wird vor allem genauer untersucht, welche Auswirkungen Entwicklung bzw. wirtschaftlicher Wachstum auf die Reduktion der Armut und die Veränderung der Umweltqualität hat. Dies wird zunächst allgemein anhand der Kuznets und der Umwelt Kuznets Kurve erörtert und anschließend konkret am Beispiel von Brasilien aufgezeigt.
Daraufhin wird den Hauptteil abschließend untersucht inwieweit die Bekämpfung der Armut und die Verbesserung der Umweltqualität zusammen- hängen. Dazu werden verschieden Ansätze, die zur Armutsreduktion beitragen könnten untersucht und anschließend deren mögliche Wirkung auf die Umwelt dargelegt.
Den Abschluss bildet eine Zusammenfassung der Ergebnisse und ein Ausblick auf die Zukunft.
Ziel dieser Arbeit ist also festzustellen, wie zum einen die Entwicklung der Armut und der Zustand der Umwelt zusammenhängen und sich zum anderen Armutsbekämpfung und Umweltschutz vereinbaren lassen.
2 Definitionen und grundsätzliche Zusammenhänge
In diesem, ersten Teil der Arbeit werden zunächst wichtige Begrifflichkeiten wie Armut, Einkommensverteilung, Vulnerabilität und Entwicklungsland definiert. Anschließend wird untersucht, wie sich die genannten Indikatoren in den Entwicklungsländern entwickelt haben
2.1 Armut, Einkommensverteilung und Vulnerabilität
Bevor Armut und Einkommensverteilung in Entwicklungsländern sowie die sozialen Folgen von Armut betrachtet werden, sollen in diesem Punkt zunächst einige wichtige Armutskonzepte sowie zwei Indizes zur Armutsmessung vorgestellt und kritisch betrachtet werden. Dabei handelt es sich um die Konzepte der relativen bzw. absoluten Armut sowie den Human Development Index und den Human Poverty Index. Ein immer wichtiger werdender Bereich in der Armutsforschung ist die Vulnerabilitätsforschung. Daher wird deren Ansatz ebenfalls erläutert werden. Zuletzt wird sich dieses Kapitel mit dem Begriff Einkommensverteilung beschäftigen.
Wie man erkennen kann, gibt es keine einheitliche Definition für den Begriff Armut, was bereits die Ankündigung der verschiedenen Konzepte verdeutlicht. Daher kann man hier im Grunde nur die Auffassungen der Politik, der Gesellschaft oder auch der sozialwissenschaftlichen Literatur herausarbeiten und diese daraufhin beurteilen. Wichtig ist allerdings, dass eine Definition nicht willkürlich aufgestellt werden kann, sondern einer von mehreren Betrachtern nachvollziehbaren Metho]dik folgen muss (vgl. Mingot/Neumann/Ludwig 2003, S. 13).
Das Konzept der relativen Armut bezieht sich auf den durchschnittlichen Lebensstandard in einer Gesellschaft. Danach wird jemand als arm bezeichnet, dessen Einkommen niedriger als 50 Prozent des Medianeinkommens des jeweiligen Landes ist. Dieses Konzept wird allerdings zumeist in entwickelten Volkswirtschaften angewandt und wird daher hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt.
In Entwicklungsländern wird Armut nach dem Konzept der absoluten Armut gemessen. Diese untersucht ob und inwieweit eine Person überhaupt in der Lage ist seine Grundbedürfnisse zu befriedigen (vgl. Wagener 2008, S. 51). Bis 2008 lag die Grenze für die absolute Armut bei einem US-Dollar am Tag, d.h. eine Person die mit weniger Geld auskommen musste galt als arm. Die Weltbank hob diese Grenze auf 1,25 US-Dollar täglich an (Geyer 2009, S. 2).
Die beiden bisher genannten Armutskonzepte beschreiben nur den Bereich der monetären Armut. Allerdings führt dies bei weitem noch nicht weit genug. Es muss, vor allem in Entwicklungsländern, auch das nicht-monetäre Einkommen, wie beispielsweise die Versorgung der Bevölkerung mit Kollektivleistungen und die Versorgung durch Eigenleistung, wie zum Beispiel eigene Nahrungsbeschaffung, berücksichtigt werden (vgl. Schug 2004, S. 168f). Dies ist unverzichtbar, da man Armut nicht als ein eindimensionales Problem ansehen kann. Es gibt viele Dimensionen der Armut wie Hunger, Obdachlosigkeit, unzureichende medizinische Versorgung und Bildung etc., die sich gegenseitig bedingen. Ein Mangel an Bildung beispielsweise bedingt ein niedrigeres oder unter Umständen gar kein Einkommen, was wiederum die Gesundheitsvorsorge negativ beeinflusst usw. (vgl. Fukuda-Parr 2006, S.8). Außerdem ist für viele politische Entscheidungsträger die Entbehrung in Bezug auf Angebote und Möglichkeiten wichtiger als allein die Einkommensarmut (vgl. UNDP 2010).
Daher sollen nun die bereits erwähnten Indizes, die eben auch diese non- monetäre Aspekte berücksichtigen, näher erläutert werden. Im Folgenden kann dann, nicht nur anhand des monetären Einkommens, sondern auch anhand dieser Indizes, die Armut in den Entwicklungsländern besser untersucht werden. Als erstes ist der Human Development Index zu nennen. Dieser zieht zur Messung der Armut bzw. dem Entwicklungsstand mehrere Indikatoren heran, die in folgender Tabelle 1, jeweils mit Maximal- als auch mit Minimalwert, aufgelistet sind:
Tabelle 1: Zusammensetzung des HDI
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach UNDP 2008. S. 356
Um den HDI für das jeweils betrachtete Land zu bestimmen betrachtet man dessen Statistik für die relevanten Indikatoren und errechnet ausgehend von den angegebenen Grenzen einen Wert für den jeweiligen Indikator. Das bedeutet, man berechnet einen Wert für die Lebenserwartung, einen Wert für das BIP pro Kopf usw. Aus diesen berechneten Werten bildet man nun den Durchschnitt (vgl. UNDP 2008, S. 356)1. Je niedriger der HDI in einem Land ist, desto schlechter ist es entwickelt. Ein Wert von 0-0,499 entspricht einem niedrigen Entwicklungsstandard, 0,5-0,799 bedeutet mittlere Entwicklung, 0,8-0,899 steht für hohe Entwicklung und ab 0,9 spricht man von einem sehr hohen Entwicklungsstandard (vgl. UNDP 2009, S. 15).
Der zweite Armutsindikator ist der Human Poverty Index, der 1997 mit dem Ziel eingeführt wurde, einen aus den verschiedenen Merkmalen der Deprivation im Bereich Lebensqualität zusammengesetzten Index zu erschaffen (vgl. UNDP 2010). Es gibt jeweils eine Ausprägung des HPI für die Entwicklungsländer und für die Industrienationen. Dieser setzt sich aus den Merkmalen Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt, Rate der erwachsenen Analphabeten sowie Anteil der unterernährten Kinder und Zugang zu sauberem Trinkwasser zusammen. Auch hier wird wieder der Durchschnitt gebildet. Je näher der HPI am Wert 100 ist, desto stärker ist die multidimensionale Armut ausgeprägt (vgl. UNDP 2008, S.355ff).
