Es wird nach theoretischen und anwendungsorientierten Möglichkeiten gesucht, das bestehende Bildungssystem eines Landes bzw. eines seiner Teilsysteme systemisch zu erfassen bzw. zu „diagnostizieren“, um auf dieser Grundlage Möglichkeiten dafür sichtbar zu machen, diese Systeme bzw. Teilsysteme zu optimieren, zu redesignen (Umstrukturierung) oder sie ggf. neu zu designen (Neustrukturierung).
Um dieses Ziel zu erreichen, wird beispielhaft das System der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland auf unterschiedlichen Ebenen systemisch erschlossen. Diese Erschließung bzw. Diagnose dient als Grundlage für die Entwicklung eines exemplarischen integrativen berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiums auf Hochschulniveau an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Das auf diese Weise entstandene Konzept dient als Modell für die Entwicklung eines nachhaltigen theoretischen Konstrukts, das eine systemische Konzeption von Bildungsangeboten in allen denkbaren Bildungsbereichen unterstützen soll.
Inhalt
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
Aufgaben und Ziele der Forschungsarbeit
Forschungsinstrumente und -Werkzeuge
Das systemanalytische Werkzeug -,,9-Felder-Modell"
Forschungsmethoden
Forschungsfeld
Warum wissenschaftliche Weiterbildung?
Problemlage
Bearbeitungsweg
Thematische Zuordnung des Forschungsvorhabens
Was ist,,integriertes Bildungs(system)design"?
Aufbau der Forschungsarbeit
2 DAS SYSTEM DER WISSENSCHAFTLICHEN WEITERBILDUNG IN DEUTSCHLAND
2.1 DAS RAHMENDE SYSTEMUMFELD DER WISSENSCHAFTLICHEN WEITERBILDUNG
Das politische System Deutschlands
Das Bildungssystem Deutschlands
Soziokulturelle Umwelt der wissenschaftlichen Weiterbildung
Aktueller Stand der wissenschaftlichen Weiterbildung
Definition der „wissenschaftlichen Weiterbildung"
Struktureller Aufbau der wissenschaftlichen Weiterbildung
Angebotsformen der wissenschaftlichen Weiterbildung
Studienformen und Strukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung
Programmstruktur der wissenschaftlichen Weiterbildung
Zielgruppen der wissenschaftlichen Weiterbildung
Teilnahme an der wissenschaftlichen Weiterbildung
Dominierende Inhalte der wissenschaftlichen Weiterbildung
Zugang zur wissenschaftlichen Weiterbildung
Zertifizierung der wissenschaftlichen Weiterbildung
Rolle der wissenschaftlichen Weiterbildung bei der beruflichen Weiterbildung
Rechtlich-politische Umwelt der wissenschaftlichen Weiterbildung
... aufderBundesebene
... auf der Landesebene
Wissenschaftliche Weiterbildung ohne Hochschulzugangsberechtigung
Technische Umwelt
Zusammenfassung: Das rahmende Systemumfeld der wissenschaftlichen Weiterbildung
2.2 ORIENTIERUNGEN UND ZIELE DER WISSENSCHAFTLICHEN WEITERBILDUNG
Das lebenslange Lernen
„Bausteine" für lebenslanges Lernen als „Orientierungshilfe"
Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen - als „Referenzinstrument"
Strategischer Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Weg zu Verwirklichung von lebenslangem Lernen
Strategiefür Lebenslanges Lernen als Grundlage für konkrete Umsetzungen im deutschen Bildungsbereich
Empfehlungen für eine Strategie zur Gestaltung des Lernens im Lebenslauf für die nachhaltige Weiterbildungspolitik Deutschlands
Ausbau der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen in Deutschland
Qualifikationsrahmen
Der Europäische Qualifikationsrahmenfür lebenslanges Lernen (EQR) als „Übersetzungshilfe" und gemeinsamer europäischer Referenzrahmen
Grundsätze zur Ermittlung und Validierung von non-formalem und informellem Lernen
Das Europäische Leistungspunktesystem für die Berufsbildung (ECVET) als Beispielmodell für die Bewertung von erworbenen Qualifikationen
Der deutsche Qualifikationsrahmen (DQR)
Der deutsche Hochschulqualifikationsrahmen
Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung
Qualität in Studium und Lehre
Richtungsweisende Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung von Lehre und Studium an Hochschulen
Instrumente der Qualitätssicherung und -entwicklung im Hochschulbereich: Akkreditierung und Evaluation
E-Learning
Zusammenfassung: Orientierungen und Ziele der wissenschaftlichen Weiterbildung
2.3 AUFGABEN UND TÄTIGKEITEN ...
... im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung
... im Hochschulbereich
... im Bereich der Lehre und des Studiums
... im Bereich der Qualitätssicherung und Akkreditierung
Zusammenfassung: Aufgaben und Tätigkeiten in der wissenschaftlichen Weiterbildung
3. WISSENSCHAFTLICHE WEITERBILDUNG AUF DER HOCHSCHUL- UND ANGEBOTSEBENE
3.1 AKTUELLER ZUSTAND DER WISSENSCHAFTLICHEN WEITERBILDUNG AUF DER HOCHSCHUL- UND ANGEBOTSEBENE
Organisationsstruktur
Management
Lehrpersonal
Bedarfsermittlung
Zielgruppen
Formen, Dauer und Zeitstruktur der Angebote
Fachliche Ausrichtung
Wissenschaftlichkeit und Berufsorientierung
Zugangsvoraussetzungen
Anrechnung von Vorkenntnissen
Kreditierung und Abschlüsse
Neue Formen des Lernens
Kooperationen
Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung
Qualitätssicherung
Zusammenfassung: Aktueller Zustand der wissenschaftlichen Weiterbildung auf der Hochschul- und Angebotsebene
3.2 INNOVATIVE STRATEGIEN UND KONZEPTE IM BEREICH DER WISSENSCHAFTLICHEN WEITERBILDUNG
Institutionelle Organisationsstruktur
Bedarfsorientierte Studiengänge
Wissenschaftliche Weiterbildung als Fernstudium
Qualitätssicherung und -entwicklung1
Studienzugang durch das Probestudium1
Berufsbegleitendes Studieren
Weiterbildung Online
Anrechnung außerhochschulischer Kompetenzen
Neue Lehr-Lern-Formate
Vorlesungsaufzeichnungen
Lernpost
Finanzierungsmöglichkeiten
Steuerersparnis durch Fortbildung
Weiterbildungssparen
Unterstützung durch Arbeitgeber
Förderprogramme des Wirtschaftsministeriums für Unternehmen
Vergütung von Lehrtätigkeiten
Zusammenfassung: Innovative Strategien und Konzepte im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung
4. KOMPETENZEN DER IN WISSENSCHAFTLICHER WEITERBILDUNG WIRKENDEN UND HANDELNDEN AKTEURE UND AKTANTEN
4.1 KOMPETENZEN DER AUF DER ORGANISATIONALEN EBENE WIRKENDEN UND HANDELNDEN AKTEURE
Projekt als organisationaler Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung
Das Repertoire an Werkzeugen und Wissensbeständen eines Projektkoordinators
Projektmanagement
Organisationales Wissen
Wissensmanagement
Qualitätsmanagement
Umgang mit Komplexität: Sensitivitätsanalyse
Das Anwendungswissen
Zusammenfassung: Kompetenzen der auf der organisationalen Ebene wirkenden und handelnden Akteure
4.2 KOMPETENZEN DER IM RAHMEN EINER LEHR-LERN-SITUATION WIRKENDEN UND HANDELNDEN AKTEURE UND AKTANTEN
Situation als dynamischer Handlungsrahmen
Lehr-Lern-Situation als Prozess der Netzwerkbildung
Prozesse im Rahmen einer Lehr-Lern-Situation
Kommunikation
Lernen
Lehren
Qualitätssicherung und -entwicklung in Lehr-Lern-Prozessen
Fazit
Kompetenzen der Lehrenden, Lernenden und medialen Aktanten
Definition: Kompetenz und Qualifikation
Pädagogische Kompetenzen
Kompetenzen von Lernenden
„Kompetenzen" von medialen Aktanten
Zusammenfassung: Kompetenzen der im Rahmen einer Lehr-Lern-Situation wirkenden und handelnden Akteure und Aktanten
5. KONZEPTION VON ANGEBOTEN DER WISSENSCHAFTLICHEN WEITERBILDUNG ALS SETTINGDESIGN
Continuing Professional Development
Bedarfsermittlung
Pädagogische Professionalisierung an der OvGU Magdeburg-aktueller Stand
Feststellungsprüfungsordnung
Bachelorstudiengang Bildungswissenschaft
Masterstudiengang Bildungskulturen-Kulturenbildung
Pädagogische Professionalisierung an der OvGU Magdeburg - Konzeptvorschlag
Erweiterung der Feststellungsprüfungsordnung
Einführung eines kostenpflichtigen weiterbildenden Zertifikatsstudiengangs
Einführung eines berufsbegleitenden Bachelorstudiengangs Bildungswissenschaft
Einführung eines berufsbegleitenden Masterstudiengangs Bildungssystemdesign
Studienform: Blended-Learning
Gestaltung des Lernraums und der Lernumgebung
Personalstruktur...
Inhaltliche Gestaltung
Kommunikative Lehr- und Lern-Werkzeuge
Engagement und Beteiligung der Studierenden
Praktische Umsetzung des Vorhabens an der OvGU Magdeburg
Zusammenfassung: Konzeption der wissenschaftlichen Weiterbildung als Settingdesign
6. STRATEGIE FÜR EINE SYSTEMISCHE KONZEPTION VON BILDUNGSANGEBOTEN
Erschließung des Systems
Erschließung der Kompetenzen der handelnden Akteure und Aktanten
Erschließung des aktuellen Zustands auf der Institutions- und Angebotsebene
Erschließung der Orientierungen auf der Institutions- und Angebotsebene
Erschließung und Konstruktion des Bildungssettings/ Bildungsangebots
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG
Fragebogen zur Erfassung des Ist-Zustandes der wissenschaftlichen
Weiterbildungder Hochschule
Feststellungsprüfungsordnung der OvGU Magdeburg
Erweiterung der Feststellungsprüfungsordnung der OvGU Magdeburg Durchführung des Probestudiums
Zertifikatsstudium pädagogische Professionalisierung
Integrierter berufsbegleitender Bachelor-Studiengang Bildungswissenschaft
Integrierter berufsbegleitender Master-Studiengang Bildungssystemdesign
Bildungswissenschaft an der OvGU Magdeburg
Allgemeine Vorgaben und Anforderungen
Bildungsziele
Bildungswissenschaft (B.A.)
