Die im Folgenden kommentierte Textstelle 22,54 schließt sich an die Geschehnisse in Canusium an, dem Zufluchtsort einiger Soldaten, als nach der Niederlage der Römer bei Cannae im zweiten punischen Krieg beide Lager aufgegeben werden mussten (52,7). Dort kommt es zu einer Intervention des Publius Cornelius Scipio (Africanus) im Quartier des L. Caecilius Metellus, nachdem Letzterer aufgrund der nach der Niederlage scheinbar aussichtslosen Situation mit einigen Männern Italien verlassen wollte (53,5-13). Im Rahmen dieser Intervention leistet Scipio einen Eid, zu dem er darauf erfolgreich auch Metellus und alle anderen Soldaten auffordert.
Die Textstelle kann in drei Abschnitte gegliedert werden: Der Erste umfasst die Aufnahme der durch die Schlacht zersprengten Soldaten in Venusia nach dem exemplum der Apulierin Busa aus Canusium. Im Zweiten (4-6) wird die durch die Zersprengung des Heeres unklare Hierarchie wieder hergestellt sowie Armee und Kräfte gesammelt und konzentriert. Im dritten Abschnitt (7-11) erfolgt die (fehlerhafte) Meldung in Rom über die Verluste sowie die Beschreibung ihrer Auswirkung auf das Verhalten und die Gemütslage der Bevölkerung. Anschließend leitet Livius durch das Auftreten des auktorialen Erzählers zur Einordnung der Niederlage bei Cannae in den Gesamtkontext römischer Geschichte über.
Nach Trümpner wirke dieser Abschnitt aufgrund verschiedener Faktoren und Elemente wie ein Prooemium: Zum einen wegen seiner Stellung als Ausgangspunkt der Beschreibungen zur Niederlagenbewältigung in Rom, zum anderen aufgrund des Hervortretens des auktorialen Erzählers in der Ich-Form sowie der Anrede des Lesers in der Du-Form. Zudem reiche sein Inhalt weit über den Rahmen des Zusammenhanges hinaus und stelle eine Raffung der Geschehnisse „zu einem Zeugnis über römische Größe schlechthin“ dar.
Die im Folgenden kommentierte Textstelle 22,54 schließt sich an die Geschehnis-se in Canusium an, dem Zufluchtsort einiger Soldaten, als nach der Niederlage der Römer bei Cannae im zweiten punischen Krieg beide Lager aufgegeben werden mussten (52,7). Dort kommt es zu einer Intervention des Publius Cornelius Scipio (Africanus) im Quartier des L. Caecilius Metellus, nachdem Letzterer aufgrund der nach der Niederlage scheinbar aussichtslosen Situation mit einigen Männern Italien verlassen wollte (53,5-13). Im Rahmen dieser Intervention leistet Scipio einen Eid, zu dem er darauf erfolgreich auch Metellus und alle anderen Soldaten auffordert.
Die Textstelle kann in drei Abschnitte gegliedert werden: Der Erste umfasst die Aufnahme der durch die Schlacht zersprengten Soldaten in Venusia nach dem exemplum der Apulierin Busa aus Canusium. Im Zweiten (4-6) wird die durch die Zersprengung des Heeres unklare Hierarchie wieder hergestellt sowie Armee und Kräfte gesammelt und konzentriert. Im dritten Abschnitt (7-11) erfolgt die (fehler-hafte) Meldung in Rom über die Verluste sowie die Beschreibung ihrer Auswir-kung auf das Verhalten und die Gemütslage der Bevölkerung. Anschließend leitet Livius durch das Auftreten des auktorialen Erzählers zur Einordnung der Nieder-lage bei Cannae in den Gesamtkontext römischer Geschichte über.
Nach Trümpner wirke dieser Abschnitt aufgrund verschiedener Faktoren und Ele-mente wie ein Prooemium:[1] Zum einen wegen seiner Stellung als Ausgangspunkt der Beschreibungen zur Niederlagenbewältigung in Rom, zum anderen aufgrund des Hervortretens des auktorialen Erzählers in der Ich-Form sowie der Anrede des Lesers in der Du-Form. Zudem reiche sein Inhalt weit über den Rahmen des Zu-sammenhanges hinaus und stelle eine Raffung der Geschehnisse „zu einem Zeug-nis über römische Größe schlechthin“[2] dar.
