Das Völkerstrafrecht hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung durchlaufen. Während noch zu Beginn der neunziger Jahre seine Existenz teilweise angezweifelt wurde, sind heute die Ausgangspositionen klar: Das Völkerstrafrecht ist geltendes Recht und kein bloßes Recht im Werden. Spätestens seit seiner Kodifikation im Römischen Statut 2002 ist es allgemein als internationales, im Sinne eines völkerrechtlich supranationalen Strafrechts anerkannt.
Dass es bis zu diesem Punkt eines langen Prozesses bedurfte, hat viele Faktoren. Die sich nur schwer zu vereinbarenden Grundsätze des Völkerrechts und Strafrechts, insbesondere die Abwendung von der staatszentrierten hin zur individuellen Verantwortlichkeit oder auch seine teilweise ungeschriebenen Quellen sind nur einige davon. Trotz des enormen Fortschritts durch die Kodifikation völkerrechtlicher Regelungen und der Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs als Durchsetzungsorgan in Den Haag, steht das Völkerstrafrecht dennoch vor Problemen und erfährt Kritik. Die folgende Arbeit setzt sich mit genau diesen Punkten auseinander.
So befasst sich der erste Abschnitt mit den Aufgaben und der Notwendigkeit eines Völkerstrafrechts. Im weiteren Verlauf wird die Natur des Völkerstrafrechts, die damit verbundene Überwindung des Widerspruchs zwischen den strafrechtlichen und völkerrechtlichen Elementen, sowie die Abkehr vom Staat zum Individuum als Völkerrechtssubjekt an Hand der geschichtlichen Entwicklungslinien näher erläutert.
Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit den wichtigsten Rechtsquellen der völkerrechtlichen Normen. Auch der Zusammenhang von Völkerstrafrecht und Menschenrechtsschutz wird erwähnt und an den vier völkerstrafrechtlichen Kernverbrechen deutlich gemacht.
Der letzte Abschnitt setzt sich sodann mit der Praxis des Völkerstrafrechts, d.h. mit den Möglichkeiten seiner Durchsetzbarkeit und seiner Anwendung durch die Staaten auseinander. Genauer wird hier auch auf die USA und ihre Abwehrhaltung zum Rom-Statut eingegangen. Die daraus resultierenden Auswirkungen und allgemeine Kritikpunkte am Völkerstrafrecht werden auch behandelt. Eine Abrundung findet die Arbeit durch ein persönliches Schlusswort, verbunden mit eventuellen Lösungsansätzen für die vorher angesprochenen Konfliktpunkte.
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitende Bemerkungen
B. Die Aufgabe des Völkerstrafrechts
C. Die Natur der völkerstrafrechtlichen Regelungen
I. Das Grundprinzip des Völkerrechts
II. Das Grundprinzip des Strafrechts
III. Die Vereinbarkeit völkerrechtlicher und strafrechtlicher Elemente
D. Die Entwicklung des Völkerstrafrechts
I. Vorbemerkung
II. Die drei Meilensteine der Entwicklung
1. Der Zweite Weltkrieg
2. Der Kalte Krieg
3. Das Römische Statut
III. Zusammenfassende Bemerkungen
E. Die Entwicklung der individuellen Verantwortlichkeit
I. Voraussetzungen für die Zugehörigkeit einer Norm zum Völkerstrafrecht
II. Die Stellung des Individuums im Völkerstrafrecht
1. Das Individuum als Objekt des Völkerrechts
2. Die Entwicklung der Stellung des Individuums zum Adressat des modernen
Völkerrechts
a) Der Einfluss des Zweiten Weltkrieges
b) Die Bedeutung des Menschenrechtsschutzes
3. Zusammenfassende Bemerkungen
III. Das Problem der Makrokriminalität
1. Der Begriff der Makrokriminalität
2. Die individuelle Verantwortlichkeit bei Makrogeschehnissen
F. Die Quellen des Völkerstrafrechts
I. Die Rechtsquellen
1. Das Völkervertragsrecht
a) Definition
b) Entstehung
c) Bewertung und praktische Bedeutung
aa) Das Fehlen des Unmittelbarkeitserfordernisses
bb) Die Entfaltung der Rechtswirkung inter partes
cc) Die Kodifikation gewohnheitsrechtlicher Normen durch Völker-vertragsrecht
2. Das Gewohnheitsrecht
a) Definition
b) Entstehung
aa) Die objektive Komponente
bb) Die subjektive Komponente
c) Bewertung und praktische Bedeutung
aa) Der Verstoß gegen den Nullum crimen-Grundsatz
bb) Das Gewohnheitsrecht als Auffangfunktion
3. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze
a) Definition
b) Entstehung
c) Bewertung und praktische Bedeutung
II. Die Rechtserkenntnisquellen
III. Das nationale Recht
IV. Die Bedeutung des ius cogens für das Völkerstrafrecht
G. Völkerstrafrecht und Menschenrechtschutz
I. Das Völkerstrafrecht als Instrument des Menschenrechtsschutzes
II. Die völkerstrafrechtslimitierende Funktion der Menschenrechte
H. Die Straftatbestände des Völkerstrafrechts
I. Die vier Kernverbrechen
1. Völkermord
2. Verbrechen gegen die Menschlichkeit (VgM)
3. Kriegsverbrechen
4. Das Verbrechen der Aggression
II. Völkervertragsgestützte Delikte
I. Die Durchsetzbarkeit und praktische Bedeutung des Völkerstrafrechts
I. Die Möglichkeiten der völkerstrafrechtlichen Rechtsdurchsetzung
II. Die Staatenhaltung zum Völkerstrafrecht in der Praxis
III. Die ablehnende Haltung der USA
1. Gründe
2. Fazit
3. Zukunftsaussichten
J. Schlusswort mit Lösungsansätzen
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