Die vorliegende Magisterarbeit untersucht Plagiathandlungen von Studierenden in der Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Im Zentrum der Analyse steht insbesondere das Plagiieren von Internetliteratur. Es wird erforscht, inwiefern das Medium Internet Plagiatbetrug zu begünstigen vermag.
Nach einer profunden Bestimmung des komplexen Plagiatbegriffs werden zunächst allgemeine Auswirkungen des Plagiierens auf akademischer Ebene ergründet. Sodann widmet sich die Arbeit der Exploration des wissenschaftlichen Plagiatbetrugs unter besonderer Berücksichtigung der Internettechnologie. Vor allem wird untersucht, inwiefern das Internet als Einflussfaktor für Plagiathandlungen in der wissenschaftlichen Lehre fungieren kann.
Anschließend erfolgt die Vorstellung der Ergebnisse der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Befragung von Studierenden und Dozenten an den Instituten für Kommunikationswissenschaft (IfK), Politikwissenschaft (IfPol), Soziologie (IfS) und im Historischen Seminar der Universität Münster.
Die Studie zeigt, dass das Plagiieren eine unter den Studenten verbreitete Betrugshandlung darstellt. Überdies werden mögliche Ursachen und Motive für Plagiatbetrug ergründet. Außerdem werden das Problembewusstsein der Dozenten in Bezug auf studentischen Plagiatbetrug sowie ihr Umgang mit plagiierten Hausarbeiten analysiert.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Begriffsbestimmung
1.1 Definition
1.2.1 Zitatrecht
1.2.2 Gebot der Quellenangabe
1.3 Zusammenfassung und Kommunikationsmodell I
2. Wissenschaft
2.1 Wissenschaft als gesellschaftliches Funktionssystem
2.2 Wissenschaftliches Ethos nach Merton
2.3 Reputation
2.4 Publikation und Zitation
2.5 Zusammenfassung und Kommunikationsmodell II
2.6 Betrug in der Wissenschaft
3. Wissenschaft und Internet
3.1 Internet und wissenschaftliche Kommunikation
3.2 Das Internet als Informationsmedium
3.3 Das Internet als Publikationsmedium
4. Plagiate, Wissenschaft, Internet
4.1 Verbreitung
4.2 Ursachen
4.2.1 Einflussfaktor Internet
4.2.2 Weitere wesentliche Ursachen und Motive
4.3 Plagiate an der WWU Münster
5. Empirische Untersuchung: Aufbau
5.1 Leitfadeninterview
5.2 Standardisierte schriftliche Befragung
5.2.1 Grundgesamtheiten und Stichprobenziehung
5.2.2 Forschungsfragen
5.2.3 Fragebogenkonzeption
5.2.4 Pretest und Durchführung der Befragung
5.2.5 Hinweise zur Auswertung der Daten
6. Empirische Untersuchung: Ergebnisse
6.1 Soziodemographische Daten
6.1.1 Geschlecht der Befragten
6.1.2 Alter der Befragten
6.1.3 Studienfächer der Studierenden
6.1.4 Disziplinen und Status der Dozenten
6.2 Internetnutzung
6.3 Normkenntnis: Erfahrung im wissenschaftlichen Arbeiten
6.4 Normverstoß und Normakzeptanz: Die Verbreitung des Plagiierens (von Internettexten) und die Einstellung der Studierenden zum Plagiieren
6.4.1 Normverstoß
6.4.2 Normakzeptanz
6.5 Der Umgang mit plagiierten Hausarbeiten
7. Schlussresümee.
IV. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
II. Abstract
Die vorliegende Magisterarbeit untersucht Plagiathandlungen von Studierenden in der Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Im Zentrum der Analyse steht insbesondere das Plagiieren von Internetliteratur. Es wird erforscht, inwiefern das Medium Internet Plagiatbetrug zu begünstigen vermag.
Nach einer profunden Bestimmung des komplexen Plagiatbegriffs werden zunächst allgemeine Auswirkungen des Plagiierens auf akademischer Ebene ergründet. Sodann widmet sich die Arbeit der Exploration des wissenschaftlichen Plagiatbetrugs unter besonderer Berücksichtigung der Internettechnologie. Vor allem wird untersucht, inwiefern das Internet als Einflussfaktor für Plagiathandlungen in der wissenschaftlichen Lehre fungieren kann.
Anschließend erfolgt die Vorstellung der Ergebnisse der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Befragung von Studierenden und Dozenten an den Instituten für Kommunika- tionswissenschaft (IfK), Politikwissenschaft (IfPol), Soziologie (IfS) und im Historischen Seminar der Universität Münster. Die Studie zeigt, dass das Plagiieren eine unter den Studenten verbreitete Betrugshandlung darstellt. Überdies werden mögliche Ursachen und Motive für Plagiatbetrug ergründet. Außerdem werden das Problembewusstsein der Dozenten in Bezug auf studentischen Plagiatbetrug sowie ihr Umgang mit plagiierten Hausarbeiten analysiert.
Einleitung
„Die Tatsachen zeigen, daß[[1] ]das Plagiat [...] unter Wissenschaftlern keineswegs selten ist [...]“ (1984: 67), konstatierten William Broad und Nicholas Wadebereits 1984 in ihremBuch mit dem Titel „Betrug und Täuschung in der Wissenschaft“. Darin stellten die beiden Journalisten eine Reihe von wissenschaftlichen Plagiatfällen vor, welche sich in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren ereigneten. Demzufolge ist der Plagiatbetrug auf akademischer Ebene kein neues Phänomen. Dennoch erhält die Diskussion über Plagiate in der Wissenschaft im Zuge der Etablierung des Internets als bedeutendes Recherche- und Publikationsmedium für Forschungsliteratur neuen Antrieb:Angesichts der Entwicklung, dass heutzutage mehr und mehr online publiziert wird und Texte somit zunehmend in digitaler, leicht zu kopierender Form vorliegen, besteht offenbar die Befürchtung eines ansteigenden Plagiatrisikos und – damit einhergehend – einer Zunahme von Plagiathandlungen.
Besondere Brisanz kommt dabei dem Plagiatbetrug in der wissenschaftlichen Lehrezu, d.h. von Studenten[2] begangenen Plagiathandlungen. Vor allem im Internet selbst kursieren Artikel, Kommentare und Erfahrungsberichte, in denen das Plagiieren von Online-Literatur durch Studierende thematisiert wird. Deren Schlagzeilen lauten beispielsweise: „Examensarbeit in fünf Minuten – Das Kopieren wissenschaftlicher Arbeiten aus dem Internet wird zum Sport“ (Göbel/Molfenter2001), oder: „Scheine aus dem Netz – Immer mehr Studenten schreiben ab“[3].Auch der Deutsche Hochschulverband (DHV) widmet sich in einer Resolution „[z]ur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis in der Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden“ (2002) explizit dem „zunehmenden Problem der Plagiate in studentischen Prüfungsarbeiten“ (ebd.). Eine Gefahr der Zunahme studentischer Plagiathandlungen sieht das akademische Gremium insbesondere im Angebot so genannter Hausarbeitendienste, in deren Online-Archiven „eine fast schon unüberschaubare Zahl an Haus-, Seminar-, Diplom- und Doktorarbeiten aus vielfältigen wissenschaftlichen Disziplinen zur Verfügung [steht]“ (ebd.).
Darüber hinaus wird das Problem des Plagiierens durch Studierende an den Universitäten selbst lebhaft diskutiert, wie einige veröffentlichte Erklärungen[4] verschiedener Hochschulen belegen. Darin wird beispielsweise darauf aufmerksam gemacht, dass ein Plagiat einen Verstoß gegen geltende wissenschaftliche Normen darstellt, und es wirdmitunterebenso von einer Zunahme registrierter Plagiatfälle berichtet. Auch auf den Internetseiten des Instituts für Kommunikationswissenschaft (IfK), des Instituts für Politikwissenschaft (IfPol) und des Instituts für Soziologie (IfS) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU)wurden vor einiger Zeit Hinweise veröffentlicht, in denen die Geschäftsführenden Institutsleitungen ein vermehrtes Auftreten studentischer Täuschungsversuchebeklagten, vornehmlich mit plagiierten Hausarbeiten, „die aus entsprechenden Angeboten im Internet übernommen wurden“ (Blöbaum 2004; vgl. auch Albers 2005, IfPol 2004).Besonders angefacht wurde die Auseinandersetzung mit dem Problem des studentischen Plagiatbetrugs an der WWU durch einRundschreiben des Fachdekanats Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften vom September 2005. Darin wurde unter anderem erklärt, dass Plagiathandlungen je nach Schwere des Vergehens mit drastischen Strafmaßnahmen –bis zu 50.000 Euro Geldbuße und Exmatrikulation – sanktioniert werden könnten (vgl. von Olberg 2005). Anlass des Schreibens war ebenfalls eine beobachtete Zunahme von Internetplagiaten durch Studierende.
Es zeigt sich, dass das Plagiieren – insbesondere von Internettexten –durch Studierendean deutschen Universitäten durchaus als Problem erkannt wird, jedoch existieren bisherkeine wissenschaftlichen Studien bezüglich dieser Thematik.[5] Die vorliegende Magisterarbeit soll einen ersten Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke leisten.
Deutlich wurde, dassPlagiatbetrugauch an der WWU intensiv diskutiert wird. Demzufolge – und überdies aus pragmatischen Gründen –bietet es sich an, Plagiathandlungen durch Studierende an der Universität Münster in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses zu stellen. Die grundlegende Forschungsfrage dieser Arbeit lautet: In welchem quantitativen und qualitativen Ausmaß ist das Plagiieren – insbesondere von Internettexten – in wissenschaftlichen Hausarbeiten unter Studierenden an der WWU verbreitet? Unter dieser Fragestellung wird das Problem des Plagiierens umfassend exploriert.
