„Ein Hellseher, der heute kein Schwarzseher ist, ist kein richtiger Hellseher. Das ist mein
Prinzip1“, so äußerte sich Günter Kunert an seinem 70. Geburtstag zu seiner Biographie.
Als ein hellsichtiger und radikaler Skeptiker wird Günter Kunert denn auch so bezeichnet,
als illusionsloser Betrachter deutscher Geschichte und deutscher Mentalitäten, „Als
ein deutscher Lyriker mit Verstand“2, so Reich-Ranicki.
Er ist einer der bekanntesten deutsch-deutschen Lyriker, Essayisten und Verfasser der
deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Der äußerst produktive Autor schreibt seit 1950
literarische Werke der verschiedensten Gattungen, Texte für das Radio, Beiträge für Film
und Fernsehen, Opernlibretti, essayistische und erzählende Prosa sowie natürlich Gedichte
aller Art. Seine Werke wurden weltweit übersetzt. Die Aufmerksamkeit und die Popularität,
die das Schaffen Kunerts geweckt hat wurde 1999 von Kurt Drawert zusammengefasst.
„Kunert ist, anders als Autoren, die nur im genuinen Ton ihrer Literatur auskunftsfähig
sind, ein Zeitzeuge, ein Chronist der laufenden Ereignisse. Diese zweifache Möglichkeit,
den poetischen, um die ästhetische Wahrheit kreisenden Ton ebenso zu finden wie den
analytischen, hat ihren Grund in einem Bewusstsein, das in der besten Tradition der Aufklärung
steht. Und das Wesen der Aufklärung, ihr kreatives Potential, ist die Kritik. Diese
Skepsis aber und begründete Furcht vor allen Verformungen im Zeitalter einer radikalen
Technokratie haben ihm immer wieder den Vorwurf eingebracht, ein Prophet des Untergangs
zu sein.“3
Kunert, der seine Kindheitserfahrungen im Hinblick auf die Jahre der Naziverfolgung,
als „staatlich verpfuscht“4 beschreibt, steht heute für eine Person der jüngsten Geschichte,
die sich stets auch kritisch gegenüber Themen aller Art zeigte. Dies offenbarte sich
vor allem in seiner zunehmend distanzierter werdenden Stellung zu den gesellschaftspolitischen
und sozialen Entwicklungen der DDR, die schließlich auch zu seiner Ausreise
führten.
[...]
1 Die Welt, 6.3.1999, Keiner weiß, was er noch schreiben soll, Günter Kunert zum 70., Literarische Welt S.18
2 Sekundärquelle: http://www.kurtschwaen.de/kuenstler/kuenstler.htm (02.10.2002)
3 Neue Zürcher Zeitung vom 06.03.1999 / Kurt Drawert: Was überdauert, ist Poesie, Günter
Kunert wird 70.
4 Radiointerview: SWR2, Günter Kunert interviewt von Peter Köster, (11.11.2001) (Internetquelle)
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Lebensumstände und Entwicklung des Autors
2. Berlin bis zur Ausreise in die BRD
2.1 Analyse „Berlin“.
3. Berlin 1990
3.1 Analyse „Metropolis“
4. Vergleich
4.1 Folgerung
5. Literaturverzeichnis
6. Anhang
1. Einleitung
„Ein Hellseher, der heute kein Schwarzseher ist, ist kein richtiger Hellseher. Das ist mein Prinzip[1] “, so äußerte sich Günter Kunert an seinem 70. Geburtstag zu seiner Biographie.
Als ein hellsichtiger und radikaler Skeptiker wird Günter Kunert denn auch so bezeichnet, als illusionsloser Betrachter deutscher Geschichte und deutscher Mentalitäten, „Als ein deutscher Lyriker mit Verstand“[2], so Reich-Ranicki.
Er ist einer der bekanntesten deutsch-deutschen Lyriker, Essayisten und Verfasser der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Der äußerst produktive Autor schreibt seit 1950 literarische Werke der verschiedensten Gattungen, Texte für das Radio, Beiträge für Film und Fernsehen, Opernlibretti, essayistische und erzählende Prosa sowie natürlich Gedichte aller Art. Seine Werke wurden weltweit übersetzt. Die Aufmerksamkeit und die Popularität, die das Schaffen Kunerts geweckt hat wurde 1999 von Kurt Drawert zusammengefasst.
