Die vorliegende empirische Studie untersucht Emotionsarbeit und Burnout in der internationalen Lusxushotellerie am Beispiel von Rezeptionsmitarbeitern.
Die Arbeit an der Rezeption wurde als klassische personenbezogene
Dienstleistung identifiziert und somit als relevant für das Konzept der Emotionsarbeit und seiner Konsequenzen erachtet. Neben den zu erwartenden unabhängigen Variablen Zeitdruck, Arbeitsaufgabe und dem Konstrukt "faking in bad faith", spielten in überraschenderweise Persönlichkeitsmerkmale die entscheidende Rolle in Bezug auf Burnout und Leistungsfähigkeit. Kritisch betrachtet wurden die herkömmlichen Erhebungsmethoden in Bezug auf dieses neue Forschungsobjekt. Im Kontext der internationalen Luxushotellerie wurden die relevanten Variablen vor dem Hintergrund der Unternehmenskultur reflektiert, die einer qualitativen Exploration bedarf.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1 Einleitung
2.Theoretische Grundlagen
2.1 Zur Theorie der Dienstleistung
2.1.1 Dienstleistungen als gesellschaftlich relevante Tätigkeiten
2.1.2 Definition und konstitutive Merkmale
2.2 Das Konzept Emotionsarbeit
2.2.1 Organisationen als emotionale Arenen
2.2.2 The managed heart - Konzept und Implikationen
2.2.3 Begriff und Regeln des Gefühlsmanagements
2.2.4 Definition und Konzeption emotionaler Arbeit
2.2.5 Folgen und Bewältigungsstrategien
2.2.6 Harmonie - Devianz - Dissonanz
2.2.8 Kritik am Konzept Hochschilds
2.2.9 Personenbezogene Dienstleistungen und Emotionsarbeit
3 Ausgebrannt - Das Burnout-Phänomen
3.1 Definitionen und Konzepte von Burnout
3.1.1 Die Persönlichkeit
3.1.2 Die Gesellschaft
3.1.3 Aufgabe und Organisation
3.2 Ressourcen und Belastungen
3.2.1 Ebene des Individuums
3.2.3 Ebene der Arbeitsaufgabengestaltung
4.Die empirische Studie
4.1 Zur Stichprobe
4.2 Das theoretische Modell der Untersuchung
4.3 Fragebogenkonstruktion und Operationalisierungen
4.4 Hypothesenbildung
4.5 Ergebnisse
4.5.1 Häufigkeiten
4.5.2 Korrelationen
4.5.3 Regressionsanalysen
4.5.4 Faktorenanalyse
5 Diskussion
5.1 Limitationen
Literaturverzeichnis
Anhang 1 – AV - Skalen
Anhang 1b – UV-Skalen
Anhang 1c – UV-Skalen
Anhang 1d – UV-Skalen
Anhang 2 -Theoretisches Modell der empirischen Erhebung
Anhang 3 – Skalierung
Anhang 4 - Häufigkeiten
Anhang 5 - Regressionstabelle
Anhang 6 – Faktorenanalyse
Abstract
The empirical study on hand examines emotion work and burnout in international Five Star hotels located in Zurich at the example of reception employees. The work at the reception was identified as a classic person-related service and therefore considered to be relevant for the concept of the emotion work and its consequences. Independent variables as pressure of time, work task and the construct faking in bad faith to be expected next to this, personal characteristics played the decisive role with respect to burnout and efficiency in a surprising way into. The conventional elevation methods were looked at critically with respect to this new research object. The relevant variables were reflected in the context of the international luxury hotel business towards the background of the culture which requires a qualitative exploration.
Zusammenfassung
Die vorliegende empirische Studie untersucht Emotionsarbeit und Burnout in der internationalen Luxushotellerie in Zürich am Beispiel von Rezeptionsmitarbeitern. Die Arbeit an der Rezeption wurde als klassische personenbezogene Dienstleistung identifiziert und somit als relevant für das Konzept der Emotionsarbeit und seiner Konsequenzen erachtet. Neben den zu erwartenden unabhängigen Variablen Zeitdruck, Arbeitsaufgabe und dem Konstrukt faking in bad faith, spielten in überraschender Weise Persönlichkeitsmerkmale die entscheidende Rolle in Bezug auf Burnout und Leistungsfähigkeit. Kritisch betrachtet wurden die herkömmlichen Erhebungsmethoden in Hinsicht auf dieses neue Forschungsobjekt. Im Kontext der internationalen Luxushotellerie wurden diejenigen relevanten Variablen vor dem Hintergrund der Unternehmenskultur reflektiert, die einer qualitativen Exploration bedürfen.
