Der in Psychologie interessierte Leser erhält durch das vorliegende Buch einen praxisnahen Überblick über den aktuellen Stand dieser Wissenschaft. Durch tieferes Verständnis der Persönlichkeit, ihrer Möglichkeiten und Einschränkungen soll dem Leser der Weg zu einer besseren Selbstkontrolle und Selbstverwirklichung sowie zu einem besseren Verständnis der Mitmenschen erleichtert werden. Die Psychologie beschäftigt sich besonders mit der Entwicklung der Persönlichkeit, wie sie durch die Umwelt geformt wird und wie sie selbst aktiv auf die Umwelt einwirkt, sowie mit ihren regulierenden und kompensierenden Fähigkeiten. Die behandelten Bereiche beziehen sich auf unser Alltagsleben und erlauben einen guten Überblick. Es werden die allgemeinen, typologischen und individuellen psychologischen Eigenschaften des Menschen erklärt, dessen Erleben und Handeln durch biologische und soziale Faktoren beeinflusst wird - durch seine Beziehungen zu anderen Menschen, durch die Umwelt, Kultur, Wirtschaft und Politik. Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit meinem Sohn Vitus (nicht Psychologe), dessen Fragen zum Erstentwurf und Formulierun-gen den Text wesentlich beeinflussten. Für die kritische Durchsicht der deutschsprachigen Ausgabe und positive Anregungen danke ich den beiden Wiener Psychologen, Frau Dr. Christa Michalik, und Herrn
Dr. Klaus Höfner.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Wie werden wir uns unserer Umwelt und unser selbst bewusst - Bewusstsein, Unterbewusstsein und Gewissen
1.1 Bewusstsein
1.2 Unterbewusstsein und Träume
1.3 Träume als Ausdruck des Unterbewusstseins und psychische Gesundheit
1.4 Traumdeutung
1.5 Warum sind wir mitunter geistesabwesend - Dissoziation
1.6 Gewissen
2 Wie nehmen wir unsere Umwelt wahr – Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
2.1 Die Sinne
2.2 In reizarmen, monotonen Bedingungen sinkt die Aufmerksamkeit
2.2.1 Absolutes Fehlen von Anregungen
2.2.2 Überlastung der Sinne
2.2.3 Die Wahrnehmung verläuft als Prozess
2.3 Die Organisation unserer Sinneswahrnehmungen
2.4 Aufmerksamkeit
2.4.1 Worauf richten wir unsere Aufmerksamkeit?
2.4.2 Was entgeht unserer Aufmerksamkeit?
2.4.3 Schein und Sein
2.4.4 Tagträume
2.4.5 Wie kann man sich besser konzentrieren?
2.4.5 Das Phänomen der Zeitlücke
3. Wie lernen wir - Gedächtnis und Lernen
3.1 Warum erinnern wir uns an das eine und vergessen das andere?
3.2 Kurzzeitgedächtnis
3.3 Langzeitgedächtnis
3.3.1 Lernen
4. Wie wir uns beherrschen - Emotionen und Persönlichkeit
4.1 Der Zusammenhang von Emotion und Gesundheit
4.2 Emotionen und Temperament
4.3 Emotionen in unserem täglichen Leben
4.4 Angst
4.5 Liebe ist nicht gleich Liebe
4.6 Konzentrieren wir uns auf unsere Emotionen
5. Warum handeln wir auf eine bestimmte Weise - Wille und Motivation
5.1 Die Grundlage des Willens sind Motive
5.2 Der starke und schwache Wille
5.3 Der Wille wird von der Motivation aber auch von der Gewohnheit beeinflusst
5.4 Willensprozesse und Willenseigenschaften
5.5 Motivation und Persönlichkeit
5.5.1 Warum ist man ausgeglichen oder unausgeglichen?
5.5.2 Jeder verfolgt ein bestimmtes Ziel
5.5.3 Wie kann uns die Motivation helfen?
6. Welche Fähigkeiten haben wir und wie nützen wir sie aus - Intelligenz und Fertigkeiten
6.1 Intelligenz
6.1.1 Fluide und kristallische Intelligenz
6.2 Weitere Fähigkeiten
6.3 Hängt unser Berufserfolg nur von unseren Fähigkeiten ab?
7. Wann verwenden wir unsere Vernunft und wann unser Gefühl - Intellekt und Intuition
7.1 Denken
7.1.1 Kann man das menschliche Denken erforschen?
7.1.2 Wie denken Genies?
7.1.3 Was ist ein mentales Modell?
7.2 Intuition
8. Was macht unsere Persönlichkeit aus - charakterliche Eigenschaften
8.1.1 Persönlichkeitseigenschaften
8.2 Grundlegende Persönlichkeitsdimensionen
8.3 Zuordnung zu den Gruppen
8.4 Verschiedene typologische Klassifikationen der Persönlichkeit
9. Wonach wir uns im Leben orientieren - Werte und Einstellungen
9.2 Einstellungen
9.2.1 Was ist der Unterschied zwischen Wert und Einstellung
9.4 Vorurteile sind eine besondere Art von Einstellung
10. Wie schaffen wir etwas Neues - Vorstellungsvermögen und Kreativität
10.2 Kreativität
10.2.1 Was benötigen wir zur Kreativität?
10.2.2 Der Schaffensprozess
11. Wie handeln wir - Entscheiden und Verhalten
11.1 Entscheiden
11.2 Entscheiden und Verhalten in der Praxis
11.3 Angepasstes und unangepasstes Verhalten
12. Wie werden wir frisch und aktiv- Müdigkeit und Erholung
12.2 Tagesrhythmus
12.3 Gönnen wir uns Schlaf
12.4 Wirksame psychologische Methoden zur Erfrischung
12.4.1 Hatha-Yoga und Tai Chi Chuan
12.4.2 Autogenes Training
12.4.3 Die Feldenkrais Methode
12.5 Angemessenes aktives Ausruhen
13. Warum wechseln wir unsere Bewusstseinsebenen - Hypnose, Suggestion und Meditation
13.1 Hypnose
13.1.1 Wie hypnotisiert man und wer ist hypnotisierbar?
13.1.2 Ist jeder hypnotisierbar?
13.1.3 Die Persönlichkeit des Hypnotiseurs
13.1.4 Die Hypnose kann Fähigkeiten erwecken
13.1.5 Kann Hypnose zur Heilung verwendet werden?
13.1.6 Können Hypnose und Suggestion missbraucht werden?
13.2 Meditation
13.2.1 Was erleben wir bei der Meditation?
14. Wie funktioniert unser Zusammenleben - zwischenmenschliche Beziehungen
14.1 Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen
14.2 Konfliktbelastete Beziehungen
14.3 Neurotische Konflikte
14.4 Beziehungsstrategien bei Kindern
15. Wie gleichen wir eigene Unzulänglichkeiten aus - Kompensationsprozesse
16. Wie beurteilen wir unsere Mitmenschen - erster Eindruck und Gesamteindruck
Schlusswort
Literatur
Sachregister
Einleitung
Der in Psychologie interessierte Leser erhält durch das vorliegende Buch einen praxisnahen Überblick über den aktuellen Stand dieser Wissenschaft. Durch tieferes Verständnis der Persönlichkeit, ihrer Möglichkeiten und Einschränkungen soll dem Leser der Weg zu einer besseren Selbstkontrolle und Selbstverwirklichung sowie zu einem besseren Verständnis der Mitmenschen erleichtert werden.