„Kunert ist, anders als Autoren, die nur im genuinen Ton ihrer Literatur auskunftsfähig sind, ein Zeitzeuge, ein Chronist der laufenden Ereignisse. Diese zweifache Möglichkeit, den poetischen, um die ästhetische Wahrheit kreisenden Ton ebenso zu finden wie den analytischen, hat ihren Grund in einem Bewusstsein, das in der besten Tradition der Aufklärung steht. Und das Wesen der Aufklärung, ihr kreatives Potential, ist die Kritik. Diese Skepsis aber und begründete Furcht vor allen Verformungen im Zeitalter einer radikalen Technokratie haben ihm immer wieder den Vorwurf eingebracht, ein Prophet des Untergangs zu sein.“[3]
Kunert, der seine Kindheitserfahrungen im Hinblick auf die Jahre der Naziverfolgung, als „staatlich verpfuscht“[4] beschreibt, steht heute für eine Person der jüngsten Geschichte, die sich stets auch kritisch gegenüber Themen aller Art zeigte. Dies offenbarte sich vor allem in seiner zunehmend distanzierter werdenden Stellung zu den gesellschaftspolitischen und sozialen Entwicklungen der DDR, die schließlich auch zu seiner Ausreise führten.
Kunert ist davon überzeugt durch seine literarische Arbeit die Traumen und Ängste seiner Vergangenheit aufarbeiten zu können.
Berlin ist zentraler Drehpunkt in Kunerts Biographie, Arbeit und Wirken. Die Arbeit möchte sich dem Focus Stadtdarstellung Berlin aus der Sicht Kunerts durch die Darstellung seines Lebens nähern und versuchen Veränderungen/ Ähnlichkeiten anhand zweier Gedichte aufzuzeigen. So soll zunächst auf die Lebens- und Entwicklungsumstände Günter Kunerts eingegangen werden, da diese, wie bei anderen Autoren auch, maßgeblichen Einfluss auf spätere Interpretationen und Analysen seiner Werke darstellen.
2. Lebensumstände und Entwicklung des Autors
Geboren wurde Günter Kunert am 6. März 1929 in Berlin. Schon als Kind hatte Kunert unter besonderen diskriminierenden Einschränkungen zu leiden, da er aus einer halbarischen Familie stammte. Seine jüdische Mutter war 1936 auch der Anlass ihm den Besuch einer weiterführenden Schule zu verweigern.
Durch seine jüdische Mutter bedingt, isolierte sich die Familie Kunerts in den dreißiger Jahren zunehmend von „arischen“ Bekannten. Kunert, der selbst nicht getauft ist wuchs verursacht durch sein nicht selbst verschuldetes Anderssein in einem Klima der dauernden Angst, der Deportation und Bedrohung auf. Seine Erlebnisse als Halberwachsener zu Ende des Krieges sind zum Schlüssel für viele seiner späteren Werke geworden.
Von den Nazi-Behörden wird er aufgrund seiner Herkunft als wehrunwürdig erklärt. Sein erstes Gedicht erschien bereits mit achtzehn Jahren in der Tageszeitung >>Berlin am Mittag<<. Es folgten Glossen, Parodien, Humoresken und kurze ironische Gedichte in verschiedenen Zeitungen.
Bei Kriegsende war Kunert 16 Jahre alt. Er studiert fünf Semester Grafik an der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee. Für den Lebensunterhalt arbeitet er nebenher für die Zeitschrift Ulenspiegel.[5] Mit 18 Jahren tritt er in die SED ein.
Mit der Hilfe seines Förderers Johannes R. Becher, späterer Kulturminister der DDR, konnte 1950 sein erster Lyrikband „Wegschilder und Mauerinschriften“ erscheinen. Schon hier machte sich der Einfluss Brechts[6] besonders bemerkbar. Kleist, Lenau, Heine, Montaigne waren seine Vorbilder. Kunerts damalige Lyrik wurde ähnlich wie bei Brecht als Ausdruck einer hoffnungsvollen Neuaufbaueuphorie und eines an Utopien glaubenden Optimismus charakterisiert.[7]
1962 erhält Kunert den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR. Als im Januar 1963 drei Gedichte in der »Weltbühne« erscheinen, die als massive Kritik an der DDR-Gesellschaft und als politisch-ideologische Unterwanderung angesehen wurden, gerät Kunert zum ersten Mal in Konflikt mit der SED, der er selbst angehörte.