In Hinblick auf die Etablierung adäquater Maßnahmen zur Eindämmung studentischen Plagiatbetrugs erweist es sich zudem als interessant, Ursachen und Motive für dieses Fehlverhalten zu untersuchen. Des Weiteren soll auch der Umgang der Dozenten mit den Plagiathandlungen der Studenten nicht unbeleuchtet bleiben.
Die Thematik des Plagiierens von Internetliteratur in der wissenschaftlichen Lehre wird zunächst in vier Hauptkapiteln theoretisch erschlossen (vgl. Kap. 1 bis 4):
Grundlage für die gesamte Arbeit bildet eine profunde Bestimmung des Plagiatbegriffs bzw. des Plagiierens als Handlungsvorgang. Dieseerfolgt in Kapitel 1. Nach der Vorstellung einer konventionellen Definition wird zwischen einzelnen Formen des literarischen Plagiats differenziert (vgl. Kap. 1.1). Darüber hinaus wird akademischer Plagiatbetrug in Abgrenzung zum Plagiatbetrug in anderen gesellschaftlichen Bereichen betrachtet, da Ersterer im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht und insbesondere in Kapitel 2 näher erläutert wird. Die Begriffsbestimmung wird abgerundet durch eine Darstellung des Plagiats als Urheberrechtsverletzung (vgl. Kap. 1.2). Den Abschluss des ersten Kapitels bildet eine Analyse des Kommunikationsvorgangs beim Plagiieren (vgl. Kap. 1.3).
Kapitel 2 widmet sich den Konsequenzen des Plagiierens auf akademischer Ebene. Die indirekte Fragestellung, welche in diesem Kapitel behandelt wird, lautet: Warum wird Plagiatbetrug gerade in der Wissenschaft als problematisch angesehen? Zunächst erfolgt eine systemtheoretische Definition der Wissenschaft im Sinne Niklas Luhmanns (vgl. Kap. 2.1). Diese erweist sich als besonders adäquat, um anschließend auf grundlegende Elemente und Charakteristika des wissenschaftlichen Kommunikationssystems einzugehen, welche durch das Plagiieren direkt betroffen werden: die Reputation, die Publikation und – mit dieser einhergehend – die Zitation (vgl. Kap. 2.3 u. 2.4). Die Ausführungen bezüglich der Auswirkungen des Plagiierens auf den wissenschaftlichen Kommunikationsprozess werden in einem Kommunikationsmodell zusammengefasst (vgl. Kap. 2.5). Kapitel 2 wird komplettiert durch einen Überblick darüber, wie Plagiatbetrug durch Wissenschaftler in der Scientific Community[6] selbst thematisiert wird bzw. wie mit diesem Fehlverhalten umgegangen wird (vgl. Kap. 2.6).
Bis dato wurden allgemeine Plagiathandlungen auf akademischer Ebene behandelt. Im weiteren Verlauf der Arbeit (vgl. Kap. 3 u. 4) wird speziell das Plagiieren von Internetliteratur in der Wissenschaft – vornehmlich in der wissenschaftlichen Lehre – erläutert.
Hierfür wird zunächst auf die Funktion des Internets für die Wissenschaftskommunikation eingegangen (vgl. Kap. 3.1 bis 3.3). Chancen und Möglichkeiten, aber auch Probleme werden aufgeführt, welche sich durch die Internettechnologie, vor allem durch das Konzept des elektronischen Publizierens von Forschungsliteratur, für die Wissenschaft ergeben. Plagiatbetrug wird schließlich als ein negativer Aspekt des Online-Publishing identifiziert (vgl. Kap. 3.3).
Anschließend widmet sich Kapitel 4 konkret dem Plagiierenin der wissenschaftlichen Lehre. Die Vorstellung der Ergebnisse einiger internationaler Studien ermöglicht eine erste Einschätzung der Verbreitung studentischer Plagiate (vgl. Kap. 4.1). Im Kontext der Darstellung relevanter Ursachen für das Begehen von Plagiathandlungen (vgl. Kap. 4.2) wird sodann analysiert, inwiefern das Internet als Einflussfaktor für Plagiatbetrug fungieren kann (vgl. Kap. 4.2.1). Zum Abschluss des vierten Kapitels wird ein Überblick über die aktuelle Auseinandersetzung mit studentischen Plagiathandlungen an der Universität Münster gegeben, indem noch einmal genauer auf das bereits erwähnte Dekanats-Rundschreiben eingegangen wird (Kap. 4.3). Somit bildet Kapitelabschnitt 4.3 eine direkte Überleitung zur anschließend vorgestellten Studie zum Plagiieren von Internettexten durch Studierende an der WWU.
Die Generierung der Daten erfolgte mittels einer standardisierten schriftlichen Befragung von Studenten und Dozenten an ausgewählten sozial- und geisteswissenschaftlichen Instituten der Universität Münster. Zur weiteren Recherche wurden kurze, leitfadengestützte Interviews mit den Geschäftsführenden Institutsleitungenund mit dem Dekan des Fachbereichs Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften geführt. In Kapitel 5 werden diese Erhebungsmethoden erläutert. Dabei wird der Schwerpunkt auf die Darstellung der Befragung gelegt, da es sich bei dieser um das zentrale Untersuchungsinstrument handelt:Vorgestellt werden die Grundgesamtheit und die Auswahl der Befragten, die forschungsleitenden Fragestellungen, die Fragebogenkonzeption sowie die Durchführung der Erhebung (vgl. Kap. 5.2.1 bis 5.2.4). Hinweise zur Auswertung der Daten (vgl. Kap. 5.2.5) sollen die Rezeption der Untersuchungsergebnisse erleichtern.
Vorstellung und Interpretation der generierten und statistisch aufbereiteten Daten sowohl der Studenten- als auch der Dozentenbefragung erfolgen in Kapitel 6 in der Reihenfolge der zuvor aufgeführten forschungsleitenden Fragestellungen. Dieseexplorieren vier Bereiche: die Internetnutzung der Studierenden und Dozenten, die Kenntnis der Studierenden bezüglich der Normen des wissenschaftlichen Arbeitens, Normverstöße und die Normakzeptanz der Studierendenund den Umgang der Dozenten mit plagiierten Hausarbeiten (vgl. Kap. 6.2 bis 6.5). Bedeutende Aussagen der leitfadengestützten Interviews werden in der Auswertung der Befragungsdaten an geeigneten Stellen vergleichend hinzugezogen.
Im Schlussresümee werden die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammengefasst und diskutiert. Dabei wird auch auf etwaige Kritikpunkte der Erhebung aufmerksam gemacht und zudem ein Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten gegeben.
1. Begriffsbestimmung
Der komplexe Begriff Plagiat bzw. das Plagiieren als Handlungsvorgang werden umfassend bestimmt, indem zunächst eine konventionelle Definition vorgestellt wird. Danach wird zwischen einzelnen Formen des Plagiats unterschieden, die wiederum in Bezug auf unterschiedliche Systemebenen der Gesellschaft zu betrachten sind. Es wird bereits kurz darauf eingegangen, dass das Plagiieren hinsichtlich seiner Auswirkungen auf das Funktionssystem Wissenschaft im Rahmen dieser Arbeit untersucht wird, um diesen Ansatz anschließend in Kapitel 2 zu vertiefen. Komplettiert wird die Bestimmung des Plagiatbegriffs durch seine Einordnung in den Kontext des deutschen Urheberrechts. Ein Kommunikationsmodell, basierend auf den vorangegangenen Ausführungen zur Begriffsbestimmung, gibt abschließend einen zusammenfassenden Überblick über den Kommunikationsvorgang beim Plagiieren.
1.1 Definition
Der Begriff Plagiat leitet sich ab vom lateinischen Substantiv plagiarius (Entführer) bzw. vom Verb plagiare (stehlen). Übertragen auf den deutschen Sprachgebrauch bezeichnet ein Plagiat den „Diebstahl geistigen Eigentums“ (Duden 2001: 772). Reduziert auf diese Wortbedeutung lässt sich die Komplexität des Begriffs jedoch nicht hinreichend erfassen. Alexander Lindey gibt eine Definition vor, wie sie sinngemäß häufig in der Literatur zu finden ist, die sich mit der Thematik des Plagiierens auseinandersetzt:
„Plagiarism is literary –or artistic or musical –theft. It is the false assumption of authorship: the wrongful act of taking the product of another person’s mind, and presen- ting it as one´s own. Copying someone else’s story or play or song [or ideas in general; SK], intact or with inconsequential changes, and adding one’s name to the result constitute a simple illustration of plagiarism”[7] (1952: 2).
Dieser Begriffsbestimmung nach ist Plagiieren (plagiarism[8])nicht nur eine unrechtmäßige Aneignung fremden Geistesgutes und somit Diebstahl, sondern auch und vor allem eineunrechtmäßige Verwertung desselben. Jemand, der das Werk einer anderen Person plagiiert, verwertet dieses sogar in zweierlei Weise unrechtmäßig: Indem er es als sein eigenes ausgibt, verletzt der Plagiierende zum einen die Rechte des Werk-Urhebers, zum anderen täuscht er den Rezipienten, dem er das fremde Werk als sein eigenes präsentiert. Marcel C. LaFollette betrachtet die Täuschungshandlung als wesentliche Komponente der Be- griffsdefinition: „Crucial to all definitions of plagiarism is some indication of an intent to deceive. [...] It is the deceptive aspect of plagiarism that has been condemned through the centuries, not the use of a predecessor’s insights” (1992: 49).