Wie zu sehen ist, haben sowohl der HDI als auch der HPI gegenüber einer rein monetären Betrachtung der Armut den Vorteil, dass sie auch Mangelerscheinungen und Fortschritte abbilden können. Allerdings ist bei einer Berechnung dieser Art zu kritisieren, dass Stärken in einer bestimmten Dimension Schwächen in einer anderen Dimension neutralisieren können. Für eine dahingehende Differenzierung fehlt aktuell noch das nötige Konzept. Weiter kann man Kritik an den beiden bisher genannten Indizes üben, da in beiden viele Dimensionen der Armut wie zum Beispiel Ausgrenzung, Unsicherheit oder auch politische Freiheit keine Berücksichtigung finden (vgl. WBGU 2005, S. 32). Es gibt natürlich noch eine Reihe weiterer Indizes wie beispielsweise der Human Assets Index oder der Economic Vulnerability Index, die ihrerseits einige, teilweise andere Indikatoren in sich zusammenfassen. Aber auch bei diesen gelten im Grunde die gleichen Kritikpunkte wie bei den eben beschriebenen HDI und HPI.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Armut an sich nicht nur ein eindimensionales, monetäres Problem darstellt, sondern noch viele weitere Indikatoren berücksichtigt werden müssen, was das Dasein der aufgeführten Indizes berechtigt. Jedoch muss man ganz klar feststellen, dass die Indizes ihre Schwächen aufweisen, da sie immer nur einzelne Teilbereiche der sozialen Situation darstellen können und dadurch die Komplexität, die der Begriff Armut mit sich bringt reduzieren (vgl. Heidel 2007, S. 33). Außerdem ist die Datenerhebung weitaus komplizierter und teilweise unvollständig, sodass die Datenlage eher unbefriedigend ist (vgl. Heidel 2007, S. 30). Daher nutzen viele Institutionen eine rein einkommensbezogene Armutsmessung bzw. Feststellung der Entwicklungsländer. Problematisch daran ist vor allem, dass Personen trotz eines Einkommens, das niedriger als die Armutsgrenze ist, trotzdem genug erwirtschaften können um ein Leben ohne Mängel führen zu können.
Ein weiterer sehr wichtiger Begriff im Zusammenhang mit Armutskonzepten ist mittlerweile der Begriff Vulnerabilität. Dabei geht es zum einen um die Anfälligkeit von Menschen innerhalb eines Sozialsystems und zum anderen um die Anfälligkeit eines Systems. Dabei interessiert man sich vor allem für Eintrittswahrscheinlichkeiten und Ausmaße des Schadens von Umweltkatastrophen (vgl. WBGU 2005, S. 33ff). Vulnerabilität ist deshalb ein sehr wichtiges Thema, da arme Länder überproportional von Umweltkrisen wie beispielsweise den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden. Grund dafür ist eine im Vergleich zu reichen Ländern geringe Widerstandsfähigkeit (vgl. Weinreich/Brand 2009, S. 5). Mehr zu den Auswirkungen von Umweltveränderungen auf Armut bzw. die arme Bevölkerung wird in Kapitel 3.1 folgen.
Zuletzt soll noch der Begriff Einkommensverteilung und dessen Messung erläutert werden. Zwar ist der Bereich Einkommensverteilung nicht explizit im Thema enthalten, er gehört jedoch unweigerlich in diese Arbeit. Wenn beispielsweise die Einkommensungleichheit steigt, bedeutet das ja, dass entweder die Reichen reicher werden und die Armen arm bleiben bzw. noch ärmer werden, oder aber es bedeutet, dass das Einkommen der Armen nicht so rasch steigt wie das Einkommen der Reichen. Daher kann man sagen, dass die beiden Begriffe Armut und Einkommensverteilung Hand in Hand miteinander gehen und daher die Einkommensverteilung auch als Armutsindikator verwendet werden kann. Diese These wird auch dadurch bestärkt, dass in den meisten Ländern mit einer stark ausgeprägten absoluten Armut eine starke Einkommensdisparität herrscht (vgl. WBGU 2005, S.41). Ein probates Mittel zur Messung der Einkommensverteilung ist der Gini- Koeffizient, der die Konzentration des Einkommens misst. Je näher der Gini- Koeffizient am Wert 1 ist, desto ungleicher ist die Verteilung (vgl. Grathwohl 2005, S. 21).
2.2 Entwicklungs- und Schwellenländer
Im Allgemeinen versteht man unter einem Entwicklungsland einfach gesagt ein Land, das den Lebensstandard Europas, Nordamerikas und Ozeaniens noch nicht erreicht hat. Jedoch gibt es, ebenso wie bei dem Begriff Armut, im Grunde keine klare Definition für Länder, die sowohl sozial, politisch und natürlich wirtschaftlich einen relativ niedrigen Entwicklungsstand aufweisen (vgl. BMZ 2010). Bis in die 50er Jahre wurden diese Länder als rückständige und arme Länder bezeichnet, was allerdings von diesen als abwertend angesehen wurde. Daher wurde der Begriff rückständig durch den Begriff unterentwickelt ersetzt. Doch auch dieser Begriff konnte sich nicht halten und es bürgerte sich das Wort Entwicklungsländer ein (vgl. Hemmer 2002, S. 5ff). Allerdings muss auch kurz auf die Problematiken bezüglich dieses Begriffs eingegangen werden. Er ist zwar anerkannt, aber teilweise sehr umstritten, da er zum einen die Perspektive der Industrienationen widerspiegelt und zum anderen deren Entwicklungsstand als Maßstab für den Rest der Welt nimmt (vgl. Andersen 1996, S.6). Außerdem lässt dieser Begriff den Schluss zu, dass diese Länder tatsächlich dabei sind, sich zu entwickeln, was sicherlich teilweise sehr fragwürdig erscheint (vgl. Andersen 2005, S.7).
Die Weltbank, die wie schon bei der Armutsdefinition das Pro-Kopf- Einkommen als Kriterium verwendet, bezeichnet Länder mit einem Pro-Kopf- Einkommen von höchstens 975 US Dollar als Länder mit niedrigem Einkommen. Länder mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen zwischen 976 und 3.855 US Dollar werden als Länder mit niedrigerem mittleren Einkommen bezeichnet und Länder deren Pro-Kopf-Einkommen zwischen 3.856 und 11.905 US Dollar liegt, werden als Länder mit höherem mittleren Einkommen klassifiziert (vgl. Weltbank 2010). Die Länder mit den genannten drei Einkommensstrukturen werden zu den Entwicklungsländern gezählt (vgl. Todaro/Smith 2006, S. 38).
Im Jahr 2003 galten nach OECD 137 Länder als Entwicklungsländer (vgl. WBGU 2005, S. 30). Im Berichtsjahr 2009/2010 waren es bereits 152 Länder2, die als Entwicklungsländer eingestuft wurden (eigene Berechnung nach OECD 2010). Unter diesen Ländern befindet sich noch eine Untergruppe der am wenigsten entwickelten Länder, die als LDCs3 bezeichnet werden. Ein Staat wird als LDC bezeichnet, wenn die Einwohnerzahl niedriger als 75 Millionen und das Pro- Kopf-Einkommen niedriger als 900 Dollar ist. Außerdem werden zusätzlich der Human Assets Index und der Economic Vulnerability Index berücksichtigt (vgl. Welthungerhilfe 2009). Im Jahr 2007 lebten knapp 5,4 Milliarden Menschen in Entwicklungsländern, was einen Anteil von circa 81,6 Prozent der Weltbevölkerung ausmacht. Davon wiederum lebten circa 800 Millionen Menschen in den LDCs (vgl. UNFPA 2007, S. 90).