Bildungskulturen - Kulturenbildung (M.A.)1
Spezialisierung - Bildungssystemdesign
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb 1 9-Felder-Modell („Lernwelten")
Abb. 2: Referenzraum fürSettingdesign
Abb. 3: Funktionsweise der EQR
Abb. 4: Anrechnung der formalen Lernergebnisse
Abb. 5: Anrechnung der nichtformalen und informellen Lernergebnisse
Abb. 6: Organigramm der Struktur/ Verwaltung der OvGU Magdeburg
Abb. 7: Handlungssystem zur Dimensionierung von Kompetenz (Professionalisierung und Forschung)
Abb 8:Die Dimensionspaare des Wissensmanagements
Abb. 9: Die rekursive Struktur des Sensitivitätsmodells1
Abb. 10: Situation als dynamischer Handlungsrahmen
Abb. 11: Lehr-Lern-Netzwerk
Abb. 12: Kreislauf der Kommunikation
Abb 13:Das Netzwerk vom Lernen
Abb. 14: Grundmuster
Abb 15:Auswirkung der Grundmuster auf Beziehungen und Lernverhalten
Abb. 16: Hormonreaktionen und Assoziationen1
Abb. 17: „Übersetzung"
Abb. 18: Erfolgserlebnis1
Abb. 19: Aufmerksamkeit'
Abb. 20: Motivation
Abb. 21: Sekundärassoziationen und -Informationen1
Abb.22: Stressreaktion
Abb. 23: Neugier1
Abb. 24: Übertragung der Informationen ins Langzeitgedächtnis4
Abb. 25: Kompetenzen im Rahmen der Beruflichen Aus- und Weiterbildung
Abb. 26: Kompetenzdimensionierung der pädagogischen Kompetenz
Abb. 27: Lernkompetenz-Dimensionierung
Abb. 28: Kompetenzdimensionierung von medialen Aktanten
Abb. 29: Blended-Learning-Konzept
Abb. 30: Organisationsstruktur eines berufsbegleitenden kostenpflichtigen weiterbildenden Studiengangs
Abb. 31: Krisis des Bildungsbereichs
Abb.32: Projektstruktur auf der Organisationsebene
Abb. 33: Kompetenzen eines Projektkoordinators
Abb 34:Aufgabenverteilung
Abb. 35: Wissenschaftliche Weiterbildung als Erweiterung der bestehenden grundständigen Studienangebote
Abb 36:Personalstruktur auf der Angebotsebene
Abb. 37: Erschließungsgefüge eines Bildungssettings
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Zugangsregelungen der Bundesländer
Tabelle 2: Deskriptoren zur Beschreibung der Niveaus des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR)
Tabelle 3: DQR - Matrix (Diskussionsvorschlag)
Tabelle 4: DHQR Grundstruktur
Tabelle 5: Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse
Tabelle 6: Lifelong Learning Geschäftsfelder an Hochschulen.
Tabelle 7: Methoden und Instrumente des Entrepreneurshipprozesses im Projektlebenszyklus
Tabelle 8: Wissens(re)konstruktion in Organisationen
Tabelle 9: Qualitätsmanagement-Konzept1
Tabelle 10: Konfigurierte Kriterienmatrix für Erschließung eines Bildungssetting
Tabelle 11: Behavioristische, kognitiv- und sozialkonstruktivistische Unterrichtskonzepte1
Tabelle 12: Methoden des Continuing Professional Development
Tabelle 13: Wissenschaftliche Weiterbildung im Bereich pädagogischer Professionalisierung
Tabelle 14: Zertifikatsstudium pädagogische Professionalisierung
Tabelle 15 Integrierter berufsbegleitender Bachelor-Studiengang
Tabelle 16: Integrierter berufsbegleitender Master-Studiengang Bildungssystemdesign
Tabelle 17: Studienverlauf und Modulübersichtstabelle BA-Bildungswissenschaft
Tabelle 18: Studienverlauf und ModulÜbersichtstabelle MA-Bildungssystemdesign
1. EINLEITUNG
Entwerfen und Entwickeln als Prozess zu beschreiben, stellt uns vor große theoretische und praktische Probleme. Denn allzu oft handelt es sich um eine Suche, bei der wir gar nicht wissen, wonach wir Ausschau halten. Wie organisiert man aber die Suche nach und die Entwicklung von etwas, das man nicht kennt?[1] Es ist eine Tatsache, dass wir in einer wissensbasierten Ökonomie und Gesellschaft leben, was bedeutet, dass die Qualifikationsanforderungen und der Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften, die über den neuesten Kenntnisstand verfügen, kontinuierlich wachsen. Es ist auch eine Tatsache, dass sich Bildungssysteme weltweit in einer Krisis befinden, da sie diesen Qualifikationsanforderungen nicht gerecht werden. Das ist ein Problem! Eine eindeutige Lösung für dieses Problem ist leider noch nicht gegeben.
Die These, die in der vorliegenden Arbeit vertreten wird, ist, dass um das aktuelle Bildungssystem eines Landes zu optimieren und an die Anforderungen der aktuellen gesellschaftlichen Ansprüche anzupassen, ist es nicht unbedingt notwendig das bestehende System von Grund auf zu verändern. Basierend auf der 4. Regel der Biokybernetik, die besagt: Nutze die vorhandenen Kräfte nach dem Jiu-Jitsu-Prinzip statt Bekämpfung nach der Boxer-Methode[2], wäre es notwendig die Gegebenheiten und die Gewordenheiten des bestehenden Systems bzw. einer seiner Teilsysteme genau zu erforschen. Die entdeckten Potenziale und Lücken könnte man dann nutzen um neue, aber immer noch in das bestehende System integrierte Bildungsangebote zu konzipieren. Gelingt es auf diese Art und Weise sinnvolle und innovative Angebote zu etablieren, ist es nur eine Frage der Zeit, dass diese neuen Strukturen die Alten auf einer „natürlichen Weise" verdrängen bzw. ablösen. Solche Strategie bietet die Möglichkeit lokal relativ kurzfristig Veränderungen zu schaffen und langfristig globale Auswirkungen zu erzielen.
Aufgaben und Ziele der Forschungsarbeit
Basierend auf der oben formulierten These ist die Aufgabe, die in der vorliegenden Forschungsarbeit bearbeitet wird, eine doppelte:
1. nach übergreifenden theoretischen und anwendungsorientierten Kategorien zu suchen, die für die Erschließung bzw. Diagnose sowie Um- bzw. Neugestaltung eines bestehenden Bildungssystems und seinerTeilsysteme erforderlich und sinnvoll sind ;
2. die Möglichkeiten einer solchen Erschließung mittels eines konkreten Anwendungsbeispiels aufzuzeigen und zu konkretisieren.
Dabei geht es vor allem darum, die vielfache Abhängigkeit eines solchen Vorhabens (Konzeption von Bildungsangeboten) von unterschiedlichen Faktoren des Bildungssystems sowie der anderen gesellschaftlichen Systeme aufzuzeigen und einen Weg zu entwickeln und vorzuschlagen, der den dafür Verantwortlichen[3] hilft diese systemischen Zusammenhänge und
Abhängigkeiten wahrzunehmen und einzubeziehen.
Für die Bearbeitung dieser durchaus komplexen Aufgabe wird das System der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland mittels des systemanalytischen Werkzeugs („9-Felder- Modell") von Girmes beispielhaft erschlossen und anschließend die Entwicklung eines integrativen berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiums auf dem Hochschulniveau konzeptionell erstellt.
Das übergreifende Ziel dieses Vorhabens besteht darin, das beispielhaft vorgeschlagene Weiterbildungskonzept, das basierend auf der durchgeführten Systemerschließung entstanden ist, zu einem nachhaltigen theoretischen Modellkonzept bzw. zu einer Strategie zu entwickeln, die eine systemische Konzeption von Bildungsangeboten in allen denkbaren Bildungsbereichen unterstützen soll und die :
Kernbestandteile eines Konzepts definiert, eine Art Gerüst anbietet, das an das jeweilige Bildungsbereich angepasst und angebotsspezifisch ergänzt werden muss, als Anregung und als Instrument für die Bildungseinrichtungen dient, die neue Bildungskonzepte entwickeln und implementieren möchten, sowie Rücksicht nimmt auf:
- bildungspolitische Entwicklungen im Rahmen der Europäisierung und Internationalisierung des Bildungsraumes,
- länderspezifische Anforderungen und Rahmenbedingungen durch die Bildungsgesetzgebungen,
- Bedingungen und Entwicklungsziele der eigenen Bildungseinrichtung.
Forschungsinstrumente und -Werkzeuge
Das systemanalytische Werkzeug -,,9-Felder-Modell"
Als Instrument für die vorgenommene Felderschließung wurde das von Prof. Girmes entwickelte systemanalytische Werkzeug - das„9-Felder-Modell" - gewählt.
Es gibt zwei Methoden, die für eine systemische Erschließung der Welt genutzt werden können: Induktive und deduktive Methode. Werden die Erfahrungen des Einzelnen als Ausgangspunkt genommen und die Gesetzmäßigkeiten durch Beobachtung, Vergleich und Generalisierung erschlossen, spricht man von der induktiven Methode der Welterschließung. Wird eine Regel, ein Gesetz oder eine Definition als Ausgangspunkt genommen und wird daraus vom Allgemeinen auf das Einzelne erschlossen, spricht man von der Bestätigung des Gesetzhaften am Einzelnen und somit von der deduktiven Methode der Welterschließung. Wenn es sich um ein bestehendes System mit Unmengen Gesetzmäßigkeiten, die in diesem System wirksam sind, handelt, wäre die induktive Methode wahrscheinlich diejenige, die der Systemerschließung am besten dienen kann. Dabei gelten folgende basalen Grundlagen:
Jedes System ist immer ein Teil des Ganzen;
Jedes System beinhaltet eine Reihe Handlungsfelder;
In jedem Handlungsfeld agieren Akteure bzw. Aktanten;
Alle Akteure/ Aktanten führen bestimmte Tätigkeiten aus;
Die Tätigkeiten werden unter der Berücksichtigung der im System herrschenden Regeln (Programme) ausgeführt;
Alle Tätigkeiten sind zielgerichtet;
Jedes Ziel bzw. Setzung schließt auf eine bestimmte Voraussetzung an;
Es gibt immer eine Spannung zwischen Voraussetzungen und Setzungen;
Um die Spannung zwischen Setzungen und Voraussetzungen zu verringern muss eine Reihe Aufgaben erfüllt werden;
Damit die Aufgaben in die Tätigkeiten umgesetzt werden, bedarf es unterschiedlicher Ressourcen, z. B. Wissensbestände, Werkzeuge, Materialien usw.
Diese Grundlagen bilden die Basis für das von Prof. Girmes entwickelte „9-Felder-Modell" (odysseys end®)[4], das der systemischen Erschließung eines Bildungssystems in dieser Arbeit dienen soll.
Bei diesem Instrument handelt es sich um einen Versuch, die „Welt" mit Hilfe der ausformulierten Topoi zu kartieren und systematisch sowie systemisch zu erfassen. Den Ausgangspunkt bildet die Annahme, dass jedes menschliche Handeln immer in einem Handlungsfeld stattfindet, das in einem systemischen Rahmen eingebettet ist und von Akteuren bzw. Aktanten vollzogen wird. Daraus entstanden die drei zentralen Felder des Modells (siehe Abb. 1): Handlungsfeld (Setting), Programm (System) und Kompetenz der handelnden Akteure bzw. Aktanten. Jedes dieser Felder wird weitgehend dimensioniert und beinhaltet folgende 6 Dimensionen: Voraussetzungen, Setzungen, Repertoire an Werkzeugen und Wissensbeständen, Wirklichkeitskonzept bzw. Handlungsfeld, Aufgaben und Tätigkeiten. Diese Dimensionen nehmen ihrerseits Rücksicht auf die Voraussetzungen bzw. Bedingungen und orientieren sich auf die Ziele bzw. Setzungen im jeweiligen Feld. Durch derartige Dimensionierung kann die Wirklichkeit ganzheitlich (re)konstruiert werden. Folgende Abbildung bietet eine schematische Übersicht des beschriebenen Instruments:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb 1 9-Felder-Modell („Lernwelten")[5]
Die Erschließung des gesamten „Geländes" kann von jedem beliebigen Ausgangsfeld angefangen werden. Dabei kann der Forscher entscheiden, welches Feld mit damit verbundenen vier Referenzfeldern in der „Mitte" seiner Betrachtung steht.
Verglichen mit anderen Werkzeugen dieser Art, wie zum Beispiel dem „Sensitivitätsmodell"[6] nach Vester, bietet dieses Werkzeug die Möglichkeit komplexe Systemwelten auf unterschiedlichen Ebenen gleichzeitig zu erschließen und basierend auf den Ergebnissen dieser Erschließung innovative Lösungsstrategien zu erarbeiten.