Brian Martin unterscheidet zwischen fünf Formen des Plagiierens (vgl. 1994: 37). Es handelt sich dabei um Formen des Plagiats auf literarischer Ebene (literary theft, s.o.), welches auch Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist. Als deutlichste Ausprägung des Plagiierens bezeichnet er das „Wort-für-Wort-Plagiat“ (ebd.), die wortwörtliche Kopie eines fremden Textes oder von Teilen daraus ohne Quellenangabe. Werden die Textsequenzen nicht wortidentisch, sondern in leicht veränderter Form übernommen, handelt es sich um ein „Paraphrasen-Plagiat“ (ebd.). Eine weitere, laut Martin nur schwer zu erfassende Plagiatform ist das „Plagiieren von Sekundärquellen“ (ebd.). Er bezieht sich damit auf die Übernahme von Passagen eines Textes, die wiederum auf einer zuvor veröffentlichten Arbeit basieren. Obwohl der Sekundärtext als eigentliche Vorlage dient, wird beim Zitieren lediglich auf die Primärquelle verwiesen, ohne diese selbst eingesehen zu haben. Plagiiert wird somit die Rechercheleistung des fremden Autors. Problematisch ist diese Form des Plagiierens auch insofern, als mögliche fehlerhafte Zitate aus der Sekundärquelle weiter übernommen werden (vgl. ebd.). Eine ähnliche Form des Plagiierens ist die „Strukturübernahme“[9] (Weber-Wulff/Wohnsdorff 2005: 3). Dabei benutzt der Plagiierende zwar seine eigenen Worte, verfolgt aber in seiner schriftlichen Arbeit die gleiche Argumentationsstruktur wie ein anderer Autor. Deborah Weber-Wulff und Gabriele Wohnsdorff weisen darauf hin, dass diese Form des Plagiats zwar die „umstrittenste“(ebd.) ist und oftmals nicht als Plagiatbetrug angesehen wird, da es sich nicht um eine wörtliche Entlehnung von Passagen aus einem fremden Text handelt. Ihrer Auffassung nach – und auch im Sinne von LindeysDefinition – ist die nicht kenntlich gemachte Übernahme der Argumentationsstruktur jedoch eindeutig als Plagiat zu bezeichnen, da der Plagiierende die geistige Leistung einer anderen Person übernimmt und sie als eigene ausgibt (vgl. ebd.). Als „blunt case“(1994: 37) des Plagiierens führt Martin das „Plagiat der Autorenschaft“ (ebd.) an, den Diebstahl eines kompletten schriftlichen Werkes einer anderen Person, indem der Plagiierende dieses mit seinem Namen versieht und es als sein eigenes veröffentlicht. Darüber hinaus ist das „Übersetzungsplagiat“ (Weber-Wulff/Wohnsdorff 2005: 2) zu nennen, bei dem ein fremdsprachiger Text übersetzt übernommen und als vermeintlich eigene Leistung präsentiert wird. Diese Form des Plagiatbetrugs tritt besonders bei wissenschaftlichen Arbeiten auf. Oft handelt es sich bei den plagiierten Werken um Texte in einer nicht weit verbreiteten Sprache, da bei diesen ein eher geringes Risiko der Aufdeckung besteht. (Vgl. ebd.)
Die unterschiedlichen Formen des literarischen Plagiats können entweder auf institutioneller Ebene auftreten und einen rein funktionalen Charakter haben, oder aber sie finden – meist aus Gründen des Wettbewerbs – auf akademischer Ebene statt (vgl. Martin 1994: 38 ff.). Als „institutionalized plagiarism“ (ebd.: 38) umschreibt Martin den Plagiatbetrug in Unternehmen und politischen sowie administrativen Institutionen. Beispielsweise begeht ein Politiker nach Auffassung des Autors eine Plagiathandlung, wenn eine Rede, die er vorträgt, nicht von ihm selbst, sondern von einem professionellen Redenschreiber verfasst wurde. Da dieses Vorgehen in der Politik jedoch weit verbreitet ist, wird es selten als Plagiatbetrug bewertet, wie Martin kritisiert (vgl. ebd.: 39). Das Plagiieren auf institutioneller Ebene wird an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt, da diese Arbeit sich mit dem Plagiieren auf akademischer Ebene befassen soll. Dazu äußert Martin:
„Claiming credit for ideas ist the basis for status and advancement in a system conceived to be based on autonomous and individual intellectual production. In this context, plagiarism is breaking the rules of the game, gaining undue credit in a competitive intellectual endeavor” (ebd.).
Als credit for ideas im wissenschaftlichen Betrieb gilt vor allem die Reputation, die ein Wissenschaftler für ein bedeutendes Werk erlangt (vgl. Franck1998: 46 ff.). Sie fungiert als Antriebsmechanismus des Funktionssystems Wissenschaft (vgl. ebd.; vgl. Luhmann 1992: 245 ff.). Inwiefern Plagiatbetrug eine Irritation der konventionellen Mechanismen im Forschungsbetrieb darstellt, wird ausführlich in Kapitel 2 behandelt.
Martin argumentiert, dass das Plagiieren in akademischen Kreisen überbewertet wird. Ferner kritisiert er die Auffassung, Plagiate würden wissenschaftlichen Fortschritt verhindern, indem er behauptet, dass Wissenschaftler, die ein Plagiat begehen, oftmals nicht minder begabt und erfahren seien als diejenigen, deren geistigen Eigentums sie sich bedienten. Laut Martin geschehe Plagiatbetrug im Wissenschaftssystem häufig unbeabsichtigt und sollte als bloßer Verstoß gegen die wissenschaftliche Etikette ohne weit reichende Konsequenzen behandelt werden. (Vgl. 1994: 41 ff.) Diese Sichtweise auf den Plagiatbetrug auf akademischer Ebene, den Martin als „competitive plagiarism“ (ebd.: 39) bezeichnet, wird in der vorliegenden Arbeit nicht vertreten, wie im Folgenden, insbesondere in Kapitel 2, herausgearbeitet wird.
Die Unterscheidung zwischen einzelnen Formen des literarischen Plagiats hat gezeigt, dass die Handlung des Plagiierens nicht alleine auf die nicht kenntlich gemachte, wortwörtliche Kopie fremder Textstellen zu reduzieren ist, wie oftmals angenommen wird, sondern ebenso die Übernahme der Argumentationsstruktur eines fremden Werkes mit einschließt. Dennoch ist festzuhalten, dass das Fehlen eindeutiger Verweise auf die Originalquelle ein zentrales Merkmal des Plagiats ist.
Die in dieser Arbeit benutzten Begriffe Plagiat , Plagiatbetrug und Plagiieren umfassen alle zuvor vorgestellten Ausprägungen des literarischen Plagiats.
Des Weiteren erfolgte eine Differenzierung zwischen dem Plagiieren zum einen auf institutioneller und zum anderen auf akademischer Ebene. An späterer Stelle (vgl. Kap. 2) ist zu klären, wie akademischer Plagiatbetrug das Funktionssystem Wissenschaft beeinflusst.
Im Folgenden wird die umfassende Bestimmung des Plagiatbegriffs fortgeführt, indem das Plagiat als Urheberrechtsverletzung definiert wird.
1.2 Das Plagiat als Urheberrechtsverletzung
Eine klare Darstellung des Verhältnisses zwischen Plagiatbetrug und Urheberrechtsverletzung gibt Lindey:
„Plagiarism and infringement are not the same thing, though they overlap. Plagiarism covers a wilder field; infringement involves more serious consequences. [...] There can be no plagiarism without the thief’s posing as originator; infringement may occur even though proper authorship is given. The essence of the wrong in either case is the appropriation of the fruits of another person’s mental labor and skill” (Lindey 1952: 2).
Als zentraler Aspekt in Lindeys Definition ist hervorzuheben, dass Plagiatbetrug und eine Verletzung des Urheberrechts nicht grundsätzlich gleichgesetzt werden dürfen. Während ein Plagiat immer auch ein Verstoß gegen das Recht des Urhebers ist, stellt eine Urheberrechtsverletzung nicht in jedem Fall eine Plagiathandlung dar. Beispielweise ist die Verbreitung geschützter Musikwerke[10] im Internet ohne Einwilligung des Urhebers bzw. des Inhabers der Werkrechte(Copyright-Inhabers)[11] ein Verstoß gegen das deutsche Urheberrecht (vgl. § 106, Abs. 1 UrhG). Da die Personen, die geschützte Werke unerlaubt in Umlauf bringen, diese aber nicht unter ihrem eigenen Namen neu veröffentlichen, ist diese Art der Urheberrechtsverletzung keine Plagiathandlung.
Zur Einordnung des Plagiatbegriffs in den Kontext der Urheberrechtsverletzung sollen hier nur einige Abschnitte des deutschen Urheberrechts behandelt werden. Eine ausführlichere Vorstellung des Gesetzeswerkes würde an dieser Stelle zu weit führen.
1.2.1 Zitatrecht
Das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) vom 9. September 1965 regelt in seinem ersten Teil den Schutz der Rechte der „Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst“ (§ 1 UrhG). Grundsätzlich ist ausschließlich der Werk-Urheber bzw. der Copyright-Inhaber berechtigt, ein geschütztes Werk zu verwerten, d.h. es zu kopieren, zu verbreiten oder öffentlich zu präsentieren (vgl. §15 UrhG).
Eine Einschränkung erfährt dieses Ausschließlichkeitsrecht durch einige Bestimmungen, die es erlauben, Teile der geschützten Werke als Zitate zu verwenden. Rechtlich wird ein Zitat als „unveränderte Übernahme fremden Geistesguts unter Angabe der Quelle“ (Arloth/Tilch 2001: 4948) definiert. In § 51 UrhG wird festgelegt, dass die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken erlaubt ist,
„wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang (1) einzelne Werke nach dem Erscheinen in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden, (2) Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden, (3) einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigenWerk der Musik aufgeführt werden“.
Es wird somit zwischen drei fallspezifischen Formen des Zitats differenziert, was Tatjana Krüger als „kasuistischen Aufbau“ (2004: 10) bezeichnet. Zu unterscheiden ist, ob das zitierende Werk ein wissenschaftliches oder sonstiges Sprachwerk darstellt, oder ob es sich um ein Musikwerk handelt. Für die vorliegende Arbeit von Bedeutung ist Ziffer (1) der Zitatregelung, die sich auf Zitate in wissenschaftlichen Werken[12] bezieht.