Entwicklungsländer haben einige Gemeinsamkeiten aber natürlich ist klar, vor allem wenn man sich die Anzahl der Länder, die als Entwicklungsländer gelten, vor Augen hält, dass diese Länder auch einige strukturelle Unterschiede aufweisen. Zu den Gemeinsamkeiten bzw. meistens vorhanden Faktoren zählen folgende Punkte. Ein niedriger Lebensstandard durch hohe Einkommensunterschiede, niedrige Löhne sowie unzureichendes Bildungs- und Gesundheitssystem. Des Weiteren zählen niedrige Produktivität, ein hohes Bevölkerungswachstum, die Abhängigkeit von landwirtschaftlicher Produktion und Exporte aus dem primären Sektor sowie das Überhandnehmen nicht-perfekter Märkte und begrenzter Informationen und die Abhängigkeit und Verletzbarkeit in internationalen Beziehungen zu häufig vorkommenden Eigenschaften. Wie geschrieben gibt es auch einige Unterschiede zwischen den einzelnen Entwicklungsländern. Dazu zählen die Größe eines Landes, die geographische Lage sowie die Bevölkerungs- und Einkommenssituation. Außerdem die Geschichte eines Landes, dessen Ausstattung mit physischen und humanen Ressourcen, die ethnische und religiöse Zusammensetzung sowie die relative Wichtigkeit des privaten und öffentlichen Sektors sowie der Gesellschaft. Letzte Unterschiede sind die Struktur des Industriesektors, die Abhängigkeit von externen politischen und wirtschaftlichen Mächten und die Machtverteilung sowie die soziale und politische Struktur (vgl. Todaro/Smith 2006, S. 41ff).
An dieser Vielzahl von Unterschieden kann man sofort das Problem erkennen, dass eine einheitliche Entwicklungspolitik kaum möglich scheint. Dennoch schaffte es die UN im Rahmen des am 18.09.2000 New York stattfindenden Millennium-Gipfels acht Entwicklungsziele zu definieren, die hier nun kurz aufgelistet werden:
Definitionen und grundsätzliche Zusammenhänge
1. Beseitigung von extremer Armut4 und Hunger (Halbierung zwischen 1990 und 2015)
2. Allgemeine Primarschulausbildung für jedermann (bis 2015)
3. Geschlechtergleichstellung (v.a. auf allen Bildungswegen bis 2015)
4. Senkung von Kindersterblichkeit (um zwei Drittel 1990 bis 2015)
5. Senkung der Müttersterblichkeitsrate (um drei Viertel 1990 bis 2015)
6. Bekämpfung schwerer Krankheiten (z.B. Malaria und HIV/Aids)
7. Nachhaltige Umwelt sichern (Umkehrung des Verlustes von Umweltressourcen, Halbierung des Bevölkerungsanteils ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen bis 2015)
8. Weltweite Entwicklungspartnerschaft stärken (vgl. GTZ 2005, S. 61)
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, bezieht sich diese Arbeit vor allem auf die Punkte 1 und 7 der Entwicklungsziele. Da allerdings bereits im Punkt 2.1 erörtert wurde, dass Armut ein mehrdimensionales Problem ist, das im Grunde nahezu alle dieser Punkte in sich vereint, wird diese Arbeit versuchen Lösungswege, möglichst umweltpolitischer Natur bzw. im Einklang mit der Natur, zu finden um die Zielerreichung der Entwicklungsziele voranzutreiben.
Abschließend ist im Zusammenhang mit den Entwicklungsländern der Begriff Schwellenland zu nennen. Hierfür gibt es eben so wenig eine genaue Definition. Allerdings kann man gemeinhin sagen, dass es sich dabei um ein Land handelt, dass zwar noch zu den Entwicklungsländern gezählt wird, jedoch bereits nahe an dem Entwicklungsstand der Industrieländer ist und nicht mehr die genannten Merkmale eines Entwicklungslandes aufweist. Das Land steht quasi auf der Schwelle zum Industrieland (vgl. Strube-Edelmann 2006, S. 3). Wenn im weiteren Verlauf der Arbeit von Entwicklungsländern gesprochen wird, inkludiert dies auch die Schwellenländer.
2.3 Armut, Entwicklungsstand und Einkommensverteilung in Entwicklungsländern
Nachdem bisher auf verschiedenen Armutskonzepte eingegangen wurde und sowohl versucht wurde, den Begriff Entwicklungsland näher zu definieren als auch einen Überblick über die Entwicklungsziele geben, wird in diesem Abschnitt die Entwicklung der Armut dargestellt und analysiert. Es wird in diesem Abschnitt nicht jedes einzelne Land aufgeführt werden können, da dies bei der großen Anzahl an Entwicklungsländern zu unübersichtlich werden würde. Deshalb werden Regionen betrachtet, deren Länder zur Gruppe der Entwicklungsländer zählen. Dabei wird nicht nur die absolute Armut untersucht, sondern auch die Einkommensverteilung in den jeweiligen Regionen untersucht.
Wie bereits festgestellt wurde, hat die Weltbank die Grenze für die absolute Armut seit dem Jahr 2008 auf 1,25 US Dollar pro Person pro Tag festgelegt. Tabelle 2 zeigt, wie sich diese seit 1990 entwickelt hat und wie sie sich bis zum Jahr 2015 nach den Development Goals entwickeln soll. Danach lebten im Jahr 1990 mehr als 1,81 Milliarden Menschen weltweit in absoluter Armut. Bis zum Jahr 2005 ist diese um knapp 25 Prozent auf 1,37 Milliarden gesunken und bis zum Jahr 2015 soll sie auf unter eine Milliarde Menschen zurückgehen.
Tabelle 2: Anzahl der Menschen, die von weniger als 1,25 US Dollar am Tag leben (Angaben in Millionen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Geyer 2009, S. 1 nach Weltbank 2008
Setzt man das tägliche Existenzminimum nur ein wenig höher an, zum Beispiel auf 2 Dollar pro Kopf pro Tag ergibt sich ein noch drastischeres Bild, was an Tabelle 3 zu erkennen ist. Nach dieser Grenze lebten im Jahr 1990 über 2,75 Milliarden Menschen am Existenzminimum und bis zum Jahr 2005 ist deren Anzahl nur um 7 Prozent auf 2,56 Milliarden Menschen gesunken was einem Anteil von circa 45 Prozent der Weltbevölkerung entspricht. Prognosen, die auf der aktuellen Entwicklung basieren schätzen für das Jahr 2015 knapp 2,12 Milliarden Personen, die mit zwei US Dollar pro Tag ihr Überleben sichern müssen.
An diesen Zahlen lässt sich bereits erkennen, wie stark die absolute Armut immer noch ausgeprägt ist und dass sie vermutlich auch noch lange anhalten wird. Man kann erkennen, in welchen Regionen die absolute Armut am stärksten auftritt, nämlich in Südasien, in Subsahara-Afrika sowie in Ostasien und im Pazifik. Allein China machte im Jahr 1990, basierend auf der Grenze von zwei US Dollar am Tag, circa ein Drittel der extrem armen Bevölkerung der Welt aus. Dort hat sich die Armut bis in das Jahr 2005 mehr als halbiert, anders als in Indien, wo die Armut innerhalb der Jahre 1990 und 2005 um knapp 18 Prozent gestiegen.