Die Psychologie beschäftigt sich besonders mit der Entwicklung der Persönlichkeit, wie sie durch die Umwelt geformt wird und wie sie selbst aktiv auf die Umwelt einwirkt, sowie mit ihren regulierenden und kompensierenden Fähigkeiten. Die behandelten Bereiche beziehen sich auf unser Alltagsleben und erlauben einen guten Überblick. Es werden die allgemeinen, typologischen und individuellen psychologischen Eigenschaften des Menschen erklärt, dessen Erleben und Handeln durch biologische und soziale Faktoren beeinflusst wird - durch seine Beziehungen zu anderen Menschen, durch die Umwelt, Kultur, Wirtschaft und Politik.
Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit meinem Sohn Vitus (nicht Psychologe), dessen Fragen zum Erstentwurf und Formulierungen den Text wesentlich beeinflussten. Für die kritische Durchsicht der deutschsprachigen Ausgabe und positive Anregungen danke ich den beiden Wiener Psychologen, Frau Dr. Christa Michalik, und Herrn
Dr. Klaus Höfner.
Psychologische Fachausdrücke sind im Text fett gedruckt und jeweils erklärt.
1 Wie werden wir uns unserer Umwelt und unser selbst bewusst - Bewusstsein , Unterbewusstsein und Gewissen
1.1 Bewusstsein
In unserem Bewusstsein sind Wahrnehmungen, Erinnerungen und Gedanken, Erlebnisse und Erfahrungen aus unserem Leben gespeichert. Wir unterscheiden das Bewusstsein unserer Tätigkeiten, unserer Identität und Individualität. Unser Bewusstsein hilft uns zu entscheiden, wie wir handeln sollen.
Durch das Bewusstsein können wir uns mögliche zukünftige Ereignisse und auch alternative Abläufe vorstellen, uns zwischen Möglichkeiten entscheiden, Aktivitäten beginnen und beenden. Allerdings spielen sich viele dieser Prozesse außerhalb unseres Bewusstseins, unbewusst, ab. Psychische Vorgänge schließen sowohl bewusste wie auch unterbewusste (unbewusste) Prozesse ein. Auch Anregungen und Reize, die wir nicht bewusst wahrnehmen, werten wir aus. Wir registrieren und speichern sie in unserem Unterbewusstsein und werden durch sie – nicht unwesentlich - beeinflusst.
Das individuelle Unterbewusstsein basiert auf unserer persönlichen Lerngeschichte, auf unseren Erlebnissen und Erfahrungen. Das kollektive Unterbewusstsein verdankt seine Inhalte der Überlieferung. Diese Inhalte werden innerhalb einer Gesellschaft oder Kultur geteilt. Das kollektive Unterbewusstsein macht sich in unserer Beziehung zu bestimmten Symbolen, die Träger von seelischen Bedeutungen sind, und in unseren emotionalen Reaktionen auf diese, bemerkbar. Es sind Symbole, welche in Mythen, Sagen, Märchen, aber auch in den Religionen, dem Ausdruck des Bösen, wie Schlangen und Drachen, der Bedrohung, wie dunkle Wälder, des Lebens, wie der Fisch, der Fruchtbarkeit, wie das Füllhorn, des Göttlichen, wie das Kreuz oder das Auge, usw. dienen. Solche Symbolik finden wir in der Kunst, der Literatur in unseren Träumen und Phantasien. Eine exakte Abgrenzung der Inhalte des individuellen vom kollektiven Unterbewussten ist derzeit nicht möglich.
Bewusstsein – geistiger Prozess der Vergegenwärtigung der Außenwelt und innerer Erlebnisse, wie Denken, Fühlen und Handeln.
Reiz – der bei einem Lebewesen eine Wirkung hervorrufende Auslöser.
In unserem Bewusstsein sind viele Erinnerungen gespeichert, die wir uns normalerweise nicht vergegenwärtigen, aber in Situationen, wo wir sie benötigen, fallen sie uns plötzlich ein. Derartige vorbewusste Erinnerungen kommen uns laufend bei alltäglichen Beschäftigungen in den Sinn, wenn wir uns auf eine Sache oder ein Thema konzentrieren und helfen uns bei unseren Entscheidungen und Handlungen.
Wir kommen z. B. in die Lage, eine neue Anstellung zu suchen. Zuerst sammeln wir Stellenangebote, die unserer Vorstellung in Bezug auf Bezahlung, Tätigkeit und Ort zusagen. Sobald wir nähere Informationen haben, stellen wir uns unsere Rolle an der betreffenden Arbeitsstelle aufgrund unserer Erfahrungen vor. All das spielt sich auf bewusster Ebene ab. Wir entscheiden uns nicht sofort. Das Sprichwort: "Der Morgen ist weiser als der Abend" drückt aus, dass wir uns während des Schlafes, wenn wir entspannt sind, im Unterbewusstsein mit unseren Problemen befassen. Wir entscheiden uns, ohne zu registrieren, dass das Unterbewusstsein bei der Entscheidungsfindung eine Rolle gespielt hat. Auch vorbewusste Erinnerungen können Entscheidungen beeinflussen. Wir erinnern z. B. uns im Laufe unserer Überlegungen plötzlich an eine wichtige Information, die mit dem gegenwärtigen Stellenangebot zusammenhängt, z. B. was ein Bekannter über die Firma, in die wir eintreten möchten, erzählt hat.
Bei der Entscheidungsfindung wird auf der bewussten Ebene unser klar logischer, begründender Intellekt gefordert, wogegen unsere Intuition aus dem Unbewussten schöpft. Albert Einstein (1879 – 1955) sagte: „Ich vertraue auf Intuition“, allerdings kann man davon ausgehen, dass sein genialer Intellekt bei seinen Entscheidungen nicht zu kurz kam.
Bewusstseinsebenen :
Bewusst - geistige Inhalte, die uns unmittelbar zugänglich sind.
Vorbewusst - Erinnerungen, die aus der Vergangenheit in unserem Bewusstsein latent vorhanden sind und reproduziert werden können.
Unterbewusst (unbewusst) - geistige Inhalte, die uns normalerweise nicht offenbar werden, aber dennoch unser Denken, Handeln und Fühlen beeinflussen.