Begründet wird diese Einschränkung der Urheberrechte in Form des Zitatrechts damit, dass es eine unumgängliche Prämisse freier geistiger Auseinandersetzung ist, die Gedanken anderer Personen wörtlich wiedergeben zu können. Für den geistigen Diskurs und wissenschaftlichen Fortschritt wäre es hinderlich, wenn sich die Darstellung politischer, wissenschaftlicher oder geistiger Überlegungen nicht auf die wortgetreue Zitierung aus anderen Werken stützen könnte (vgl. Nordemann/Vinck 1998: 395; vgl. Oekonomidis 1970: 79 ff.; vgl. Schricker 1999: 797). Ein weiterer Grund für das Zitatrecht als Schrankenbestimmung des UrhG wird darin gesehen, dass der Urheber bei der Schöpfung seines Werkes häufig selbst auf fremde Arbeiten zurückgreift und die Einschränkung der Rechte an seinem Werk somit akzeptieren muss (vgl. Krüger 2004: 23; vgl. Oekonomidis 1970: 80). Wissenschaftliches Arbeiten und daraus resultierender wissenschaftlicher Fortschritt können nur auf der Basis bereits zuvor erarbeiteter wissenschaftlicher Erkenntnisse geschehen – der Wissenschaftssoziologe Robert K. Merton nennt es das Stehen „auf den Schultern von Riesen“ (Merton 1965/1983) (vgl. Kap. 2).
§ 51 Ziffer (1) UrhG bezieht sich auf das so genannte Großzitat (vgl. Arndt/Köhler 2003: 184; vgl. Küger 2004: 10; vgl. Nordemann/Vinck 1998: 396), die Aufnahme eines gesamten Werkes in eine andere wissenschaftliche Arbeit, ausschließlich zum Zweck der Erläuterung deren Inhalts. Ein Großzitat ist unzulässig, sobald es der reinen Ausschmückung des zitierenden Werkes dient. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn kein Bezug zwischen Werk und Zitat besteht (vgl. Arndt/Köhler ebd.). Zum erlaubten Umfang des Großzitats ergänzt Krüger:
„Obwohl nach dem Wortlaut des § 51 Ziffer 1 UrhG die Wiedergabe ganzer Werke zulässig ist, dürfen daher auch in wissenschaftlichen Werken nur Ausschnitte fremder Werke zitiert werden, wenn dies zu dem verfolgten Zweck und zum Verständnis des Zitats ausreichend ist“ (2004: 99 f.).
Ferner regelt § 51 Ziffer (2) UrhG das Kleinzitat, die Entnahme einzelner Passagen aus einem Werk(vgl. Arndt/Köhler ebd.; vgl. Krüger 2004: 10; vgl. Nordemann/Vinck ebd.). Hierbei kann es sich beim zitierenden Werk auch um ein nicht-wissenschaftliches handeln. Die Zulässigkeit des Kleinzitats ist dann gegeben, wenn mit ihm die im Werk dargestellte Sichtweise belegt, verdeutlicht oder vertieft wird (vgl. BGHZ 28: 234 ff.; vgl. BGHZ 50: 147 ff.).[13]
1.2.2 Gebot der Quellenangabe
Um genauer definieren zu können, warum das Plagiat einen Urheberrechtsverstoß darstellt, ist es erforderlich, auf das Gebot der Quellenangabe einzugehen, welches in § 63 UrhG geregelt ist.
Gemäß der in Kapitel 1.1 vorgestellten Definition ist Plagiatbetrug „the false assumption of authorship“ (Lindey 1952: 2). Wie zuvor schon erwähnt, ist demnach ein wesentliches Merkmal des Plagiats, dass es keinen Verweis auf das zitierte Originalwerk in Form einer angemessenen Quellenangabe enthält und der Plagiierende sich somit als vermeintlicher Werkurheber ausgeben kann. Zwar wird der Begriff des Plagiats im Urheberrechtsgesetz an keiner Stelle genannt, wohl aber heißt es in § 63 Abs. 1: „Wenn ein Werk oder ein Teil eines Werkes [...] vervielfältigt werden, ist stets die Quelle deutlich anzugeben“. Folglich kann ein Zitat ohne Quellenangabe als unzulässiges Plagiat interpretiert werden und ist als Rechtsverstoß gemäß § 63 Abs. 1 UrhG anzusehen (vgl. Arndt/Köhler2003: 185). Krüger weist in ihren Erläuterungen zum deutschen Urheberrechtsgesetz darauf hin: „Wird die Quelle nicht ausreichend erkennbar, fördert dies zudem den Eindruck, der Zitierende wolle sich in Wahrheit eine fremde Leistung als eigene aneignen“ (2004: 119). Dieser Kommentar der Autorin bringt ebenfalls die wesentliche Komponente des Plagiatbegriffs zum Ausdruck – die Aneignung und Präsentation fremden Geistesgutes als eigene Leistung – und stützt somit die Definition des Plagiats als Urheberrechtsverletzung.
Durch eine deutliche Quellenangabe soll gewährleistet werden, dass der Rezipient des zitierenden Werkes das Zitat auf einfache Art und Weise im Original einsehen und auf Richtigkeit überprüfen kann (vgl. Nordemann/Vinck 1998: 461). Dabei muss der Hinweis auf das zitierte Werk mühelos erkennbar, verständlich und dem Original außerdem leicht zuzuweisen sein. Es reicht beispielsweise nicht aus, die Quelle lediglich in den Literaturangaben am Anfang oder Ende eines zitierenden Werkes aufzuführen. (Vgl. ebd.; vgl. Gass 2000: 645).
1.3 Zusammenfassung und Kommunikationsmodell I
Die Ausführungen zum Zitatrecht und zum Gebot der Quellenangabe haben verdeutlicht, dass sich die Definition des Plagiatbegriffs in diesen im deutschen Urheberrechtsgesetz festgelegten Regelungen wiederfindet. Wie zuvor definiert, ist das wesentliche Merkmal eines Plagiats die Präsentation fremden Geistesgutes als eigene Leistung, was durch das Auslassen deutlicher Quellenangaben geschieht. Zwar wird der Begriff Plagiat in keinem Paragraphen explizit genannt, jedoch heißt es, dass Quellenangaben bei der Entnahme und Verwertung von Teilen eines fremden Werkes zwingend erforderlich sind.
In dieser Arbeit sollen nicht die strafrechtlichen Konsequenzen des Plagiatbetrugs betrachtet werden, da diese in Bezug auf das Funktionssystem Wissenschaft minder relevant sind. Für das Wissenschaftssystem von Bedeutung ist vielmehr die Frage, inwiefern Plagiatbetrug gegen im wissenschaftlichen Forschungsbetrieb geltende Normen verstößt und dadurch das System bzw. die in ihm ablaufenden Kommunikationsprozesse irritiert (vgl. Kap. 2).
Überdies ist durch die Vorstellung der urheberrechtlichen Regelungen eine Einführung des Zitatbegriffs erfolgt. Welche Rolle die Zitation in der Wissenschaft spielt, wird in Kapitelabschnitt 2.3 weiter ausgeführt.
Basierend auf der vorangegangenen Bestimmung des Plagiatbegriffs, einschließlich der Einordnung des Plagiats in den Kontext des Urheberrechts, lässt sich der Kommunika- tionsvorgang beim Plagiieren folgendermaßen darstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Kommunikationsmodell I: Kommunikationsvorgang beim Plagiieren
Deutlich wird der dichotome Charakter des Plagiierens: Es ist sowohl ein Verstoß gegen das Urheberrecht des Autors als auch eine Täuschung des Rezipienten. Der Kommunikator I, der Urheber des Original-Werkes, stellt dem Rezipienten I seine Arbeit, meist durch deren Veröffentlichung, zur Verwertung zur Verfügung (Kommunikationsvorgang I). Grundsätzlich liegen die Verwertungsrechte beim Werk-Urheber. Laut UrhG erfahren diese Rechte eine Einschränkung durch das Zitatrecht. Demnach ist Rezipient I berechtigt, Teile des fremden Werkes für das Verfassen einer selbstständigen Arbeit zu nutzen. Begründet wird diese Schrankenbestimmung unter anderem damit, dass wissenschaftliches Arbeiten immer nur auf der Basis anderer wissenschaftlicher Erkenntnisse stattfinden kann. Rezipient I ist bei der Verwertung des fremden Werkes allerdings dazu verpflichtet, durch eine deutliche Quellenangabe auf dieses zu verweisen. Bleibt der Quellennachweis aus, handelt es sich beim zitierenden Werk um ein Plagiat. Der Plagiator (Kommunikator II) verletzt somit zum einen die Rechte des Werk-Urhebers und täuscht zugleich Rezipient II, dem er das von ihm begangene Plagiat als vermeintlich eigenständige Arbeit darlegt (Kommunikationsvorgang II).
In Kapitel 2 wird das Plagiieren auf akademischer Ebene (vgl. Kap. 1.1) betrachtet. Dargelegt werden soll, welche Auswirkung das Plagiieren wissenschaftlicher Publikationen auf das Funktionssystem Wissenschaft hat.
2. Wissenschaft
Wissenschaft soll in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe der funktional-strukturellen Systemtheorie luhmannscher Prägung als soziales gesellschaftliches Funktionssystem definiert werden. Eine systemtheoretische Perspektive auf die Wissenschaftbietet sichnach Meinung der Verfasserin insofern an, als durch sie Auswirkungen des Plagiierens auf das Wissenschaftssystem besonders adäquat beschrieben werden können.Darüber hinaus erfolgt eine kurze Einführung von Robert K. Mertonswissenschaftlichem Ethos, da Plagiatbetrug als Verstoß gegen dieses Normenkonstrukt angesehen werden kann.
Die Einführung grundlegender Theorieelemente, welche die Wissenschaft als eigenes, gemäß innerspezifischer Funktionsweisen operierendes System identifizieren, ist Voraussetzung für eine weitergehende Betrachtung besonderer Charakteristika und Elemente des Wissenschaftssystems.So kann in einem nächsten Schritt geklärt werden, inwiefern Reputation als Antriebsmechanismus für das Wissenschaftssystem fungiert. Reputationserwerb erfolgt in erster Linie über Publikationen–eine Behandlung von Publikation und Zitation als basale Elemente für die Wissenschaft (vgl. Stichweh 1994: 63 ff.) soll daher nicht ausgespart bleiben.Den Abschluss dieses Kapitels bildet die Einordnung des Plagiierens auf akademischer Ebene in die Thematik des Wissenschaftsbetrugs.