Tabelle 3: Anzahl der Menschen, die von weniger als 2 US Dollar am Tag leben (Angaben in Millionen)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Geyer 2009, S.1 nach Weltbank 2008
Man kann im Grunde sagen, dass die Anzahl der absolut Armuen innerhalb der beiden Beobachtungzeitpunkte 1990 und 2005 in allen Regionen, außer in Ostasien und Pazifik gestiegen ist.
Doch um eine genaue Aussage drüber machen zu können, inwieweit die Armut in den einzelnen Regionen tatsächlich ausgeprägt ist, muss man natürlich die Anzahl der Armen ins Verhältnis zur jeweiligen Einwohnerzahl setzen.
Der Global Monitoring Report 2009 der Weltbank bietet dazu sehr übersichtliche Grafiken. Abbildung 1 zeigt den Anteil der absolut armen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung in den jeweiligen Regionen. Ins Auge stechen hier sofort die bereits erwähnten Regionen Ostasien und Pazifik sowie Südasien und Subsahara-Afrika. In diesen Regionen war im Jahr 1990 mehr als jeder zweite Einwohner arm. Während aber in der Region Ostasien und Pazifik das 2015-Ziel von 27,4 Prozent bereits im Jahr 2005 mit nur noch 16,4 Prozent weit übertroffen wurde, sind Südasien und vor allem Subsahara- Afrika noch nicht auf dem geplanten Pfad zum Ziel. Diese Entwicklung hängt mit hoher Wahrscheinlichkeit vor allem mit der Entwicklung der Armutszahlen in China zusammen. An der Grafik für Europa und Zentralasien kann man erkennen, dass die absolute Armut in diesem Teil der Welt so gut wie nicht mehr existiert, vor allem wenn man die 1,25 US-Dollar Grenze als Maßstab nimmt. In den beiden verbleibenden Regionen Lateinamerika und Karibik sowie Naher Osten und Nordafrika scheint es, als seien beide auf einem guten Weg die Millennium-Ziele für 2015, also die Halbierung der Armut seit dem Jahr 1990, erfüllen zu können. Jedenfalls hat es die Region Lateinamerika und Karibik im Zeitverlauf zwischen den Jahren 1990 und 2005 geschafft, die Armut hinsichtlich der 1,25 US-Dollar-Grenze um 27,4 Prozent zu reduzieren. Im Nahe Osten und Nordafrika ist die Armut um 16,2 Prozent zurückgegangen (vgl. World Bank 2009, S.204).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Armutsraten nach Regionen nach Kaufpreisparität im Jahr 2005 in Prozent
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Weltbank 2009, S.204
Zur Entwicklung der Zahlen bezüglich der absoluten Armutsentwicklung müssen noch einige Sätze gesagt werden. Es ist zwar ein gutes Zeichen, dass sich einige Regionen bezüglich der Einkommensarmut auf einem guten Weg hinsichtlich der Ziele der Millenniumskonferenz befinden, allerdings darf dies noch lange kein Grund für Optimismus sein. Denn auch wenn dieses Ziel erreicht werden sollte ist die Zahl der Menschen die mit weniger als 2 Dollar am Tag auskommen müssen immer noch überwältigend hoch und wird auch den Prognosen zu Folge nachhaltig hoch bleiben.
Außerdem nutzt die Erreichung dieses Ziels alleine im Grunde nicht viel, denn wie bereits in Abschnitt 2.1 festgestellt wurde, sollte man Armut nicht nur auf den monetären Bereich reduzieren. In den Entwicklungsländern sind 170 Millionen Kinder untergewichtig, 3,4 Millionen davon sterben jährlich an den Folgen. Circa 1,7 Millionen Menschen sterben jedes Jahr durch den Genuss von unsauberem Wasser sowie durch die Folgen schlechter Hygienezustände (vgl. WHO 2002, S. 10ff).
Diese Zahlen sollten nochmals aufzeigen, dass Armut nicht nur eindimensional betrachtet werden kann. Daher werden in folgender Tabelle 4, deren Zahlen aus dem Human Development Report 2007/2008 stammen, sowohl der HDI als auch dessen Indikatoren aufgezeigt. Anschließend wird versucht einen Bezug zwischen den non-monetären Faktoren und der monetären Armut herzustellen.
Tabelle 4: Human Development Index nach Regionen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach UNDP 2008, S.232
Mit einem Wert von knapp über bzw. unter 0,8 haben die Regionen Europa und Zentralasien. Lateinamerika und Karibik, sowie Ostasien und Pazifik den höchsten Entwicklungsstand. Dahinter folgt der Nahe Osten und Nordafrika mit einem HDI von knapp 0,7 (vgl. UNDP 2008, S. 232). Wenn man nun nochmals Abbildung 1 zur Hand nimmt, sieht man sofort, dass eben diese vier Regionen entweder bereits eine relativ niedrige Anzahl an absolut Armen vorweisen (Zentral-/ Osteuropa und Zentralasien sowie Naher Osten und Nordafrika) oder auf einem guten Weg sind die Armut dahingehend abzubauen, sodass eine Erreichung der Millenniumsziele möglich ist. In den beiden anderen Regionen Subsahara-Afrika und Südasien, die mit unter 0,5 und knapp über 0,6 relativ niedrige HDIs vorweisen haben, lebt eine sehr große Anzahl an armer Bevölkerung.
Betrachtet man die Sache noch etwas detaillierter, also anhand der einzelnen Indikatoren, so stechen einem die großen Unterschied bezüglich des Entwicklungsstandes zwischen den einzelnen Regionen noch stärker ins Auge. So beträgt beispielsweise die Lebenserwartung in der Region Subsahara-Afrika nicht einmal 50 Jahre nur knapp über 60 Prozent der Bevölkerung können lesen und schreiben und nur etwas mehr als die Hälfte der Kinder geht in die Schule. Auch in der Region Südasien, in der nach Subsahara-Afrika die zweitmeisten Armen, gemessen an der Gesamtbevölkerung sind die Indikatoren nicht sehr viel höher, wie Tabelle 4 zu entnehmen ist. Man kann also damit die Vermutung aufstellen, dass Armut stark mit dem Entwicklungsstand zusammenhängt und dass die Verbesserung der Bereiche Bildung und Gesundheit, die ja die betrachteten Indikatoren bedingen bzw. davon bedingt werden zu einer Verbesserung der Armutssituation führen kann.
Es ist außerdem noch zu sagen, dass selbst die am weitesten fortgeschrittenen Entwicklungsländer noch immer weit hinter dem OECD-Durchschnitt von 0,916 liegen (vgl. UNDP 2008, S. 232).
Zum Abschluss dieses Kapitels soll noch kurz die Einkommensverteilung beleuchtet werden. Hierbei geht es um die Verteilung des Einkommens sowohl zwischen Industrie- und Entwicklungsländern als auch innerhalb der Entwicklungsländer.
Zur Veranschaulichung des Ersteren kann man einfach die Aufteilung des Weltbruttonationaleinkommens analysieren. Dies entspricht zwar nicht genau dem Volkseinkommen, aber reicht vollkommen zur Beurteilung aus. Im Jahr 2005 flossen den Industrieländern 80 Prozent des BNEs zu (vgl. Krämer/Trapp 2006, S.4). Also kann man im Umkehrschluss grob sagen, dass 80 Prozent der Weltbevölkerung nur 20 Prozent des Einkommens zur Verfügung hatten, was einer sehr ungleichen Verteilung entspricht. Bis zum Jahr 2008, also innerhalb von nur drei Jahren, hat sich ein rapider Fortschritt vollzogen. In diesem Jahr flossen den Entwicklungsländern schon 28,5 Prozent des Bruttonational- einkommens zu, was einer fast 50 prozentigen Steigerung entspricht (vgl. Krämer 2010, S. 4). Dennoch muss festgehalten werden, dass die Einkommensverteilung zwischen Industrienationen und den Entwicklungs- ländern immer noch sehr ungleich ist.