Forschungsmethoden
Zur Gewinnung der Daten- und Informationsgrundlage wurde eine Kombination unterschiedlicher Forschungs- und Erhebungsmethoden angewandt. Sekundärdatenanalyse/Literaturauswertung
Insbesondere für die Analyseschwerpunkte auf Systemebene wurde auf bereits vorliegende Untersuchungen und Studien zurückgegriffen. Diese wurden im Rahmen von Internet- und Literaturrecherchen gesichtet und in Sekundäranalysen ausgewertet.
Dokumentenanalyse
Es wurde eine Reihe Gesetzestexte sowie bildungspolitische Dokumente analysiert und auf den Bereich derwissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland bezogen. Internetrecherchen
Bei der Analyse der Hochschul- und Angebotsebene wurden anhand der von den Hochschulen im Internet dargestellten Informationen die ausgewählten Weiterbildungsangebote ausgewertet.
Expertenbefragungen
Für Ermittlung des Ist-Zustandes der wissenschaftlichen Weiterbildung in Magdeburg wurde eine leitfragengeleitete Expertenbefragung eingesetzt.
Forschungsfeld
Das System der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland wurde als Anwendungsbeispiel für die vorgenommene Systemerschließung gewählt.
Warum wissenschaftliche Weiterbildung?
Aufgrund des wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Wandels wird der Weiterbildung auf nationaler wie internationaler Ebene immer mehr Aufmerksamkeit im Rahmen der Bildungspolitik geschenkt. Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben und Volkswirtschaften aus der ökonomischen Perspektive als auch Sicherung von Beschäftigung aus individueller Perspektive benötigen eine ständige Erweiterung und Aktualisierung von Wissensbeständen. Der Übergang in eine wissensbasierte Ökonomie und Gesellschaft bedeutet kontinuierliches Wachstum der Qualifikationsanforderungen und des Bedarfs an hochqualifizierten Fachkräften, die über den neuesten Kenntnisstand verfügen. Das hat zur Folge, dass Interesse am Erwerb neuer und die Entwicklung vorhandener Kompetenzen immer mehr wachsen wird. Dabei spielt die wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen eine besondere Rolle und dafür können folgende Gründe genannt werden:[7]
1. Hohe Dynamik des wissenschaftlichen Wissens;
2. Hoher Bedarf an hochqualifizierten Erwerbstätigen;
3. Betonung des Konzepts vom lebenslangen Lernen im europäischen Hochschulraum, der im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung umgesetzt werden kann und soll;
4. Notwendigkeit der Umstrukturierung von Hochschulbildung aufgrund der veränderten Verteilung von Bildungs-, Beschäftigungs- sowie Familienphasen im Lebenslauf.
Das andere Problem, das die Aktualität der wissenschaftlichen Weiterbildung verstärkt, ist die Altersstruktur der deutschen Bevölkerung. Die Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2009 hat gezeigt, dass 2060 voraussichtlich nur noch 65 bis 70 Millionen Menschen in Deutschland leben werden (heute sind es 82 Millionen) und dass es zu erheblichen Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung kommen wird. „Im Jahr 2060 wird dann jeder Dritte mindestens 65 Lebensjahre durchlebt haben - jeder siebente wird sogar 80 Jahre oder älter sein" sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis), Roderich Egeler, im Rahmen einer Pressekonferenz zur 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung."[8]
Der Wissenschaftsrat hat sich bezüglich dieser Berechnungen folgendermaßen geäußert: „Es wird massiver Anstrengungen bedürfen, die Qualifikationen der wachsenden Zahl älterer Beschäftigter zu sichern und zu erweitern. Die Hochschulen können hierzu durch Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung einen wichtigen Beitrag leisten."[9]
Problemlage
Weiterbildung gehört in Deutschland seit 1976 zu den Aufgaben der Hochschulen. Im novellierten Hochschulrahmengesetz von 1998 wurde Weiterbildung als Kernaufgabe der Hochschulen verankert. Den Hochschulen wurde unter anderem eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung eines Systems lebenslangen Lernens zugewiesen. Aufgrund dieser Entwicklungen befindet sich die wissenschaftliche Weiterbildung zunehmend auf dem Weg einer Institutionalisierung. Doch trotz diesen Fortschritten und trotz eines wachsenden Bedarfs an anspruchsvoller Weiterbildung kommt der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland kein Stellenwert zu, der ihrem gesetzlichen Auftrag als Kernaufgabe entspricht. Dafür gibt es folgende Gründe:[10]
1. Konzentration auf die Lehre im Rahmen der Erstausbildung;
2. Struktur der Weiterbildungslandschaft in Deutschland: Hochschulen als nur ein Anbieter unter vielen anderen;
3. Attraktivität der außerhochschulischen Weiterbildungsangeboten, die stärker an konkreten Bedarfen ausgerichtet sind.
Die skizzierte Problemlage verdeutlicht, dass es im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung Handlungsbedarf besteht. Es müssen Weiterbildungskonzepte ausgearbeitet werden, die mit dem bestehenden Weiterbildungsgefüge kooperativ agieren können, gleichzeitig aber die Attraktivität der wissenschaftlichen Weiterbildung an Hochschulen steigern.
Bearbeitungsweg
Im Zentrum dieser Arbeit steht die Konzeption eines konkreten Angebots der wissenschaftlichen Weiterbildung an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Bezogen auf das „9- Felder-Modell", handelt es sich dabei um ein Handlungsfeld oder Setting mit den vier dazu gehörenden Referenzfeldern: Voraussetzungen und Setzungen auf der Ebene des Settings, das System und Kompetenz der handelnden Akteure bzw. Aktanten. Umgesetzt auf das System der wissenschaftlichen Weiterbildung und basierend auf der oben beschriebenen Gegebenheiten wird das System auf vier Ebenen erschlossen: Systemebene (Bildungs-, sowie Hochschulsystem Deutschlands), Hochschul- und Angebotsebene (Voraussetzungen und Setzungen der wissenschaftlichen Weiterbildung), Ebene der handelnden Akteure und Aktanten und Ebene des Settings (berufsbegleitender weiterbildender Studiengang an der OvGU Magdeburg). Somit kann das Referenzfeld der vorgenommenen Erschließung des Geländes der wissenschaftlichen Weiterbildung entsprechend dem „9-Felder-Modell" schematisch folgendermaßen dargestellt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Referenzraum fürSettingdesign
Anschließend wird basierend auf den geklärten aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen ein Design- bzw. Diagnostikinstrument erstellt, das sowohl speziell im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung eingesetzt sowie an jedes beliebige Bildungsbereich angepasst werden kann. Es werden übergreifende Kategorien und Kriterien ausgearbeitet, die bei der Erstellung ganzheitlicher Bildungskonzepte, die an konkrete Bedarfe ausgerichtet sind, entscheidend sind und berücksichtigt werden müssen. Ein derartiges Instrument fehlt bislang. Die für die Konzeption der attraktiven Bildungsangebote verantwortlichen Mitarbeiter verlieren sich im unendlichen Spektrum der Möglichkeiten an derartige Aufgabe ranzukommen. Mit der vorliegenden Arbeit soll diese Lücke verkleinert werden.
Thematische Zuordnung des Forschungsvorhabens
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine anwendungsorientierte, theoriebasierte wissenschaftliche Erschließung bzw. Momentaufnahme des Handlungsfeldes der wissenschaftlichen Weiterbildung, d.h. eine aktuelle Zustands- und Prozessanalyse ((Re)konstruktion von Wirklichkeit), die dem Zweck der Kategorisierung und Generalisierung dienen soll.
Laut DGWF ist die zentrale Aufgabe der Einrichtungen wissenschaftlicher Weiterbildung - das „Bildungsmanagement" der wissenschaftlichen Weiterbildung. Dabei geht es nicht nur um betriebswirtschaftliche Aufgaben, sondern vor allem um „eine bildungswissenschaftliche Aufgabe, die gefasst werden kann unter dem Begriff der Makrodidaktik, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen für das Lernen wissenschaftlichen Wissens zu organisieren. ... dies ist nicht nur eine organisatorische oder administrative, sondern eine eigenständige wissenschaftliche Aufgabe, welche auch Forschungsaktivitäten impliziert."[11]
In Anlehnung an die oben zitierte Aussage der DGWF kann die vorliegende Arbeit dem Bereich der Makrodidaktik zugeordnet werden. Unter Makrodidaktik wird die curriculare Planung eines Programms oder eines Fachbereichs verstanden. Dazu gehört unter anderem die Begründung von Zielen und Inhalten, das didaktische Profil einer Einrichtung, Werbung, Rekrutierung von Teilnehmern usw. Sie nimmt immer Bezug auf Theorie und ist auf die Praxis ausgerichtet.[12]
Gleichzeitig wird das beschriebene Vorhaben als Beitrag zum „integrierten Bildungs(system)design" aufgefasst. Was sich unter diesem Begriff verbirgt, wird im folgenden Abschnitt geklärt.
Was ist,,integriertes Bildungs(system)design"?
„Bildung in einem weiten Sinne verstanden, setzt voraus, dass Entfaltung möglich ist, dass etwas sich bilden, also wachsen, sich gestalten, verändern kann. Dafür gibt es förderliche und hinderliche Bedingungen: solche, die man beeinflussen kann und solche, mit denen man umgehen und rechnen muss, wenn man adäquat agieren will."[13] Daraus folgt, dass individuelle Bildung als ein Prozess verstanden werden kann, der nicht von der Natur, den gesellschaftlichen Institutionen oder Wissenschaft her bestimmt oder bestimmbar ist. Bildung ist eine sich selbst bestimmende Entwicklung, die vom (sich selbst) bildenden Individuum oder/ und von anderen mitwirkenden (bildenden) Individuen förderlich und unterstützend gestaltet werden kann.[14] Bildung, als zentraler und prägender Begriff, wird in dieser Arbeit als Prozess der „Unterstützung des Sich-Bildens durch die Beschäftigung mit den Aufgaben und Herausforderungen des Lebens in der menschlichen Welt"[15] definiert, die einer Person helfen kann seine „(innere) Form/ Gestalt und den Gehalt ... in einer ihr bewusst zugänglichen Weise" zu optimieren und zu erweitern.
Prozesse der Bildung können nicht stellvertretend für die anderen erzeugt werden, sie können aber bewusst gestaltet werden, das heißt, es können Bedingungen geschaffen werden, die das Selbst-Bilden fördern und erweitern. Dafür muss allerdings einerseits immer wieder neu untersucht werden, was die Prozesse des Selbst-Bildens aktuell einschränkt, und andererseits darauf bezogene Konzepte und Wege konzipiert und erprobt werden, die diese Einschränkungen in „produktive Nutzung"[16] transformieren und zur Selbst-Bildung verhelfen. Diese ganzheitliche Gestaltung von Bildungsprozessen wird hier als Bildungsdesign definiert.
Unter einem System[17] wird eine neue Einheit verstanden, die bestimmte Elemente als Voraussetzung hat, aber nicht als bloße Summe dieser Elemente zu verstehen ist. Durch die Beziehungen der Elemente untereinander und die daraus entstehenden Wechselwirkungen ergibt sich etwas Neues, was nicht ausschließlich auf die Eigenschaften der Elemente zurückführbar ist. Zum Beispiel Wasser kann als ein System beschrieben werden. Das wird zwar aus den
Elementen Wasserstoff und Sauerstoff gebildet, aber sobald die Verbindung zustande kommt, entsteht eine neue Einheit, deren Eigenschaften nicht auf der Summe der Eigenschaften der einzelnen Elemente beruhen.
