Diese Facharbeit behandelt folgenden Sachverhalt:
Welche Aufgaben und Möglichkeiten hinsichtlich der Förderung von Kindern ergeben sich für die Kindertagesstätten unter den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen Berlins?
Mein Augenmerk richtet sich nicht hauptsächlich auf den politischen Prozess, sondern darauf, welche Möglichkeiten sich den Erzieherinnen / Erziehern ergeben, den Kindern bessere Förderung zu bieten bzw. welche Förderungsmöglichkeiten generell beim Besuch in der Kindertagesstätte den Kindern zugute kommen und künftig kostenfrei in Anspruch genommen werden können – und vor allem sollen. Dies ist der Schwerpunkt dieser Facharbeit.
Politische Entscheidungen im Bildungsbereich scheinen nur allzu häufig aus haushalts- und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten und dogmatischen Meinungen getroffen zu werden, wie zum Beispiel beim Festhalten am dreigliedrigem Schulsystem – inwieweit pädagogische und wissenschaftliche Erkenntnisse einbezogen werden, lässt sich für Außenstehende kaum nachvollziehen. Umso mehr ist es wichtig, diese Hintergründe zu erörtern und aktiv an den politischen Debatten teilzunehmen, die Entscheidungen, die direkt in den eigenen beruflichen Alltag eingreifen, zu beeinflussen und im Dialog mit dem Gesetzgeber die besten Ergebnisse zu erreichen.
Der Blick auf die positiven Aspekte der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ist mir ein wichtiges Anliegen. Die Gesetzesinitiative bietet sicherlich an einigen Stellen Grund zur Kritik, auf die auf politischer Ebene reagiert werden muss, eine ausschließlich negative Betrachtungsweise führt aber meines Erachtens zu einer inneren Blockadehaltung, die sich letztendlich auf die zu betreuenden Kinder auswirkt.
Mein pädagogisches Interesse an diesem Thema liegt im Zusammenhang aus gesellschaftlichen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Arbeit als Erzieher. Besonders in Gebieten, in denen die Sozialstruktur in eine Schieflage zu geraten scheint, kommt den Bildungseinrichtungen eine gesonderte Stellung zuteil: häufig wird von ihnen (unausgesprochen) erwartet, die Erziehung der Kinder zu übernehmen. Tatsächlich verbringen die Kinder einen Großteil ihres Alltages in der Schule oder im Kindergarten, untrennbar mit ihrer Entwicklung sind die Einrichtungen verbunden – und müssen somit in Zukunft mit höheren Anforderungen und neuen Herausforderungen rechnen und sich diesen stellen.
Inhalt
Einleitung
1. Die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen
1.1 Warum eine beitragsfreie Förderung im Kindergarten?
1.2 Das Tagesbetreuungskostenbeteiligungsgesetz (TKBG)
1.2.1 Die Änderungen am TKBG
1.3 Das Kindertagesförderungsgesetz (KitaFöG)
1.3.1 Die Änderungen am KitaFöG
2. Politischer Werdegang des Gesetzespaketes
3. Aufgaben der Kindertagesstätten hinsichtlich der Förderung von Kindern unter den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen
3.1 Mehr Zeit für das Kind - Herabsetzung des Erzieher-Kind-Schlüssels
3.2 Chancen aufSprachförderung
3.2.1 Ergebnisse der Sprachstandserhebung„Bärenstark“ und „Deutsch Plus “
3.2.2 Ursachen für Sprachdefizite
3.2.3 Möglichkeiten der Sprachförderung in derKindertagesstätte
3.3 Die Kindertagesstätte als Ort sozialen Lernens
3.3.1 Die Schulstation -präventive Arbeit oder Nachbereitung?
3.3.2 Sozialkompetenztraining in der Schulstation - übertragbar auf den Vorschulbereich
3.3.3 Entwicklung der sozialen Kompetenzen unserer Kinder - eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Gesellschaftund Bildungseinrichtungen
3.3.4 Entwicklung eigener Handlungsmuster
4. Mögliche Folgen der Gesetzesänderungen und Denkanstöße zur Verbesserung
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang;
Anlage 1 - Gesetzesgrundlagen
Anlage 2 - Veränderung der Personalschlüssel
Einleitung
Im Jahre 2006 fand in Berlin die Wahl zum Abgeordnetenhaus statt. Obwohl es nicht im offiziellen Regierungsprogramm der SPD1 zu finden war, verkündete der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, dass künftig die letzten drei Jahre in der Kita vor dem Schuleintritt kostenfrei sein werden. Dieses Versprechen war zu jener Zeit in vielerlei Hinsicht ein mutiges: Das Land Berlin stellte im März 2006 einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht auf Sonderbedarfs - Bundesergänzungszuweisungen zum Zwecke der Haushaltssanierung2, angesichts der erdrückenden Schuldenlast von über 50 Milliarden Euro3 eine verständliche Maßnahme. Im Oktober desselben Jahres wurde der Antrag allerdings abgelehnt4, was den Zwang der Haushaltskonsolidierung verschärfte und die Spielräume für kostspielige Projekte weitestgehend einengte. Desweiteren war dieser Vorstoß Wowereits offensichtlich weder mit der eigenen Partei abgesprochen, noch mit dem damaligen Koalitionspartner Linkspartei/PDS oder dem möglichen neuen Bündnis'90/Die Grünen. Wie konnte er also sicher sein, dieses Wahlversprechen in die Tat umsetzen zu können?
Aufbau der Facharbeit
Im ersten Kapitel möchte ich zunächst die Gesetzesänderungen aufzählen, die das Abgeordnetenhaus letztendlich verabschiedete. Der politische Weg, den das Gesetz nahm, wird in dieser Facharbeit im zweiten Kapitel thematisiert.
Der Kernfrage dieser Arbeit wird in Kapitel drei nachgegangen. Sie lautet:
Welche Aufgaben und Möglichkeiten hinsichtlich der Förderung von Kindern ergeben sich für die Kindertagesstätten unter den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen?
Mein Augenmerk richtet sich demnach nicht hauptsächlich auf den politischen Prozess, sondern darauf, welche Möglichkeiten sich den Erzieherinnen / Erziehern ergeben, den Kindern bessere Förderung zu bieten bzw. welche Förderungsmöglichkeiten generell beim Besuch in der Kindertagesstätte den Kindern zugute kommen und künftig kostenfrei in Anspruch genommen werden können - und vor allem sollen. Dies ist der Schwerpunkt dieser Facharbeit.
Die positiven Aspekte der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen stehen für mich im Vordergrund, auch wenn ich in Kapitel vier Vorschläge zur Nachbesserung in einigen Punkten unterbreite.
Für diese Arbeit traf ich mich mit zwei Politikerinnen, die maßgeblich an der Entwicklung der Gesetzesänderungen beteiligt waren.
Frau Petra Schrader, bevor sie im Januar 2010 als Stadträtin für das Jugendamt Berlin - Mitte zum Dienst antrat, war Referentin für Kinder- und Jugendpolitik in der Fraktion Die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie nannte mir viele nützliche Quellen, aus denen ich meine Informationen ziehen konnte. Diese waren vor allem hilfreich, um die politischen und pädagogischen Gesichtspunkte des Gesetzgebers nachzuvollziehen. An dieser Stelle möchte ich mich bei ihr bedanken, dass sie sich trotz engen Terminplans für mich Zeit genommen hat.
Desweiteren war mir Frau Dr. Margith Barth, MdA Die Linke, hilfreich. Bei einem Besuch der „Landesarbeitsgemeinschaft Bildung und Schule“ der Partei Die Linke konnte ich bei einem Vortrag über die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen im Kita-Bereich zuhören und eine Abgleichung meiner eigenen Ergebnisse vornehmen.