Das Bewusstsein lässt sich nach seiner Luzidität, d. h. nach seiner Intensität oder Klarheit einstufen, wobei man dieses als dumpf, getrübt, matt und in verschiedenen Abstufungen bis ganz klar bezeichnen kann. Eine Vielzahl von Eindrücken oder Vorkommnissen hinterlassen in uns lediglich matte Spuren. Wir werden aufmerksam, wenn uns etwas aufrüttelt und widmen uns dann mit ganz klarem Bewusstsein einer intellektuellen oder körperlichen Aktivität. So kann während des Unterrichts, solange der Lehrer den Stoff erklärt, die Bewusstseinslage des Schülers getrübt oder matt sein. Sobald der Lehrer ihn zur Prüfung aufruft, ist das Bewusstsein (aufgerüttelt) klar (trüb ist dann möglicherweise seine Laune – aber das ist ein anderes Kapitel).
Die Bewusstlosigkeit ist ein Bewusstseinszustand, in den eine Person durch einen Unfall oder eine Erkrankung fallen kann. Es kann sich um ein Koma oder eine psychotische Erkrankung handeln. Der Patient ist nicht ansprechbar, er reagiert auf Schmerz, oder auch nicht, seine Reflexe können vorhanden sein, oder auch nicht. Der Mensch ist in diesem Zustand oft keiner nach außen wahrnehmbaren Bewusstseinsäußerungen fähig, aber es ist unumstritten, dass auch in diesen Patienten Bewusstseinsprozesse ablaufen. Möglicherweise kann der Patient sein Umfeld selektiv oder eingeschränkt wahrnehmen, auch wenn er keine Reaktionen zeigt. Darauf weisen Beobachtungen von Ärzten, Pflegepersonal und Therapeuten hin. Man kann davon ausgehen, dass der Patient Zuwendung, Worte, einfühlsamen Gesang, Musik oder Berührung wahrnimmt und diese zur Genesung beitragen können.
Eine weitere Charakteristik des Bewusstseins ist seine Intentionalität , d. h. dass es immer auf jemanden oder auf etwas ausgerichtet ist: Wir stellen uns etwas vor, wir beurteilen gedanklich etwas, wir lieben oder hassen jemanden.
Im Weiteren interessiert uns auch der Bewusstseinsumfang. Im Basisbereich des Bewusstseins bewegen wir uns innerhalb der Grenzen der Realität, die wir durch praktische Erfahrung beweisen können. Daher sprechen wir vom Bewusstseinsumfang der empirisch gegebenen Wirklichkeit. Unser Streben nach tieferem Erleben und Erkennen führt uns zum Versuch, die Schwelle des Bewusstseins zu überschreiten. Wir können unseren Bewusstseinsumfang in unseren Vorstellungen, unseren Empfindungen und Einsichten (Visionen, Emotionen und Erkenntnissen) ausweiten, wie z. B. in einem Zustand extremer spiritueller, religiöser oder kreativer Begeisterung oder Verzückung. Eine solche Erfahrung wird als einzigartiges Erlebnis, das eine tiefe Einsicht in innere Zusammenhänge des Lebens und der Welt ermöglicht, empfunden. Auch Nahe-Tod-Erlebnisse wurden von den Betroffenen nachher als spirituelle, visionäre Verzückung beschrieben.
Anleitungen zur Bewusstseinserweiterung finden wir zum Beispiel bei Yoga. Alle einschlägigen Methoden sollten unter seriöser fachlicher Leitung praktiziert werden, um eine Desorientierung oder Gefährdung des psychischen Zustands zu vermeiden. Das betrifft vor allem Methoden, die auf der Einnahme von psychotropen Substanzen, auf Atempraktiken oder auf Ritualen beruhen. Bei übertrieben langen Übungen kann es zum Ausbruch von psychotischen Erkrankungen kommen. Die Auswahl einer nicht nur fachkundigen, sondern auch seriösen Leitung ist äußerst wichtig, weil eine weitere Gefahr darin besteht, dass beim Trainierenden ein unkritischer Gehorsam gegenüber der Autorität des Instruktors entsteht. Dieses Phänomen wird mitunter von Sektenführern missbraucht. Ein Angehöriger einer Sekte ist oft nicht mehr in der Lage, sich selbst dem Einfluss zu entziehen. Für Außenstehende, die helfen wollen, ist es sehr schwierig, eine betroffene Person gegen deren Willen vom Einfluss eines Sektenführers zu befreien.
Grundumfang des Bewusstseins - Bewusstsein im Rahmen der empirisch gegebenen Wirklichkeit
Erweitertes Bewusstsein - Bewusstsein, das über die Schwelle der empirisch gegebenen Wirklichkeit hinausreicht
Eine weitere Charakteristik des Bewusstseins ist der Bewusstseinsstrom, welcher die Dynamik, den ununterbrochenen Durchfluss von Bewusstseinsinhalten in unseren psychischen Abläufen, wie Empfinden, Wahrnehmen, Denken, Vorstellen, Gedächtnis, Gefühlen, Motiven, und auch psychischen Vorgängen mit organischem Hintergrund, wie z. B. Schmerz, ausdrückt. Insgesamt werden diese psychischen Abläufe als Erleben bezeichnet, im Gegensatz zu Verhalten.
Erleben - jeder Vorgang im Bewusstsein einer Person, der nur dieser selbst zugänglich ist.
1.2 Unterbewusstsein und Träume
Die unterbewusste Sphäre wird vom Bewusstsein unterschiedlich registriert. Es bestehen große individuelle Unterschiede, in welchem Maß jemand die eigenen unterbewussten Bereiche erkennt und ihm diese bewusst werden, auch ob das Unterbewusste als positiv, neutral oder bedrohend empfunden wird. Unser Unterbewusstsein kann sich in unseren Träumen bemerkbar machen. Mithilfe der Träume können uns gewisse unterbewusste Inhalte bewusst werden. Es ist jedoch unmöglich, alle unterbewussten Inhalte ins Bewusstsein zu rufen.
1.3 Träume als Ausdruck des Unterbewusstseins und psychische Gesundheit
Jeder Mensch träumt, häufig erinnern wir uns gar nicht daran geträumt zu haben. Träume treten meist in den REM Phasen (Phasen mit raschen Augenbewegungen) des Schlafes auf, in welchen eine gesteigerte Gehirntätigkeit vor sich geht. Träume können einen infantilen und irrationalen Inhalt, aber auch einen rationalen, reinigenden Charakter haben. Bei Träumen handelt es sich um Reaktionen auf Erlebnisse und Erfahrungen und um eine Selbstregulierung unseres psychischen Systems. Sie sind eine Dokumentation, welche die innere Dynamik der individuellen Persönlichkeit ausdrückt. Der Traum enthält Andeutungen, die bild- oder symbolhaft ausgedrückt werden. Die Interpretation von bestimmten Symbolen, die uns in Träumen erscheinen, helfen uns Trauminhalte zu verstehen. Wenn wir mit einem Traum, den wir uns bewusst machen, nichts anzufangen wissen heißt das nicht, dass er nicht eine Wirkung auf unser Unterbewusstsein haben kann.
