Bruno Brodniewitsch verlor am 20. Mai 1940 seinen Namen und bekam stattdessen die Nummer 1. An diesem Tage wurde die erste Häftlingsnummer im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau vergeben. Am 18. Januar 1945 wurde mit Engelbert Marketsch die letzte Nummer in die Haut eines Inhaftierten gebrannt, 202.499. Schon haben wir ein gern angeführtes Argument aus der rechtsradikalen Szene, warum der Holocaust so gar nicht stattgefunden haben soll. Wie kann es sein, dass Geschichtsbücher von 1,1 – 1,5 Millionen Toten in Auschwitz-Birkenau sprechen, sind es doch offensichtlich nur 202.499 gewesen. Derartige verharmlosende, verleugnende und geschichtsverfälschende Literatur wird häufig auch als "revisionistisch“ bezeichnet, weil sie – allerdings tatsachenwidrig – eine „neue Sicht“, eine „Revision“ der Geschichte propagieren möchte. Der zahlenmäßige Unterschied basiert einerseits auf der schlichten Tatsache, dass ab 1945 aufgrund eines bröckelnden Endsiegwillens und der damit verbundenen Angst einer Invasion der Alliierten keine Bücher mehr über das systematische Morden geführt wurden. Andererseits bekamen jene, die auf der Rampe ausselektiert und damit direkt in den Tod geschickt wurden, überhaupt keine Nummer. Doch dank der deutschen Akribie, besonders im Rahmen der Endlösung der Judenfrage, gibt es heute dutzende Belege über die exakte Durchführung des Holocaust. Auch zahllose Augenzeugenberichte bestätigen das eigentlich Unbestreitbare. So verwundert es kaum, dass sich die damalige Massenvernichtung fast lückenlos rekonstruieren lässt, bis eben auf die genaue Opferzahl. Diese wird auf circa sechs Millionen geschätzt. So darf aber auf keinen Fall verkannt werden, dass die eigentliche Opferzahl des Treibens der Nationalsozialisten auf zehn Millionen geschätzt wird.
Im Strafgesetzbuch findet sich kein Normenkomplex, der den Umgang mit rechtsextremer Propaganda regelt. Vielmehr verteilen sich die einschlägigen Straftatbestände über das gesamte Strafgesetzbuch. So finden sich zur Ahndung der Holocaustleugnung drei in Betracht kommende Tatbestände. Alle sprechen jedoch nicht ausdrücklich von der Holocaustleugnung oder, wie häufig in der Literatur zu finden, von einer Auschwitzlüge. Namentlich werden im Folgenden die Volksverhetzung nach § 130 III StGB, sowie die Beleidigung nach
§ 185 StGB und das Verunglimpfen des Andenkens Verstorbener gemäß
§§ 189, 185 StGB unter besonderer Berücksichtigung des Internets als Tatort näher betrachtet.
INHALTSVERZEICHNIS
Literaturverzeichnis
Seminararbeit
A. Einleitung
B. Hauptteil
I. In Betracht kommende Straftatbestände unter dem Blickwinkel des Internets
1. Volksverhetzung nach § 130 III StGB
a) eHerhDEFGeschütztes Rechtsgut des § 130 III StGB
b) Tatbestandsvoraussetzungen
aa) Tathandlung: Leugnen, Bestreiten oder Verharmlosen
bb) Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens
cc) Öffentlichkeit
dd) Subjektiver Tatbestand
2. Beleidigung nach § 185 StGB
a) Tatbestandsvoraussetzungen
aa) Kundgabe der Beleidung
bb) Beleidigungsfähige Person
3. Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener nach §§ 189, 185 StGB
a) Geschütztes Rechtsgut des § 189 StGB
b) Tatbestandsvoraussetzungen
aa) Kundgabe der Verunglimpfung
bb) Subjektiver Tatbestand
II. Die strafrechtliche Notwendigkeit des § 130 III StGB
1. Ein Blick auf die Zahlen
2. Entstehungsgeschichte des § 130 III StGB
III. Der Begriff des Strafanwendungsrechts und seine Ausprägungen
IV. Probleme der Anwendbarkeit des Strafrechts im Internet
1. Das Territorialprinzip der §§ 3, 9 StGB im Internet
2. Das Erfordernis eines sinnvollen Anknüpfungspunktes: genuine link
3. Die Lösung der Rechtsprechung und Kritik
a) Ausführungen zur Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts
aa) Vergleichbarkeit mit konkreten Gefährdungsdelikten
bb) Ratio legis des § 9 StGB
cc) Gesetzessystematik
dd) Konstruktion eines sinnvollen Anknüpfungspunktes
b) Rechtspolitische Auswirkungen des Urteils
4. Lösungsmöglichkeiten der Literatur zur Eingrenzung des § 9 I Var. 3 StGB
a) Das restriktive Lager und seine Bemühungen
b) Das extensive Lager und seine Bemühungen
c) Alternative Lösungsansätze
5. Ergebnis
V. Strafaufhebungsgründe für Holocaustleugner
1. Meinungsfreiheit nach Art. 5 I 1 GG
2. Sozialadäquanzklausel: § 130 VI i.V.m. § 86 III StGB
3. Korrektiv des Verbotsirrtums nach § 17 StGB
a) Unrechtsbewusstsein bezüglich der verletzten Rechtsordnung
b) Unrechtsbewusstsein bezüglich des verletzten Rechtsguts
VI. Verfassungsmäßigkeit des Strafrechts gegen die Holocaustleugnung
C. Schluss
- Citation du texte
- Boris Nefedow (Auteur), 2011, Die Holocaustleugnung im Internet, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166467
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