Im Zeitalter zunehmender Globalisierung und der Möglichkeit deutscher Konzerne nach internationalen
Rechnungslegungsstandards zu bilanzieren, wird es immer schwieriger Jahresabschlüsse,
die nach unterschiedlichen Systemen erstellt wurden, objektiv zu beurteilen.
Unterschiede im Ansatz und in der Bewertung von einzelnen Bilanzposten in den verschiedenen
Rechnungslegungssystemen, lassen die Erfolgs- und Ertragslage eines Unternehmens
in unterschiedlichem Licht erscheinen, sodaß die Aussagekraft des Jahresabschlusses für den
Bilanzadressaten, sofern er nicht mit den jeweils angewandten Bilanzierungsregeln vertraut
ist, nur sehr beschränkt ist.
Der bilanziellen Behandlung des Geschäftswertes kommt hier besondere Bedeutung zu, da
er in vielen Konzernbilanzen zu den wichtigsten Aktivposten gehört und nicht selten einen
großen Teil des bilanzierten Eigenkapitals eines Unternehmens ausmacht. So betrug beispielsweise
bei EM TV der Goodwill 1476,30 Mio. Euro bei einem Eigenkapital von 829,80
Mio. Euro, was eine Quote Goodwill/Eigenkapital von 178% ausmacht. Oder im Fall des
Softwareunternehmens Intershop, bei dem ende 1999 der Börsenwert um 20370% über seinem
Buchwert lag. Was bedeutet, daß nur ein halbes Prozent seines Marktwertes durch
Kapital gedeckt war1. Die zahlreich auftretenden Fusions- und Akquisitionsaktivitäten der
letzten Jahre und der Aufstieg und Fall des Neuen Marktes, haben den Goodwill wieder verstärkt
ins Bewußtsein der Manager und Anleger gerückt. Durch das immer weitere Auseinanderfallen
von Ertragswert einer Unternehmung und der Summe ihrer Substanzwerte ist
der Goodwill zu einem zentralen Thema bei Übernahmeverhandlungen und der Berichterstattung
darüber geworden. So betrug der Geschäftswert bei der Fusion von Daimler-
Chrysler zum Beispiel 60 Mrd. DM , bei der Übernahme von Mannesman durch Vodafone
machte er sogar 350 Mrd. DM2 aus.
Da aber der deutsche Gesetzgeber, das International Accounting Standards Committee
(IASC) und das Financial Accounting Standards Board (FASB) unterschiedlicher Ansicht
sind darüber, wie der Goodwill nun in der Bilanz zu behandeln und vor allem zu bewerten
sei, ist es bei einer derart zentralen Größe unerläßlich sie im Zusammenhang mit dem jeweilig
angewandten Rechnungslegungsstandard zu betrachten. [...]
1 Vgl. Hommel, RIW, 2001, S.801
2 Vgl. Hommel, RIW, 2001, S. 801
Inhaltsverzeichnis:
A. Problemstellung und Gang der Untersuchung
B. Die Goodwill-Bilanzierung in der internationalen Rechnungslegung
1. Grundlagen
1.1 Wie entsteht ein Goodwill?
1.2 Goodwill/Badwill
1.3 Originärer und derivativer Goodwill
2. Probleme bei der Bewertung des Goodwill
3. Bilanzierung des Goodwill im internationalen Vergleich
3.1 Kapitalkonsolidierungsmethoden nach HGB
3.1.1 Grundlagen
3.1.2 Die Erwerbsmethode
3.1.3 Die Interessenzusammenführungsmethode
3.2 Ansatz und Folgebewertung des Goodwill nach HGB
3.3 Behandlung des Goodwill nach IAS
3.3.1 Ansatz in der Bilanz
3.3.2 Bewertung in den Folgeperioden
3.4 Behandlung des Goodwill nach den US-GAAP
3.4.1 Ansatz in der Bilanz
3.4 2 Bewertung in den Folgeperioden
C. Kritische Würdigung/Ausblick
Rechtsquellen
Literaturverzeichnis
Probleme der Goodwill-Bilanzierung in der internationalen Rechnungslegung
A. Problemstellung und Gang der Untersuchung
Im Zeitalter zunehmender Globalisierung und der Möglichkeit deutscher Konzerne nach internationalen Rechnungslegungsstandards zu bilanzieren, wird es immer schwieriger Jahresabschlüsse, die nach unterschiedlichen Systemen erstellt wurden, objektiv zu beurteilen. Unterschiede im Ansatz und in der Bewertung von einzelnen Bilanzposten in den verschiedenen Rechnungslegungssystemen, lassen die Erfolgs- und Ertragslage eines Unternehmens in unterschiedlichem Licht erscheinen, sodaß die Aussagekraft des Jahresabschlusses für den Bilanzadressaten, sofern er nicht mit den jeweils angewandten Bilanzierungsregeln vertraut ist, nur sehr beschränkt ist.