Eine noch interessante Frage ist die Aufteilung des Einkommens innerhalb der Entwicklungsländer. Dazu werden die Gini-Koeffizienten der jeweiligen Regionen betrachtet. Den höchsten Gini-Koeffizienten weltweit weist mit einem Wert von durchschnittlich 0,57 im Jahr 2010 die Region Lateinamerika auf. Hier verdienen die reichsten 20 Prozent 20mal so viel wie die ärmsten 20 Prozent (vgl. Mayer 2010, S. 2). Nach Datenerhebungen der Jahre 1995 bis 2003 beträgt der GINI-Koeffizient der Region Naher Osten und Nordafrika im Durchschnitt 0,367 wobei kein Land einen höheren Wert als 0,44 aufweist. Der Wert für Zentral-/Osteuropa und Zentralasien liegt bei 0,428 für Südasien bei 0,334 und das OECD-Mittel bei 0,368 (vgl. IFAD 2007, S. 15). Für die Region Ostasien und Pazifik lagen die Werte im Jahr 2005 auf einer Spannbreite zwischen 0,491 und 0,375 (vgl. Kharas 2005, S.12). Für die Region Subsahara- Afrika lag der Koeffizient im Jahr 2004 bei 0,34 (vgl. Naude 2010, S. 2). Hier fällt vor allem auf, dass in den beiden Regionen mit der höchsten Entwicklungsstufe, gemessen am HDI, die höchste durchschnittliche Einkommensungleichheit herrscht. Vor allem Lateinamerika, dessen Wert um 55 Prozent höher ist als der OECD-Durchschnitt, ist dies ein auffällig großes Problem. Trotz des Rohstoffbooms von 2003 bis 2008 und den dadurch gut gefüllten Haushaltskassen muss man ganz klar sehen, dass von diesem
Aufschwungs im Grunde nur die reiche Bevölkerung profitiert hat (vgl. Mayer 2010, S. 2). Auch in der Region Ostasien und Pazifik, die angeführt von China zwischen 1975 und 2005 jährliche Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens von durchschnittlich 6,1 Prozent erwirtschaften konnte, ist die Einkommensungleichheit sehr stark ausgeprägt (vgl. UNEP 2008, S. 280).
Man kann also abschließend zu diesem Kapitel sagen, dass jede der aufgezeigten Regionen, trotz unverkennbarem Fortschritt im Bereich der absoluten Armutsbekämpfung, gemessen am Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung, immer noch sehr weitläufige Probleme hat. Regionen wie Subsahara-Afrika und Asien kämpfen nicht nur gegen die Einkommens- armut sondern auch gegen viele weitere Dimensionen wie Analphabetismus oder niedrige Lebenserwartung und Regionen, die scheinen als hätten sie solche Probleme bereits überwunden bzw. als wären sie auf einem guten Weg dazu, wie Lateinamerika und Karibik sowie Ostasien und Pazifik haben wiederum ihre Probleme mit Einkommensverteilung etc.. Man erkennt hier immer mehr den Rechtfertigungsgrund dieser Arbeit. Es müssen Wege aufgezeigt werden, die der Armutsreduktion in möglichst vielen Bereichen dienen.
2.4 Ursachen für die Armut in Entwicklungsländern
Es gibt sehr viele Gründe für die Armut der Bevölkerung in den Entwicklungsländern. Hier nun jede einzelne Ursache aufzuführen und dafür eine passende Lösung zu finden würde zu weit und wohl auch zu keinem richtigen Ziel führen. Daher beschränkt sich diese Arbeit auf einige wichtige Probleme und Ursachen und versucht diese später im Text zu lösen.
Ein großes Problem stellt die Verschuldung vieler Entwicklungsländer dar, wodurch diese kaum Spielraum für Investitionen in Sektoren haben, die beispielsweise der Ernährungssicherung dienen wie Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Außerdem sieht sich die Bevölkerung oft einer wachstumsfeindlichen Wirtschaftspolitik gegenüber. Dazu kommt, dass viele Industrieländer ihre Landwirtschaft subventionieren, wodurch die in Entwicklungsländer importierten Agrarprodukte oft billiger sind als die einheimischen. Da aber circa 75 Prozent der Armen in Entwicklungsländern auf die Landwirtschaft bzw. den Erträgen daraus angewiesen sind (vgl. KFW Entwicklungsbank 2005, S. 1), sind sie vor allem von sinkenden Marktpreisen für ihre Erzeugnisse betroffen. Da sie sich bedingt durch ihre Armut oftmals keine Düngemittel oder Maschinen leisten können, sind für sie vor allem die Ressourcen Wasser, Boden und Klima wichtig, von deren Qualitäts- verschlechterung sie am stärksten betroffen sind(vgl. Schug 2004, S. 172).
Schwankende Marktpreise führen des Weiteren zu großer Unsicherheit. Diese Unsicherheit ist mitunter ein Resultat des großen Problems der Korruption der Staatsvertreter, die sich eher selbst an Erlösen, beispielsweise aus Exporten, bereichern, anstatt diese an die Bevölkerung weiter zu geben. Bezeichnende ist in diesem Zusammenhang auch, dass die meisten Entwicklungsländer diktatorisch regiert werden. Die genannte Korruption verhindert eben auch eine Preisbildung, die marktkonform ist und festigt die Abhängigkeit der Armen (vgl. Seitz 23.10.2009). Sie kann dazu führen, dass Produktivität und Wachstum einer Volkswirtschaft erlahmen, weil durch die Korruption Wettbewerbsprozesse gehemmt werden. Auch die ökonomische Ungleichheit nimmt zu und das Vertrauen der Bevölkerung in das Funktionieren des Rechtsstaats nimmt ab, wodurch es auch zusätzlich zu wirtschaftlicher auch zu rechtlicher Unsicherheit kommen kann (vgl. Leschke 2009, S. 148).
Ein weiteres Problem ist die ungleiche Verteilung des Landes, wodurch Kleinbauern kaum genug Ackerfläche haben um nur die Familie zu ernähren. Dagegen pachten sich staatliche oder auch private Investoren große Ackerflächen in Entwicklungsländern um Energiepflanzen wie Raps oder auch Nahrungsmittel anzubauen und diese zu exportieren (vgl. BMZ 2010).