Persönliche Motivation
Die Reformen in der frühkindlichen Bildung spielten in den letzten Jahren eine große Rolle in der Berliner Landespolitik und wurden kontrovers diskutiert. Der Widerstand des Landesel- ternauschusses Berliner Kindertagesstätten (LEAK), des Kita - Bündnisses und der „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft“ (GEW), der dazu geführt hat, dass weitreichende Änderungen im Gesetzesentwurf vorgenommen wurden, um nicht nur die Kinder mehr zu fördern, sondern auch die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher zu verbessern, beeindruckte mich nachhaltig.
Politische Entscheidungen im Bildungsbereich scheinen nur allzu häufig aus haushaltsund wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten und dogmatischen Meinungen getroffen zu werden, wie zum Beispiel beim Festhalten am dreigliedrigem Schulsystem - inwieweit pädagogische und wissenschaftliche Erkenntnisse einbezogen werden, lässt sich für Außenstehende kaum nachvollziehen. Umso mehr ist es wichtig, diese Hintergründe zu erörtern und aktiv an den politischen Debatten teilzunehmen, die Entscheidungen, die direkt in den eigenen beruflichen Alltag eingreifen, zu beeinflussen und im Dialog mit dem Gesetzgeber die besten Ergebnisse zu erreichen. Dass dies Früchte tragen kann, zeigt der Werdegang des beschriebenen Gesetzespaketes.
Der Blick auf die positiven Aspekte der neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ist mir ein wichtiges Anliegen. Die Gesetzesinitiative bietet sicherlich an einigen Stellen Grund zur Kri- tik, auf die auf politischer Ebene reagiert werden muss, eine ausschließlich negative Betrachtungsweise führt aber meines Erachtens zu einer inneren Blockadehaltung, die sich letztendlich auf die zu betreuenden Kinder auswirkt.
Mein pädagogisches Interesse an diesem Thema liegt im Zusammenhang aus gesellschaftlichen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Arbeit als Erzieher. Besonders in Gebieten, in denen die Sozialstruktur in eine Schieflage zu geraten scheint, kommt den Bildungseinrichtungen eine gesonderte Stellung zuteil: häufig wird von ihnen (unausgesprochen) erwartet, die Erziehung der Kinder zu übernehmen. Tatsächlich verbringen die Kinder einen Großteil ihres Alltages in der Schule oder im Kindergarten, untrennbar mit ihrer Entwicklung sind die Einrichtungen verbunden - und müssen somit in Zukunft mit höheren Anforderungen und neuen Herausforderungen rechnen und sich diesen stellen.
Als erstes möchte ich dem Leser einen ersten Überblick über die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen geben.
1. Die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen
1.1 Warum eine beitragsfreie Förderung im Kindergarten?
Der Senat begründet im Vorblatt des Gesetzesentwurfs in der Problemstellung die Änderungen damit, dass Eltern, „deren Kinder später mit Sprachdefiziten in der Grundschule zu kämpfen haben“, jenen aus finanziellen Gründen keinen (oder nur im geringen Umfang) Besuch in einer Kindertagesstätte ermöglichen. Der Besuch einer solchen Einrichtung sei aber ein wichtiger Faktor für gute Bildungschancen - unabhängig vom Einkommen oder der sozialen Herkunft.5
Zur Lösung des Problems führt der Senat die beitragsfreie Förderung (Betreuung) im Kindergarten für die letzten drei Jahre vor Beginn der Schulpflicht an, stufenweise eingeführt bis 2011. Dies geschähe, um sicher zu gehen, dass möglichst alle Kinder an frühkindlicher Bildung teilhaben können. Die Kostenfreiheit ist künftig im TKBG verankert.
1.2 Das Tagesbetreuungskostenbeteiligungsgesetz (TKBG)
Das „Gesetz über die Beteiligung an den Kosten der Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege sowie in außerunterrichtlichen schulischen Betreuungsangeboten - Tagesbetreuungskostenbeteiligungsgesetz (TKBG)“, im Folgenden TKBG genannt, regelt die Höhe der elterlichen Beteiligung zu den Kosten der Betreuung ihrer Kinder in einer Kindertagesstätte bzw. zur ergänzenden Betreuung6 in e]iner verlässlichen Halbtagsgrundschule sowie die Verfahrensweisen zur Festsetzung, Beginn und Ende jener Kostenbeteiligung. Zu diesem Gesetz gibt es zwei Anlagen (Anlage 1 betrifft die Kindertagesstätte, Anlage 2 die Grundschule) in denen sich die zu erhebenden Kostenbeteiligungen ablesen lassen.