Ein komplexes System besteht somit aus „mehreren verschiedenen Teilen, die in einer bestimmten dynamischen Ordnung zueinander stehen, zu einem Wirkungsgefüge vernetzt sind. In dieses kann man nicht eingreifen, ohne dass sich die Beziehung aller Teile zueinander und damit der Gesamtcharakter des Systems ändern würde. ... Auch Teile eines Systems können in sich ein System oder ein Subsystem bilden. Umgekehrt kann, wenn mehrere vorher getrennte Systeme in enge Beziehung treten, daraus ein neues, übergeordnetes System entstehen."[18]
Da Bildungsprozesse immer und überall stattfinden, wird aus der konstruktivistischen systemtheoretischen Perspektive (Luhmann/ Baecker) Bildung als „Kontingenzformel der Erziehung" verstanden und die Existenz von „Bildungssystemen" komplett ausgeschlossen. In modernen Gesellschaften wurde Bildung institutionalisiert, so dass ein großer Teil der Bildungsprozesse in dafür etablierten räumlichen, organisatorischen, materialen und sozialen Rahmen stattfindet. Dieser Rahmen wird als „Bildungssystem" bezeichnet und beinhaltet das Gefüge aller Einrichtungen und Möglichkeiten des Erwerbs von Bildung in einem Staat. Das Bildungssystem umfasst das Schulwesen mit allen angegliederten Bereichen, das Hochschulwesen und den Bereich der Weiterbildung.
Die einzelnen Bildungseinrichtungen, die im Rahmen des jeweiligen Bildungssystems existieren, können dabei als „Teilsyseme", und die darin integrierten Bildungsangebote als „Bildungsräume" aufgefasst werden. Ein „Bildungsraum" ist laut Renate Girmes ein Raum, der „pädagogischen Aufgaben, Tätigkeiten und Institutionen einen präzisierten Sinn [gibt] und hilft, genaue Fragen nach der realisierten Qualität zu ... einzelnen Topoi im Gesamtsystem zu stellen: Wie sieht eine Raumgestaltung aus, wenn Individuen darin repräsentierenden Bildungsangeboten frei begegnen können/sollen? Wie ist der Begegnungsraum institutionalisiert und organisatorisch gefasst? Wie wirken Arrangements auf das Lernen? Welche curriculare Angebote wirken welterschließend und deshalb bildungsförderlich und wie miß-/gelingt ihnen diese Wirkung? Welche professionelles Handeln wird für das Agieren in einem solchen Raum benötigt und wie kann sie systematisch in ihrem Entstehen befördert werden?"[19]
Folgt man dieser Logik, dann kann man behaupten, dass ein Bildungssystem auf der MakroMeso- und Mikroebene aus jeweils anderen, ineinander integrierten Bestandteilen besteht. Die Grenzen des jeweiligen „Bildungssystems" können von dem Betrachter bestimmt werden und hängen von der Betrachtungsperspektive ab. Insofern kann ein Bildungsraum auf der Mikroebene genauso als „Bildungssystem" definiert werden, wie das Bildungssystem eines Landes aufder Makroebene.
In dieser Arbeit stehen Bildungsangebote im Zentrum der Betrachtung und werden als „Bildungsräume" oder „integrierte Bildungssysteme" definiert.
Bildungs(system)design wird als eine ganzheitliche (Um- bzw. Neu-)Gestaltung von Bildungsräumen verstanden, die Prozesse der Unterstützung des individuellen Selbst-Bildens fördern und erweitern.
Integriert ist das Bildungs(system)design in zweifacher Hinsicht:
1. Institutionelle Integration: Bildungsangebote (Mikroebene) sind institutionell in Bildungseinrichtungen (Mesoebene) und diese wieder in Bildungssystemen (Makroebene) integriert. Eine ganzheitliche Gestaltung auf einer der Ebenen kann nicht ohne die Berücksichtigung der Wirkung der anderen Ebenen gewährleistet werden.
2. Formale und Inhaltliche Integration: Es wird im Rahmen dessen, was bereits gegeben ist und Bestand hat, nach Potenzialen und Ressourcen, aber auch nach „Lücken" gesucht, diese werden aufgezeigt und daraus werden neue Formate konzipiert, deren Etablierung das System optimieren, stärken und aus dem Inneren heraus verändern kann und soll.
Integriertes Bildungs(system)design - ganzheitliche, die gegebenen Potenziale, Ressourcen und Lücken berücksichtigende (Um- bzw. Neu-)Gestaltung von bestehenden Bildungsräumen, die Prozesse der Unterstützung des individuellen Selbst-Bildens fördern und erweitern.
Aufbau der Forschungsarbeit
Die oben beschriebenen Aufgaben werden in folgenden Schritten bearbeitet:
Im Kapitel 2 wird das System der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland erschlossen und als Rahmen für die Konzeption eines weiterbildenden Studiengangs dargestellt. Die Analyse auf Systemebene bezieht sich auf die gesamte „Weiterbildungslandschaft" des Landes. Die systemischen Faktoren beeinflussen alle Ebenen der wissenschaftlichen Weiterbildung innerhalb eines Landes. Auf dieser Ebene werden Fragen, die sich mit den Rahmenbedingungen wissenschaftlicher Weiterbildung beschäftigen und die Funktion bzw. gesellschaftliche Bedeutung wissenschaftlicher Weiterbildung betreffen, geklärt. Es werden weiterbildungsrelevante politische, rechtliche und wirtschaftliche Gegebenheiten auf der Bundes- sowie Landesebene betrachtet.
Im Kapitel 3 wird die wissenschaftliche Weiterbildung Deutschlands auf der Hochschul- und Angebotsebene erschlossen. Es werden Fragen zu Organisationsstruktur und Management wissenschaftlicher Weiterbildung, Qualitätssicherung, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing, Finanzierung der Angebote, den Angebotsformen, Bedarfsermittlung durch die Weiterbildungsanbieter, den Zielgruppen der Angebote, den formalen Aspekten der Weiterbildung (wie Zugangsvoraussetzungen oder Anrechnung), Motivation und Beteiligung von Hochschulpersonal in der Weiterbildung, Kooperationen, quantitativen Bedeutung der Weiterbildung sowie andere Fragen geklärt. Die Analyse findet aus zwei Perspektiven statt. Zuerst werden die Rahmenbedingungen auf der Hochschulebene deutschlandweit sowie speziell für Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg geklärt und beschrieben (Kap. 3.1). Anschließend werden die bereits bestehenden Angebote und innovative Konzepte im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung vorgestellt, die als Erfolgsmodelle für die Konzeption von neuen Angeboten dienen können/sollen (Kap. 3.2).
Im Kapitel 4 sollen die Kompetenzen der im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung wirkenden und handelnden Akteure und Aktanten geklärt werden. Das Kapitel 4.1 setzt sich mit den Kompetenzen eines Projektkoordinators auseinander, der auf der organisationalen Ebene für das Gelingen des Vorhabens - ein Angebot der wissenschaftlichen Weiterbildung zu konzipieren und zu etablieren - verantwortlich ist. Das Kapitel 4.2 bezieht sich auf die Kompetenzen der im Rahmen einer Lehr-Lern-Situation handelnden Akteure und Aktanten. Dazu gehören die Lehrenden, die Lernenden und die medialen Aktanten.
Im Kapitel 5 wird der Entwurf eines berufsbegleitenden wissenschaftlichen Weiterbildungsangebots „Pädagogische Professionalisierung" an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vorgestellt. Dieses Angebot wird unter der Berücksichtigung der in der Arbeit durchgeführten theoretischen Klärungen sowie der beschriebenen Rahmenfaktoren auf der System-, Hochschul- und Angebotsebene konzipiert.
Im Abschließenden Kapitel 6 werden die am Beispiel der wissenschaftlichen Weiterbildung ausgearbeiteten Schlüsseldimensionen auf allen Ebenen generalisiert und zu einem Instrument zusammengestellt, das für die Konzeption beliebiger Angebote im Bildungsbereich eingesetzt werden kann.
2 DAS SYSTEM DER WISSENSCHAFTLICHEN WEITERBILDUNG IN DEUTSCHLAND
Das System der wissenschaftlichen Weiterbildung mit seinen nationalen, regionalen und lokalen Besonderheiten ist ein Teilsystem des deutschen Bildungssystems mit seiner institutionellen Differenzierung, dem spezifischen Zusammenspiel und der Arbeitsteilung seiner Teilsysteme. Bildungssystemische, rechtlich-politische sowie sozial-kulturelle Aspekte stellen eine wichtige Rahmenbedingung für die wissenschaftliche Weiterbildung und die Weiterbildungsbeteiligung dar. Um ein besseres Verständnis des Systems der wissenschaftlichen Weiterbildung zu gewährleisten sowie die Rahmen aufzuzeigen, in denen sich dieses befindet, sollen die oben genannten Aspekte, als eine „Momentaufnahme" des Ist-Zustandes dargestellt werden. Es werden unterschiedliche Ebenen und Aspekte betrachtet, die für den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung eine Rolle spielen bzw. spielen könnten. Im Kapitel 2.1. werden das System der wissenschaftlichen Weiterbildung mit seiner Wirklichkeitsgestaltung und Systemumfeld erschlossen. Das Kapitel 2.2. setzt sich mit bildungspolitischen Orientierungen Deutschlands und der Europäischen Union auseinander um die Frage zu klären: Welche der bereits formulierten bildungspolitischen Richtlinien und Zielsetzungen sind im Rahmen der wissenschaftlichen Weiterbildung wirksam bzw. noch nicht wirksam. Im Kapitel 2.3. wird anschließend geklärt wie die Aufgaben im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland formuliert werden können sowie welche Tätigkeiten notwendig sind um diesen Aufgaben gerecht zu werden.
2.1 DAS RAHMENDE SYSTEMUMFELD DER WISSENSCHAFTLICHEN WEITERBILDUNG
Der erste Schritt, der zu einer ganzheitlichen Erschließung eines Teilsystems führen soll, ist die Klärung des Systemumfeldes. Diese Klärung beinhaltet eine Auseinandersetzung mit dem politischen System und dem Bildungssystem Deutschlands.