1 Einleitung
Wer den Marmoreffekt ignoriert, also die Schwellenangst überwindet, trifft auf edel ausstaffiertes, gut gelauntes und überaus dienstbares Personal. War die Luxushotellerie in früheren Zeiten einer erlauchten Klientel vorbehalten, Ort zahlreicher Mythen und beliebte Kulisse für Film und Fernsehen, ist sie heute, durch eine rasante Ausweitung dieses speziellen Dienstleistungssektors, auch breiteren Schichten zugänglich. Doch wie funktioniert dieses Spiel mit der Fassade und was spielt sich hinter der Bühne ab? Von den Mitarbeitern an vorderster Front wird permanente Freundlichkeit und persönliche Zuwendung gefordert. Internationale Hotelketten werben mit emotional aufgeladenen Werbeslogans wie etwa: „Passion and Personality“ (Hilton), „Ladies and Gentlemen serving Ladies and Gentlemen“ (Ritz Carlton) oder „Go the extra mile“ (Marriott). Nun gelten Wirtschaftsunternehmen als Hort von Nutzenmaximierung und Rationalität, von Machbarkeit und Effizienz. Emotionalität wird hier vernachlässigt oder gilt gar als dysfunktional. Die Sicht auf Organisationen als „emotional areas in which different emotions are generated, displayed, shed and traded“ (Gabriel, 1998, p.292) ist noch nicht alt. In diesem Spannungsfeld von Herz und Hand oder Gefühl und Kalkül stellt sich die Frage: Welche Art von Arbeit wird hier von den Dienstleistern eigentlich geleistet? Um eine emotional gefärbte, personenbezogene Dienstleistung zu erbringen, erhält die Arbeit an und mit Gefühlen in diesem Kontext besondere Relevanz. Empathie, Einfühlungsvermögen, Antizipation von Bedürfnissen des Gastes und andere emotionale Ressourcen werden profitrelevant und dahin gehend instrumentalisiert. Die Arbeit an eigenen Gefühlen und die Darstellung von der Organisation gewünschter Gefühle wird zur zentralen Kompetenz personenbezogener Dienstleistung und erhält mithin Tauschwertcharakter.
Die vorliegende empirische Studie hat sich zum Ziel gesetzt, Emotionsarbeit in der Luxushotellerie am Beispiel von Mitarbeitern an der Rezeption in Hinblick auf das Konzept des Burnouts näher zu untersuchen.
Personenbezogene Dienstleistung wird konzeptionell abgegrenzt und definiert; zudem wird eine Verbindung zum Untersuchungsobjekt hergestellt (2.1).
Hochschilds Konzept der Emotionsarbeit gilt als theoretischer Ausgangspunkt für Definitionen, Folgen und Bewältigungsstrategien dieses Phänomens. Des weiteren wird Hochschilds Ansatz in ein umfassenderes theoretisches Rahmenkonzept verortet (2.2.5.2). Es wird der Versuch von Grandey (2000) erörtert, Hochsschilds Konzept mit dem „General Model of Emotion Regulation“ von Gross (1998, 1999) zu verknüpfen. In Abgrenzung zu Hochschild definieren Rafaeli & Sutton (1987, 1989) verschiedene emotionale Zustände, zeigen schließlich die beiden Ausprägungsformen emotionaler Dissonanz auf und definieren faking in bad faith als den entscheidenden Faktor für emotionale Erschöpfung (2.2.6). Individuenzentrierte, soziologische und organisationspsychologische Ansätze werden als verschiedene Erklärungskonzepte von Burnout dargestellt (3.1 - 3.1.3.1). Der Zusammenhang von Burnout und Stresskonzepten wird diskutiert (3.1.3.2) und Maslachs (1986) Konzeption von Burnout dargelegt. Zur Wirkungsweise von Ressourcen und Belastungen im Burnoutprozess wird Leiters Modell (1993) zur Genese von Burnout erörtert (3.1.3.3). Ressourcen und Belastungen werden konzeptionell nach den Ebenen des Individuums, der Aufgabe und der Organisation betrachtet, wobei die Diskussion der Unternehmenskultur einen Schwerpunkt bildet. Die empirische Studie (Kap. 4) stützt sich im Wesentlichen auf eine deutsche Version des MBI von Maslach & Jackson (1986). Die Studie schließt mit Limitationen, Diskussion der Ergebnisse und einem Ausblick auf zukünftige Forschungstätigkeit (Kap. 5).