1.2.1 Die Änderungen am TKBG
Am TKBG sind zahlreiche Änderungen vorgenommen worden, die zumeist Entlastungen für die Eltern zur Folge haben, allerdings sind die meisten für diese Facharbeit thematisch nicht von Belang, weshalb ich mich entschieden habe, nur auf §3 Absatz 5 einzugehen, welcher dahingehend verändert wurde, dass der Besuch der Kindertagesstätte nicht mehr nur im letzten Jahr vor der Schulpflicht kostenfrei ist, sondern künftig in den letzten drei. Die Kostenfreiheit wird stufenweise eingeführt und wird geregelt in §8. Ab dem Jahr 2011 wird die vollständige Kostenfreiheit gewährt. Ist im Betreuungsangebot eine Verpflegung enthalten, muss diese weiterhin bezahlt werden (23€ monatlich).
In §4 Absatz 4 ist eine Härtefallregelung festgesetzt. Auf Antrag kann seitens des Landes Berlin von einer Kostenbeteiligung abgesehen werden, wenn es einen Bedarf auf einen KitaPlatz gibt, aber die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Eltern einen Beitrag nicht zulassen.
Aufgrund dieser Änderung sind mehr Anmeldungen in den Kindertagesstätten zu erwarten, worauf sich die Fachkräfte einstellen müssen.
1.3 Das Kindertagesförderungsgesetz (KitaFöG)
Das „Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz - KitaFöG)“, im Folgenden KitaFöG genannt, regelt alle Bereiche betreffend der Förderung der Kinder. Dazu gehören Aufgaben, Ziele und Umfang der Förderung, Qualitätsentwicklung, Elternbeteiligung und Finanzierung sowie Verwaltungsvorschriften und -verfahren.
1.3.1 Die Änderungen am KitaFöG
Der Gesetzgeber räumt ein, dass durch die Einführung des Berliner Bildungsprogramms und die Intensivierung der Sprachförderung die Anforderungen der pädagogischen Arbeit gestiegen sind7. Damit bestätigt er eine der Hauptkritiken der Gegner und Zweifler des ersten Gesetzesentwurfs und wird als Reaktion die Regelpersonalaustattung verbessern. Diese ist nach Umfang der Förderung und Alter der Kinder differenziert8.
Eine weitere Maßnahme wird sein, den Leitungsschlüssel zu senken. Ab ca. 160 belegten Plätzen gibt es derzeit eine Freistellung für die Leitung einer Kita, um den Aufgaben dieser Position gerecht zu werden. Künftig wird diese ab ca. 120 belegten Plätzen erfolgen.
Beides ist nun in §11 Absatz 2 KitaFöG verankert9 und wird in §28 Absätze 11 und 12 präzisiert (stufenweise Einführung).
Im §4 Absatz 3 KitaFöG ist der Rechtsanspruch auf einen Teilzeitplatz ohne Prüfung, ob für diesen ein Bedarf besteht, festgeschrieben. Bei einem Antrag auf Ganztagsförderung ist eine Bedarfsprüfung aber weiterhin vorgesehen. Der Rechtsanspruch wird stufenweise eingeführt bis zum Jahr 2013.