Ein großes Problem, nicht nur im Hinblick auf Armut sondern auch auf Umweltverschmutzung, stellt der stetige Urbanisierungsprozess dar. Im Jahr 2020 werden 80 Prozent des weltweiten Bevölkerungswachstums in den Städten der Entwicklungsländer erwartet. Im Jahr 2030 sollen 3,8 Milliarden Menschen in Entwicklungsländern in Städten leben. Urbanisierung an sich kann, bedingt durch das Entstehen von Agglomerationsvorteilen natürlich auch einen positiven Aspekt darstellen. Man erwartet, dass in Zukunft circa 80 Prozent des BIP-Zuwachses in Städten erwirtschaftet wird. Außerdem bieten Städte zusätzlich eine Vielzahl an Arbeitsmöglichkeiten und absoluten Nähe zum Markt für die Produzenten. Allerdings wird die Verstädterung zum Problem, wenn nicht parallel zum Wachstum der Städte die Infrastruktur mitwächst und genau das ist im Moment nicht gewährleistet. Dadurch kommt es zum einen zu ungenügendem Zugang zu Trinkwasser und Sanitäranlagen sowie unzureichender Müllbeseitigung und zum anderen zu einer Steigerung der Arbeitslosigkeit, da im Verhältnis zur Einwohnerzahl die Anzahl an Arbeitsplätzen nicht schnell genug steigt. Über 50 Prozent Arbeitslosigkeit in Städten stellt in Entwicklungsländern keine Seltenheit dar, wobei die Jugendarbeitslosigkeit oft sehr hoch ist. So beträgt sie in den meisten Entwicklungsländern in Asien und Afrika über 25 Prozent (vgl. Albrecht et al. 2008, S. 626). Dadurch bedingt, kommt es zu Segregation zwischen reichen und armen Stadtbewohnern auch Slumbildung genannt (vgl. Keiner/Schmid 2003, S. 49f). Die Zahl der Slumbewohner hat sich in den letzten dreißig Jahren verdoppelt. Für sie sind Lebenserwartung, Gesundheitszustand und Bildungschancen nicht sehr viel höher wie auf dem Land. Außerdem sind Slums meist nicht an das Infrastrukturnetz der Stadt angebunden (vgl. Just/Thater 2008, S. 12).
Mangelnde Infrastruktur ist aber keineswegs nur ein Problem innerhalb großer Städte, sondern ein allgemeiner Risikofaktor in Sachen Armut. Mangelnde Wasserversorgung führt zum Beispiel so weit, dass Wasser aus den Flüssen gepumpt werden muss und in den Dörfern verkauft wird (vgl. GTZ 2006, S. 3).
Auch das Bevölkerungswachstum kann eine Armutsfalle darstellen. Zum einen, wenn die Landwirtschaft die wachsende Bevölkerung nicht mehr ernähren kann, zum anderen, wenn die Zahl der neu entstehenden Arbeitsplätze im Dienstleistungs- und städtischen Industriesektor nicht Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum, Einkommensungleichheit, Armut und Umweltqualität ausreichend, um alle Zuwanderer, die keine Arbeit auf dem Land mehr haben, zu beschäftigen. Im Grunde kann man sagen, dass die meisten in Punkt 2.2 genannten Merkmale von Entwicklungsländern allesamt ein starkes Verarmungsrisiko für die Bevölkerung darstellen.
3 Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum, Einkommensungleichheit, Armut und Umweltqualität
Um eine Schlussfolgerung ziehen zu können, ob und wenn ja, inwieweit Wirtschaftswachstum, Armut und Umweltqualität ineinandergreifen bzw. sich gegenseitig bedingen, werden die Zusammenhänge im folgenden Kapitel untersucht. Dazu wird zunächst die Entwicklung der Umweltsituation und deren Konsequenzen für die Armut untersucht. Daraufhin wird dargelegt welche Folgen das Fehlverhalten von Haushalten und Regierungen bedingt durch die Armut für die Umwelt haben kann. Die Analyse stützt sich auch auf ein Beispiel aus der Vergangenheit, die Entwicklung der Aralseeregion. Daraufhin werden die Konzepte der Kuznets Kurve und der Umwelt Kuznets Kurve kritisch betrachtet. Abschließend wird die Entwicklung Brasiliens in den letzten Jahrzehnten hinsichtlich Wachstum, Einkommensverteilung, Armut und Umwelt näher beleuchtet.
3.1 Entwicklung der Umweltsituation und Konsequenzen für die Armut
Zur Beschreibung der Entwicklung der Umweltsituation dient vor allem der Report „Global Environment Outlook 4“. Dieser wurde im Jahr 2007 vom United Nations Environment Programme herausgegeben und behandelt die Entwicklung der Umweltbereiche Atmosphäre, Boden, Wasser und Biodiversität in den Jahren zwischen 1987 und 2007. Der Bericht führt nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Verursacher der Umweltverschmutzung sowie die bisherigen Aktionen im Hinblick auf die 21 Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum, Einkommensungleichheit, Armut und Umweltqualität Verbesserung der Umweltzustände auf und ist daher sehr relevant für die folgenden Punkte. Dieses Kapitel ist wie folgt aufgebaut. Es wird zunächst die Entwicklung des Umweltbereichs Atmosphäre aufgezeigt. Hierrunter fallen neben Luftverschmutzung und Ozonschicht auch die Klimaerwärmung, die eine der größten Gefahren für den Planeten darstellt (vgl. Mohr 2005, S. 1). Daraufhin werden die Bereiche Wasser, Boden und Biodiversität untersucht. Ziel ist es zu erkennen, wie sich der Zustand der Bereiche verschlechtert hat, woran dies hauptsächlich liegt und welche Konsequenzen dies für die arme Bevölkerung in den Entwicklungsländern hat. Zum Abschluss werden einige Sätze zum Thema Umweltpolitik der letzten Jahre verloren.
3.1.1 Atmosphäre
Der Bereich Atmosphäre gliedert sich in die drei Unterbereiche Luftverschmutzung, Klimaveränderung und Schädigung der Ozonschicht.
Luftverschmutzung entsteht zum einen direkt durch Emissionen von Schwefeldioxid sowie Stickoxide, die bei Verbrennung entstehen und zum anderen indirekt durch chemische Reaktionen in der Luft, die allerdings auch durch die Emissionen bedingt sind. In den Ländern Europas und Nordamerikas sind die Emissionswerte seit 1987 zurückgegangen. Dagegen sind die Werte in Afrika, Lateinamerika und der Karibik leicht gestiegen. Anders sieht die Situation in Asien aus. Hier gab es in den letzten zwei Dekaden einen fast dramatischen Anstieg der Emissionswerte. Die Konzentration der Luft- verschmutzung ist in Großstädten in Entwicklungsländern besonders stark ausgeprägt. Die höchsten Werte für troposphärisches Ozon findet man neben den südöstlichen Teilen Nordamerikas und Südeuropa in Nordafrika sowie auf der arabischen Halbinsel und im Süden und Nordosten Asiens. Diese Emissionen verringern unter anderem die Menge an Sonnenlicht, die auf die Erde fällt, was Einfluss auf Wasserzirkulation, Landwirtschaft und Gesundheit hat. Aus Gesundheitssicht ist aber nicht nur die niedrigere Menge an Sonnenlicht relevant sondern vor allem die sich bildenden Staubpartikel. Zum Beispiel gehen fünf Prozent der zum Tod führenden Lungenerkrankungen auf Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum, Einkommensungleichheit, Armut und Umweltqualität diese Partikel zurück. Insgesamt sterben jedes Jahr circa 2,4 Millionen Menschen verfrüht an den Folgen dieser Partikel, wobei im Raum Asien und Pazifik die meisten Todesfälle zu vermelden sind (vgl. UNEP 2007, S.42ff). Alleine 1,6 Millionen sterben durch die Luftverschmutzung innerhalb des eigenen Hauses, die durch das Abbrennen fester Brennstoffe entsteht (vgl. WHO 2006, S. 12).