Der bilanziellen Behandlung des Geschäftswertes kommt hier besondere Bedeutung zu, da er in vielen Konzernbilanzen zu den wichtigsten Aktivposten gehört und nicht selten einen großen Teil des bilanzierten Eigenkapitals eines Unternehmens ausmacht. So betrug beispielsweise bei EM TV der Goodwill 1476,30 Mio. Euro bei einem Eigenkapital von 829,80 Mio. Euro, was eine Quote Goodwill/Eigenkapital von 178% ausmacht. Oder im Fall des Softwareunternehmens Intershop, bei dem ende 1999 der Börsenwert um 20370% über seinem Buchwert lag. Was bedeutet, daß nur ein halbes Prozent seines Marktwertes durch Kapital gedeckt war[1]. Die zahlreich auftretenden Fusions- und Akquisitionsaktivitäten der letzten Jahre und der Aufstieg und Fall des Neuen Marktes, haben den Goodwill wieder verstärkt ins Bewußtsein der Manager und Anleger gerückt. Durch das immer weitere Auseinanderfallen von Ertragswert einer Unternehmung und der Summe ihrer Substanzwerte ist der Goodwill zu einem zentralen Thema bei Übernahmeverhandlungen und der Berichterstattung darüber geworden. So betrug der Geschäftswert bei der Fusion von Daimler-Chrysler zum Beispiel 60 Mrd. DM , bei der Übernahme von Mannesman durch Vodafone machte er sogar 350 Mrd. DM[2] aus.
Da aber der deutsche Gesetzgeber, das International Accounting Standards Committee (IASC) und das Financial Accounting Standards Board (FASB) unterschiedlicher Ansicht sind darüber, wie der Goodwill nun in der Bilanz zu behandeln und vor allem zu bewerten sei, ist es bei einer derart zentralen Größe unerläßlich sie im Zusammenhang mit dem jeweilig angewandten Rechnungslegungsstandard zu betrachten.
Die Probleme, die bei der Bilanzierung des Goodwill auftreten und wie die verschiedenen Standardsetter ihnen zu begegnen versuchen, soll Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein.
Dabei ist zunächst auf einige grundlegende Bergiffsabgrenzungen und Definitionen einzugehen, bevor die grundsätzlichen Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit der Entste-hung eines Goodwill auftreten, darzustellen sind. Nachfolgend werden die Ansätze in den verschiedenen Rechnungslegungssystemen betrachtet, mit denen man versucht den dem Goodwill eigenen Problemen gerecht zu werden. Dazu werden die Vorgehensweisen bei der Bilanzierung und Bewertung des Goodwill in den unterschiedlichen Systemen verglichen. Im letzten Abschnitt wird dann, aufbauend auf der Betrachtung der jüngeren Entwicklungen, noch ein Ausblick gewagt, was die Zukunft im Bezug auf dieses Thema bringen könnte.
B. Die Goodwill-Bilanzierung in der internationalen Rechnungslegung
1. Grundlagen
1.1 Wie entsteht ein Goodwill?
Vereinfacht ausgedrückt entsteht ein Goodwill aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis für ein Unternehmen und der Summe der Vermögenswerte abzüglich der Schulden im Zeitpunkt des Erwerbs. Das Entstehen eines „Geschäfts- oder Firmenwertes“, im internationalen Kontext „Goodwill“ genannt, ist nach deutschem Recht an die folgenden Voraussetzungen geknüpft:
1. Es liegt die Übernahme eines Unternehmens vor.
2. Die für die Übernahme bewirkte Gegenleistung übersteigt die Vermögenswerte des erworbenen Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme.[3]
Die Formulierung des Paragraphen hat zur Folge, daß nur ein positiver Unterschiedsbetrag unter diese Regelung fällt. Der nach Aufdeckung eventueller stiller Reserven verbleibende Unterschiedsbetrag, darf nach § 255 Abs.4 HGB unter dem Posten Geschäfts- oder Firmenwert in der Bilanz angesetzt werden.
Da die bei merger and aquistions (m&a)-Aktivitäten für Unternehmen gezahlten Beträge die addierten Substanzwerte, vermindert um die Schulden, um mitunter nicht unerhebliche Beträge übersteigen, wird die Behandlung des Goodwill in der Bilanz zu einem zentralen Thema.