REM (Rapid Eye Movements) Schlaf - Phasen des Schlafes mit raschen Augenbewegungen, in welchen auch die Gehirntätigkeit gesteigert ist.
1.4 Traumdeutung
Häufig erinnern wir uns nicht an unsere Träume. Das Bewusstmachen der Trauminhalte und deren Erklärung können jedoch für das Wohlbefinden oder aus therapeutischen Gründen hilfreich sein. Wenn wir einer nahe stehenden, verständnisreichen Person einen uns belastenden Traum erzählen, werden wir unsere Restangst los und erkennen vielleicht auch, in welchen Erlebnissen oder Problemen der Traum seinen Ursprung hatte. Ein Traum kann Hinweise oder Warnungen aus unserem Unterbewusstsein vermitteln. Auch körperliche Reize während des Schlafs, wie Schmerzen, Frieren, voller Magen usw., äußern sich in Träumen, die Vorboten von Krankheiten oder Krisen sein können.
Traumdeutung ist der mehr oder weniger systematische Versuch, einzelne Traumelemente oder Traumerscheinungen, die oft symbolische Bedeutung haben, zu erklären Für die Interpretation von Träumen gibt es kein universelles Lexikon von Traumsymbolen. Gewisse Symbole können jedoch unter bestimmten kulturellen Bedingungen und unter dem Einfluss bestimmter Situationen einheitlich sein. Die Bedeutung eines Traumes können wir ableiten, wenn wir mit dem Lebenslauf und den Erfahrungen der betreffenden Person gut vertraut sind.
In der psychotherapeutischen Praxis dient die systematische Analyse der Träume zur Aufdeckung von psychischen Störungen und zugleich als ein Zugang zur Erforschung des Unterbewussten. Mit Träumen in der Psychotherapie, haben sich u. a. Sigmund Freud (1875 – 1961) und C. G. Jung (1856 – 1939) intensiv beschäftigt.
Freud und seine Schüler konzentrieren sich auf das Thema des Traumes, welches sie als Ausdruck von verdrängten Wünschen sehen. Aufgrund von gemeinsamen Elementen zahlreicher Traumschilderungen verschiedener Klienten wurden Auslegungen von Träumen abgeleitet (z. B. in die Tiefe fallen symbolisiert Angst oder einer erotischen Versuchung nachgeben, fliegen symbolisiert Verlangen nach sexueller Erfüllung, nach oben gerichtete, spitze oder leistungsfähige, starke Objekte, wie Turm, Gewehr, Messer, Auto oder Flugzeug sind männliche Sexualsymbole - Phallussymbole - , während hohle, runde oder schwächliche Gegenstände, wie Truhen, Dosen etc. weibliche Sexualsymbole darstellen sollen).
C. G. Jungs analytische Psychologie interpretiert in den Träumen die archetypische Symbolik , nach welcher z. B. ein Pferd im Traum die menschlichen Triebe symbolisieren kann. Jung betont, dass die Bedeutung eines Symbols sehr individuell ist und nicht ohne genaue Analyse der Zusammenhänge interpretiert werden kann.
Archetyp - Bei C. G. Jung Bezeichnung für ureigenste und typische Erfahrungen oder Einstellungen der Menschheit, welche die Menschen unbewusst wiederholen - Urvorbilder menschlichen Handelns. Die einzelnen Elemente der Archetypen ergeben das kollektive Unterbewusstsein der Menschheit.
Archetypische Symbolik - ureigene Vorstellungen, kulturabhängige Urgestalten, die in Mythen, Märchen, Legenden und in der Folklore vorkommen und weitergegeben werden.
1.5 Warum sind wir mitunter geistesabwesend - Dissoziation
Dissoziation - Abspaltung einer Gruppe von psychischen Prozessen, wie Gedanken, Gefühlen, Einstellungen oder Handlungen vom Bewusstsein.
Dissoziation verstehen wir vielleicht besser, wenn wir sie dem Gegenteil, der Assoziation gegenüberstellen. Während wir bei Assoziation Gedächtnisinhalte (Vorstellungen, Gedanken, Begriffe) verbinden, kommt es bei der Dissoziation zur Trennung oder Abspaltung von Wahrnehmungs- und Gedächtnisinhalten im Bewusstsein. Die gängige Dissoziation unterscheidet sich von der pathologischen, die dauernde Störungen der integrativen Funktion des Bewusstseins zur Folge hat, ganz wesentlich.
Dissoziative Gedanken, Gefühle, Einstellungen und Handlungen laufen außerhalb unserer bewussten Vorhaben ab, wobei es von vollem Bewusstsein bis zum nicht Bewusstsein viele Abstufungen gibt. Unser tägliches Leben ist voll von kleinen Dissoziationen, bei welchen wir gewisse Gedanken, Gefühle, Einstellungen oder Handlungen nicht in unser Bewusstsein integrieren können, sie werden also nicht bewusst gesteuert und laufen automatisch ab. Je automatischer eine Handlung ist, desto weniger bewusste Kontrolle erfordert sie. Der Mensch kann auch mehrere Handlungen gleichzeitig durchführen, ohne dass diese vom Bewusstsein vollständig registriert werden. Das macht sich etwa so bemerkbar, dass Sie jemanden anrufen, aber die Nummer einer anderen Person eintippen. Dissoziation kann auch zu automatischen Handlungen führen z. B. Beißen am Bleistift, automatisches Kritzeln oder Zeichnen während des Telefonierens oder Nachdenkens. Auch Sprechen oder Gehen im Schlaf (Mondsüchtigkeit, Somnambulismus) gehören zu den dissoziativen Erscheinungen. Die Skala der dissoziativen Erscheinungen ist breit, die Menschen sind sich ihrer meist nicht unmittelbar bewusst und können sich häufig auch nicht an sie erinnern.
Dissoziation dient auch zur Bewältigung traumatischer Erfahrungen oder tragischer Begebenheiten. Durch den Prozess der Dissoziation werden die belastenden Gedanken und Gefühle vom Bewusstsein abgespaltet. Die Betroffenen, z. B. Opfer von Gewalt, erleben ihre Qualen als wären sie Zuschauer des Geschehens und nicht die Leidenden selbst. Es tritt eine Depersonalisation ein. Oft können sich die Betroffenen im Nachhinein nicht mehr an die Begebenheiten erinnern. Wenn der Zustand andauert, ergibt sich das Krankheitsbild der multiplen Persönlichkeit; allerdings kommt diese eher selten vor. Die betroffene Person verhält sich wechselweise wie zwei oder mehrere selbständige, charakterlich verschiedene Persönlichkeiten, und eine ist sich der anderen nicht bewusst. Die betroffene Person wechselt plötzlich von einer in die andere Persönlichkeitsform.