Der zweite Aspekt im Bereich Verschmutzung der Atmosphäre ist die Schädigung der Ozonschicht oder anders gesagt die Vergrößerung des Ozonloches, die überall außer in den Tropen zu spüren ist. Am stärksten sind die Pole und Teile Südamerikas und Ozeaniens betroffen. Die Größe des Ozon- Loches variiert. Am größten war es in den Jahren 2000, 2003 und 2006 mit einem Maximalwert von 29 Millionen Quadratkilometern im Jahr 2006 (vgl. WMO 2006, S. 8). Der negative Effekt ist die gefährliche UV-B Strahlung, die das Immunsystem, die Haut und die Augen schädigt und die nicht gefiltert werden kann. Dadurch ist vor allem die Hautkrebsrate in den letzten Jahren stark gestiegen (vgl. UNEP 2007, S. 68ff). Außerdem wird durch das Ozonloch auch die Bodenfruchtbarkeit gemindert, was negative Folgen für Menschen, die von der Landwirtschaft abhängig sind, mit sich bringt. (vgl. Lippelt 2010, S. 40). Die Ausweitung des Ozonlochs hat auch den negativen Effekte, dass sie zur Erwärmung des Klimas beiträgt (vgl. Roth 2005, S. 2). Die Konsequenzen dieser Erwärmung werden im Folgenden aufgeführt.
Die Klimaerwärmung, die als das größte globale Umweltproblem gilt (vgl. Pröll 2004, S.2), schreitet stetig voran. Innerhalb der Jahre 1995 bis 2006 lagen elf der zwölf heißesten Jahre seit 1850. Die Durchschnittstemperatur auf der Erde hat sich seit 1906 um 0,74 ˚C erhöht, wobei die Erwärmung in den letzten Jahrzehnten im Vergleich zu den letzten 2000 Jahren exponentiell schnell von statten gegangen ist (vgl. UNEP 2007, S.59ff). Bedingt durch die hohe Emission von Treibhausgasen wie CO2 oder Methan, die größtenteils für die globale Klimaerwärmung verantwortlich sind, wird sich wahrscheinlich zukünftig die Erde um 0,1 ˚C pro Jahrzehnt erwärmen. Es ist allerdings auch möglich, dass die Temperatur noch schneller steigt und sich bis ins Jahr 2050 um 2 ˚C erhöht (vgl. UNEP 2007, S.64f). Es gibt Länder, wie zum Beispiel Russland oder auch die Skandinavischen Länder, denen der direkte Einfluss des Klimawandels nicht eindeutig schadet (vgl. Bundesministerium der Finanzen 2010, S. 11). Allerdings sind dies Ausnahmen, denn wie bereits angedeutet, hat der Klimawandel gravierende Einflüsse auf alle Umweltbereiche. Diese negativen Einflüsse und die Konsequenzen für die Armut werden unter anderem in den folgenden Abschnitten präsentiert.
3.1.2 Wasser
Die Wasservorkommen auf der Erde teilen sich auf in 97,5 Prozent Meerwasser und 2,5 Prozent Süßwasser. Nur 0,4 Prozent der weltweiten Süßwasservorkommen befinden sich an der Erdoberfläche, wobei 67,4 Prozent davon in Seen liegen, 12,2 Prozent im Boden und 9,5 Prozent in der Atmosphäre. Der Rest teilt sich auf Flüsse sowie Pflanzen und Lebewesen auf. Wasser dient nicht nur als Trinkwasser, das für den Menschen überlebensnotwendig ist, sondern auch zur Bewässerung in der Landwirtschaft und vor allem auch als Heimat vieler Lebewesen, die mitunter als Nahrungsmittel für den Menschen dienen (vgl. UNEP 2007, S. 118).
Der Trend ist dahingehend, dass sich sowohl die Meerestemperatur als auch der Meeresspiegel, bedingt durch die Erhöhung der Wassertemperatur und das Abschmelzen der Gletscher, stetig erhöhen. Allerdings trägt neuen Erkenntnissen zu Folge auch die Bewässerung der Ackerflächen mit Grundwasser zum Anstieg bei. Grund dafür ist, dass es aus den Feldern verdunstet oder in Flüssen zum Meer fließt (vgl. Der Spiegel 2010, S. 140) Die Temperaturerhöhung ist damit begründet, dass das Meer gut 80 Prozent der gesamten globalen Klimaerwärmung kompensiert.
Dies hat einen negativen Einfluss auf Meerespflanzen und Meerestiere. Beispielsweise sterben durch die erhöhten Meerestemperaturen Korallen ab (vgl. Spiegel Online 2002), die als Brutstätte vieler Meeresbewohner dienen (vgl. Tagesspiegel 2010). In Verbindung mit der Überfischung der Weltmeere stehen damit immer mehr Arten vor der Ausrottung. Eine Studie aus dem Jahr 2006 zeigte, dass zu diesem Zeitpunkt 30 Prozent der befischten Arten praktisch vor dem Aussterben stehen (vgl. Weltbank 2004, S. 17). Dazu sind 75 Prozent der wichtigsten Hochseefischbestände ausgebeutet. Jedes Jahr werden werden 20 Millionen Tonnen Beifang, also ungewollt gefangene Fische, Meeressäugetiere, Seeschildkröten etc. aus dem Wasser gezogen und dann weggeworfen (vgl. Chasek/Downie/Brown 2006, S.20). Dieser Rückgang der Bestände hat nicht nur Folgen für die Ernährung vieler Menschen in Entwicklungsländern, da hier circa 250 Millionen Menschen direkt vom Fischfang oder dem Einkommen daraus leben (vgl. Weltbank 2004, S. 17), sondern auch für das gesamte Ökosystem Meer. Beispielsweise kam es zu einem Verlust der biologischen Produktivität des Südpolarmeeres bedingt durch die Überfischung der Wale. (vgl. Ökosytem Erde 2010). Die Verbindung von rückläufiger biologischer Produktivität und der Klimaerwärmung führt dazu, dass das pflanzliche Plankton, welches die Basis der Nahrungskette in den Weltmeeren darstellt, seit 1950 um 40 Prozent zurückgegangen ist. Wenn dieser Trend weitergeht, wird dies nicht nur negative Folgen für das Meer und seine Bewohner haben, sondern folglich auch für den Menschen (vgl. Spiegel Online 29.07.2010).
Die Erwärmung des Meeres in Verbindung mit Veränderungen in der Atmosphäre führt zusätzlich zu veränderten Niederschlagsmustern. In den Subtropen, in denen die Mehrheit der Entwicklungsländer liegt, wird es weniger Niederschläge geben, was zu Wüstenbildung und Wasser- verknappung führt (vgl. Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr 25.01.2001).
Knapp 75 Prozent des globalen Wasserverbrauchs werden für die Landwirtschaft genutzt, nur 20 Prozent für Industrie und gerade einmal fünf Prozent für die Haushalte (vgl. Chasek/Downie/Brown 2006, S.21). Schätzungsweise liegt der Anteil der Klimaerwärmung an der Wasser- verknappung bei 20 Prozent, während 80 Prozent durch die Übernutzung des Menschen bedingt sind (vgl. Albrecht et al. 2008, S. 727). Mit der Wasserverknappung wird damit auch die Bewirtschaftung von Böden, die, wie sich gleich zeigen wird, ebenfalls negativ vom Klimawandel und Übernutzung beeinflusst werden und dadurch mehr Wasser benötigen, noch schwieriger und kostenintensiver. Damit werden sich das Nahrungsmittelproblem und die Armut weiter verschärfen.