2. Politischer Werdegang des Gesetzespaketes
In diesem Kapitel zunächst eine kurze Rückblende auf den politischen Werdegang des Gesetzes:
Nach der Ankündigung Wowereits, die kostenfreie Kitaförderung einzuführen, gab es zunächst einmal eine Qualitätsvereinbarung mit den Kitas, in der z.B. eine Evaluierung der Personalsituation bis zum Jahre 2008 festgesetzt wurde. Im Februar 2008 gab es dann einen Referentenentwurf für das Gesetz, welcher zur Stellungnahme an verschiedene Verbände und Träger übersendet wurde. Diese kritisierten unter anderem, dass keinerlei Verbesserungen der Personalausstattung vorgesehen waren10. Das war in der Tat verwunderlich, da dies allgemein bekannt war und schon im Mai 2007 bei einer Blitzumfrage des LEAK bestätigt wurde11.
Dieser war es dann auch, welcher das Volksbegehren „Kitakinder + Bildung von Anfang an = Chancen ihr Berlin“ im Sommer 2008 initiierte. Unterstützt wurde es von der GEW sowie vom Kita-Bündnis, welches sich schon 2007 gründete, um für bessere Bedingungen in den Berliner Kindertagesstätten zu kämpfen. Sie alle hatten eine breite Front hinter sich - der Senat bekam ca. 60.000 Unterschriften. Zur Bewilligung eines Volksbegehrens sind 20.000 erforderlich. Die GEW und das Kita-Bündnis starteten auch eigene Kampagnen, um eine möglichst große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erlangen.
Die Oppositionsparteien des Abgeordnetenhauses (CDU, FDP und Grüne) stellten Anträge, die sich weitestgehend mit den Zielen der Kampagnen überschnitten. Beispielsweise forderte die CDU in einem Antrag (in Anlehnung an die GEW-Kampagne „So viel Zeit muss sein - 5 Stunden für mehr Qualität in meiner Kita!“) bei der Bemessungsgrundlage des Personals einen Anteil von 25% für Vor- und Nachbereitung einfließen zu lassen12. Einen Vorschlag zur Finanzierung beinhaltete der Antrag jedoch nicht, weswegen er auch mit den Stimmen der Koalition abgelehnt wurde. Die Beitragsfreiheit wurde von den Grünen nicht generell abgelehnt, aber vor deren Einführung wollten sie zuerst die Rahmenbedingungen dafür geschaffen sehen13. Die FDP war gänzlich gegen kostenfreie Kitaförderung und versuchte den Eindruck zu erwecken, die Beitragsfreiheit würde den Kindern die Bildungschancen „verbauen“, man solle „auf Klasse statt auf Masse“ setzen14.
Die Regierungskoalition und der Senat zeigten zumeist Verständnis für die Anliegen der Erzieher und der Eltern, machten aber an jeder Stelle deutlich, wann der Finanzierungsrahmen erreicht sei. Aus diesem Grunde wurde das Volksbegehren zunächst für unzulässig erklärt, da es zu sehr in den Haushalt eingreife15. Die Initiatoren reichten als Reaktion eine Klage beim Landesverfassungsgericht ein, welches das Volksbegehren für zulässig erklärte. Der Senat war nun angehalten auf die Forderungen einzugehen. Er zeigte sich einsichtig, verwies jedoch in einer Stellungnahme darauf, dass die Forderungen nur stufenweise umgesetzt werden könnten16.
Am 10. Dezember 2009 stellte der Senat die Beschlussvorlage des Gesetzes zur Abstimmung im Abgeordnetenhaus ein, welche mit den Koalitionsstimmen verabschiedet wurde. In ihr enthalten waren im Wesentlichen die Forderungen des Volksbegehrens.
3. Aufgaben der Kindertagesstätten hinsichtlich der Förderung von Kindern unter den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen
Das Hauptaugenmerk in der Umsetzung dieses Gesetzes war und ist es, den Kindern, denen aus finanziellen Gründen der Besuch einer Kindertagesstätte verwehrt bleibt, den Zugang zu den Förderungsangeboten zu ermöglichen, die es schon gibt, und nicht, neue zu schaffen. Von den Einrichtungen wird indes erwartet, ihrer Verpflichtung zur frühkindlichen Bildung noch mehr Gewicht zu verleihen. Aus diesem Grunde lohnt es auf das zu schauen, was in den Tageseinrichtungen an Förderung geleistet werden kann und demnach künftig kostenfrei zur Verfügung stehen wird.
