Schon im 15.Jahrhundert, also lange bevor man von einer Entwicklung hin zu einer multimedialen Bildgesellschaft sprechen kann, erkannte Erasmus von Rotterdam, dass ,,je weniger wir Trugbilder bewundern, desto mehr vermögen wir die Wahrheit aufzunehmen‘‘ . Fünf Jahrhunderte später, also zu Beginn des 20.Jahrhunderts folgte dann der Übergang von der Bebilderung der Welt zu Welt der Bilder . Die explosionsartige Verbreitung der Fernsehtechnologie in den 60er Jahren lieferte dabei die technische Basis für die Transformation in Richtung einer Gesellschaft, die von der Omnipräsenz der Bilder geprägt ist. Heute leben wir in jenem visuellen Zeitalter, in dem Bilder die Autorität über unsere Vorstellungskraft besitzen und in dem wir unsere Lebensgewohnheiten nach dem Fernseher richten . Mitchell bezeichnete dieses Phänomen der stark visuell geprägten Rezeption und Interpretationsmodi einst als ,,pictoral turn‘‘ . Sich nicht von den vorgefertigten Informations- und Interpretationsstrukturen beeinflussen, zu lassen ist allerdings kein leichtes Unterfangen in der Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts, in der die digitale Revolution die Möglichkeiten der Bildbearbeitung und Manipulation revolutioniert hat. Dabei macht sich nicht nur die Fernsehindustrie die Gier des menschlichen Bedürfnisses nach Konkretheit und Anschaulichkeit zu Nutze. In der kompletten Medienbranche herrscht ein regelrechter Bilderboom. Youtube ist mit durchschnittlich 65.000 neuen täglich hochgeladenen Videos und 100 Millionen täglich angesehenen Clips Weltmarktführer, und schon jetzt sind mehr Menschen in sozialen (Bild-)Netzwerken wie StudiVZ oder facebook organisiert als in Sportvereinen. Das Bild galt seit Beginn des 20.Jahrhunderts als Schlüsselmedium unserer Zeit. Aber haben nicht gerade die kontinuierlichen Entwicklungen im Technikbereich und die zunehmende Ablösung des klassischen Bildes durch die Hypertext-Bilder des Internets gezeigt, dass dieser Begriff veraltet ist? Wo liegt heutzutage die Funktion der Bilder, die anscheinend zwischen Marketingtool und Manipulationsinstrument divergiert? In welchen Kontexten werden Bilder heute primär eingesetzt? Was lässt sich heute, im Zeitalter des Web 2.0, unter dem Begriff Bild verstehen? Diese und andere Fragen rund um das Thema Bild sollen im Verlauf dieser Hausarbeit untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Vom 15. Jahrhundert zum Bild im Zeitalter des Web 2.0
2. Etymologische Annäherung an den Begriff des Bildes in seiner Funktion als Medium
3. Augenzeugenillusion und Global Village als Ursache der Macht der Bilder im Zeitalter des World Wide Web
4. Kognitive Verarbeitungsprozesse und deren Implikationen für die subjektive Bildrezeption
5. Divergente Bildeffekte von Corporate Design bis kollektivem Kulturgedächtnis
6. Das Bild in multiplen Kontexten
6.1 Fotografie als reproduktive Verbilderung von Wirklichkeit
6.2 Bilder in Printmedien und deren lebenszyklisch-prägender Einfluss
6.3 Die integrative Funktion des Graffiti
6.4 Der Verlust der Aura als Folge der technischen Reproduzierbarkeit im Bereich der Bildkunst
6.5 Bildwerbungsboom und PR 2.0
6.6 Fernsehen: Stereotyp trifft Schlüsselbild
6.7 Das Bild als computergesteuerte Simulation von Wirklichkeit
6.8 Web 2.0: Das Bild als kreative Ausdrucksform in Social Communities, Media Sharing Plattformen und Co
7. Fall Neda Soltan: Via Youtube und Twitter zum Symbol der Oppositionsbewegung Im Iran
8. Fazit: Die Ambivalenz der neuen Macht der Bilder
9. Literaturverzeichnis
- Citation du texte
- Stephanie Julia Winkler (Auteur), 2009, Zwischen Marketingtool und Manipulationsinstrument - Das ,,Bild'' im Zeitalter des Web 2.0, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168136
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