Gegenstand dieser Arbeit ist die Frage nach der Auflösung von Klassen- und Schichtstrukturen im Zuge der Modernisierung in Deutschland. Dazu werde ich zunächst die Ansätze der Soziologen Ulrich Beck und Rainer Geißler darstellen, wobei ich im Anschluss auf Geißlers geäußerte Vorstellungen zur Funktion der Sozialstrukturanalyse eingehen werde. In einem weiteren Abschnitt werde ich die Argumentationen der Autoren miteinander vergleichen und mit empirischen Beispielen aus der Sozialstrukturforschung unterstreichen. Im Fazit werden die genannten Positionen kritisch betrachtet, um schließlich die Fragestellung dieser Ausarbeitung zu beantworten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Position Beck
3. Position Geißler
3.1. Funktion der Sozialstrukturanalyse
4. Empirische Bsp. Zu klassen- und schichtspezifischen Chancenungleichheiten
5. Fazit
6. Quellenangabe
1.Einleitung
Gegenstand dieser Arbeit ist die Frage nach der Auflösung von Klassen- und Schichtstrukturen im Zuge der Modernisierung in Deutschland. Dazu werde ich zunächst die Ansätze der Soziologen Ulrich Beck und Rainer Geißler darstellen, wobei ich im Anschluss auf Geißlers geäußerte Vorstellungen zur Funktion der Sozialstrukturanalyse eingehen werde. In einem weiteren Abschnitt werde ich die Argumentationen der Autoren miteinander vergleichen und mit empirischen Beispielen aus der Sozialstrukturforschung unterstreichen. Im Fazit werden die genannten Positionen kritisch betrachtet, um schließlich die Fragestellung dieser Ausarbeitung zu beantworten.
2.Position Beck - „Jenseits von Klasse und Schicht“
Der deutsche Soziologe Ulrich Beck zählt zu den Vertretern der „Entstrukturierungsthese“. So spricht Beck von einer Auflösung der Klassen- und Schichtstrukturen, da wir heute in Deutschland aufgrund des Wohlstandsniveaus jenseits der Klassengesellschaft leben. Laut Beck besteht jedoch eine weitgehend konstant gebliebene Relation sozialer Ungleichheit, bei radikaler Veränderung der Lebensbedingungen.
Zu nennen ist in diesem Zusammenhang der von Beck eingeführte Begriff des „Fahrstuhl-Effekts“, demnach sich die „Klassengesellschaft“ insgesamt um eine Etage nach oben verschoben hat (Beck 1986). Die Eckpfeiler des „Fahrstuhl-Effekts“ äußern sich in der deutlich angestiegenen Lebenserwartung bzw. Lebenszeit insgesamt, der Verringerung der Erwerbsarbeitszeit und der Erweiterung des finanziellen Spielraums. Während die durchschnittliche Lebenszeit um mehr als zehn Jahre gestiegen ist und die Reallöhne vervielfacht wurden, wurde die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit um mehr als 25% gesenkt (ebd.).
Die Entstrukturierungstheoretiker heben einige Entwicklungen besonders hervor. Zum einen verwischen steigender Wohlstand und Massenkonsum zunehmend die Grenzen zwischen den unteren, mittleren und oberen Schichten, da z.B. frühere Statussymbole nicht mehr unbedingt schichtspezifisch zuzuordnen sind. So ist die komfortable Wohnung, das Auto, der Farbfernseher, der Computer oder die Playstation nicht mehr ausschließlich für die Oberschicht realisierbar. Des Weiteren identifizieren die Menschen sich nicht mehr mit bestimmten Schichten, sie nehmen sie im Alltag auch immer weniger wahr.
Auch am Beispiel der Ausbildung macht Beck die Auflösung klassen- und schichtspezifischer Chancenungleichheit noch einmal deutlich. Er führt zur Erklärung die Bildungexpansion an, im Zuge derer der Anteil der Studienanfänger, deren Väter Arbeiter sind, zwischen 1951 und 1982 um mehr als das Vierfache gestiegen ist. Während 1951 die Studienanfänger aus
Arbeiterfamilien nur einen Anteil von 4% ausmachten, lag er 1982 schon bei 17,5%.
Eine andere Position ist die des ebenfalls deutschen Soziologen Rainer Geißler, welcher den Schichtungstheoretikern zuzuordnen ist.
3.Geißler - „Kein Abschied von Klasse und Schicht“
Hier lautet die These, dass sich Klassen- und Schichtstrukturen nicht aufgelöst haben, sondern in der modernen Gesellschaft dynamischer und mobiler geworden sind. Geißler betont, dass die Berufsposition und das Qualifikationsniveau in der deutschen Gesellschaft immer noch traditionelle Schichtkriterien sind, die eindeutig mit den individuellen Lebenschancen in
Zusammenhang stehen.
Schichttypische Verteilungen von wichtigen Lebenschancen und wichtigen Lebensrisiken sind noch immer deutlich erkennbar. Dazu zählen vor Allem Aufstiegschancen im Beruf,
sowie Chancen auf eine Erbschaft oder eben auch das Risiko arbeitslos, arm, krank oder
kriminell zu werden.
Des Weiteren lässt sich erkennen, dass Lebensstile und Verhaltensweisen ebenfalls zwischen den Schichten variieren. Zwar lassen sich frühere Statussymbole nicht mehr schichtspezifisch zuordnen, jedoch wird z.B. das Fernsehgerät unterschiedlich genutzt, es werden unterschiedliche Sendungen angesehen und die durchschnittliche Zeit, die vor dem Fernseher verbracht wird, dürfte auch von Schicht zu Schicht verschieden sein.
Der schichtungstheoretische Ansatz geht ebenfalls davon aus, dass die Individualisierungs- und Pluralisierungsprozesse sich innerhalb der Schichten unterschiedlich vollziehen. Denn die genannten Prozesse vollziehen sich in den oberen Schichten, aufgrund des höheren Wohlstandes, intensiver. Außerdem sei das Klassen- und Schichtbewusstsein im Alltag der Menschen weiterhin verankert, so unterteilt die Mehrheit die Gesellschaft in drei Schichten und auch der traditionelle „Klassengegensatz“ spiegelt sich heute in den Konflikten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Öffentlichkeit wider.
Geißler verdeutlicht an einigen Beispielen das Fortbestehen von Klassen- und Schichtstrukturen. Zunächst nennt er die schichtspezifischen Bildungschancen und betont, dass sich die Chancenungleichheiten in diesem Bereich nur wenig verändert haben und im Bereich der höheren Bildungsabschlüsse sogar gestiegen sind. Auch im Bereich der politischen Teilnahme variieren die Chancen schichttypisch. Arbeiter und Angehörige der unteren Schichten sind im Bundestag und in den Landtagen nur schwer zu finden, während Akademiker, Beamte und andere Angehörige der höheren Schicht sehr präsent sind. Dieses schichtspezifische Repräsentationsproblem sei sehr schwer oder auch gar nicht zu beheben, da schichtspezifische Ungleichheiten im politischen Bereich stark verankert seien.
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- Vanessa Schäfer (Author), 2009, Hat sich die moderne Gesellschaft von ihren Klassen und Schichten verabschiedet?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166845
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