Das politische System Deutschlands
Basierend auf der von G. Esping-Andersen vorgeschlagenen allgemeinen Typologie von sozialstaatlichen Systemen[20] lässt sich Deutschland dem Kreis konservativer Sozialstaaten zuordnen. Die „konservativen" Wohlfahrtsstaaten sind „stark auf Transferleistungen orientiert, mit denen nicht erwerbstätige Personen gegen ein Absinken des Lebensstandards geschützt werden sollen und ... Statusdifferenzen aufrechterhalten. Konservative Wohlfahrtssystem[e] sind darüber hinaus der traditionellen Arbeitsteilung in der Familie verpflichtet: Auf verschiedene Weise, z. B. durch die Steuerpolitik und ein geringes Angebot an staatlichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten, insbesondere an Ganztagsbetreuung, unterstützen sie das „male breadwinner model" und erschweren die „dual career family". In der Konsequenz bewegt sich die Erwerbstätigkeit von Müttern auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau und ist zumeist aufTeilzeitarbeit beschränkt."[21]
Als konservativer Wohlfahrtstaat verfügt Deutschland über eine eher passiv ausgerichtete Arbeitsmarktpolitik[22], ein Steuersystem, das die traditionelle Arbeitsteilung in der Familie belohnt aber auch über eine umfassende Sozialpolitik. Die Sozialversicherung, als Leistungsart, ist in Deutschland stark ausgebildet. Alle Bürger sind gegen solche Risiken wie Invalidität, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Pflege abgesichert. In Deutschland werden die Mütter weniger als erwerbstätige Mütter, sondern eher in der Rolle der Hausfrau und Mutter gesehen.[23] Im Rahmen der „Agenda 2010" und einer Reihe anderer Reformen wurden massive Leistungskürzungen oder Beitragserhöhungen vorgenommen, die verstärkt die individuelle Verantwortung für soziale Sicherung in den Mittelpunkt gerückt haben. Das Prinzip der Sozialversicherung wurde allerdings nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Es wird versucht, die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme gegenüber Belastungsfaktoren wie Arbeitslosigkeit, steigende Gesundheitskosten, Überalterung etc. dauerhaft zu gewährleisten. Das traditionelle Familienleitbild wird immer mehr relativiert und die Berufstätigkeit von Müttern durch die vorgenommenen Änderungen unterstützt. Diese Reformen deuten auf eine Entwicklung des deutschen Staates in Richtung des „liberalen" sozialstaatlichen Modells hin und Relativierung des konservativen Wohlstaatssystems.[24]
Das Bildungssystem Deutschlands
Das deutsche Bildungswesen ist stark ausdifferenziert und unterliegt weitgehend der Gestaltungshoheit der einzelnen Bundesländer. Charakteristische Merkmale des Bildungssystems sind: Das dreigliedrige Schulsystem mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium im Sekundarbereich I und II, und das duale System der Berufsausbildung mit der Verbindung zwischen Schule und Betrieb in etwa 350 verschiedenen Ausbildungsberufen; dadurch wird ein hohes Maß an berufsspezifischen Qualifikationen produziert.[25]
Den einzelnen Bundesländern kommt eine weitgehende Gestaltungshoheit insbesondere im Bereich des Schulwesens zu. Kultusministerkonferenz (KMK) koordiniert das Bildungssystem der einzelnen Länder. Der Bund ist nur für Rahmengesetzgebung verantwortlich. Die länderspezifische Gestaltung des Schulwesens zeigt sich u. a. durch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in den Lehrplänen, Anforderungen oder Strukturen.[26]
Somit ist das deutsche Bildungssystem hoch standardisiert und besonders im Sekundarschulbereich auch st ratifiziert.[27] Die verschiedenen Schulzweige sowie allgemeine und berufliche Bildung sind deutlich voneinander abgegrenzt und institutionell fest vorgeschrieben. Das berufliche Bildungssystem, deren Fokus auf der Ausbildung berufsspezifischer Qualifikationen liegt, ist gut ausgebaut. Die Berufsausbildung entspricht einem berufsfachlich strukturierten Arbeitsmarkt, in dem berufliche Tätigkeiten bezüglich ihrer Inhalte und Qualifikationsanforderungen klar definiert sind, in dem Bildungszertifikate den beruflichen Tätigkeitsfeldern entsprechen. Somit ist das deutsche Bildungssystem ein typischer Vertreter des „qualifikatorischen Raums"[28] mit stark ausgeprägter Stratifizierung im sozialen Bereich.
Deutschland hat, so wie auch andere Länder, eine starke Bildungsexpansion[29] erfahren, die auf eine Feminisierung der höheren Stufen des Bildungssystems zurückzuführen ist. Im Unterschied zu anderen Ländern aber ist der Anteil von Personen mit einem tertiären Bildungsabschluss[30] seit den 1990er Jahren kaum gestiegen und bleibt auf einem relativ niedrigen Niveau.[31] Dafür können die bereits oben erwähnte Faktoren verantwortlich gemacht werden: institutionalisierte Berufsausbildung, berufsspezifisch strukturierter Arbeitsmarkt sowie soziale Selektion, die bereits in der Mittelstufe der Schulbildung durchgeführt wird.
Das deutsche Hochschulsystem ist im Unterschied zu dem schulischen Bildungssystem wenig stratifiziert. Die Bildungsinhalte in Fachhochschulstudiengängen sind aber mehr berufsorientiert als bei einem Universitätsstudium. Doch nach dem Studienabschluss begegnen die Hochschulabsolventen einem berufsspezifisch strukturierten Arbeitsmarkt, in dem fachliche Qualifikationen und Kompetenzen vorgewiesen werden müssen, die im Rahmen des Hochschulstudiums oft nicht erlangt werden. Somit existiert immer noch eine enge Verbindung zwischen beruflicher Platzierung und der fachlichen Ausrichtung des Hochschulstudiums.[32] Bildung ist eine staatliche Aufgabe in Deutschland. Die meisten Bildungseinrichtungen befinden sich in öffentlicher Trägerschaft und können gebührenfrei besucht werden. Weiterbildung stellt dabei eine Ausnahme dar. Diese ist primär wettbewerblich und privat organisiert und wird nur gering durch öffentliche Mittel gefördert.[33]
Der nächste Schritt auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Erschließung eines Teilsystems beinhaltet eine ausführliche Auseinandersetzung mit der soziokulturellen, rechtlich-politischen und technischen Aspekten im Kontext des betreffenden Teilsystems. Diese Auseinandersetzung beinhaltet Klärungen von solchen Fragen, wie: Wer sind die Anbieter, Adressaten, Kooperationspartner der wissenschaftlichen Weiterbildung? Von welchen Einrichtungen wird die wissenschaftliche Weiterbildung angeboten? Wie sieht die Verteilung der Angebote wissenschaftlicher Weiterbildung auf die Hochschulen in Deutschland aus? Wie wird die wissenschaftliche Weiterbildung institutionell organisiert und koordiniert? usw.
Soziokulturelle Umwelt der wissenschaftlichen Weiterbildung
Die allgemeinen Daten zur soziokulturellen Umwelt zeigen, dass für die Hochschulen ein weites Aktionsfeld noch lange nicht ausgeschöpft ist und dass zahlreiche Bedarfe an wissenschaftlicher Weiterbildung sowohl für Hochschulabsolventen als auch für Interessenten ohne formalen Hochschulabschluss bestehen. Das zeigen auch mehrere von BMBF geförderten Studien, solche wie: „Die Rolle der Hochschulen bei der beruflichen Weiterbildung von Hochschulabsolventen" von 2004, „International vergleichende Studie zur Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung" von 2006, und „Internationale Vergleichsstudie zur Struktur und Organisation der Weiterbildung an Hochschulen" von 2007.[34] Die Ergebnisse dieser Studien werden im Folgenden kategorisiert und in die Darstellung der soziokulturellen Aspekte und Rahmenbedingungen der wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland miteinbezogen.
Aktueller Stand der wissenschaftlichen Weiterbildung
Die wissenschaftliche Weiterbildung wurde in Deutschland das erste Mal im Hochschulrahmengesetz 1976 erwähnt und mit dem Begriff „weiterbildendes Studium" bezeichnet: „Gedacht wurde dabei an interdisziplinär organisierte Studiengänge mittlerer Dauer, die sich auf Problemlagen einzelner Berufsfelder beziehen, von den Adressaten berufsbegleitend flexibel nutzbar sind und neben Hochschulabsolventen auch solchen Interessenten offenstehen, die entsprechende Voraussetzungen im Beruf oder auf anderer Weise erworben haben."[35]
In der novellierten Fassung des Hochschulrahmengesetzes im Jahre 1998 wurde die wissenschaftliche Weiterbildung als Kernaufgabe der Hochschulen neben Forschung, Lehre und Studium definiert.[36] Das führte zu einer Neubestimmung und wesentlichen Aufwertung der wissenschaftlichen Weiterbildung.
Die Reorganisation der Studienstrukturen im Rahmen der Bologna-Beschlüsse hat in den letzten Jahren den Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung noch mehr in Bewegung gebracht. Die Aufteilung des Studiums in aufeinander aufbauende Bachelor- und Masterabschlüsse führte zu erheblichen Verknüpfungen mit der wissenschaftlichen Weiterbildung: „Die Rückkehr an die Hochschule zur Weiterbildung nach einer zwischenzeitlichen Berufstätigkeit wird dann zu einem selbstverständlichen Schritt."[37]
Die Hochschulen werden somit zu einem zentralen Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung und damit zu einem wichtigen Bestandteil eines umfassenden Konzeptes des lebenslangen Lernens. Der Wissenschaftsrat äußerte sich diesbezüglich in seinen Empfehlungen zur künftigen Rolle der Universitäten im Wissenschaftssystem folgendermaßen:
„Der Bologna-Prozess steht im Zeichen des lebenslangen Lernens. Selbst wenn Studierende nach dem ersten Abschluss, also mit einem Bachelor, die Hochschule zunächst verlassen, wird es angesichts des rapiden Wandels der Arbeitswelt, der demographischen Entwicklung und steigender Zuwanderung zu einer höheren Nachfrage nach akademischer Weiterbildung kommen. Viele Absolventen werden nach einigen Jahren an die Hochschule zurückkehren, um sich weiterzuqualifizieren."[38]
Am 21.09.2001 hat die Kultusministerkonferenz einen Sachstands- und Problembericht zur "Wahrnehmung wissenschaftlicher Weiterbildung an den Hochschulen"[39] verfasst. In diesem Bericht wurde der Ist-Zustand der wissenschaftlichen Weiterbildung auf Hochschulebene beschrieben sowie die damit im Zusammenhang stehende Probleme und Lösungsmöglichkeiten dargestellt. Es wurde festgestellt, dass die Hochschulen ihre Aufgabe, wissenschaftliche Weiterbildungsangebote zu entwickeln und anzubieten, nur lückenhaft wahrnehmen. Eine Reihe selbstständig organisierter Weiterbildungseinrichtungen werden gegründet (z. B. Vereine oder Akademien), die außerhalb der Hochschulen tätig werden. Diese Weiterbildungsaktivitäten zielen meistens darauf, größere Handlungsspielräume im Bereich der Vermarktung und der organisatorischen Abwicklung zu schaffen. Hierbei ergibt sich aber die Gefahr, dass die inhaltliche Verantwortung für die Weiterbildung den Hochschulen verloren geht und die notwendige inhaltliche Verknüpfung von Erstausbildung und wissenschaftlicher Weiterbildung nicht geleistet wird.
Definition der „wissenschaftlichen Weiterbildung"
Der Begriff der wissenschaftlichen Weiterbildung ist im Rahmen der Gesetzgebung der Bundesländer variabel. Als Weiterbildung wird, einem in Deutschland weitverbreiteten Referenzzitat zufolge, die „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Ausbildungsphase"[40] definiert. „Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in das volle Erwerbsleben gekennzeichnet."[41]
Die Kultusministerkonferenz bestimmte dementsprechend in ihrem Beschluss vom 21.09.2001 die wissenschaftliche Weiterbildung als „die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit, wobei das wahrgenommene Weiterbildungsangebot dem fachlichen und didaktischen Niveau der Hochschule entspricht. (...) Wissenschaftliche Weiterbildung knüpft in der Regel an berufliche Erfahrungen an, setzt aber nicht notwendigerweise einen Hochschulabschluss voraus."[42]
Diese Definition wird auch von der DGWF (Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium) aufgegriffen.[43] In den von der HRK, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) verabschiedeten Gemeinsamen Empfehlungen zur wissenschaftlichen Weiterbildung durch Hochschulen im Mai 2003 heißt es:
„In Anlehnung an § 12 HRG umfasst wissenschaftliche Weiterbildung solche Studienangebote, die
nach einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss (wobei alternative Zugangswege zu berücksichtigen sind) und nach einer Phase beruflicher Tätigkeit durchgeführt werden und im Hinblick auf die Adressatengruppen inhaltlich und didaktisch-methodisch auf Hochschulniveau entsprechend aufbereitet sind sowie das spezifische Zeitbudget Berufstätiger berücksichtigen."[44]
Etwas präziser sieht die Hochschulrektorenkonferenz in ihrer Entschließung vom 13. Juli 1993 wissenschaftliche Weiterbildung als Oberbegriff, der „unter funktionalem Aspekt alle Lehrtätigkeiten an Hochschulen zusammenfasst, die der Erneuerung, Erweiterung, Vertiefung etc. des in einer Erstausbildung und im Rahmen beruflicher Erfahrung erworbenen Wissens dienen oder Erwachsene auf neben- und nachberufliche Tätigkeiten vorbereiten."[45] Die Bologna-Reform führte zu einer noch klareren Differenzierung: Alle Master-Studien- gänge, die nicht konsekutiv sind, werden als Weiterbildung definiert. Ob auch Bachelorstudiengänge, die sich an Berufstätige richten, als Weiterbildung anerkannt werden können ist allerdings noch nicht klar.[46] Im Rahmen dieser Arbeit werden die berufsbegleitenden Ba- chelor-Studiengänge in die Kategorie der wissenschaftlichen Weiterbildung eingeordnet.