1.2 Goodwill/Badwill
Der beim Kauf eines Unternehmens entstehende, zumeist positive, also aktivische, Geschäfts- oder Firmenwert wird international Goodwill genannt. Da es aber ökonomisch betrachtet schwer nachvollziehbar wäre, für ein Unternehmen mehr zu zahlen, als dessen addierten Vermögensgegenstände wert sind, stellt sich die Frage, was dieser Mehrwert ver-körpert. Nach herrschender Meinung werden durch diese „Überzahlung“ Vorteile des zu erwerbenden Unternehmens gegenüber Konkurrenzunternehmen vergütet. Diese Vorteile können zum Beispiel in einem großer Kundenstamm, guter Struktur und Organisation des Unternehmens, Standortvorteilen, einer auf dem Markt gut eingeführten Marke oder dergleichen liegen.
Denkbar ist natürlich auch, daß als Differenz aus der Gegenleistung für ein erworbenes Unternehmen und den Substanzwerten dieses Unternehmens, abzüglich der Schulden, ein negativer Unterschiedsbetrag, bzw. Geschäfts- oder Firmenwert übrig bleibt. Ist das der Fall, wird dieser Betrag als „negativer Goodwill“ oder auch „Badwill“ bezeichnet. Ein Badwill müßte demnach, umgekehrt zum Goodwill, Ausdruck für schwache zukünftige Ertragserwartungen sein, was aber aus betriebswirtschaftlicher Sicht kaum Sinn machen würde. Der Badwill muß daher die Verkörperung ausstehender Verbindlichkeiten oder stiller Lasten, die im übernommenen Unternehmen liegen sein oder einen Gewinn durch gute Übernahmeverhandlungen („lucky buy“) darstellen. Im Gegensatz zu einem aktivischen gibt es für einen passivischen Unterschiedsbetrag nach HGB keine gesetzlichen Regelungen für dessen bilanzielle Behandlung. Nach § 255 Abs.4 HGB ist ein Geschäfts- oder Firmenwert als positive Differenz aus Kaufpreis und Substanzwert des Unternehmens zu Zeitwerten definiert. Aufgrund der Tatsache, daß der Unterschiedsbetrag nur selten negativ ausfällt, soll dieser Fall im Rahmen der vorliegenden Arbeit nur am Rande behandelt werden.
1.3 Originärer und derivativer Goodwill
Neben den bereits getroffenen Abgrenzungen, ist darüber hinaus zwischen originärem (selbst erstelltem) und derivativem (erworbenem) Goodwill zu unterscheiden. Sowohl das HGB, wie auch die IAS und US-GAAP sehen dabei die Bewertungsschwierigkeiten, die dem originären Goodwill eigen sind als zu gravierend an, als daß sie seine Aktivierung zulassen würden. Im deutschen Rechnungslegungssystem steht einer Bilanzierung des originären Goodwill zudem das ausdrückliche Aktivierungsverbot nach §248 Abs.3 HGB entgegen, demzufolge selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände nicht bilanziert werden dürfen. Ebenso besteht für den Abschluß nach IAS ein Verbot den originären Goodwill zu bilanzieren unter Verweis auf seine mangelnde Nachweisbarkeit und Bewertbarkeit. Da erst durch den Markttest, das heißt durch die Veräußerung, der Goodwill einigermaßen zuverlässig bewertbar wird, gehört für alle drei Standardsetter der für den Goodwill bezahlte Kaufpreis notwendigerweise zu seiner Definition. Anders ausgedrückt schließt die vom Unternehmenserwerb abhängige Definition indirekt die Aktivierung eines originären Goodwill aus.
Aktivierbar ist demnach nur der sogenannte derivative, das heißt der erworbene Goodwill. Im Bezug auf den derivativen Goodwill herrscht Einigkeit der zuvor genannten Standardsetter, was seinen bilanziellen Charakter angeht. So ist er nach HGB unter der Bilanzgliederungsüberschrift „Immaterielle Vermögensgegenstände“ auszuweisen. Das IASC bezeichnet ihn als Teil der Assets und auch nach den US-GAAP gehört er zu den „Goodwill and Other Intangible Assets“.