2.Theoretische Grundlagen
Zunächst gilt es zu klären, wie eine Dienstleistung zu definieren ist und welche Merkmale konstitutiv sind. Im Anschluss wird das Konzept der Emotionsarbeit theoretisch erörtert, welches schließlich im Konzept des Burnouts mündet.
2.1 Zur Theorie der Dienstleistung
2.1.1 Dienstleistungen als gesellschaftlich relevante Tätigkeiten
Untersuchungsgegenstand sind Rezeptionisten der Fünf-Sterne-Hotellerie in Zürich. Zunächst gilt es, eine Einordnung dieser personenbezogenen Dienstleistungstätigkeit vorzunehmen.
Zur Berücksichtigung von Dienstleistungstätigkeiten wurde volkswirtschaftlich die Konzeption eines sektoriellen Stufenmodells konzipiert, nach dem Dienstleistungen als tertiärer Bereich eingeordnet wurden (vgl. Rastetter, 2008, S. 118). Innerhalb von Dienstleistungen wird aufgrund eines sehr heterogenen Feldes des weiteren unterschieden zwischen sach- und personenbezogenen Dienstleistungen. Unter der Rubrik sachbezogene Dienstleistungen werden beispielsweise Wartung, Steuerung und Lieferung subsumiert. Personenbezogene Dienstleistungen (z. B. Pflege, Bildung, Unterhaltung) werden nochmals unterschieden in direkte und indirekte Leistungen. Bei direkten Dienstleistungen wirkt der Dienstleister, wie z. B. bei einem Haarschnitt oder einer ärztlichen Behandlung unmittelbar auf den Kunden oder Patienten ein. In Hinsicht auf indirekte Leistungen werden entweder bereits produzierte Güter verkauft (z. B. Handel), ihre Nutzung organisiert (z. B. Kreditinstitute, Versicherungen, Gastronomie) oder an einem Objekt des Leistungsempfängers vollzogen (z. B. Schusterbetriebe).
Die Differenzierung von Experten- und Nichtexperten-Dienstleistern hat weitreichende Folgen für das Prestige, die daraus resultierende gesellschaftliche wie individuelle Akzeptanz und schließlich für die Emotionsarbeit. Die Arbeit an der Rezeption eines Luxushotels ist zweifelsohne erlernte Facharbeit. Das Expertenwissen wird in der Regel im Zuge des dualen Ausbildungssystems erworben. Andererseits sind gerade Berufe in der Gastronomie und Hotellerie aus sozialhistorischen Gründen (vgl. hierzu die berufssoziologische empirische Untersuchung von Durst, 1993) mit dem Etikett fehlender Professionalität und einem niedrigen Sozialprestige (vgl. Voswinkel 2005, S. 25 und S. 287 ff.) behaftet.
Die Tätigkeit an der Rezeption wird also definiert als eine personenbezogene und indirekte Experten-Dienstleistung, da sie in unmittelbarem Kontakt mit dem Gast stattfindet, die Nutzung des Hotels (Check-in und -out, Empfehlungen etc.) vermittelt und eine theoretische sowie praktische Berufsausbildung voraussetzt; selbst wenn diese nicht grundsätzlich als solche gesellschaftlich akzeptiert wird.
2.1.2 Definition und konstitutive Merkmale
Nerdinger (1994, S. 54) definiert Dienstleistungen als ,jene Problemlöse- Tätigkeiten, die es erfordern, dass Dienstleister in face-to-face Interaktion zu Bedienten treten, mit denen sie weiter nichts verbindet als der Tausch „Leistung gegen Geld“ (Hervorh. v. Autor). Diese Begriffsabgrenzung schließt eine Anzahl von Dienstleistungen, die dem tertiären Sektor zugeordnet werden, aus (ebd., S. 53), trifft aber auf den Bereich der Hotellerie zu.