1 Eo tempore, quo[3]: Insg. sechs Mal bei Livius belegt (54,1;4,60,2;6,38,11 u.a.), der Anschluss mit dem cum temporale dagegen nur einmal (3,20,4), während die-ser bei Cic. und Caes. die Regel darstellt (off. 2,19,65; Phil 2,4,16; Verr. II,2,98, civ. 3,16,1 u.a.); der Anschluss mit quo findet sich bei diesen Autoren meistens nur bei vorausgehender separativer Präposition (ex, ab) (fam. 6,13,2; Mur. 81; Gall. 4,18,4). haec Canusi … agebantur: Metellus’ Meuterei und die anschlie-ßende Intervention Scipios (53,4-13). Die Aufnahme der Soldaten in Canusium kann darin nicht eingeschlossen ein, da das exemplum Busas und die Nachricht darüber erst in Venusia eingetroffen sein mussten, damit sich deren Einwohner dies zum Vorbild für ihre eigene Gastfreundschaft nehmen konnten.
Venusiam: „Stadt in Apulien, heute Venosa“[4], ca. 50 km von Canusium, heute Canosa di Puglia, entfernt. Livius’ formal unterschiedliche Verweise auf diese Stadt bzw. deren Einwohner (54,2: Venusini; 54,3: populus Venusinus) kann nach Catterall als „example[…] of variety in Livy’s style“[5], und somit als Abkehr von der Ciceronischen Uniformität und Symmetrie angesehen werden.[6]
ad consulem: vgl. 49,14; gemeint ist der Konsul des Jahres 216, C. Terentius Varro, der im Gegensatz zu seinem Amtskollegen L. Aemilius Paul(l)us (vgl. 49,6-12) die Schlacht bei Cannae überlebte und mit 50 Reitern nach Venusia flie-hen konnte. Namentlich wird er zuletzt in 45,8 (unmittelbar vor der Schlacht) da-nach erst wieder in 54,6 genannt, als er seine neu versammelten Truppen nach Ca-nusium bringt.[7] Dazwischen, also im Kontext der dramatischen Schlacht und Nie-derlage, wird auf ihn - wie an dieser Stelle - nur in Hinblick auf sein Amt verwie-sen: collegae (49,11), consul alter (49,14), fugientem consulem (50,3), alterum consulem (54,5). Dies könnte die Einschätzung Burcks unterstützen, wonach Livi-us die Hauptschuld für die Niederlage von Cannae in der Tatsache gesehen habe, dass Varro überhaupt das Konsulat antreten konnte.[8]
Quattuor milia et quingenti pedites equitesque: Diese Zahl an Überlebenden sowie die bereits in 52,4 erwähnten 4200 übergeht Livius in seinem Vergleich der Niederlagen an der Allia und bei Cannae in 50,3.[9] So erwähnt er lediglich die 50 Überlebenden, die sich Varros Flucht nach Venusia anschließen konnten.[10] Da-durch kann Livius zweierlei Wirkung erzielen: Zum einen erweckt er den An-schein, dass es sich bei dieser Zahl um die einzigen Überlebenden handle, wo-durch die Niederlage bei Cannae umso dramatischer erscheint. Zum anderen kon-statiert diese Zahl den numerischen Tiefpunkt des römischen Heeres und somit zugleich den Ausgangspunkt für dessen Wiedererstarken, welches Livius im Fol-genden sukzessive durch immer größere Zahlen an Überlebenden suggeriert: vix quinquaginta (50,3) - ad sescenti (50,11) – ad quattuor milia…et ducenti (52,4) - ad quattuor milia et quingenti (54,1) – ad decem milia (54,5) und schließlich iam aliqua species consularis exercitus (54,6). Bei einem objektiven Vergleich der beiden Schlachten aus der Warte eines auktorialen Erzählers mit der Absicht, sie innerhalb des Gesamtkontextes römischer Geschichte zu verorten, hätte er diese Zahl an Überlebenden berücksichtigen müssen.
[...]
[1] Vgl. Trümpner (1965) 30.
[2] Ebd.
[3] Als Grundlage der Stellenkommentierung dient die Oxford-Ausgabe: Walters/Conway (41958).
[4] Blank-Sangmeister (2000) 222.
[5] Catterall (1938) 292.
[6] Catterall betont, dass gelegentliche Variationen bei allen Autoren zu finden seien. An dieser Stel-le erscheint die Variation allerdings aufgrund der raschen Aufeinanderfolge (dreimal innerhalb von zwei Sätzen) auffällig, zumal nach Catterall bei Livius „the repetition of the same word after a short interval […] much more common“ sei (ebd. 297).
[7] Vgl. Trümpner (1965) 29.
[8] Vgl. Burck (21962) 84.
[9] Vgl. Finken (1965) 51.
[10] Livius Feststellung, dass prope totus exercitus (50,3) dem sterbenden Konsul Paul(l)us in den Tod gefolgt sei, erscheint im Vergleich der Truppenstärke vor der Schlacht von 50 000 (46,6) und der über 10 000 Überlebenden etwas übertrieben.
- Citar trabajo
- Jennifer Ellermann (Autor), 2011, Kommentierung von Livius, ab urbe condita, 22,54, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165973
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