Der deutsche Theaterkritiker und Journalist Georg Hensel beschreibt in seinem 1966 zum ersten Mal erschienen Theaterführer „Spielplan“ den Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt als einen deutschsprachigen Autor, der wie kein anderer
„die weiten Felder des Theaters und der Erzählung, der historischen und der politischen Analyse, der Kernphysik, der Astronomie und der Philosophie [beherrscht]. [...] Seine Stücke werden aufgeführt in vierzig Ländern“ (Hensel 1986: 1244).
Dieses überschwängliche Loblied auf Dürrenmatt ist nicht unberechtigt. Der feine Zynismus der Sprache, die dem Leser doch einfach und alltäglich erscheint, oder die ganz offensichtliche Komik einzelner Szenen provozieren Lachen, vielleicht sogar ein Lachen, das nach Lessing „das Lächerliche [...] bemerken“ (Lessing 1767) will. Auch das tragische Moment, die Spannung und die erschreckenden Anklänge an eine Gesellschaft aus brauner Vergangenheit sind Gründe für die anhaltende Begeisterung, die für Dürrenmatt gehegt wird. Schon allein weil es keine Garantie dafür gibt, dass sich die Fehler der Vergangenheit in Deutschland nicht wiederholen, schließlich sind zum Beispiel in Sachsen acht Parlamentssitze des Landtags an die rechtsradikale NPD vergeben worden. Schüler sind diesen Lebenswirklichkeiten zwar ausgesetzt, sie werden ihnen im Sozialkundeunterricht oder in Geschichte beigebracht. Zusätzlich sollte es die Aufgabe guten Deutschunterrichts sein, auch zu verdeutlichen, was ein wie auch immer gearteter Fanatismus wirklich bedeutet und ihnen somit die Augen zu öffnen, ihr selbstständiges Reflektieren anzuregen. „Der Besuch der alten Dame“ bietet dafür ideale Möglichkeiten, auf Grund der subtilen Gerechtigkeitsansprüche und ihrer Rechtfertigungen und weil das dargestellte Geschehen auf den ersten Blick harmlos und unumgänglich erscheint. Das Drama birgt viel Diskussionsstoff und ist nicht nur auf politischer Ebene interessant. Es stellen sich Fragen nach Rechtsverständnis und einer möglichen Verjährung von Straftaten, nach den Ausmaßen von Armut und daraus folgender Hoffnungslosigkeit, vielleicht sogar Skrupellosigkeit. Eine Beschäftigung mit Dürrenmatts „alter Dame“ ist in jedem Fall lohnenswert, sofern die Schüler auf dem Mienenfeld der Sprache nicht nur das Lachen sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit im Text angedeuteten Problemstellungen lernen und eine eigene Stellung beziehen können.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: Immer noch Drama im Digitalen Zeitalter?
2 Didaktische Ansätze des 21. Jahrhunderts
2.1 Der gattungstheoretische Ansatz
2.2 Der theaterpädagogische Ansatz
2.3 Der produktionsorientierte Ansatz
2.4 Die tatsächlich angewandte Didaktik
3 Friedrich Dürrenmatts Potenzial für den Deutschunterricht
3.1 Verortung im Bayerischen Lehrplan
4 Vorgehensweise bei der Besprechung im Unterricht (bzw. im Seminar)
4.1 Einstieg – Claire Zachanassians Position
4.2 Vertiefung I – Die Position der Güllener
4.3 Vertiefung II – Der Bürgermeister und die Zuspitzung des Konflikts
4.4 Katastrophe im Klassenzimmer mit abschließender Ergebnissicherung
5 Kritische Reflexion
6 Literaturverzeichnis
- Citar trabajo
- Ulrike Löbel (Autor), 2010, "Der Besuch der alten Dame" im Deutschunterricht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165498
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