Struktureller Aufbau der wissenschaftlichen Weiterbildung
Die institutionelle Struktur der Weiterbildung in Deutschland wird oft als „heterogen, unübersichtlich und differenziert"[47] beschrieben. Zu den bedeutendsten Einrichtungen der Weiterbildung zählen:
Gewerkschaftliche Einrichtungen der Erwachsenenbildung,
Betrieblich organisierte Erwachsenenbildung,
Volkshochschulen (und Heimvolkshochschulen),
Konfessionelle Erwachsenenbildung seitens der katholischen und evangelischen Kirche,
Kommerzielle Erwachsenenbildung,
Bildungswerke der Wirtschaft,
Hochschulen mit eigenen Weiterbildungs-/Erwachsenenbildungszentren.
Die Hochschulen bieten sowohl berufliche als auch allgemeine Weiterbildung an. Sie verfügen sowohl über offene Programme fast ohne Zugangsbeschränkungen, als auch über Angebote, die für bestimmte Zielgruppen entwickelt wurden und die ein Auswahlverfahren vorsehen.
Die Landesstudie hat ergeben, dass eine Universität in Deutschland durchschnittlich rund 38 Weiterbildungsangebote, eine Fachhochschule 20 Angebote und eine Kunst- und Musikhochschule vier Angebote anbietet. Diese Zahlen spiegeln die Anzahl der Angebote insgesamt. Bezogen auf die Dauer der Angebote bieten die Universitäten mehr kürzere Angebote (bis zu einem Jahr Dauer) als die Fachhochschulen. Die Anzahl der Angebote mittlerer Länge (zwischen ein und zwei Jahren) ist ungefähr gleich. Die längeren Studienprogramme (mehr als zwei Jahre Dauer) werden mehr von den Fachhochschulen als von Universitäten angeboten. Somit sind die abschlussbezogenen Programme in Fachhochschulen stärker verbreitet als bei Universitäten.[48]
Institutionell ist die wissenschaftliche Weiterbildung unterschiedlich organisiert: es wird manchmal von einer zentralen Organisation (Zentralstelle) oder auch von einer dezentralen Organisation (Fakultäten, Fachbereiche) koordiniert. In den letzten Jahren wird die wissenschaftliche Weiterbildung verstärkt von den Hochschulen ausgelagert und extern organisiert (z. B. durch Akademien, GmbHs).[49]
Angebotsformen der wissenschaftlichen Weiterbildung
Da es keine einheitliche Definition der wissenschaftlichen Weiterbildung existiert, variieren die Angebotsformen dessen, was unter wissenschaftlicher Weiterbildung in den Bundesländern verstanden wird. Es finden sich in den Landeshochschulgesetzen folgende Begriffe: weiterbildender Studiengang, weiterbildendes Studium, Kontaktstudium, Zusatzstudium, Ergänzungsstudium, Aufbaustudium.
Aufbaustudiengänge dienen der Vermittlung eines weiteren berufsqualifizierenden Abschlusses. Das Kontaktstudium dient der wissenschaftlichen Vertiefung und Ergänzung be- rufspraktischer Erfahrungen. Das weiterbildende Studium soll die aus der beruflichen Praxis entstandenen Bedürfnisse der Teilnehmer berücksichtigen. In zahlreichen Bundesländern wird die Zusammenarbeit der Hochschulen mit den Trägern der Erwachsenenbildung, den Unternehmen sowie den Gewerkschaften als Kooperationspartnern gesetzlich gefördert.[50] Ursula Bade-Becker hat die Definition aller in deutschen Bundesländern gängigen Formate folgendermaßen präzisiert:
„Weiterbildender Studiengang: ein weiterbildendes Studium, das sich in der Regel an HochschulabsolventInnen und je nach Ländergesetzgebung auch an Berufstätige mit einschlägigen Voraussetzungen richtet, das curricular verfasst ist und eine Prüfungsordnung hat. Mit einem erfolgreichen Abschluss kann je nach gesetzlicher Regelung der Länder ein akademischer
Grad verliehen werden.
Weiterbildendes Studium: Studium mit curricularer Verfassung und Prüfungsordnung, das sich an HochschulabsolventInnen und solche Personen richtet, die die für eine Teilnahme erforderliche Eignung im Beruf oder auf andere Weise erworben haben. Mit seinem erfolgreichen Abschluss wird in der Regel ein Zertifikat und ggf. ein Titel verliehen, der jedoch keinen Hochschulgrad darstellt.
Weiterbildendes Programm: Studium ohne curriculare Verfassung und Prüfungsordnung und ohne förmliche Abschlussmöglichkeit. Ein weiterbildendes Programm ist unter Umständen noch in Module aufgeteilt.
Einzelveranstaltungen: Weiterbildungsangebote von kürzerer Dauer ohne die Möglichkeit, einen förmlichen Abschluss zu erwerben wie z. B. Vorträge, Tagungen, Workshops."[51]
Studienformen und Strukturen der wissenschaftlichen Weiterbildung
Die Studienformen und -strukturen sind ebenfalls unterschiedlich gestaltet. Es finden sich Angebote in Teil- und Vollzeitform, berufsbegleitend, als Präsenz- oder Fernstudium, die insgesamt in Semester oder Module gegliedert sind. Die definierten Zielgruppen, die mit den Angeboten angesprochen werden sollen, sind unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen, Arbeitsfeldern und Gruppen zuzuordnen. Angebote, die für alle offen sind, finden sich ebenso wie solche, die enge Zulassungsregelungen, wie Hochschulabschluss oder Berufserfahrung, aufweisen. Die Zertifizierung der Angebote ist uneinheitlich. Von einfachen Teilnahmebescheinigungen über Zertifikate bis hin zu formellen Abschlüssen und akademischen Graden finden sich zahlreiche Varianten.[52]
Programmstruktur der wissenschaftlichen Weiterbildung
Bezüglich der Programmstruktur ist festzuhalten, dass die Anzahl der kurzfristigen Angebote die der längerfristigen deutlich übersteigt. Das berufsbegleitende Bachelorstudium ist in Deutschland stark unterrepräsentiert, was anscheinend an der derzeit vorherrschenden Zuordnung des Bachelorstudiums zum grundständigen Bereich liegt. Fachlich orientieren sich die Programme häufig an den wissenschaftlichen Schwerpunkten der jeweiligen Hochschule. Die Wissenschaftlichkeit wird über das eingesetzte Lehrpersonal, die Prüfungsbedingungen und die Inhalte zum Ausdruck gebracht. In Deutschland ist ein sehr starker Fokus auf die Wissenschaftlichkeit zu beobachten, der neben den Inhalten und Prüfungsbedingungen primär durch den Einsatz von Professoren in der Lehre realisiert wird.[53]
Die Entwicklung und Koordination der von den Hochschulen oder hochschulnahen Einrichtungen getragenen wissenschaftlichen Weiterbildung wird von der „Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e. V." (DGWF) unterstützt.
Zielgruppen der wissenschaftlichen Weiterbildung
Zielgruppen der wissenschaftlichen Weiterbildung sind sehr breit gefasst. Dazu gehören alle Interessierten von unterschiedlichen sozialen Gruppen wie Frauen, Senioren, Ausländer usw., alle berufs- und tätigkeitsbezogene Zielgruppen sowie Absolventen der jeweiligen Hochschule.
Die Teilnehmer der kurzfristigen Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung werden nicht an der Hochschule eingeschrieben, und somit als Gasthörer definiert. Damit entfallen die Sozialvergünstigungen der Regelstudierenden. Die öffentlichen Einrichtungen der Hochschule (Bibliothek, Mensa etc.) können von den Gasthörern problemlos genutzt werden. Auch Haftungsfragen werden in den Teilnahmeverträgen oder auch den Kooperationsverträgen geregelt.[54] Die Teilnehmer der langfristigen Angebote, wie zum Beispiel MasterProgramme, werden an der Hochschule als Studenten eingeschrieben und haben den gleichen Status, wie die Studierende der Regelstudiengänge.
Die Ermittlung der am häufigsten wahrgenommenen Formen der Weiterbildung hat gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der befragten Absolventen in der Zeit nach dem Studienabschluss an kürzeren Kursen, Workshops oder Seminaren teilgenommen hat. Mehr als zwei Drittel der Befragten nahmen an Fachvorträgen teil. Gut die Hälfte besuchte Fachmessen und Kongresse. Längerfristige Fort- und Weiterbildungen wurden nur von jedem fünften Befragten absolviert. Dabei wurde meistens berufsbegleitender Weiterbildungstyp in Anspruch genommen.[55]
Teilnahme an der wissenschaftlichen Weiterbildung
Willich und Minks haben in ihrer Studie eine multivariate Analyse der Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung durchgeführt. Dahinter stand die Frage: Was zeichnet Absolventen, die an Weiterbildungen innerhalb und ggf. auch außerhalb der Hochschule teilnehmen, gegenüber Befragten aus, die bisher ausschließlich an Weiterbildungen außerhalb der Hochschule teilgenommen haben? Wo bestehen Merkmalsdifferenzen zwischen Absolventen, die bisher ausschließlich an wissenschaftlicher Weiterbildung teilgenommen haben, und Absolventen, die ausschließlich an außerhochschulischer Weiterbildung partizipierten? Folgende Ergebnisse wurden ermittelt:[56]
Die Mehrheit der Absolventen in den ersten Jahren nach dem Examen nimmt nicht an wissenschaftlicher Weiterbildung teil.
Wissenschaftliche Weiterbildung wird vor allem von Absolventen in Anspruch genommen, die über eine Promotion oder eine weitere Phase akademischer Qualifizierung in hochschul- bzw. forschungsnahen Betätigungsfeldern verbleiben.
Befragte aus Fächergruppen mit weniger starkem Forschungsbezug sind in der wissenschaftlichen Weiterbildung unterrepräsentiert.
Wirtschafts- und Rechtswissenschaftler erlangen weitere berufliche Qualifikationen vor allem außerhalb der Universitäten und Fachhochschulen.
Leitende Angestellte und Beschäftigte in Normalarbeitsverhältnissen (unbefristet Vollzeit), die im produzierenden Gewerbe und im sekundären Dienstleistungssektor beschäftigt sind, sind in der wissenschaftlichen Weiterbildung unterrepräsentiert.
Wissenschaftliche Weiterbildung wird oft zur Überbrückung unsicherer Beschäftigungsphasen genutzt. Befristet Beschäftigte und/oder Teilzeitbeschäftigte nehmen häufiger an wissenschaftlicher Weiterbildung teil.
Wissenschaftliche Weiterbildung ist häufig eigeninitiiert.
Das Geschlecht der Teilnehmer hat keinen signifikanten Einfluss auf die Teilnahme an hochschulischer Weiterbildung.