1.6 Gewissen
Gewissen - Fähigkeit das eigene Handeln im Hinblick auf das eigene, verbindliche System von Werten zu prüfen und zu kontrollieren.
Das Gewissen ist die höchste Form des Selbsterkennens, durch welche wir Bewertungen der eigenen Taten und Motive vornehmen. Es entwickelt sich durch eine Verinnerlichung von Werten und Einstellungen, die durch Eltern, Familie, soziales Umfeld, Kultur und Religion bereits ab der frühen Kindheit vermittelt werden. Idealerweise verstärkt das Gewissen unsere Motivation, verantwortungsvoll gegenüber anderen und uns selbst zu handeln. Gewissenskonflikte ergeben sich durch Abweichungen der tatsächlichen moralischen Handlungen von der eigenen Gesinnung.
Gewissensbisse sind noch kein Beweis dafür, dass tatsächlich eine Schuld vorliegt. Sie können Ausdruck einer penibel gewissenhaften Persönlichkeit oder das Symptom einer Depression sein. Unser Gewissen kann gut oder schlecht sein. Wir erforschen unser Gewissen, wir beruhigen es, wir übertönen es oder wir belügen es. Bei der Erforschung unseres Gewissens, können wir in unser Unterbewusstsein vordringen.
2 Wie nehmen wir unsere Umwelt wahr - Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
2.1 Die Sinne
Mithilfe unserer Sinne nehmen wir die Umwelt wahr, vor allem durch das Sehen, Hören, Tasten, Riechen und Schmecken. Durch die Wahrnehmung sammeln wir Informationen über unsere Umwelt, die wir in unserem Gedächtnis speichern. Dadurch können wir bei nächster Gelegenheit z. B. die Größe oder Farbe eines Objektes bereits aus größerer Entfernung und unter anderen Lichtverhältnissen richtig einschätzen oder wir können nach einem Geräusch von Schritten erkennen, wer kommt. Dank dieses Phänomens der Konstanz erkennen wir aus größerer Entfernung, auch in der Dämmerung oder in der Dunkelheit z. B. bekannte Personen, dass unser Hund bellt und nicht ein fremder, dass die Hand, die uns berührt, die unseres Partners ist. Die menschlichen Sinne sind in verschiedenen Richtungen bemerkenswert entwickelt, allerdings ist unsere Wahrnehmung manchmal verzerrt.
Von einer großen Anzahl von Gerüchen, die in der freien Atmosphäre vorhanden sind, nimmt der Mensch mit seinem Geruchssinn nur einen kleinen Teil wahr, und einen noch kleineren Teil kann er sicher unterscheiden. Gerüche beeinflussen unsere Gefühle zu anderen Menschen (ich kann jemanden nicht riechen), die Partnerwahl und das Geschlechtsleben, auch wenn wir das nicht oder nur teilweise bewusst registrieren. Der Geruchssinn hat beim Menschen auch die Funktion der Kontrolle von Speisen und Getränken oder das Signalisieren schädigender Stoffe. Ein längeres Verbleiben in einer Umgebung mit einer starken Geruchskonzentration hat zur Folge, dass die Wahrnehmungsempfindlichkeit nach und nach sinkt, bis der Geruch letztendlich überhaupt nicht mehr wahrgenommen wird, es kommt zur Adaptation.
Die Geschmacksrezeptoren des Menschen können auf eine große Anzahl von chemischen Stoffen reagieren, die in vier Geschmacksqualitäten zusammengefasst werden: süß, salzig, sauer und bitter. Diese Geschmackseinteilung wurde bereits vom griechischen Philosophen Aristoteles (384 v. Chr. – 322 v. Chr.) verwendet. Es gibt starke individuelle und kulturelle Unterschiede in der Bewertung der Geschmacksqualitäten, was schmeckt und was nicht. Geschmacks - und Geruchssinn gehören eng zusammen. Schon bevor man eine Speise oder ein Getränk kostet, bildet man sich aufgrund des Geruchs eine Geschmacksvorstellung. Fällt der Geruchssinn, z. B. bei Schnupfen aus, schmecken auch viele Speisen „fade“. Ähnlich wie beim Geruchssinn führt ein länger dauernder Geschmacksreiz zu einem allmählichen Abnehmen der Wahrnehmungsintensität.
Der Tastsinn wird im weiteren Sinn als Hautsinn bezeichnet. Wir nehmen Druck, Wärme und Schmerz wahr. Gleich wie bei den anderen Sinnen, kommt es bei der Wahrnehmung von Druck und Wärme - nicht jedoch beim Schmerz – zur Adaptation, die bei längerem Andauern des Reizes eine Abnahme der Wahrnehmungsintensität bewirkt. Jede Art von Reiz, der stark genug ist, um eine Beschädigung des Gewebes zu verursachen, bewirkt einen Schmerz.
Neben dem Hautsinn haben wir noch körperliche Sinne (kinästhetische Empfindungen ), die uns über unsere Bewegungen, die Körperstellung oder Körperlage informieren.
Das Gehör ist neben dem Gesichtssinn wichtig, um Informationen aus unserem Umfeld zu erhalten sowie zur Kommunikation. Die Tonhöhe, die durch die Frequenz bestimmt wird, stellt eine Grundqualität des Geräusches dar. Wir nehmen Schallwellen in der Luft von 16 Hertz (tiefe Töne) bis 20.000 Hertz (hohe Töne) wahr. Wenn zwei oder mehr Frequenzen gleichzeitig ertönen, nehmen wir jeden Ton getrennt wahr. Mit zunehmendem Alter nimmt die Hörfähigkeit für hohe Töne ab.
Eine weitere Qualität des Tones ist die Intensität. Wenn wir einer übermäßigen Tonintensität ausgesetzt sind, kann es zu einer Beschädigung des Gehörs kommen. Eine kritische Lärmgrenze beginnt bei 70 Dezibel (dB), wenn wir diesem Lärm längere Zeit ohne Unterbrechung ausgesetzt sind. Die Arbeit mit Werkzeugen oder Maschinen bei 100 dB sollte – ohne Pause - nicht länger als zwei Stunden dauern. Lärm von 120 dB stellt eine unmittelbare Gefährdung des Gehörs dar. Solchem Lärm sind wir z. B. bei einem Rockkonzert in der Nähe der Verstärker ausgesetzt.
