[Aus Einleitung]
Allgemeines Unverständnis vermag nicht selten die Situation, wie sie sich in einer Familie mit suchtmittelabhängigem Mitglied präsentiert, hervorzurufen. So steht hier oft die Frage im Vordergrund, warum die betroffene Familie denn nicht aktiv etwas an ihrer Situation zu ändern versucht, sei es durch die Inanspruchnahme therapeutischer Maßnahmen oder auch, gewissermaßen als letzte Konsequenz, durch eine Trennung vom suchtmittelabhängigen Partner. Diese Abhängigkeitsproblematik betreffend ist der Fokus oft ausschließlich auf den Suchtkranken und dessen offensichtliches Verschulden, durch seinen Suchtmittelkonsum die gesamte Familie in Mitleidenschaft zu ziehen, gerichtet. Diese tut dabei ihr Möglichstes, um das innerfamiliär bestehende Suchtproblem nach außen hin so gut wie eben möglich zu vertuschen, indem sie z.B. vermehrt Verantwortung für das betroffene Mitglied übernimmt und auf diese Weise ein möglichst ´normales` Funktionieren der Familie weiterhin zu gewährleisten versucht. Umso unverständlicher mag es angesichts der daraus resultierenden Belastung für jedes einzelne Familienmitglied erscheinen, dass dieser Zustand trotzdem nicht selten über einen langen Zeitraum, oft mehrere Jahre, so aufrechterhalten wird.
Da der Mensch ein Wesen ist, das mit seiner (sozialen) Umwelt interagiert und hier eine wechselseitige Beeinflussung stattfindet, erfolgt die Herausbildung bestimmter Verhaltensweisen auch immer in und durch die Interaktion mit dem jeweiligen (sozialen) Umfeld. Auch in Hinblick auf die Entwicklung einer Suchtmittelabhängigkeit muss der Faktor des sozialen Kontextes dementsprechend eine elementare Rolle spielen und somit auch unbedingt bei Überlegungen über mögliche Ursachen und Lösungen einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund mag nun vielleicht auch die Situation, wie sie sich oftmals in einer Suchtfamilie darstellt, etwas verständlicher erscheinen. Wird der Fokus einmal weg vom Symptomträger in Richtung des ihn umgebenden familiären Umfelds gelenkt, werfen sich aus einer solchen Perspektive neue Fragen, wie z.B. die nach dem Einfluss der Familienmitglieder auf das suchtmittelabhängige Mitglied auf. Worin könnte von einem solchen interaktionellen Standpunkt aus auch eventuell der Beitrag der Familie für das (Fort)Bestehen der Suchtmittelproblematik liegen, zieht sie vielleicht sogar einen Nutzen aus dieser Situation?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffserläuterungen und inhaltliche Verortung
- Sucht
- Co-Abhängigkeit
- Suchtmittelmissbrauch in der Familie – systemisch betrachtet
- Die Familie als ein System von (Sub-)Systemen
- Suchtmittelabhängigkeit im Familiensystem
- Bedeutung und Funktion des Symptoms 'Abhängigkeit` im familiären Kontext
- Auswirkungen auf nicht-konsumierende Familienmitglieder
- Die Rolle des (Ehe-)Partners
- Die Rollen der Kinder
- Wege aus der (Co-)Abhängigkeit
- Schwierigkeiten einer Veränderung
- Der Faktor soziale Vererbung`
- Der Nutzen des Symptoms
- Durchbrechung die Sucht aufrechterhaltender dysfunktionaler Beziehungsmuster und -strukturen
- Schwierigkeiten einer Veränderung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema Co-Abhängigkeit im Familiensystem und analysiert die Entstehung, Funktion und Auswirkungen von Suchtmittelabhängigkeit in diesem Kontext. Der Fokus liegt dabei auf der Suche nach möglichen Auswegen aus der Co-Abhängigkeit.
- Begriffliche Klärung von Sucht und Co-Abhängigkeit
- Systemische Betrachtung der Suchtmittelabhängigkeit im familiären Kontext
- Analyse der Auswirkungen auf Familienmitglieder
- Herausforderungen und Chancen für Veränderungen im Familiensystem
- Entwicklung von Strategien zur Bewältigung von Co-Abhängigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel legt den Fokus auf die allgemeine Situation in Familien mit suchtmittelabhängigen Mitgliedern. Die Schwierigkeiten, die diese Familien erleben, werden erläutert, wobei das oft fehlende Verständnis für das Verhalten aller Beteiligten hervorgehoben wird. Außerdem wird der Aspekt der wechselseitigen Beeinflussung von Mensch und Umwelt und die damit verbundene Notwendigkeit, Suchtentwicklung immer in ihrem sozialen Kontext zu betrachten, betont.
Im zweiten Kapitel werden die Begriffe Sucht und Co-Abhängigkeit definiert und in ihren jeweiligen Kontext eingebettet. Es wird auf die Verbreitung von Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen in den westlichen Industriestaaten hingewiesen und verschiedene Definitionen des Begriffs "Sucht" sowie die Schwierigkeiten, eine einheitliche Definition zu finden, dargelegt. Das Kapitel beleuchtet auch die Auswirkungen von Sucht auf Angehörige und die Entstehung der Co-Abhängigkeit.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Suchtmittelabhängigkeit im Familiensystem. Es wird die Familie als ein System von Subsystemen betrachtet und die Bedeutung und Funktion des Symptoms "Abhängigkeit" im familiären Kontext analysiert. Die Auswirkungen auf nicht-konsumierende Familienmitglieder, insbesondere die Rollen des (Ehe-)Partners und der Kinder, werden beleuchtet.
Im vierten Kapitel werden mögliche Wege aus der Co-Abhängigkeit thematisiert. Dabei werden die Schwierigkeiten einer Veränderung, der Faktor "soziale Vererbung" und der Nutzen des Symptoms analysiert. Das Kapitel befasst sich auch mit der Durchbrechung dysfunktionaler Beziehungsmuster und -strukturen, die die Sucht aufrechterhalten.
Schlüsselwörter
Sucht, Co-Abhängigkeit, Familiensystem, Suchtmittelabhängigkeit, systemische Perspektive, Beziehungsmuster, Interventionen, Veränderungsprozesse, Therapie, Familientherapie, soziale Vererbung.
- Citation du texte
- Bachelor of Arts Antje Dyck (Auteur), 2010, Sucht im Familiensystem – Wege aus der Co-Abhängigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166126