Durch den Begriff „Jugendkultur“ werden zwei Sachverhalte dargestellt, die durch
ihre Gegensätzlichkeit den Begriff selbst paradox erscheinen lassen:
Einerseits wird durch ihn Alltagswelt der Jugendlichen beschrieben, andererseits
erläutert er die von den Jugendlichen selbst entwickelten Alternativ- oder
Alltagsfluchtwelten, die sich meistens als gegenkulturell definieren. Infolgedessen
kann der Begriff durchaus als problematisch angesehen werden, er soll aber trotzdem
weiterhin verwendet werden, weil er sich in der wissenschaftlichen Rede über Jugend
etabliert hat.
Die Gemeinschaft der Wandervögel war die erste Jugendkultur, die zu Anfang des 20.
Jahrhunderts entstand.
Aus dem Impuls dieser ersten deutschen Jugendkultur heraus hat sich mittlerweile eine
Vielzahl der jugendlichen Szenen herauskristallisiert, die kaum noch überschaubar
sind und sich somit einer allzu einfachen Klassifizierung entziehen. Insofern ist ein
homogener Begriff von „Jugend“, wie ihn die klassische Jugendforschung verwendet
hat, nicht mehr möglich.
In den 90er Jahren haben sich gegenüber den 80er Jahren die diversen
Jugendszenen noch einmal beträchtlich vermehrt und vielfältig ausdifferenziert,
so dass inzwischen eine kaum mehr überschaubare Pluralität von
unterschiedlichen jugendlichen Verhaltensweisen und Orientierungen,
jugendkulturellen Einstellungen, Ausfächerungen und Stilisierungen
vagabundiert (...). (Ferchhoff, 1993, S.26)
Idee und Begriff der Subkultur als „Teilkultur“ der Jugendkultur entstammen der
angelsächsischen Soziologie und Kulturanthropologie und eroberten sich von den 30er
und 40er Jahren an einen beachtlichen Platz in der wissenschaftlichen Diskussion dieser Disziplinen. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Stil
3. Symbol und Ritual
4. Stilmischung: Bricolage
5. Die Rolle der Medien
6. Jugendkulturelle Stile am Beispiel von Tanzstilen zwischen 1945 und 1994
6.1 Kurzer geschichtlicher Abriss der Tanzformen und Tanzbewegungen
6.2 Tanzkleidung
6.3 Die gesellschaftliche Bedeutung der symbolischen Formen des Tanzes
7. Resümee
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Durch den Begriff „Jugendkultur“ werden zwei Sachverhalte dargestellt, die durch ihre Gegensätzlichkeit den Begriff selbst paradox erscheinen lassen:
Einerseits wird durch ihn Alltagswelt der Jugendlichen beschrieben, andererseits erläutert er die von den Jugendlichen selbst entwickelten Alternativ- oder Alltagsfluchtwelten, die sich meistens als gegenkulturell definieren. Infolgedessen kann der Begriff durchaus als problematisch angesehen werden, er soll aber trotzdem weiterhin verwendet werden, weil er sich in der wissenschaftlichen Rede über Jugend etabliert hat.
Die Gemeinschaft der Wandervögel war die erste Jugendkultur, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts entstand.
Aus dem Impuls dieser ersten deutschen Jugendkultur heraus hat sich mittlerweile eine Vielzahl der jugendlichen Szenen herauskristallisiert, die kaum noch überschaubar sind und sich somit einer allzu einfachen Klassifizierung entziehen. Insofern ist ein homogener Begriff von „Jugend“, wie ihn die klassische Jugendforschung verwendet hat, nicht mehr möglich.
In den 90er Jahren haben sich gegenüber den 80er Jahren die diversen Jugendszenen noch einmal beträchtlich vermehrt und vielfältig ausdifferenziert, so dass inzwischen eine kaum mehr überschaubare Pluralität von unterschiedlichen jugendlichen Verhaltensweisen und Orientierungen, jugendkulturellen Einstellungen, Ausfächerungen und Stilisierungen vagabundiert (...). (Ferchhoff, 1993, S.26)
Idee und Begriff der Subkultur als „Teilkultur“ der Jugendkultur entstammen der angelsächsischen Soziologie und Kulturanthropologie und eroberten sich von den 30er und 40er Jahren an einen beachtlichen Platz in der wissenschaftlichen Diskussion dieser Disziplinen.