2. Probleme bei der Bewertung des Goodwill
Obwohl sich die Standardsetter darüber einig sind, daß der Goodwill zu den Vermögensgegenständen zu zählen ist, ist seine bilanzielle Behandlung nicht unproblematisch. Zum Einen hinsichtlich seiner schwierigen Separierbarkeit in einzelne Vermögensgegenstände, zum Anderen hinsichtlich seiner fragwürdigen Werthaltigkeit. Er stellt eine bilanzielle Restgröße dar, die alle Werte auffängt, die nicht anderweitig zugeordnet werden können. Sowohl nach HGB, als auch nach IAS und US-GAAP zählt der Goodwill zu den Vermögensgegenständen. An die Aktivierung eines Vermögensgegenstandes ist aber in allen drei Rechnungslegungssystemen die Voraussetzung der einzelnen Greifbarkeit geknüpft, das heißt die objektive Zuordenbarkeit eines Wertes zu einem bestimmten Vermögensgegenstand. Auch um ihn einer selbständigen Bewertbarkeit zugänglich machen und seine Nutzungsdauer prognostizieren zu können, ist es notwendig sich über die Natur des Goodwill ein Bild zu verschaffen. Dabei entsteht das Problem, daß der bilanzielle Goodwill in den meisten Fällen nicht mit dem betriebswirtschaftlichen Goodwill übereinstimmt.
Der Goodwill wird von einer Vielzahl von Faktoren bestimmt, von denen sich bei weitem nicht alle durch einen Vermögensgegenstand konkretisieren lassen. Betrachtet man den Goodwill aus betriebswirtschaftlicher Sicht, stellt sich zunächst die Frage, warum der Erwerber eines Unternehmens zur Zahlung eines Betrages bereit sein sollte, der über den Wert der Summe der Teile hinaus geht. Nach Wöhe ist dies generell auf drei Ursachen zurückzuführen.[4]
- den Wert von nicht bilanzierbaren Wirtschaftsgütern (z.B. Know-How, Kundenstamm, Marktposition, Standortvorteile etc.)
- den „Kapitalisierungsmehrwert“, der den Mehrwert einer Unternehmung als ganzes gegenüber der Summe seiner einzelnen Vermögenswerte darstellt. Dieser Wert resultiert aus dem Umstand, daß die Vermögensgegenstände nur zusammen, als Einheit, einen Mehrwert erzeugen können.
- den Betrag den der Käufer zu zahlen bereit ist, um das Unternehmen besitzen zu können („à fonds perdu“)
Während der Goodwill aus betriebswirtschaftlicher Sicht, Ausdruck für die Erwartungen an die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens ist, hat das FASB in seinem Standard SFAS 141 „Business Combinations“[5] sechs „Werttreiber“ des bilanziellen Goodwill, nach dem Ansatz von Johnson/Petrone[6] ausgemacht:
1. Stille Bewertungsreserven
2. Stille Ansatzreserven (z.B. aufgrund von Bilanzierungsverboten nicht bilanzierte Vermögenswerte
3. Synergieeffekte, die im akquirierten Unternehmen liegen
4. Synergieeffekte die durch den Zusammenschluß der Unternehmen entstehen
5. Überbewertung der durch den Käufer hingegebenen Güter (z.B.: Überbewertung eigener Aktien)
6. Über- oder Unterzahlung durch den Erwerber
Von diesen sechs Positionen sind aber nur Nummer drei und vier betriebswirtschaftlich werthaltig. Die anderen Positionen berücksichtigen eher Bewertungsfehler bei den Vermögensgegenständen und der als Kaufpreis erbrachten Gegenleistung. Darüber hinaus sind vor dem eventuellen Verbleib eines Goodwill ohnehin erst sämtliche stillen Rücklagen aufzudecken, bevor ein Geschäftswert übrig bleiben kann. Anders ausgedrückt führen die Positionen eins und zwei zwar zu einer Überzahlung; zum Goodwill tragen sie aber nicht bei. Den Positionen fünf und sechs hingegen liegt schlicht eine falsche Bewertung zugrunde, wirtschaftlich werthaltig ist ein so entstandener Goodwill aber nicht.
[...]
[1] Vgl. Hommel, RIW, 2001, S.801
[2] Vgl. Hommel, RIW, 2001, S. 801
[3] Vgl. Möhrle, 1999, S.13, 221; § 255 HGB
[4] Vgl. Sellhorn, DB, 2000, S.888; nach Wöhe
[5] Vgl. Hommel, RIW 2001, S.803
[6] Vgl. Sellhorn, DB 2000, S.889
- Quote paper
- Marco Renzi (Author), 2003, Die Probleme der Goodwill-Bilanzierung in der internationalen Rechnungslegung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16632
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