2.1 Wissenschaft als gesellschaftliches Funktionssystem
Gemäß der funktional-strukturellen Systemtheorie, wie sie maßgeblich von Niklas Luhmann geprägt wurde, wird Wissenschaft als ein „rekursiv operierendes [H.i.O.]“ (Luhmann 1992: 275) Teilsystem der Gesellschaft begriffen, das, wie alle gesellschaftlichen Teilsysteme (z.B. das Politiksystem, das Rechtssystem, das Wirtschaftssystem etc.) eine bestimmte Funktion erfüllt. Im Falle der Wissenschaft besteht diese Funktion in der Hervorbringung neuer Erkenntnisse (vgl. ebd.: 355). Rekursiv[14] heißt, dasssich die Elemente, aus denen sich das Wissenschaftssystem als Einheit zusammensetzt, nur in Bezug aufeinanderetablieren können. Überdies hebt Luhmann die Geschlossenheit des sozialen Systems Wissenschaft hervor, betont jedoch gleichzeitig seine strukturelle Kopplung[15] mit anderen Systemen in seiner Umwelt[16]. (Vgl. ebd.: 275 f.)Geschlossene, strukturell gekoppelte Systeme sind darauf angewiesen, kausale Beziehungen miteinander einzugehen, doch geschieht dies nur unter der Prämisse der Autonomie dieser Systeme (vgl. Luhmann ebd.: 29 ff.). Einzelne soziale Systeme operieren demnach separat voneinander, bleiben immer Umwelt füreinander, auch dann, wenn sie in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen. Beispielsweise besteht zwischen Wissenschaftssystem undPolitiksystem eine Beziehung, wenn politische Entscheidungen mittels wissenschaftlicher Analysen unterstützt werden. Ausgeschlossen bleibt laut Luhmann aber, dass ein System ein anderes auf solche Weise beeinflusst, als es einen Eingriff von außen in interne Operationen vollzieht, was eine Veränderung der Struktur des beeinflussten Systems zur Folge haben könnte. Denn, wie Luhmann immer wieder betont, bedeutet rekursive Geschlossenheit, „daß das System nur eigene Operationen als Anlässe für die Änderung eigener Zustände anerkennen kann“ (1992: 277). Weiter stellt er fest: „Auch die rekursive Wissenschaft ist, wie jedes System, ein strukturdeterminiertes System [H.i.O.].Sie befindet sich jeweils in dem Zustand (und in keinem anderen), den sie durch ihre eigenen Operationen erreicht“ (ebd.: 279). In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass Strukturtransformationen durchaus an Bedingungen der Umwelt geknüpft sind und die Wissenschaft als strukturdeterminiertes System auf Beziehungen zu seiner Umwelt nicht verzichten kann, wie zuvor bereits erwähnt. Wissenschaftliche Kommunikation läuft beispielsweise gekoppelt an Bewusstseinszustände der am Kommunikationsvorgang beteiligten Wissenschaftler[17] ab (vgl. ebd.: 281). Dennoch richtet sich der Zustand des Wissenschaftssystems ausschließlich nach innerspezifischen Strukturen, welche sich nur aufgrund eigener Operationen verändern können.
Ein weiteres prägnantes Charakteristikum, welchesnach der luhmannschen Theorie sozialer Systeme alle gesellschaftlichen Teilsysteme auszeichnet, so auch das Wissenschaftssystem, ist das Prinzip der Autopoiesis[18]. Das autopoietische SystemWissenschaft erzeugt die Komponenten selbst, aus denen es besteht und die für seinen Erhalterforderlich sind. Demnach lässt sich ein System als autopoietisch betrachten, wenn es sich auf der Basis intern ablaufender Operationen selbst herstellt und selbst erhält. Weiter gilt, dass ein autopoietisches System nur dann entsteht und weiter bestehen kann, wenn in ihm ablaufende Kommunikationen als Systemelemente aneinander anschließen und ständig fortlaufen.(Vgl. Luhmann 1992: 282) Dem System Wissenschaft ordnet Luhmann das Kommunikationsmedium Wahrheit mit dessen binärer Codierung[19] wahr/unwahr (vgl. ebd.: 292) zu und erklärt:
„Kommunikationen, die als wahr bzw. unwahr markiert sind und dadurch in ihrer Weiterverwendungsfähigkeit vorbestimmt sind, sind Operationen dieses Wissenschaftssystems [...]. [In keinem anderen gesellschaftlichen Teilsystem; SK] kann mit der für Wissenschaft spezifischen Sicherheit ausgemacht werden, was wahr und was unwahr ist“ (ebd.: 293).
Aufgrund seines binären Codes ist für das Wissenschaftssystem von Bedeutung, ob eine Aussage der Wahrheit entspricht oder nicht, d.h. Forschungsergebnissen werden die Werte wahr oder unwahr zugeschrieben. Dabei sind es wissenschaftliche Theorien, mit Hilfe derer eine Entscheidungüber Wahrheit und Unwahrheit gefällt wird (vgl. ebd.: 183) und welche – falls sie sich als falsch oder überholt erweisen – verworfen und im Sinne der „Rekursivität des Operierens“ (ebd. 285) innerhalb des Systems Wissenschaft neu geschaffen werden. Denn „auch wenn Dissens [bezüglich eines Theorieentwurfs; SK] besteht, hört die Wahrheitskommunikation nicht allein deswegen schon auf; sie kann, im Gegenteil, gerade dadurch in Gang gehalten werden“ (ebd.: 284). Luhmann nennt dies die „Unabgeschlossenheit der Autopoiesis“ (ebd.: 283) des sozialen Funktionssystems Wissenschaft.
Es wurde bereits darauf eingegangen, dass Luhmann Menschen bzw. Wissenschaftler nicht als Basiselemente des sozialen Funktionssystems Wissenschaft ansieht. Dennoch bestreitet er nicht ihre Teilnahme an der Wissenschaft und damit einhergehend ihre „Inklusion in das gesamtgesellschaftliche System“ (1992: 346). Theoretisch ist es jedem Menschen möglich, am wissenschaftlichen Prozess teilzunehmen, tatsächlich aber bleibt die Einbeziehung in die Wissenschaft aufgrund hoher Mitmachanforderungen nur einer Minderheit vorbehalten (vgl. ebd.: 348 f.). Die Inklusion in das System Wissenschaft geschieht über „Publikation und Publikationsprüfungen“ (ebd.: 349) (vgl. Kap. 2.4). Erforschtes Wissenwird von Wissenschaftlern schriftlich fixiert, veröffentlicht und somit innerhalb des Wissenschaftssystems anderen Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt. Dass dieser Publikationsprozess von Forschungswissen eine unumgängliche Prämisse für den Fortbestand wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung ist, wurde bereits in Kapitelabschnitt 1.2.1 erläutert. Ferner bedeutet die Archivierung von Wissen in Form von Publikationen, dass wissenschaftliche Erkenntnis der Überprüfung der am Wissenschaftssystem Teilnehmenden ausgesetzt ist. Demnach können Theorieentwürfe gemäß des binären System-Codes wahr/unwahr beurteilt, aufgelöst und rekombiniert werden (vgl. ebd. 313). Wie Luhmann betont, kommt der Publikation im wissenschaftlichen Prozess daher eine besondere Bedeutung zu:
„Erst die Publikation im Druck und in ihrem Gefolge: die darauf basierte Ausdifferenzierung wissenschaftlicher Kommunikation stellen ein eindeutiges Kriterium [zur Markierung neuen Wissens; SK] bereit. Als neu zählt, was erstmals publiziert ist [...]. Innerhalb der publizierten Texte kann das Zitieren und das Diskutieren anderer Publikationen dem laufenden Nachziehen der Trennlinie von alt und neu dienen“ (1992: 296).
An dieser Stelle lässt sich eine erste Schlussfolgerung bezüglich der Frage ziehen, welche Wirkungen das Plagiieren auf akademischer Ebene, d.h. im Wissenschaftssystem, nach sich zieht. Typisches Merkmal plagiierter Texte ist, dass sie keine – oder nur unzureichende – Quellenangaben enthalten (vgl. Kap. 1) und somit nicht auf andere Publikationen verweisen, deren Inhalt sie übernommen haben. Den Rezipienten eines Plagiats, d.h. anderen Wissenschaftlern, wird fremdes altes Wissen als eigenes neues präsentiert. Plagiierende Autoren handeln folglich nicht im Sinne der Produktion neuer Erkenntnis, also der Funktion, die Luhmann dem System Wissenschaft zuschreibt. Zugespitzt ausgedrückt und auf Luhmanns systemtheoretische Annahmen bezogen, irritiert das Plagiieren den Prozess der Auflösung und Rekombination wissenschaftlicher Theorien und lässt sich als Störung des rekursiv ablaufenden Kommunikationsprozesses identifizieren. Eine ausführliche Analyse der Bedeutung von wissenschaftlichen Publikationen für den Forschungsprozess erfolgt in Kapitelabschnitt 2.4.
Das Plagiieren wissenschaftlicher Publikationen muss als wissenschaftliches Fehlverhaltenund damit als Normverstoß im Wissenschaftssystem behandelt werden(vgl. Weingart2001: 39; vgl. Hochschulrektorenkonferenz HRK 1998: 9). Laut Luhmann kann ein solcher Normverstoß jedoch niemals die Existenz und Einheit der Wissenschaft als System gefährden:
„[Wir halten] normative Strukturierung nicht für ein primäres, sondern für ein sekundäres Moment der Ausdifferenzierung und ,Integrität’ [H.i.O.] von Wissenschaft, denn Wissenschaft muß schon autopoietisch operieren, wenn sie den eigens auf sie bezogenen Normen Plausibilität verleihen soll. [...] Das Gerüst solcher Normen repräsentiert nicht etwa die Einheit des Systems im System“ (Luhmann 1992: 323).