Der wichtigste Absatz des Gesetzes für die unmittelbare pädagogische Arbeit ist §3 Abs. 5 TKBG. Aufgrund dessen fürchteten die Erzieher eine Vielzahl von Mehr-Anmeldungen, welche sie nicht bewältigen können und ihnen die Arbeit hinsichtlich der Förderung der Kinder erschwert. Da diesen Sorgen mit einer Verbesserung des Personalschlüssels entgegengekommen werden konnte, ist der Absatz neu zu betrachten. Wenn es mehr Anmeldungen gibt, d.h. mehr Kinder in den Tageseinrichtungen betreut werden, und gleichzeitig weniger Kinder im Verhältnis zu einer Erzieherin / einem Erzieher stehen, erhält man als Ergebnis genau das Gegenteil: mehr Kinder können mehr Förderung in Anspruch nehmen, so wie es auch der politische Wille der Regierungskoalition war. Inwieweit die Förderung von Kindern und eine gute Personalausstattung zusammenhängen, beschreibe ich im Teilabschnitt 3.1 dieses Kapitels.
Dieses Kapitel zeigt auf, welchen Zugewinn ein Kind in seiner Entwicklung durch den Besuch einer Kindertagesstätte bekommen kann und welche Anforderungen zugleich jene Einrichtungen zu bewältigen haben. Es ist aufgrund des vorgegebenen Umfangs für diese Facharbeit nicht möglich, auf jeden Aspekt einzugehen. Die Bereiche Sprach- und Sozialkompetenzförderung möchte ich aber genauer beschreiben, da diese meines Erachtens von größter Wichtigkeit sind, um den Anforderungen im Schulalltag gerecht zu werden. Das heißt allerdings nicht, dass sie die einzigen sind, auf die die Kindertageseinrichtungen nun vermehrt ihr Augenmerk richten müssen, um eine bessere Förderung zu ermöglichen.
[...]
1 Vgl. SPD - Berlin, Wahlprogramm 2006, S.12 ff.
2 Vgl. PressemitteilungNr. 18/2006 vom 10. März 2006, http://www.bverfg.de/pressemitteilungen/bvg06- 018.html, 01.02.2010
3 Die kleine Berlin - Statistik, 2009, S.33
4 Vgl. BVerfG, 2 BvF 3/03 vom 19.10.2006
5 Alle Angaben dieses Kapitels sind nachzulesen in der Drucksache 16/2756 des Abgeordnetenhaus Berlin, S.1-6, sowie im Vorblatt derselbigen, S.1-2
6 Die Betreuung an einer verlässlichen Halbtagsgrundschule ist von 7:30 bis 13:30 kostenfrei, die darüber hinausgehende ist kostenpflichtig und nennt sich „ergänzende Betreuung“.
7 ebd.,Vorblatt,S.1
8 Für eine genaue Auflistung siehe Anlage 2
9 Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 16/2756, S.5-6
10 Vgl. http://www.paritaet-berlin.de/artikel/download/4405.pdf; http://www.daks-berlin.de/downloads/gew- stellungnahme-kitafoeg-2009-referentenentw.pdf; http://www.morgenpost.de/berlin/article1058006/ Traeger_und_Eltern_veraergert_ueber_neues_Kita_Gesetz.html; 22.03.2010
11 Vgl. http://www.beak-fk.de/download/Volksbegehren_Beipackzettel_Kopiervorlage.pdf; 15.03.2010
12 Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 16/1751
13 Vgl. Rede von Elfi Jantzen (Grüne) im Abgeordnetenhaus von Berlin, Plenarprotokoll 16/48, S.4461 ff.
14 Vgl. Rede von Mieke Senftleben, ebd. S. 4464
15 Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 16/1719, S.1
16 Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 16/2722
- Quote paper
- Stefan Wegener (Author), 2010, Förderungsmöglichkeiten für Kinder in Tageseinrichtungen unter den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167916
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