Das abgeschlossene Studienfach hat einen deutlichen Effekt auf den Weiterbildungstyp. Im Vergleich zu den Ingenieurwissenschaftlern und Informatikern nehmen vor allem Wirtschafts- und Rechtswissenschaftler, aber auch Pädagogen, Psychologen und Magister sowie Lehrer weniger häufig an wissenschaftlicher Weiterbildung teil.
Im Vergleich zu Absolventen, die in Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern beschäftigt sind, nehmen Beschäftigte aus Betrieben mit zwischen fünf und 20 Mitarbeitern häufiger an wissenschaftlicher Weiterbildung teil.
Beschäftigte des öffentlichen Dienstes nehmen häufiger an wissenschaftlicher Weiterbildung teil.
Zwischen der Weiterbildungsinitiative und der Teilnahme an wissenschaftlicher Weiterbildung besteht ein deutlicher Zusammenhang. Absolventen, die bisher ausschließlich an vom Betrieb initiierter Weiterbildung teilgenommen haben, partizipieren deutlich seltener an wissenschaftlicher Weiterbildung als Befragte, die sowohl eigeninitiierte als auch betrieblich initiierte Weiterbildung bzw. ausschließlich eigeninitiierte Weiterbildungen absolviert haben.
Ähnliche Zusammenhänge zeichnen sich bei der Weiterbildungsfinanzierung ab: Im Vergleich zur ausschließlich betrieblich finanzierten Weiterbildung erhöht sich mit finanziellem Engagement der Absolventen die Wahrscheinlichkeit, an wissenschaftlicher Weiterbildung teilzunehmen.
Im Zentrum der Studie von Willich und Minks stand auch die Frage, wie und wo sich Hochschulabsolventen weiterbilden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Hochschule nicht die wichtigste Einrichtung für die berufliche Weiterbildung von Hochschulabsolventen ist, ihr Anteil aber auch nicht zu vernachlässigen wäre. 25 % aller befragten Absolventen haben nach dem Studienabschluss an mindestens einer wissenschaftlichen Weiterbildung teilgenommen. Die Hochschulen kommen immer dann ins Spiel, wenn die Weiterbildung stärker wissenschaftsorientiert ist. Außerdem machen die Ergebnisse deutlich, dass die wissenschaftliche Weiterbildung überwiegend selbstinitiiert ist (unabhängig von beruflichen Verhältnissen) und dass der Bedarf daran kontinuierlich wächst.
Dominierende Inhalte der wissenschaftlichen Weiterbildung
Im Rahmen ihrer Studie sind Willich und Minks unter anderem auch auf die Inhalte der Weiterbildungsangebote eingegangen. Es wurden einerseits Weiterbildungsinhalte dargestellt, die für Teilnehmer an wissenschaftlicher Weiterbildung von besonderer Bedeutung sind. Andererseits wurden Bereiche und Themenkomplexe ermittelt, in denen Nachfragepotentiale vorhanden sind, die durch das Weiterbildungsangebote der Hochschulen und anderer Weiterbildungsanbieter bisher nicht hinreichend ausgeschöpft werden konnten. Folgende Weiterbildungsangebote sind laut Studie, die am häufigsten nachgefragten:[57]
EDV-Anwendungen (zwei Drittel aller Absolventen),
Managementwissen( jeder Zweite Absolvent),
Fremdsprachenweiterbildung (die Hälfte der Befragten),
Kommunikations- und Interaktionstrainings (46% der befragten Absolventen),
Weiterbildungsnachfrage in den pädagogischen und psychologischen Feldern (29%),
Bereichen der Verwaltung und Organisation (28%).
Die Ergebnisse der Befragung machen deutlich, dass die Absolventen die meisten fachspezifischen Inhalte öfter an Hochschulen als in anderen Weiterbildungsinstanzen fanden. Die meisten Befragten zeigten allerdings weiteren Bedarfan Weiterbildung. Diese Tatsache konnte als Mangel an wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten gedeutet werden.
Zugang zur wissenschaftlichen Weiterbildung
Der Zugang zu der wissenschaftlichen Weiterbildung wird durch die Hochschulgesetze der Länder geregelt und steht meistens offen für Bewerber mit abgeschlossenem Hochschulstudium und mehrjähriger beruflicher Erfahrung. Aus dieser Basisregel gibt es allerdings landesspezifische Ausnahmen.[58]
Bei der gegenwärtig schwierigen Arbeitsmarktsituation werden Weiterbildungsmöglichkeiten, die zu einem Hochschulabschluss führen, zunehmend für Personen ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung immer mehr interessant. Der Zugang zu solchen Angeboten stellt allerdings für diese Personen oft ein Problem dar. Die Regelungen für die Möglichkeiten des Hochschulzugangs für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung sind landesrechtlich sehr unterschiedlich geregelt.
Das BMBF fordert daher, dass gemeinsam mit den Ländern bundesweit möglichst einheitliche Standards bezüglich des Zugangs beruflich Qualifizierter zum Hochschulstudium entwickelt werden. Bestehende rechtliche Hindernisse für die Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge müssten überwunden werden. „Ziel ist die stärkere Öffnung der Hochschulen sowie eine Verkürzung der Studienzeit für diese Zielgruppe aufgrund ihrer bereits erworbenen Qualifikationen."[59]
Die Bereitschaft der Hochschulen den akademisch nicht oder wenig vorgebildeten Personen den Zugang zum Hochschulstudium zu ermöglichen und ihre Kompetenzen zu anerkennen sagt über die Offenheit bzw. Geschlossenheit der Hochschulen aus. Im Vergleich zu anderen Ländern sind die deutschen Hochschulen überwiegend geschlossen. Die Zulassungsregelungen der Hochschulen sind in den meisten Fällen sehr eng. Auf diese Weise setzen die Hochschulen ihre alte Tradition der Exklusivität fort. Es gibt kaum Bachelor- und Master- Studiengänge, die für erwachsene berufstätige Studierende zugänglich wären.[60] Finanzierung der wissenschaftlichen Weiterbildung Die meisten Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung werden gegen Gebühren oder Entgelte angeboten. Die Finanzierung der Programme erfolgt meistens nicht durch die Hochschule, sondern durch öffentliche Förderung, z. B. bei Modellversuchen oder durch besondere Verträge mit Firmen. In wenigen Fällen erfolgt die Finanzierung auch durch Haushaltsmittel der Hochschulen.
Bezüglich der Gebühren- und Entgeltverordnung im Bereich der Weiterbildung machen die Landeshochschulgesetze sehr vielfältige Aussagen. Man findet sowohl starke Regelung durch entsprechende Maßgaben, in welcher Weise die Einnahmen zu verwenden sind, als auch komplette Handlungsfreiheit auf der Hochschulebene. In letzter Zeit wird allerdings die Frage der Gestaltung von Gebühren und Entgelten im Bereich der Weiterbildung immer mehr den Hochschulen überlassen, was Spielräume für neue Ideen und Konzepte im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung schafft.[61]
Zertifizierung der wissenschaftlichen Weiterbildung
Die Zertifizierung im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung ist im hohen Maß uneinheitlich. Über einfache Teilnahmebescheinigungen und Zeugnisse bis hin zu förmlichen Abschlüssen und Titeln finden sich zahlreiche Varianten von Zertifikaten. Für die Vergleichbarkeit der Abschlüsse sorgt das Verfahren des Akkreditierungsrates, das durch Beschluss der KMK vom 3. Dezember 1998 geschaffen wurde und das mittlerweile die Rechtsform einer Stiftung erhalten hat. Sonst spiegelt sich die Spannbreite der Möglichkeiten in den Landesgesetzgebungen wider.[62]
Rolle der wissenschaftlichen Weiterbildung bei der beruflichen Weiterbildung
In ihrer Studie „Die Rolle der Hochschulen bei der beruflichen Weiterbildung von Hochschulabsolventen" haben Willich und Minks festgestellt, dass die durchführenden Instanzen der Weiterbildung für fast jeden zweiten Befragten, der nach dem Examen an Weiterbildung teilgenommen hat, die Mitarbeiter des eigenen Betriebes, externe Weiterbildner und andere private Einrichtungen waren. Knapp ein Drittel der Befragten nahm an Weiterbildungen teil, die von Kammern und Verbänden durchgeführt wurde. Das Weiterbildungsangebot der Universitäten wurde nurvon 23%der Befragten wahrgenommen.[63]
Die Frage nach der Weiterbildungsinitiative ergab, dass die Verantwortung für das Weiterbildungsengagement bei Beschäftigten und Betrieben gleichermaßen liegt, vorausgesetzt dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Liegt kein Beschäftigungsverhältnis vor, hängt die Weiterbildung von der Eigeninitiative bzw. den Anstößen von Seiten der Arbeitsämter ab, um die Beschäftigungschancen über Weiterbildungsangebote zu erhöhen. Diese Tatsache ist für die Entwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung von erheblicher Bedeutung, da die betrieblich initiierte wissenschaftliche Weiterbildung die Chance ihrer Nutzung auf der Abnehmerseite erhöht.
Die Befragungen haben gezeigt, dass die Betriebe als Initiatoren von Weiterbildung für die Mehrheit derer, die ausschließlich an wissenschaftlicher Weiterbildung teilnahmen, ausfielen. Somit ist die Bindung an Betriebe bei der Nutzung von wissenschaftlicher Weiterbildung noch ziemlich unterentwickelt. Das könnte einerseits daran liegen, dass es noch zu wenig Angebote, die es für Betriebe attraktiv erscheinen lassen, ihre Mitarbeiter zu Weiterbildungen an Hochschulen zu schicken, gibt. Andererseits wird die wissenschaftliche Weiterbildung überdurchschnittlich von denen genutzt, die beruflich noch nicht integriert und etabliert sind, so dass diese mehr als andere auf Eigeninitiative zurückgreifen müssen.
Betriebe sind bei Weiterbildungsanstrengungen von Absolventen erst dann überdurchschnittlich initiativ, wenn die Fächer auf eine Beschäftigung in der privaten Wirtschaft orientieren und wenn zugleich für diese Absolventen relativ gute Beschäftigungsperspektiven bestehen (Elektro-, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieure, Informatiker, Mathematiker, Wirtschaftswissenschaftler). Dagegen sind die Absolventen aus Fachrichtungen, die mit schwierigeren Beschäftigungsperspektiven bzw. wenig konturierten Berufsfeldern konfrontiert sind (z. B. Architekten, Sozialarbeiter/-pädagogen, Agrar- und Ernährungswissenschaftler) und/oder die hohe Anteile selbständig tätiger Absolventen aufweisen (u.a. Architekten, Pharmazeuten, Psychologen) allein auf die Eigeninitiative angewiesen.[64]
Rechtlich-politische Umwelt der wissenschaftlichen Weiterbildung
Es gibt eine Reihe von Gesetzen, welche die Weiterbildung auf der Bundes- und Länderebene betreffen und teilweise strukturieren. Ein einheitliches Weiterbildungsgesetz des Bundes gibt es allerdings nicht.
Die wichtigsten Gesetze auf Länderebene sind die Weiterbildungsgesetze der einzelnen Bundesländer. Diese regeln die wichtigen Ordnungsgrundsätze bezüglich institutioneller Grundstruktur, organisatorischer Selbstständigkeit, Qualifikation der Lehrenden, Kooperationen und Zugang.
Die wichtigsten Gesetze auf der Bundesebene sind zum Beispiel das Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III), das Berufsbildungsgesetz, das Fernunterrichtsschutzgesetz und das Hoch- schulrahmengesetz des Bundes, das die Hochschulen verpflichtet Weiterbildung anzubieten, mit anderen Einrichtungen zusammenzuarbeiten und die Weiterbildung des eigenen Personals zu ermöglichen.