So lange der Klimawandel voranschreitet wird sich auch das Meer weiter erwärmen und sich die Zirkulation verlangsamen, was zu diesen negativen Folgeerscheinungen führen wird (vgl. IPCC 2007, S.4ff). Je wärmer das Meer ist, desto weniger CO2 kann es aufnehmen und desto schneller steigt die globale Wärme (vgl. Tagesspiegel 03.08.2010), was zum Abschmelzen der Gletscher führt. Durch das damit verbundene Ansteigen der Meeresspiegel geht wertvolle Nutzfläche für Landwirtschaft, Wohnfläche oder auch Infrastrukturbauten verloren. Dazu kommt, dass ein abschmelzender Gletscher nicht ewig besteht. Die Gletscher des Himalaya beispielsweise, die die wichtigsten Flusssysteme Asiens versorgen, könnten bis zum Ende des Jahrhunderts zu drei Vierteln verschwunden sein. Da circa 2 Milliarden Menschen von diesen Wasservorkommen abhängig sind, hat dies dramatische Folgen für die nachfolgenden Generationen (vgl. znet 15.07.2010).
Man muss jedoch nicht einmal so weit in die Zukunft blicken. Da in vielen Teilen der Erde, wie zum Beispiel in Asien und Nordamerika der Süßwasser- verbrauch, unter anderem für Landwirtschaft, Energie und Industrie in den letzten 50 Jahren so stark gestiegen ist, dass der Verbrauch weit höher ist als der Nachschub, werden im Jahr 2025 Prognosen zu Folge zwei Drittel der gesamten Weltbevölkerung Probleme haben, ihren Bedarf an Wasser für Landwirtschaft, Industrie und Umwelt zu decken, wobei 1,8 Milliarden Menschen unter absoluter Wasserknappheit leiden werden (UN Water 2007, S. 10). In Afrika werden Prognosen zu Folge bis zu 250 Millionen Menschen von der Wasserverknappung betroffen sein, aber umgekehrt werden auch 60 Millionen Menschen durch den Meeresspiegelanstieg und damit verbundenen Überschwemmungen bedroht sein (vgl. KFW Entwicklungsbank 2009, S. 4).
Eine letzte Sache, auf die im Bereich Trinkwasser aufmerksam gemacht werden muss und die unabhängig von der Klimaerwärmung auftaucht, ist die nachlassende Wasserqualität bedingt durch Verunreinigung durch Schmutzwasserbeseitigung und unzureichende Sanitäranlagen (vgl. UNEP 2007, S. 129ff), wobei 98 Prozent der Menschen, die keinen Zugang zu Sanitäreinrichtungen haben in Entwicklungsländern leben (vgl. Albrecht et al. 2008, S. 727). Über 90 Prozent der weltweiten Abwässer werden kaum behandelt abgeführt, wodurch der nicht vorhandene Zugang zu Sanitär- einrichtungen einen großen Einfluss auf die öffentliche Gesundheit in Entwicklungsländern hat (vgl. Barmeier et al. 2005, S. 19). Dies führt dazu, dass jedes Jahr mehr als fünf Millionen Menschen durch die Nutzung von verunreinigtem Wasser sterben (vgl. Deutsche Bank Research 2002, S. 5). Ungefähr 80 Prozent der Krankheiten in den Entwicklungsländern sind auf Bakterien im Trinkwasser zurückzuführen, was jährlich knapp fünf Milliarden Arbeitstage kostet. Außerdem geht ein Großteil des Einkommens der Bevölkerung durch die Ausgaben in medizinische Versorgung verloren (vgl. Barmeier et al. 2005, S. 20).
Insgesamt kann man also sagen, dass das das Zusammenspiel aus Wassermangel und geringer Wasserqualität in Verbindung mit unhygienischen bzw. nicht vorhandene sanitären Einrichtungen die Nahrungsmittelsicherung, die Gesundheit und somit den Lebensstandard der Armen sehr negativ beeinflusst (vgl. Barmeier et al. 2005, S. 19).
3.1.3 Boden
Auch der bereits angesprochene Bereich Land bzw. Boden hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Dies liegt, wie gerade festgestellt, auch an der Klimaerwärmung. Jedoch gibt es noch weitere viel direktere Gründe. Aufgrund einer steigenden Bevölkerungszahl und Veränderungen der Konsumgewohnheiten resultiert eine immer stärkere Übernutzung der Böden (vgl. UNEP 2007, S.84). Zwischen den Jahren 1950 und 2000 stieg die Bevölkerungszahl von 2,5 auf sechs Milliarden Menschen an (vgl. Chasek/Downie/Brown 2006, S.15), wobei dieser Anstieg fast ausschließlich in den Entwicklungsländern stattfand (vgl. Sinding 2007, S. 1). Knapp 60 Prozent der Bevölkerung in Entwicklungsländern, was einer Anzahl von etwa drei Milliarden Menschen entspricht, lebt in ländlichen Gebieten und ist größtenteils direkt von der Landwirtschaft abhängig. Durch die steigende Bevölkerungszahl und die begrenzte Nutzfläche muss die Landwirtschaft immer weiter intensiviert werden, was zu einem erhöhten Einsatz von künstlicher Bewässerung und chemischem Düngemittel führt, wodurch sich die Qualität des Bodens verschlechtert (vgl. Chasek/Downie/Brown 2006, S.18). Es gehen außerdem Ackerflächen dadurch verloren, dass durch das Bevölkerungswachstum Gebiete für Siedlungen gebraucht werden.
Allerdings verschlechtert sich die Qualität der Böden nicht nur durch Übernutzung, sondern auch durch Erosion, also der Abtragung von fruchtbarem Boden durch Wind oder Wasser, sowie chemische und physikalische Abfälle (vgl. Herrfahrdt 2004, S. 73). Diese Abfälle werden vor allem durch Landwirtschaft und Industrie, beispielsweise bei der Herstellung von Treibstoffen, erzeugt, was vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern der Fall ist (vgl. UNEP 2003, S. 171). Allgemein kann man sagen, dass eine Verschlechterung der Bodenqualität eine direkte Bedrohung für die landwirtschaftliche Produktion darstellt. Direkte Effekte sind eine niedriger Bodenwasserspeicherung und ein niedrigerer Nährstoffgehalt, indirekte Effekte sind beispielsweise Verluste in der Produktionsleistung. Die direkten Effekte sind auch dafür verantwortlich, dass sich Trockengebiete ausweiten, was auch Desertifikation genannt wird. Jährlich werden circa 65 Millionen Hektar dadurch unbrauchbar (vgl. UNEP 2007, S. 92). Heute sind 115 Ländern von der Desertifikation und ihren Folgen betroffen (vgl. GTZ 2010, S.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1). Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Gebiete, in denen sich die Desertifikation vor allem ausweitet.
[...]
1 Ausführliche Berechnungen mit Zahlenbeispielen für den HDI und den HPI finden sich im Human Development Report 2007/2008 auf Seite 356
2 Eine vollständige Liste ist unter folgender URL zu finden (Stand 30.06.2010): http://www.bmz.de/de/zahlen/imDetail/0-2_DAC-Laenderliste_Berichtsjahre_2009-2010.pdf
3 Least Developed Countries
4 Es galt noch die Grenze von unter einem Dollar pro Tag pro Person
- Arbeit zitieren
- Bernd Steckenbauer (Autor:in), 2011, Armutsbekämpfung und Umweltpolitik - Zielharmonie oder Zielkonflikt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169092
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