Die systemtheoretischen Überlegungen Luhmanns unterscheiden sich in diesem Zusammenhang von der strukturell-funktionalen Analyse des Wissenschaftssystem, wie sie von Robert K. Merton entwickelt wurde.
Im folgenden Abschnitt wird Mertons Theorie kurz vorgestellt und Luhmanns systemtheoretischem Ansatz gegenübergestellt, um anschließend auf der Grundlagebeider wissenschaftstheoretischer Konzepte ein erstes Fazit bezüglich der Auswirkungen von Plagiatbetrug im Wissenschaftssystem zu ziehen.
2.2 Wissenschaftliches Ethos nach Merton
Mertons strukturell-funktionaler Analyse des Wissenschaftssystems liegt die Frage zugrunde, welche normativen Verhaltensformen in der Institution Wissenschaft herrschen müssen, damit die Produktion gesicherten Wissens möglich ist (vgl. Weingart 2003: 16). Kernstück der Theorie Mertons ist das wissenschaftliche Ethos , welches folgende Prinzipien und Normen wissenschaftlicher Kommunikation festlegt:
1. Universalismus : Wahrheitsansprüche müssen unabhängig ihrer Herkunft vorab entworfenen, unpersönlichen Kriterien unterworfen werden; personale oder soziale Eigenschaften dürfen das Verfolgen einer wissenschaftlichen Karriere nicht verhindern (vgl. Merton 1985: 90 ff.).
2. Kommunismus :Die „substantiellen Erkenntnisse der Wissenschaft“ (ebd.: 93) sind der Scientific Community zur freien Verfügung bereitzustellen (vgl. ebd.: 93 ff).
3. Uneigennützigkeit : Persönliche Motive und Interessen des Wissenschaftlers treten zugunsten übergeordneter wissenschaftlicher Ziele zurück (vgl. ebd.: 96 ff.).
4. Organisierter Skeptizismus : Wissenschaftliche Ergebnisse müssen „anhand empirischer und logischer Maßstäbe“ (Merton ebd.: 99) überprüft werden; ein Urteil ist erst dann zu fällen, wenn die Fakten sichergestellt sind (vgl. ebd).
Mertons wissenschaftliches Ethos lässt sich als ein Normenkomplex idealtypischer Verhaltensformen bezeichnen und gilt seit langem als eine obsolete Beschreibung des Wissenschaftssystems bzw. der Analyse des Verhaltens von Wissenschaftlern (vgl. Weingart 2003: 17; vgl. Hinner 2003: 12). Dennoch fordert Peter Weingart, die Bedeutung des Ethos deswegen nicht prinzipiell gering zu schätzen. So weist er darauf hin, dass in den führenden Wissenschaftsnationen aufgrund vermehrt auftretender wissenschaftlicher Betrugsfälle angelehnt an Mertons NormenkonstruktKodizes[20] entstanden sind, um gegen wissenschaftliches Fehlverhalten vorzugehen (vgl. Weingart 2001: 284 ff./2003: 21). So gesehen umfasst das wissenschaftliche Ethos bedeutende normative Verhaltensvorgaben, an die sich jeder Wissenschaftler halten sollte.
Wie lassen sich Mertons theoretische Überlegungen zum Wissenschaftssystem mit denen Luhmanns in Verbindung bringen und welche Schlüsse lassen sich danach bezüglich der Thematik des Plagiierens in der Wissenschaft ziehen?
Der strukturell-funktionale Ansatz Mertons konzentriert sich auf Strukturprobleme des wissenschaftlichen Systems einschließlich der Auswirkungen normativer Konflikte. Luhmann hingegenbetont zwar die Relevanz der Behandlung von Wertkonflikten im Wissenschaftssystem, „denn sicherlich bleiben Strukturen ein unerlässliches Erfordernis der Autopoiesis sozialer Systeme“ (Luhmann 1992: 287). Seiner Auffassung nach ist die strukturell-funktionale Theorie jedoch lediglich als ein Teil seiner systemtheoretischen Annahmen anzusehen (vgl. ebd.).
Die Argumentation in der vorliegenden Arbeit soll angelehnt werden an Luhmanns Überlegungen: Wenngleich ein Normverstoß wie Plagiatbetrug das wissenschaftliche System nicht in seinem Fortbestand zu bedrohen vermag, kann er aber durchaus – wie am Ende des Kapitelabschnitts 2.1 beschrieben – die Konsequenz der Blockierung und Irritation der Kommunikation im wissenschaftlichen Prozess nach sich ziehen. Wenn Plagiatbetrug auf akademischer Ebene als solcher identifiziert wird, kann Wissenschaft als geschlossenes, autopoietisches System nur nach Maßgabe interner Operationen reagieren. Hier kommt schließlich Mertons wissenschaftliches Ethos zur Geltung, denn in Anlehnung an seine Normen können verbindliche Kodizes zur Eindämmung wissenschaftlichen Fehlverhaltens, wie etwa des Plagiatbetrugs, formuliert werden.
Wie vorangehend anhand Luhmanns systemtheoretischen Ausführungen deutlich wurde, kann Wissenschaft als ein autopoietisches, nach eigener interner Funktionslogik operierendes System begriffen werden. Innerhalb dieses Systems übernimmt vor allem ein Elementeine spezifische Orientierungs- und Antriebsfunktion: Reputation. Inwiefern dies geschieht, soll im Folgenden aufgezeigt werden.
2.3 Reputation
„Die Wissenschaft ist ein einziger Tanz um Aufmerksamkeit“ (Franck 1998: 37).
Wie oben beschrieben, läuft Kommunikation im Wissenschaftssystem nach Maßgabe des binären Codes wahr/unwahr ab. Luhmann macht eine weitere zweiwertige Codierung aus, welche als Nebencode des Wahrheitsmediums fungiert: die Reputation . Mit dem Reputationscode werden Aussagen im System Wissenschaft dahingehend beurteilt, ob es sich um eine Erstkommunikation neuen Wissens handelt (positive Seite des Codes), oder ob die Aussage, etwa eine wissenschaftliche Theorie, keine neue Erkenntnis beinhaltet (negative Seite). (Vgl. Luhmann: 246 f.)Merton bezeichnet Reputation, d.h. die „Anerkennung von Fachkollegen für geleistete Arbeit“ (1985: 147), als Belohnung für Wissenschaftler und somit als die Währung des wissenschaftlichen Systems (vgl. ebd.: 147 ff.). Georg Franck sieht in ihr das „konsolidierte Einkommen an kollegialer Aufmerksamkeit“ (1998: 38) und betont, es gehöre zur Berufsehre eines Wissenschaftlers, dass ihm fachinterne Anerkennung sogar erstrebenswerter erscheint als finanzielles Einkommen (vgl. ebd.).
Der Reputationscode übernimmteine Orientierungsfunktion (vgl. Luhmann: 249; vgl. Weingart 2003: 26). Angesichts der Themendichte und Fülle an Publikationen im Wissenschaftssystem fällt es oftmals schwer zu überblicken, welche wissenschaftlichen Denkrichtungen und Theorien qualitativ höher zu stellen sind als andere, d.h. welchen publizierten Werkengrößere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Luhmann schlussfolgert:
„Das System muß daher Vorgaben zur Verfügung stellen, um die Beliebigkeit der Themenauswahl, der Lektüre, des Zitierens und Formulierens einzuschränken, und eben das geschieht in der Wissenschaft durch Etablieren von Reputation“ (1992: 246).
Durch den Reputationscode wird der „Bedarf an Kausalzurechnung“ (ebd.: 247) erfüllt. Durch ihn lässt sich beispielsweise begründen, warum dieser Publikation mehr Beachtung geschenkt werden soll als jener. Merton bemerkt, dass sich durch die stetig wachsende Anzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen ein regelrechter Wettstreit um Reputation zwischen Wissenschaftlern innerhalb ihrer Disziplinen etabliert und verdeutlicht damit, wie erstrebenswert das Erlangen von Aufmerksamkeit im wissenschaftlichen System ist (vgl. 1985: 160).
Da der Reputation eine solch wichtige Orientierungsfunktion zukommt, haben sich im System Wissenschaft Mittel etabliert, welche sie indizieren. Namensverzeichnisse in wissenschaftlichen Publikationen oder das Zitieren dienen dem Zuteilen von Reputation (vgl. Luhmann 1992: 247). Wer oft zitiert wird, dessen Werken wird mehr Bedeutung beigemessen als solchen, auf die selten verwiesen wird.Dabei wird vor allem solchen Wissenschaftlern große Aufmerksamkeit geschenkt, denen es gelingt, über die eigene Disziplin hinaus Interesse an ihrer Forschung zu wecken (vgl. ebd.: 247 f.). Weiter lässt sich sagen, dass Reputation auch im interdisziplinären Konkurrieren um die Vergabe von Finanzmitteln für Forschungsprojekte eine entscheidende Rolle spielt (vgl. Franck 1998: 45).
Überdies kann Reputation zum wissenschaftlichen Fortschritt beitragen. Merton stellt fest: „Für die Entwicklung der Wissenschaft sind nur solche Arbeiten von Belang, die hier und jetzt von anderen Wissenschaftlern wahrgenommen und weiterverwendet werden“ (1985: 160). Aufmerksamkeit kommt daher besonders solchen Forschungsergebnissen zu, die Neuigkeitswert besitzen und vor allem anderen Wissenschaftlern ermöglichen, auf deren Grundlage eigene neue Erkenntnisschritte zu machen, wofür diese dannebenfalls mit Reputation ausgezeichnet werden. In diesem Zusammenhang betont Luhmann:
„Es ist, bei aller Rücksicht auf Qualität, also nicht so sehr das Endprodukt Wahrheit, das mit Reputation belohnt wird, sondern eher Theorieleistungen [...], die zahllose weitere Forscher mit Reputationserwerbschancen versorgen“ (1992: 250).