Die Hochschulgesetze der Bundesländer füllen das Hochschulrahmengesetz des Bundes unterschiedlich aus, sodass es zwischen den einzelnen Ländern bei Weiterbildungs- und Kooperationsformen, bei Zugang, Status der Teilnehmenden, Gebühren und Zertifizierung teilweise Unterschiede auftreten.
... aufderBundesebene
Die wissenschaftliche Weiterbildung wird auf der Bundesebene wesentlich durch das Hochschulrahmengesetz (HRG) sowie durch das Dienstrecht und das Nebentätigkeitsrecht bestimmt. Für die Durchführung von Weiterbildungsangeboten kommen darüber hinaus die Bestimmungen des Sozialgesetzbuches II und III in Frage, falls die Maßnahmen durch die Arbeitsagenturen gefördert werden. Bei bestimmten Formen von Fernstudienangeboten ist das Fernunterrichtschutzgesetz zu beachten. Wird die wissenschaftliche Weiterbildung privatrechtlich in kooperierenden Einrichtungen nahe der Hochschule angeboten, ist die für die jeweilige Rechtsträgerstruktur (Vereinsrecht, GmbH-Recht etc.) allgemein geltende Rechtslage z. B. in Fragen des Steuerrechts, des Haushaltsrechts, des Körperschaftsrechts, des Arbeitsrechts oder auch des Haftungsrechts zu beachten.
Im §2 der novellierten Fassung des Hochschulrahmengesetztes wurde die wissenschaftliche Weiterbildung als eine Kernaufgabe der Hochschulen neben Forschung, Lehre und Studium formuliert: „Die Hochschulen dienen entsprechend ihrer Aufgabenstellung der Pflege und der Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat. Sie bereiten auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern."[65] Für die Weiterbildung von Hochschulabsolventen ist auch der § 12 des HRG relevant. Danach können zur Vermittlung weiterer wissenschaftlicher oder beruflicher Qualifikationen oder zur Vertiefung eines Studiums postgraduale Studien in der Form von weiterbildenden Studiengängen angeboten werden.[66]
§ 43 des HRG bestimmt die dienstlichen Aufgaben der Hochschullehrer. Danach nehmen diese die ihrer Hochschule jeweils obliegenden Aufgaben in Wissenschaft und Kunst, Forschung, Lehre und Weiterbildung in ihren Fächern nach näherer Ausgestaltung ihres Dienstverhältnisses selbstständig wahr: „Die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer nehmen die ihrer Hochschule jeweils obliegenden Aufgaben in Wissenschaft und Kunst, Forschung, Lehre und Weiterbildung in ihren Fächern nach näherer Ausgestaltung ihres Dienstverhältnisses selbständig wahr. Zu ihren hauptberuflichen Aufgaben gehört es auch, sich an Aufgaben der Studienreform und Studienberatung zu beteiligen, an der Verwaltung der Hochschule mitzuwirken, Prüfungen abzunehmen und Aufgaben nach § 2 Abs. 9 wahrzunehmen."[67] Für Teilnehmende gibt es gesetzlich keine Berechtigungen oder Fördervoraussetzungen für wissenschaftliche Weiterbildung. Ein teilweiser oder voller Erlass von Gebühren und Entgelten ist nur in seltenen Fällen möglich, wenn das Programm im Rahmen der zum Beispiel EU- oder DAAD-Förderung unterstützt wird. Ein weiterbildungsspezifisches Stipendienwesen gibt es in Deutschland allerdings nicht.
[...]
[1] Nausner, P. 2006, S. 18.
[2] Vgl.:Vester, F.2002, S. 164.
[3] Der Einfachheit halber und der besseren Lesbarkeit wegen habe ich in der gesamten Arbeit auf die Verwendung der männlichen und der weiblichen Form verzichtet, vor allem im Plural. Es sind selbstverständlich weibliche und männliche Personen gemeint, wo es von Interessenten, Studierenden, Lehrenden o. ä. die Rede
[4] Vgl.: http://lernwelt.ovgu.de/lernwelten/.
[5] Vgl.: Girmes, R. „Lernwelten".
[6] Vgl.: Vester, F. 2002, S. 185 ff., siehe auch ab S. 153 dieser Arbeit.
[7] Vgl.: Schaeper, H., et.al. 2006, S. 3-6.
[8] Statistisches Bundesamt, 2009(a).
[9] Wissenschaftsrat, 2006(a), S. 62.
[10] Vgl.: ebd.
[11] DGWF, 2005 (b), S. 6-7.
[12] Vgl.: Siebert, H. 1996.
[13] Girmes, R., Korte, P. 2003, S. 9.
[14] Ausführlich dazu unter anderem in: Girmes, R., Korte, P. 2003, S. 9-19.
[15] Girmes, R. 2008, S. 45.
[16] Vgl.: Girmes, R., Korte, P. 2003, S. 13.
[17] Kybernetisches Systemverständnis, das sich aus verschiedenen Theorien der Biologie, Mathematik, Psychologie, Soziologie und anderen Wissenschaften entwickelt hat.
[18] Vester, F. 2002, S. 27.
[19] Girmes, R. 2008, S. 46.
[20] Vgl.: Esping-Andersen, G. 1999, S. 29-30.
[21] Esping-Andersen, G. 1999, S. 30-31.
[22] Der Anteil der Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik (berufliche Weiterbildung, Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen, Eingliederungszuschüsse an Unternehmen und Existenzgründungszuschüsse) ist seit der Jahrtausendwende rückläufig und liegt in den neuen Bundesländern bei etwa 30 %, in den alten Ländern bei unter 25 % . Vgl.: Caliendo/Steiner 2005: 2. In Schaeper, H., et.al., S. 36.
[23] Vgl.: Schaeper, H., et.al., Abb. 9, S. 90.
[24] Vgl.: Schaeper, H., et.al., Abb. 9, S. 90.
[25] Vgl.: Schaeper, H., et.al., S. 89.
[26] Vgl.: Schaeper, H., et.al., S. 89.
[27] Stratifizierung bedeutet Strukturierung von sozialen Differenzen. Standardisierung bedeutet im eigentlichen Wortsinn eine Vereinheitlichung von Maßen, Typen, Verfahrensweisen oder anderem. Ziel ist die Schaffung gemeinsamer Standards, respektive Parameter.
Jutta Almendinger beschreibt die Auswirkung der Stratifizierung und Standardisierung auf ein Bildungssystem folgendermaßen:
Das Ausmaß der Stratifizierung ist an der Selektivität eines Bildungssystems zu erkennen: Auf welcher Ebene, in welcher Altersstufe finden Selektionen statt? Wie viele Personen eines Jahrgangs dürfen den höchsten formalen Schulabschluß und den höchsten Abschluß im tertiären Bereich erreichen?...
Ein hierarchisch organisiertes und stratifiziertes Schul- und Ausbildungssystem trifft auf den hierarchisch organisierten Arbeitsmarkt. Dort können und müssen sich die Arbeitgeber weitgehend auf die in den Schulen (und Universitäten) getroffene Vorselektion verlassen. Die Verbindung zwischen Bildung und Beschäftigung ist eng, führt zu schnellen Übergängen ohne allzu viele Jobwechsel, und sie erlaubt wegen der frühen Einstufung auf einer bestimmten Hierarchieebene nur wenig Mobilität im Lebensverlauf. Unstratifizierte Systeme zeichnen sich demgegenüber durch die Verbindung eines nicht hierarchisch organisierten Schulsystems mit dem hierarchisch organisierten Arbeitsmarkt aus. Nicht die Schule ist die sorting machine, sondern die Unternehmen selbst nehmen in höherem Ausmaß die Selektion für berufliche Stellungen vor. Die Verbindung zwischen Bildung und Beschäftigung ist eher locker, am Anfang der Erwerbsbiographie kommt es zu häufigen Jobwechseln; die Mobilität ist über den Erwerbsverlauf systembedingt hoch. ...
Der Standardisierung liegen folgende Indikatoren zugrunde: Gibt es eine einheitliche Ausbildung? Sind die Curricula und das Ausbildungsreglement für Auszubildende transparent und bekannt?...
In standardisierten Systemen können sich Arbeitgeber auf den Informationsgehalt von Bildungszertifikaten verlassen, sie können Personen schneller ihrer Qualifikation entsprechenden Positionen zuordnen und müssen betrieblich keine lange Phase des Experimentierens in ihrer Personalpolitik vorschalten. In unstandardisierten Systemen müssen die Arbeitgeber auswählen und greifen dann etwa zu Eingangsprüfungen, Probezeiten oder sie verlassen sich auf persönliche Netzwerke
Vgl.: Allmendinger, J., S. 261- 262
[28] Vgl.: Maurice, M. 1982, S. 28 f.
[29] Bildungsexpansion ist ein Phänomen, dass von jüngeren Generationen mehr Menschen eine (höhere) Bildung erhalten als deren Eltern.
[30] Der tertiäre Bildungsbereich umfasst den Bereich im Bildungswesen eines Staates, der aufbauend auf einer abgeschlossenen Sekundarschulbildung auf höhere berufliche Positionen vorbereitet. Generell zählen die Hochschulen zum tertiären Bildungsbereich, in Deutschland auch die Berufsakademien und höhere Fachschulen.
[31] Vgl. Schaeper, H., et.al., Abb. 9, S. 35.
[32] Vgl. Schaeper, H., et.al., Abb. 9, S. 35.
[33] Vgl.: Schaeper, H., et.al., Abb. 9, S. 36.
[34] Die Texte der Studien sind als PDF-Dateien auf der Seite http://www.bmbf.de/de/349.php abrufbar.
[35] Wittpoth, J. 2001, S. 340.
[36] Vgl.: HRG, 1998, S. 3.
[37] DGWF, 2005(b), S. 2.
[38] Wissenschaftsrat, 2006(b), S. 21.
[39] KMK, 2001.
[40] Deutscher Bildungsrat 1970, S. 197. In: Schaeper, H., et.al., S. 92.
[41] Vgl.: ebd
[42] KMK, 2001, S. 2 f.
[43] Vgl.: DGWF, 2005(a), S. 2.
[44] HRK et.al., S. 6.
[45] HRK, 1993.
[46] Vgl.: Faulstich, P., et.al. 2007, S. 90.
[47] Vgl.: Schaeper, H., et.al. 2006, S. 93.
[48] Vgl.: Faulstich, P., et.al. 2007, S. 107.
[49] Vgl.: Graeßner2006: 12 f. In: Schaeper, H., et.al. 2006, S. 94.
[50] Vgl.: Faulstich, P., et.al. 2007, S. 96.
[51] Bade-Becker, U. 2005, S.19.
[52] Vgl.: Graeßner 2006: 46. In: Schaeper, H., et.al. 2006, S. 94.
[53] Vgl.: Hanft, A., Knust, M. 2007, S. IV.
[54] Vgl.: Faulstich, P., et.al. 2007, S. 97-98.
[55] Vgl. Willich, J., Minks, K.-H. 2004, S. 13-14.
[56] Vgl.: Willich, J., Minks, K.-H. 2004, S. 25-29.
[57] Vgl.: Willich, J., Minks, K.-H. 2004, S. 38-42.
[58] Vgl.: Faulstich, P., et.al. 2007, S. 97.
[59] BMBF, 2006, S. 10.
[60] Vgl.: Hanft, A., Knust, M. 2007, S. 50.
[61] Vgl.: Faulstich, P., et.al. 2007, S. 98.
[62] Vgl.: Faulstich, P., et.al. 2007, S. 98-99.
[63] Vgl.: Willich, J., Minks, K.-H. 2004, S. 15.
[64] Vgl.: Willich, J., Minks, K.-H. 2004, S. 18-21.
[65] HRG, 1998, §2(1), S.3.
[66] Vgl.:HRG, 1998, §12, S. 5.
[67] HRG, 1998, §43, S. 14.
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