Die Kulturbehörden der DDR vermuteten hinter seinem Skeptizismus eine Auflehnung gegen den Arbeiter- und Bauernstaat und ließen ihn durch die Stasi überwachen. Im Ausland erfährt Kunert eine immer größere Beachtung, die besonders durch die Kritik der DDR eine breite Öffentlichkeit in der BRD und den USA mobilisiert. Kunert hält sich immer häufiger im Ausland auf: 1972/3 als Visiting Associate Professor an der University of Texas in Austin, 1975 als Writer in Residence an der University of Warwick in Großbritannien. 1976 wird er Mitglied der Akademie der Künste in West-Berlin. 1976 unterschreibt Kunert mit zahlreichen anderen DDR-Künstlern eine Petition gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Als Folge wird ihm 1977 die SED-Mitgliedschaft aberkannt. 1979 erhält er schließlich ein dreijähriges Visum für die BRD, dass er für seine Ausreise nach Kaisborstel in Schleswig-Holstein mit seiner Familie nutzt. Zu seiner Ausreise sagt Kunert, „Ich habe zuletzt keine Zeile mehr geschrieben, weil ich nicht mehr die Kraft zu einer schöpferischen Tätigkeit gefunden habe"[8]
1992 kündigt er seine Mitgliedschaft in der Westberliner Akademie der Künste aus Protest gegen die en-bloc Übernahme der Ost-Mitglieder. Im Dezember 1996 tritt er aus dem PEN Zentrum Westdeutschland aus[9].
Bis heute ist Kunert schriftstellerisch aktiv, sei es in Artikeln in der Presse oder neuen Lyriken.
3. Berlin bis zur Ausreise in die BRD
Berlin als Geburtsort, als Umgebung für den sich entwickelnden jungen Kunert, stellt mit all den Facetten der Kriegs- und Nachkriegszeit ein breites Spektrum von unterschiedlichen Gedanken, Strömungen aber besonders auch Ängsten und Bedrohungen dar. Berlin als gesamtdeutsche Hauptstadt, als Zentrum des Nationalsozialismus mit allen für die Familie Kunert bedeutenden Faktoren wie Isolierung, Bedrohung und Unterdrückung durch das Nazi-Regime spielt eine entscheidende und oft wiederkehrende Bedeutung bei Kunerts Versuch die Traumen seiner Vergangenheit durch das Schreiben aufzuarbeiten.
[...]
[1] Die Welt, 6.3.1999, Keiner weiß, was er noch schreiben soll, Günter Kunert zum 70., Literarische Welt S.18
[2] Sekundärquelle: http://www.kurtschwaen.de/kuenstler/kuenstler.htm (02.10.2002)
[3] Neue Zürcher Zeitung vom 06.03.1999 / Kurt Drawert: Was überdauert, ist Poesie, Günter Kunert wird 70.
[4] Radiointerview: SWR2, Günter Kunert interviewt von Peter Köster, (11.11.2001) (Internetquelle)
[5] Carl-Hanser Verlag, Pressemappe Günter Kunert Stand: 23.3.1999.
[6] Walwei-Wiegelmann, Hedwig: Zur Lyrik und Prosa Günter Kunerts; in Weimarer Beiträge. 1968. Brecht Sonderheft. S.136, Anm.4.
[7] Yu Gu: Strukturen und Denkweisen in Günter Kunerts Dichtung, Peter Lang Verlag Frankfurt M., 1998, S.19.
[8] SWR2 , Zeitgenossen Sonntag, 11. November 2001, 14.05 bis 14.50 Uhr Günter Kunert interviewt von Peter Köster.
[9] Carl-Hanser Verlag, Pressemappe Günter Kunert Stand: 23.3.1999.
- Citation du texte
- Philipp Schaubruch (Auteur), 2002, Günter Kunerts Berlin (Gedichtsvergleich), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16548
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.