Insofern kommt derReputation nicht nur eine Orientierungsfunktionzu, sondern sie kann auch als eine Art Antriebselement des wissenschaftlichen Systems bezeichnet werden, da Wissenschaftler durch die Aussicht darauf, Aufmerksamkeit zu erlangen, motiviert werden, Forschung zu betreiben, die anderen als Basis weiterer Forschung nützlich ist. Franck nennt diese Doppelfunktion der Reputation einen „Glücksfall“ (1998: 48) für das Wissenschaftssystem:
„Der Trick dieser Koppelung ist geradezu genial. Er bedeutet, daß für die Aufgabe des Motivierens nichts von der Aufmerksamkeit abgezweigt werden muß, die für produktive Zwecke zur Verfügung steht. Vielmehr werden durch die Einbeziehung der Rezeption fremder Produktion ins operative Geschäft die Einkommen der Kollegen stillschweigend und ohne irgendwelchen Zusatzaufwand geschöpft“ (ebd.).
Gegen die zentrale Bedeutung von Reputation im wissenschaftlichen System ließe sich argumentieren, dass es der in Mertons wissenschaftlichem Ethos festgelegten Norm der Uneigennützigkeit widerspricht, wenn Wissenschaftler beim Forschen von einem individuellen Motiv getrieben werden, nämlich von der Aussicht auf Reputationserwerb. Doch gerade das Streben nach Aufmerksamkeit bewirkt, dass Forschung im Sinne eines kollektiven Erkenntnisfortschritts geschieht, denn, wie bereits deutlich gemacht wurde, „wer reüssieren will, muß die eigene Produktivität an der Unterstützung der Produktivität anderer ausrichten“ (ebd.: 44).Dabei ist es nicht nur auf der Mikroebene, also für den einzelnen Wissenschaftler, von Bedeutung, sich – durch der wissenschaftlichen Gemeinschaft nützlichen Erkenntnisfortschritt – auf dem „Markt der Ideen“ (ebd.) zu behaupten, um mit Anerkennung belohnt zu werden. Franck macht zusätzlich eine Meso- und Makroebene aus, für die der Wettbewerb um Reputation relevant ist. So herrscht auch zwischen einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen (Mesoebene) ein Konkurrenzkampf um Aufmerksamkeit, denn je etablierter ein Fach, desto attraktiver ist es für den wissenschaftlichen Nachwuchs und desto eher werden ihm finanzielle Ressourcen zugeteilt (vgl. ebd.: 45). Des Weiteren ist es für eine Disziplin notwendig, auch außerhalb des Wissenschaftssystems (Makroebene)das Interesse auf sich zu lenken, da, so Franck, „ihre Produktionsbedingungen leiden, wenn sie es nicht schafft, sich in der Öffentlichkeit zu verkaufen“ (ebd.: 46).
Wurde bis hierher ausschließlich der funktionale Charakter der Reputation im Wissenschaftssystem analysiert, soll im Weiteren auch ihr kontraproduktiver Aspekt nicht unbeleuchtet bleiben.Bezüglich der Zuteilung von Aufmerksamkeit macht Merton einen Verselbstständigungsmechanismus aus, den er als „Matthäus-Effekt“[21] (1985: 147) bezeichnet. Wissenschaftler, so argumentiert Merton, die bereits hohe Reputation genießen, werden oftmals automatisch mit weiterer Anerkennung belohnt, auch für solche Leistungen, die wohlmöglich keinen nennenswerten Erkenntnisfortschritt bringen (vgl. ebd.: 150 ff.).Bekannte Wissenschaftler profitieren von ihrem „kumulativen Einfluss“ (Weingart 2003: 23) insofern, als ihnen besondere Glaubwürdigkeit zugeschrieben wird und damit einhergehend Mittel, z.B. finanzieller Art, die sich wiederum für neue Forschungsprojekte und folglich für die Produktion neuer Erkenntnis verwenden lassen, für die den Wissenschaftlern dann noch mehr Aufmerksamkeit zukommt (vgl. ebd.; vgl. Merton 1985: 155). Kritisieren lässt sich an diesem Mechanismus, dass dadurch dem Talent von weniger etablierten Wissenschaftlern zu wenig Beachtung geschenkt und möglicherweise ihre wissenschaftliche Karriere behindert wird (vgl. Merton ebd.: 157).[22] Empirisch belegt sieht Merton seine Argumentation in zahlreichen Interviews[23] mit angesehenen Wissenschaftlern, darunter vielen Nobelpreisträgern, die – mitunter aus eigener Erfahrung – zugeben, dass der Matthäus-Effekt existiert und als ein problematischer, weil Ungerechtigkeiten forcierender Mechanismusim Wissenschaftssystem behandelt werden muss (vgl. ebd.: 152 ff.):
„Sie erkennen, daß er zu einer unbeabsichtigten doppelten Ungerechtigkeit führt, indem der unbekannte Wissenschaftler in ungerechtfertigter Weise benachteiligt und der namhafte Wissenschaftler in ungerechtfertigter Weise bevorzugt wird. Kurzum, sie sehen den Matthäus-Effekt vor dem Hintergrund einer fundamentalen Ungleichheit innerhalb des Belohnungssystems [der Reputation; SK], die sich auf die Laufbahn der einzelnen Wissenschaftler auswirkt“ (ebd.: 157).
Während Merton auf der einen Seite hervorhebt, dass der Matthäus-Effekt unbekannten Wissenschaftlern für das Verfolgen einer wissenschaftlichen Karriere zum Nachteil gereicht und damit seinen „dysfunktionalen“ (ebd.: 158) Charakter auf individueller Ebene verdeutlicht, geht er auf der anderen Seite auf seine positiven Auswirkungen für das wissenschaftliche Kommunikationssystem (Systemebene) ein, und zwar in Hinblick auf die Selektion neuer wissenschaftlicher Beiträge (vgl. ebd.: 158). Ein weiteres Mal wird hier dieoben beschriebene Orientierungsfunktion deutlich, die der Reputation im wissenschaftlichen System zukommt. In Bezug auf den Matthäus-Effekt lässt sich diese Orientierungsleistung noch weiter ausdifferenzieren. Merton charakterisiert seine Funktion wie folgt: „Beiträge von hoch angesehenen Wissenschaftlern [haben] die größte Chance, weithin wahrgenommen und direkt in das Kommunikationsnetz der Wissenschaft aufgenommen zu werden – um auf diese Weise ihre Entwicklung zu beschleunigen“ (ebd.: 161).Während einfache Reputation eine erste Orientierung bei der Auswahl relevanter wissenschaftlicher Beiträge bietet, kann kumulative Aufmerksamkeit der Feinselektion dienen. Je höher das Ansehen eines Wissenschaftlers, desto eher wird seinen Arbeiten Interesse entgegengebracht und wissenschaftlicher Fortschritt beschleunigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Reputation im Wissenschaftssystem
Abbildung 2 gibt einen zusammenfassenden und vereinfachenden Überblick über die oben ausführlich behandelte Bedeutung von Reputation im System Wissenschaft.
Die Doppelfunktion ist deutlich erkennbar: Zum einen dient Reputation der Orientierung bei der Selektion wissenschaftlich relevanter Publikationen, zum anderen treibt sie den wissenschaftlichen Fortschritt voran, indem sie für Wissenschaftler ein erstrebenswertes Einkommen darstellt und sie dazu motiviert, Forschungsleistungen zu erbringen, an welche angeknüpft werden kann. Der Matthäus-Effektkann sich zwar hinderlich bezüglich der Laufbahn eines unbekannten Wissenschaftlers auswirken (dysfunktionale Wirkung), ermöglicht allerdings auch eine Ausdifferenzierung der Orientierungsleistung von Reputation (funktionale Wirkung), und zwarin Hinblick auf die Feinselektion bedeutsamer wissenschaftlicher Arbeiten und auf die Beschleunigung des wissenschaftlichen Fortschritts.
Es wurde gezeigt, dass Reputation als ein grundlegendes Element des wissenschaftlichen Kommunikationssystems fungiert, ohne dessen Leistungen die Autopoiesis der Wissenschaft nicht aufrecht zu erhalten wäre. Reputation ist sozusagen der Motor wissenschaftlicher Kommunikation: Sie scheint Wissenschaftlern äußerst erstrebenswert und treibt sie zu anschlussfähiger Kommunikation bzw. Forschung an. Sie weist den Weg durch die unüberschaubare Menge an wissenschaftlichen Publikationen, um auf anschlussfähige Forschungsleistungen aufmerksam zu machen.
Auf der Grundlage dieser Überlegungen lassen sich nun weitere Aussagen bezüglich des Plagiatbetrugs im Wissenschaftssystem machen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass ein wichtiges Mittel für das Zuteilen von Reputation das Zitieren ist. Durch Quellenverweise lassen sich Forschungsleistungen bestimmten Personen zuordnen, denn nur so ist die Vergabe von Anerkennung möglich und gelingt es den Rezipienten, sich in ihrer Literaturauswahl verlässlich zu orientieren. Bleiben Quellenangaben aus oder werden Erkenntnisfortschritte einem falschen Urheber zugewiesen, wie es beim Plagiieren der Fall ist, so wird der Orientierungsmechanismus der Reputation irritiert. Ebenso wird die Motivationsleistung durch das Plagiieren geschwächt.Ohne die Regeln des Zitierens kann das „Gratifikationssystem der Reputation“ (Franck 1998: 47)nicht funktionieren. Sobald Namen keine Rolle mehr spielen, bleibt die Aussicht auf Belohnung durch persönliche Anerkennung aus, mit der Wissenschaftler zum Forschen motiviert werden.