Sehen können wir, was sich innerhalb unseres Gesichtfeldes befindet, aber hören können wir aus allen Richtungen. Einen Ton, der von der rechten Seite kommt, nehmen wir mit dem rechten Ohr lauter wahr und umgekehrt. Diesen winzigen Unterschied der Lautstärke und den minimalen Zeitunterschied, mit welchem Schallwellen das rechte und linke Ohr erreichen, wertet unser Gehirn aus und ermittelt die Richtung aus der der Laut kam.
Mit dem Gesichtssinn reagieren wir auf Licht. Licht - sichtbare Energie - stellt einen kleinen Teil des Spektrums elektromagnetischer Strahlung dar. Das von unseren Augen aufgenommene Bild, das leicht verzerrt und an den Rändern unscharf ist, wird vom Gehirn korrigiert, sodass wir diese Unzulänglichkeiten nicht wahrnehmen. Auch die dreidimensionale Wahrnehmung ist Aufgabe des Gehirns, da die Abbildung des Gesehenen auf den Netzhäuten vorerst zweidimensional ist. Ringmuskeln um die Augenlinse steuern die Sehschärfe. Mit dem Alter, ab ca. 45 Jahren – nimmt die Elastizität der Linse ab und man wird evtl. altersweitsichtig. In welcher Farbe wir einen Körper unter Lichteinfall wahrnehmen, und ob wir ihn erfassen können, hängt von der Wellenlänge des Lichtes und von der Oberflächenbeschaffenheit des Körpers ab. Der Bereich, den wir wahrnehmen, ohne die Augen und den Kopf zu bewegen, ist das Gesichtsfeld, das unter verschiedenen Bedingungen veränderlich ist (Licht oder Dunkelheit, Ruhe oder Fortbewegung, usw.)
2.2 In reizarmen monotonen Bedingungen sinkt die Aufmerksamkeit
Unsere Sinne reagieren besser auf Veränderungen im Umfeld als auf gleichförmige Bedingungen. Vielleicht kennen Sie die Situation, wenn Sie längere Zeit auf einer Autobahn mit monotoner Umgebung fahren. Der Blick stellt sich darauf ein, dass sich in der Umgebung nichts Neues tut. Es kann dann schwer sein, sich zu konzentrieren. Wir bemerken, dass unsere Aufmerksamkeit herabgesetzt ist.
2.2.1 Absolutes Fehlen von Anregungen
Die Absenz von Reizen ist ein Extremfall. Wenn der Zustand länger andauert, kommt es während der sensorischen Deprivation zu einer Kompensation des Mangels an äußeren Anregungen. Es tauchen lebhafte Vorstellungen bis zu Halluzinationen auf.
2.2.2 Überlastung der Sinne
Wenn die Sinne über längere Zeit überlastet werden, führt das zur Erschöpfung. Daher ist es wichtig, bei Tätigkeiten, welche die Sinneswahrnehmung belasten, öfter Pausen einzulegen.
2.2.3 Die Wahrnehmung verläuft als Prozess
Dank unserer Wahrnehmung orientieren wir uns in unserer Umwelt. Wenn wir uns mit der Wahrnehmung näher beschäftigen, können wir sie in eine Reihe von Prozessen einteilen. Wir erkennen z. B. einfache Eigenschaften eines Objektes wie Form, Farbe, und Größe, aber wir nehmen Objekte auch als Ganzes wahr und die wechselseitigen Beziehungen zwischen denselben.
Wahrnehmung – Aufnahme und Verarbeitung von Informationen, die durch unsere Sinnesorgane vermittelt werden.
Bei der Wahrnehmung organisieren wir die Informationen systematisch und verbessern diese Fähigkeit laufend. Je entwickelter unsere Sinne sind, desto mehr Sinneseindrücke erhalten wir. Ein Sinn weniger, und wir sind von einem ganzen Segment des äußeren Geschehens ausgeschlossen. Hätten wir zusätzliche Sinne, könnten wir mehr und vielfältigere Informationen über die Umwelt erhalten. Unser Erkennen ist durch die Sinne, die uns zur Verfügung stehen, eingeschränkt. Oft erhalten wir durch unsere Sinneswahrnehmungen nur unvollständige oder sogar verfälschte Bilder der äußeren Ereignisse. Es existiert jeweils eine obere und untere Grenze (Schwelle ) unserer Wahrnehmungsfähigkeit. Aber auch innerhalb dieser Grenzen können unsere Sinneswahrnehmungen unverlässliche Informanten sein, ein Beispiel sind Sinnestäuschungen . Wir können unsere Aufnahmefähigkeit durch technische Mittel erweitern. Die natürlichen Grenzen des Erkennens sind durch unsere Bewusstseinsform (Ebene, Luzidität, Intentionalität und Umfang), Wahrnehmung und Aufmerksamkeit gegeben, aber auch durch die Erfahrung, Vorstellung, Einschätzung und Neugier. Daraus geht hervor, dass die Qualität der Sinneswahrnehmung individuell unterschiedlich ist (Sommeliers z. B. perfektionieren die Geruchs- und Geschmackswahrnehmung durch gezieltes Training). Wir machen uns auch die besser ausgeprägten Sinne von Tieren zunutze, z. B. den Geruchssinn von Hunden bei der Suche nach Menschen oder Drogen.
2.3 Die Organisation unserer Sinneswahrnehmungen
Figur - Objekt, das bei der Wahrnehmung einer Gesamtkomposition unsere Aufmerksamkeit erregt. Daher nehmen wir es dominant und genauer wahr als die Umgebung.
Grund - Teile einer Gesamtkomposition, die wir als nebensächlich und weniger deutlich wahrnehmen.
Figur-Grund-Prinzip - Grundform der Organisation von Wahrnehmungen. Ein Objekt einer Gesamtkomposition wird deutlicher wahrgenommen als der Rest, weil es die Aufmerksamkeit erregt hat.
Wir nehmen Gesamtbilder oder Situationen immer entsprechend dem Figur-Grund-Prinzip wahr, egal ob mit dem Gesichts-, dem Gehör- oder mit dem Geruchssinn, d. h. ein bestimmtes Objekt einer Gesamtkomposition zieht unsere Aufmerksamkeit an sich, und wir nehmen es deutlicher wahr als die anderen umliegenden Objekte. Sobald wir uns mehr auf ein anderes Objekt in der gegeben Gesamtkomposition konzentrieren, nehmen wir dieses als Zentralfigur schärfer wahr, und das vorher dominant wahrgenommene Objekt verschwimmt jetzt im Hintergrund. Es kann sich dabei um den Ton eines bestimmten Musikinstruments im Orchester, einen bestimmten Duft, oder um einen bestimmten Gegenstand unter vielen anderen handeln. Die Fähigkeit, ein bestimmtes Wahrnehmungsobjekt unter vielen anderen zu erkennen, hat wichtige praktische Bedeutung im Alltagsleben und in vielen Berufen.