Bell (1961) gibt folgende Umschreibung:
Da die Gesellschaft die Rollen des Jugendlichen nicht genau definiert, entwickeln die Heranwachsenden eine eigene Teilkultur, die ihre Welt sorgfältig von der der Erwachsenen abgrenzt. Diese Teilkultur soll sich von der Gesellschaft der Erwachsenen unterscheiden, und die Jugendlichen sind bemüht, den Unterschied aufrecht zu erhalten... . Man sollte begreifen, dass die jugendliche Subkultur einer Entwicklungsphase entspricht, durch die der Jugendliche hindurch geht und der er wieder entwächst. (S.84)
Auch Tenbruck (1962) vertrat die Theorie einer „Teilkultur“, die man als modifizierte und reduzierte Ausprägung einer Theorie der Subkultur bezeichnen kann:
„Die Jugend muss ihre eigenen Werte, Haltungen, Sitten und Normen entwickeln. Sie rückt damit in den Rang einer Teilkultur auf. Gerade in der strukturellen Unabhängigkeit verfällt der Jugendliche der potentiellen einheitlichen Gruppe, die Jugend heute darstellt.“ (S.88)
Im Rahmen dieser Hausarbeit sollen in diesem Zusammenhang bedeutsame jugendkulturelle Begrifflichkeiten wie Stilschöpfung, Bricolage, Symbol und Ritual, die die Verknüpfung bestehender Jugendkulturen und die Ausbildung neuer Formen zu beschreiben versuchen, beleuchtet werden.
2. Der Stil
„Stil zu haben beinhaltet die Fähigkeit, bewusst für andere ebenso wie für das eigene Selbstbild eine einheitliche Interpretation seiner Person anzubieten und zu inszenieren.“ (Vollbrecht, 1997, S.25)
Kennzeichnend für alle Subkulturen ist ihr jeweiliger Stil, der sich als die Summe der gewählten Ausdrucksmittel auffassen lässt. Er umfasst die Art der getragenen Kleidung, die Körpersprache, die Art und Weise, wie man sich bewegt, die Vorlieben und Abneigungen, die Themen, über die man spricht, und die Meinungen, die man vertritt. Stil symbolisiert die Zugehörigkeit eines Individuums nicht nur zu einer Gruppe, sondern auch zu einer bestimmten Lebensform, der sich diese Gruppen verpflichtet fühlen. Vom subkulturellen Stil können folglich Rückschlüsse auf den „Charakter“ der jeweiligen Subkultur gezogen werden.
Der Subkulturstil erfüllt eine Doppelfunktion: Erstens verkörpert er die Identität und das Selbstimage der Subkultur, zweitens dient er dazu, die Gruppe gegenüber anderen Subkulturen und Außenstehenden zu definieren und abzugrenzen.
Zu den auffälligsten Phänomenen im Bereich jugendlicher Subkulturen gehört deren Betonung von Kleidung, Accessoires, Haartracht usw., also die Herausstellung eines spezifischen Erscheinungs- und Körperstylings gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen. Der Hauptgrund ist darin zu sehen, dass sich das Stilmittel Kleidung bzw. äußere Erscheinung seit jeher als Mittel für die Erkennbarkeit und den Zusammenhalt von Gruppen und als Zeichen der Abgrenzung bewährt hat.
Carter (1967) demonstrierte, welche detaillierten Interpretationen die äußere Aufmachung zulässt:
Durch unser Äußeres wird eine Vielzahl von Bedeutungen transportiert. Speziell die Kleidung drückt eine Menge gleichzeitig aus. Sie verweist auf unseren sozialen Background und unser individuelles Zeichensystem, mittels dessen wir kommunizieren und unsere Absichten darlegen. In der Kleidung stecken unsere Phantasien und geheimen Wünsche. Die äußere Aufmachung ist unsere Waffe, eine Herausforderung der Umwelt, ein offener Affront. (Brake, 1981, S.21)
Subkulturen grenzen sich von anderen Subkulturen nicht nur durch Kleidung oder Musikstile ab, sondern auch durch Einstellungen, Werthaltungen, Aktivitäten usw. Von Aussehen und Kleidung hängen bestimmte Stereotypen ab, um die Gruppen zu etikettieren und sie mit bestimmten typischen Verhaltensweisen in Verbindung zu bringen.
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- Quote paper
- Kristina Schmitz (Author), 2001, Stilbildung im Bereich jugendlicher Subkulturen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16729
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