Zu ergänzen ist, dass das Belohnungssystem der Reputationauch verhindernkann, dass gegen im Forschungsbetrieb geltende Normvorgaben verstoßen wird. Ein Wissenschaftler, dem einmal Fehlverhalten, wie etwa Plagiatbetrug, nachgewiesen wird, wird danach von der Fachwelt meist nicht mehr ernst genommen.Der Verlust seiner Glaubwürdigkeit aber ist „die härteste Strafe, die es für einen Wissenschaftler gibt“ (Franck 1998: 44), denn für ihn ist es danach kaum mehr möglich, noch einmal bzw. überhaupt jemals Anerkennung zu erlangen. Franck drückt es folgendermaßen aus: „Das Interesse [an der Reputation; SK] schränkt den Spielraum für Bluff [...] ein“ (ebd.).[24]
Die „reputationsträchtigste Form wissenschaftlicher Aktivität“ (Baumert et al. 1987: 50) ist die Publikation. Der Frage, inwiefern Publikation und Zitation basale Elemente für die Wissenschaft darstellen, soll im nächsten Kapitelabschnitt nachgegangen werden.
[...]
[1] Die in dieser Arbeit direkt zitierten Passagen werden unverändert übernommen, auch dann, wenn sie – in der Regel aufgrund neu eingeführter Rechtschreibregeln – Rechtschreibfehler aufweisen. Auf eine Kennzeichnung der Fehler durch [sic!] w ird verzichtet.
[2] Zur besseren Lesbarkeit werden Bezeichnungen in dieser Arbeit nur in ihrer maskulinen Form verwendet, d.h. mit Studenten, Dozenten usw. sind gleichsam Studentinnen, Dozentinnen usw. gemeint.
[3] http://www.akruetzel.de/183/studentisch.html; Angaben zum Autor und zum Erscheinungsjahr dieses Artikels fehlen.
[4] Die Verfasserin bezieht sich dabei auf Erklärungen folgender Universitäten: Universität Augsburg, Technische Universität Berlin, Universität Halle, Universität Frankfurt, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (vgl. Literaturverzeichnis).
[5] Auch der DHV weist in seiner Resolution auf diese Forschungslücke hin: „Wie groß der Anteil der Plagiate unter den von den Studierenden eingereichten Arbeiten ist, ist nicht bekannt. Seriöse Untersuchungen oder verlässliche Zahlen zu diesem Problem fehlen noch“ (2002: 1). Bei ihren Recherchen stieß die Verfasserin lediglich auf internationale Studien (USA, Großbritannien, Israel), von denen einige in Kapitel 4 dieser Arbeit vorgestellt werden.
[6] Scientific Community = Gemeinschaft aller Wissenschaftler; der Begriff findet meist Verwendung in Bezug auf die Gemeinschaft von Wissenschaftlern der gleichen Disziplin (vgl. Hinner 2003: 12; vgl. Weingart 2003: 27; vgl. Jakobs 1999: 55).
[7] Vgl. auch Carroll 2002: 9, LaFollette 1992: 49; umfassende Definitionen des Plagiatbegriffs sind fast ausschließlich in der englischsprachigen Literatur zu finden.
[8] Das englische Wort plagiarism impliziert nach Meinung der Verfasserin eine Geisteshaltung, welche die Möglichkeit des Plagiierens als Selbstverständlichkeit annimmt (sozusagen eine Grundhaltung, ähnlich wie z.B. totalitarism). Eine adäquate deutsche Übersetzung existiert nicht. In der vorliegenden Arbeit wird plagiarism mit dem substantivierten Verb Plagiieren bzw. mit dem Substantiv Plagiatbetrug übersetzt, auch wenn Letzteres einen Pleonasmus darstellt.
[9] Auch Martin geht auf diese Form des Plagiierens ein. Er nennt sie „plagiarism of a form of a source“ (1994: 37).
[10] Zur Definition des Werkbegriffs vgl. § 2 UrhG; vgl. auch Fromm et al. 1998: 58 ff., Rehbinder1998: 74 ff..
[11] Wie die Verteilung der Nutzungsrechte an einem Werk geregelt ist, wird in § 31 UrhG festgelegt. Grundsätzlich liegt das Nutzungsrecht beim Werk-Urheber, der es aber an eine andere Person (Copyright-Inhaber) – als einfaches oder ausschließliches Recht – übertragen kann. Für weitere Ausführungen zur Einräumung von Nutzungsrechten vgl. Fromm et al. 1998: 240 ff..
[12] Ein Werk ist dann als wissenschaftlich zu betrachten, wenn die aus ihm gewonnenen Erkenntnisse, basierend auf seinem Konzept, der Darstellungsform und dem geistigen Gehalt, der Forschung und wissenschaftlichen Lehre nützlich sind. Diese Definition einer wissenschaftlichen Publikation soll für die vorliegende Arbeit gelten, auch wenn sie aus der Rechtswissenschaft stammt (vgl. Nordemann/Vinck 1998: 402).
[13] Eine tiefer gehende Diskussion zum gebotenen Umfang des Groß- und Kleinzitats bietet Krüger (vgl. 2004: 93 ff.).
[14] Prägnante Grundbegriffe der luhmannschen Systemtheorie werden in diesem Kapitelabschnitt der Übersichtlichkeit halber kursiviert.
[15] Den Begriff der strukturellen Kopplung übernimmt Luhmann von dem chilenischen Biologen und Neurophysiologen Humberto R. Maturana, der diesen zur Bestimmung der allgemeinen Beziehung zwischen System und Umwelt gebraucht hat (vgl. Maturana 1985: 143 ff.). Luhmann überträgt den Begriff auf die Soziologie und benutzt ihn zur Analyse spezifischer Beziehungen zwischen getrennt voneinander operierenden, autopoietischen Systemen (vgl. Kneer/Nassehi 2000: 62). Der Begriff der Autopoiesis ist ebenfalls auf Maturana zurückzuführen und wird an späterer Stelle in diesem Kapitelabschnitt genauer erläutert.
[16] Luhmann unterscheidet in seiner Theorie sozialer Systeme zwischen System und Umwelt. Alles, was nicht Teil eines Systems A ist, ist vom Standpunkt dieses Systems aus betrachtet seine Umwelt, also auch andere Systeme (B, C, D etc.), mit denen es strukturelle Kopplungen (s.o.) eingeht und für die wiederum System A Teil ihrer Umwelt ist. Die Umwelt eines Systems ergibt sich also aus der Differenz von Umwelt und System (vgl. Kneer/Nassehi 2000: 62 ff.).
[17] Allerdings sieht Luhmann im einzelnen Menschen (1992: 275) (hier: Wissenschaftler) kein Element des sozialen Systems Wissenschaft. Der Mensch ist systemtheoretischen Überlegungen zufolge der Umwelt des Wissenschaftssystems zuzuordnen, und zwar nicht als eigenes System, sondern bestehend aus einer Vielzahl von verschiedenartig operierenden Systemen (organischem System, Immunsystem, Bewusstsein etc.) (vgl. Kneer/Nassehi 2000: 66).Überdies ist es laut Luhmann nicht der Mensch, der kommuniziert, sondern die Kommunikation selbst, da die einzelnen Systeme, aus denen ein Mensch besteht, rekursiv-geschlossen operieren, folglich für andere Systeme unzugänglich sind und demnach nicht mit den Systemen eines anderen Menschen kommunizieren können (vgl. 1992: 23 ff.; vgl. auch Baecker 1992: 235).
[18] Dieses Prinzip lässt sich ebenfalls auf Maturana zurückführen, der es zusammen mit Francisco J. Varela zur Beschreibung der Selbstorganisation von lebenden Organismen einsetzte (vgl. Maturana/Varela 1985: 183 ff.). Sie haben lebende Systeme als sich selbst herstellend, selbst organisierend, selbstreferentiell und selbst erhaltend definiert.
[19] Die Ausdifferenzierung der einzelnen Funktionssysteme der Gesellschaft über so genannte binäre Codes markiert ein weiteres grundlegendes Element der luhmannschen Systemtheorie. Danach operieren gesellschaftliche Teilsysteme jeweils auf eine funktionsspezifische Art und Weise auf der Basis zweiwertiger Codierungen, die immer nur in einem Teilsystem gelten und es als soziales System der Gesellschaftcharakterisieren (vgl. Luhmann 1989: 430 ff.).
[20] Aufgrund des Betrugsskandals um die Krebsforscher und DFG-Gremien-Gutachter Marion Brach und Friedhelm Hermann (vgl. ausführlich bei Finetti/Himmelrath 1999: 33 ff.) brachte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Januar 1998 einen Ehrenkodex für die Wissenschaft heraus, in dem unter anderem das Plagiieren und Manipulieren von Daten als Tatbestände wissenschaftlichen Fehlverhaltens genannt werden. Auch die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) entwickelte einen Katalog von Fehlverhaltensweisen (vgl. Weingart 2001: 39). Angelehnt an die Vorschläge der DFG stellte die Westfälische-Wilhelms-Universität im Januar 2002 ebenso eigene Regeln guter wissenschaftlicher Praxis auf.
[21] Diese Bezeichnung ist angelehnt an das Bibelwort des Evangelisten Matthäus: „Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden“ (Matthäus-Evangelium 25, 29).
[22] Ein von Merton zitierter Erfahrungsbericht eines Nobelpreisträgers soll diese Benachteiligung verdeutlichen: „,Wenn die Leute meinen Namen über einem Aufsatz stehen sehen, dann erinnern sie sich später eher an den [H.i.O.] und nicht an die Namen der anderen’“ (1985: 152). Der Ruf des berühmten Wissenschaftlers verdeckt somit gleichwertige oder gar umfangreichere Leistungen, die ein unbekannter Wissenschaftler zum selben Projekt beigesteuert hat.
[23] Merton stützt sich dabei auf Untersuchungen von Harriet A. Zuckerman, die 1972 und 1977 in dem Wissenschaftsjournal „Public Opinion Quaterly“ veröffentlicht wurden.
[24] Allerdings soll hier nicht so argumentiert werden, dass nur die Angst davor, nie (mehr) mit Anerkennung belohnt zu werden, Wissenschaftler davon abhält, Forschungsbetrug zu begehen, denn dies würde ihnen indirekt eine grundlegende Neigung zum Fehlverhalten unterstellen.
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