Unsere Wahrnehmung wird sowohl durch innere (Emotionen und körperliche Zustände) als auch durch äußere Faktoren beeinflusst. Zum Beispiel bemerken Personen, die Angst vor sozialer Ablehnung haben, rascher Anzeichen eines feindlichen Ausdrucks im Gesicht Ihres Gegenübers.
Es bestehen individuelle Unterschiede der Abhängigkeit des Gesichtsfeldes, die von einem hohen Grad der Abhängigkeit (langsames Abheben der Figur vom Hintergrund) bis zur Unabhängigkeit ( rasches Abheben der Figur vom Hintergrund) reicht. Die "Unabhängigen" sind erfolgreicher beim Erkennen von Gegenständen vor einem tarnenden Hintergrund (das sind d i e Pilze- oder Mineraliensammler. Sie werden auch ihre Brille nicht allzu lange suchen müssen).
Unsere Wahrnehmung ist nicht nur durch die realen Objekte gegeben, die wir sehen, durch ihre Größe, Farbe, Bewegung. Diese physikalischen Eigenschaften sind das Material, aus welchem sich unser Gehirn mithilfe von angeborenen und angeeigneten Faktoren eine Wahrnehmung bildet.
2.4 Aufmerksamkeit
Als Zustand gesteigerter Wachsamkeit und Aktivität des Bewusstseins bei der selektiven Orientierung spielt die Aufmerksamkeit beim Wahrnehmen, Denken und Handeln eine wichtige Rolle. Es handelt sich um einen Regelprozess, der wirksam wird, wenn wir uns auf bestimmte Erscheinungen und Handlungen konzentrieren.
2.4.1 Worauf richten wir unsere Aufmerksamkeit ?
Die Gegenstände unserer Aufmerksamkeit können in zwei Objekttypen eingeteilt werden: Äussere Objekte – Objekte der Sinne – und innere - Objekte des Denkens und der Vorstellung.
Sinnesobjekte – reale Gegenstände, die wir wahrnehmen
Gedankenobjekte oder Vorstellungsobjekte – Gegenstände oder Themen unseres Denkens oder unserer Vorstellung
Sinnesobjekt kann z. B. eine Ware im Kaufhaus oder das Angebot eines Restaurants sein – zieht es unsere Aufmerksamkeit auf sich oder nicht? Unter Vorstellungsobjekt verstehen wir z. B. die Erinnerung an den Urlaub, wenn wir bereits wieder zur Arbeit gehen. Denkobjekte sind Themen, mit welchen wir uns geistig auseinandersetzen, ein Denkobjekt wäre z. B. ein ungelöstes wirtschaftliches Problem. Die Kategorien sind nicht immer genau abgrenzbar, oft überschneiden sie sich.
Die Erforschung der Aufmerksamkeit begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zuerst durch Selbstbeobachtung. Es ist einfacher, die Aufmerksamkeit beim Umgang mit Sinnesobjekten zu untersuchen, weil der Psychologe mit diesen gut manipulieren kann. Man lässt auf akustische oder visuelle Reize nach Höhe, Farbe, Intensität, Dauer, Reihenfolge usw. reagieren. Durch Zuordnung der Reize zu Kategorien, kann festgestellt werden, welche physikalische Eigenschaft des Reizes die Aufmerksamkeit in einem bestimmten Augenblick auf sich zieht. Erkenntnisse aus derartigen Untersuchungen sind in allen Bereichen von Bedeutung, in welchen Instrumente, Geräte, Maschinen, Fahrzeuge u. ä. entwickelt, erzeugt und verwendet werden. Auch in der Werbung kommen sie zum Tragen, welche - als ersten Schritt zur Absatzsteigerung – die Aufmerksamkeit des potentiellen Kunden erwecken muss. Bei Reklamen dominiert in der Regel das Bild. Aber auch in anderen Bereichen, wo unsere Aufmerksamkeit gefordert ist, werden Bilder früher aufgenommen als Texte und bleiben besser im Gedächtnis haften. Neue Reize erwecken unsere Aufmerksamkeit in höherem Masse als solche die unseren Erwartungen entsprechen. Wir vergleichen neue Reize mit bereits bekannten.
2.4.2 Was entgeht unserer Aufmerksamkeit ?
Reize können unterschwellig sein. Dabei handelt es sich um Reize, die zwar nicht bewusst wahrgenommen werden, die aber Einfluss auf das Verhalten haben, z. B. auf das Kaufverhalten eines Kunden. Das kann eine extrem kurze akustische oder visuelle Darbietung einer angenehmen Vorstellung im Zusammenhang mit einem bestimmten Produkt sein. Es ist eine Werbung im Wege des Unterbewusstseins. Als potentieller Kunde können wir auch Manipulationen mit unseren Sinnen ausgesetzt sein, z. B. künstlichen Düften, die unseren Appetit stimulieren oder Seriosität signalisieren und dadurch unser Vertrauen erwecken, Beleuchtung, welche die Farben von Lebensmitteln ansprechender hervortreten lässt sowie entspannende oder stimulierende Hintergrundmusik.
2.4.3 Schein und Sein
Unsere Körpersprache – oder die unseres Gegenübers - signalisiert Aufmerksamkeit: durch die Körperhaltung, den Gesichtsausdruck, die Richtung und Bewegung des Kopfes und der Augen. Leider ist das aufmerksame Aussehen kein ausreichender Beweis für tatsächliche Aufmerksamkeit . Es kann sich auch um eine durchaus übliche, soziale Heuchelei handeln. Bekanntlich funktioniert eine Verstellung ganz gut, wenn wir bei einer langweiligen Rede einen interessierten Gesichtsausdruck aufsetzen, dabei aber an ganz andere Dinge denken.
2.4.4 Tagträume
Untersuchungen haben bewiesen, dass man von der Ausrichtung des Sinnesrezeptors (Augen, Ohr, Nase) nicht auf die Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Reiz schließen kann. Bei der Vorgabe von visuellen Reizen zeigte sich, dass ein vorgegebenes Objekt – obwohl es von einer Person bemerkt wird und der Blick darauf fixiert ist - trotzdem nicht erkannt werden muss. Die Person schaut gedankenlos vor sich hin oder befindet sich in einem Zustand von Tagtraum
2.4.5 Wie kann man sich besser konzentrieren ?
Wenn wir uns auf eine bestimmte Tätigkeit besonders konzentrieren wollen, gelingt uns das besser, wenn weniger Tätigkeiten gleichzeitig auszuführen sind. Der Mensch kann nur eine beschränkte Anzahl von Informationen gleichzeitig wahrnehmen. Aus Untersuchungen geht hervor, dass eine Person unter normalen Bedingungen mit einem Blick gleichzeitig (in 0,1 – 0,2 s) ca. sieben Objekte erfassen kann, wobei auch die Aufmerksamkeit Einfluss hat. Für die Ausführung bestimmter Tätigkeiten ist unsere volle Aufmerksamkeit erforderlich, sodass wir darüber hinaus „nichts sehen und nichts hören“. Die Steigerung der Aufmerksamkeit wird durch erhöhte Motivation unterstützt. Wir können gleichzeitig mehrere Tätigkeiten erfolgreich ausführen, wenn wir zumindest eine so gut beherrschen, dass wir sie weitgehend automatisch erledigen.
Gegenwärtig wachsen die Anforderungen an die Verteilung der Aufmerksamkeit (Distribution) zwischen mehreren gleichzeitigen Stimuli (Informationen), wie z. B. beim Telefonieren während des Autofahrens. Der Mensch konzentriert sich auf die Handlung, die ihm gegenwärtig als wichtigste erscheint,, er geht selektiv vor. Für die Selektivität ist die Widerstandsfähigkeit des Betreffenden gegen Störeinflüsse wichtig. Auch seine Gewohnheiten und seine Motivation haben Einfluss. Bei einem Vortrag oder Gespräch hängt die Aufmerksamkeit der zuhörenden Person stark von der Empathie ab, die sie für den Sprechenden empfindet, das heißt mit der Einfühlungsbereitschaft in die Welt des anderen. Die selektive Aufmerksamkeit ist eine wichtige Voraussetzung, um das Wesentliche eines Gesprächs oder einer Erzählung und um emotionale Aspekte zu erfassen. Die Beweglichkeit (Dynamik ) der Aufmerksamkeit ermöglicht den raschen Übergang von einem Gegenstand zum anderen. Die Dynamik ist eine natürliche Eigenschaft der Aufmerksamkeit.
Das lange Aufrechterhalten der Aufmerksamkeit (Tenazität) auf ein Objekt erfordert normalerweise beträchtliche Anstrengung. Vielfältigkeit, Abwechslungsreichtum und Originalität der Reize unterstützen die Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit.
Konzentration der Aufmerksamkeit ist die ausschließliche Hinwendung der Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Gegenstand, eine bestimmte Erscheinung oder einen bestimmten Inhalt. Wenn wir uns länger konzentrieren müssen, z. B. beim Schreiben eines Textes am Computer, wird unsere Aufmerksamkeit schwanken (oszillieren). Es kann sein, dass unsere Konzentration nach einiger Zeit so stark absinkt, dass wir lediglich untätig auf den Bildschirm sehen. Diesen Wechsel von scharfer und dumpfer Aufmerksamkeit nennen wir Fluktuation.
Verschiedene Berufe, z. B. DispatcherInnen, OperatorInnen, erfordern dauernde Anspannung der Aufmerksamkeit, was sehr anstrengend ist und Wachsamkeit (Vigilanz) erfordert. Vigilanz ist die Bereitschaft, auf unregelmäßig auftretende, zufällige Veränderungen im Umfeld zu reagieren. Charakteristisch ist die rasche Umstellung von einem Zustand relativer Ruhe in einen Zustand plötzlicher, maximaler Konzentration, richtigen und raschen Entscheidens und Reagierens, wie z. B. bei der Flugüberwachung. Die Anforderungen an die Aufmerksamkeit sind umso höher, je ähnlicher die Reize (Informationen, Signale) bei einzelnen anspruchsvollen Aufgaben sind. Handikaps bei solchen Aufgaben sind mangelnde Fertigkeiten, Sorgen, „Gedankenabwesenheit“, Drogeneinfluss, Monotonie, Müdigkeit, Langeweile.
2.4.5 Das Phänomen der Zeitlücke
Nach längerer Fahrt erreicht der/die Autofahrer/in eine Kreuzung und stellt fest, dass er/sie sich der zurückgelegten Strecke überhaupt nicht bewusst ist. Normalerweise erklären wir uns einen solchen Ausfall zeitlich, so als wäre aus unserem Bewusstsein z. B. eine halbe Stunde „verloren gegangen“.
Das plötzliche Bewusstmachen der Zeitlücke erfolgt durch ein charakteristisches „sich losreißen“ und zurückkehren in eine strikte Zeitstruktur. Auf einmal sind wir uns der Zeit und des Raumes wieder klar bewusst. Die meisten Menschen sind im Beruf an kontinuierliche Zeitkontrolle und Zeitschätzungen gebunden. Berufe, in welchen die Zeit keine Rolle spielt, sind eher die Ausnahme. Lediglich in unserer Freizeit können wir das Zeitbewusstsein vernachlässigen. Das Bewusstsein der Zeit, das Bewusstmachen des eigenen Ich und das subjektive Bewusstmachen der Kontinuität des Lebens sind eng miteinander verbunden.
Unser Zeitgefühl orientiert sich an inneren und äußeren Vorgängen. Wenn eine Person beschreibt, sich nicht an eine bestimmte Zeitspanne erinnern zu können, handelt es sich tatsächlich um die Unfähigkeit, sich an eine Reihe von äußeren Vorkommnissen zu erinnern, die normalerweise als zeitliche Kennzeichen dienen würden.
Das Problem beruht vor allem auf dem Prozess der Aufmerksamkeit und es erhebt sich die Frage, wie es zu einem so langfristigen Ausfall der bewussten Aufmerksamkeit kommen kann, obwohl die betroffene Person gleichzeitig sehr komplexe Aufgaben erfüllt, die von Reaktionen auf äußere Vorkommnisse abhängen, wie z. B. das Lenken eines Fahrzeuges,.
Eine Antwort erhalten wir, wenn wir die Art der erforderlichen Fähigkeiten näher betrachten. Diese sind hierarchisch so organisiert, dass elementare Komponenten einer Tätigkeit durch Wiederholung automatisiert werden. Ein erfahrener Lenker benötigt für die Grundbeherrschung seines Fahrzeugs keine bewusste Aufmerksamkeit mehr. Solange die Verkehrssituation relativ unkompliziert ist und es sich somit um Routine ohne zu erwartende Komplikationen handelt, erfordert das Lenken lediglich ein niedriges Niveau von bewusster Aufmerksamkeit. Der/die Lenker/-in verwendet seine Aufmerksamkeit anderweitig, wie es eben seinem Denken entspricht. In gewissem Sinn hat er auf den „automatischen Piloten“ umgeschaltet. Aber jede wesentliche Veränderung der Situation bewirkt eine Bearbeitung der neuen Information, eine Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten und entsprechende Entscheidungen. Letzteres erfordert wieder erhöhte bewusste Aufmerksamkeit und damit vollen bewussten Einsatz. Die Zeitspanne des automatischen Lenkens kann als Lücke oder Ausfall empfunden werden.
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- Arbeit zitieren
- Jiri Hoskovec (Autor:in), 2009, Psychologie. Eine Einführung in die Psychologie für interessierte Leser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165415
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