Es wird also eine Dienstleistung bzw. Problemlösung gegen finanzielle Mittel getauscht. Die Dienstleistung stellt also für den Dienstleister einen Tauschwert, für den Gast einen Gebrauchswert dar (vgl. Rastetter, 2008, S. 117). Es gilt nun zu bestimmen, was diesen Gebrauchswert ausmacht. Geht man davon aus, dass sich die Hotels der Luxuskategorie hinsichtlich ihrer technischen und räumlichen Ausstattung sowie des Preises immer weiter angleichen, besteht eine qualitative Differenzierungsmöglichkeit nur noch in Art und Weise der Leistungserbringung, also der Atmosphäre und des Erlebnischarakters. Die Problemlösung besteht also darin, den Aufenthalt eines Gastes zu einem positiven persönlichen Erlebnis zu machen.
Entsprechend dieser Sachlage lassen sich das „Uno-actu-Prinzip“ (z. B. Rastetter, 2008, S. 120, oder Durst, 1993, S. 36) einerseits, sowie Immaterialität und Intangibilität andererseits als Merkmale dieser Form von Dienstleistung etablieren.
Das „Uno-Actu-Prinzip“ beschreibt die Gleichzeitigkeit der Entstehung und des Verbrauchs einer Leistung; Produktion und Konsumtion fallen zeitlich zusammen. Im Falle des Rezeptionisten ist also nicht das Einchecken eines Gastes per se die eigentliche Leistung, wohl aber die Erlebnisqualität (Freundlichkeit, Fähigkeit zur Empathie oder die Antizipation von Bedürfnissen) dieses Vorgangs. Eine zunächst sachbezogene (Einchecken eines Gastes) wird in eine personenbezogene Dienstleistung überführt und gewinnt so seine genuine Bedeutung. Eine besondere Beziehung zum Gast wird „produziert“ und simultan „konsumiert“. In diesem Sinne ist das „Uno-Actu-Prinzip“ konstitutiv für personenbezogene Dienstleistungen.
Immaterialität und Intangibilität (vgl. Rastetter, 2008, S. 121) thematisieren die Bewertungsproblematik personenbezogener Dienstleistungen. Die Interaktion lässt sich natürlich beobachten, aber sie vergeht bereits während ihrer Entstehung. Es entsteht kein erkennbar sichtbares Produkt, ist kaum greifbar und entzieht sich somit einer angemessenen ökonomischen Einschätzung, beispielsweise im Sinne eines Preis- Leistungs-Verhältnisses.
Personenbezogene Dienstleistungen stehen stets im Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Differenzierung bzw. Individualisierung. Besonders langfristige Kundenbindung (z. B. Stammgäste) fordert eine Behandlung der Individualität und Einmaligkeit („customization of work“, vgl. Rastetter, 2001, S. 120). Hier entsteht ein strukturelles Dilemma, zwischen den Rationalitätskriterien der Organisation wie Effektivität und Kontrolle einerseits und einer subjektivierenden Kundenorientierung (vgl. Voswinkel, 2005, S. 106-112) andererseits.
Wie bereits in Nerdingers Definition erwähnt, gilt die face-to-face Interaktion als Kern personenbezogener Dientleistungstätigkeit. Frontline-Employees stehen stets auf der Bühne (vgl. Goffman, 1998) quasi in der „Line of visibility“ (vgl. Bamberg, 2009, S. 65) und sind stets den „Moments of Truth“ (vgl. Bamberg, 2009, S. 65), also dem direkten Kontakt mit dem Gast ausgesetzt. Tätigkeiten, die von „Angesicht zu Angesicht“ verrichtet werden, erfordern den unmittelbaren Kontakt mit mehr oder minder fremden Menschen. Durch die persönliche Kommunikation entfaltet sich stets eine Beziehungsebene und impliziert somit immer auch eine persönliche Stellungnahme. Dieses Verhältnis ist stets geprägt durch Asymmetrie und Nicht-Reziprozität (vgl. Brucks, 1998, S. 20), dennoch wirkt der Empfänger der Dienstleistung maßgeblich im Erstellungsprozess der Dienstleistung mit. Es liegt also auch am Gast, ob die Dienstleistung des Rezeptionisten gelingt oder zum empathischen Irrläufer wird. Rastetter (2008) weist darauf hin, dass hierdurch der Zusammenhang zwischen Anstrengung und Leistung nicht eindeutig nachvollziehbar ist (S. 120-121).
Schließlich sei noch auf die geringe Produktivität und dementsprechend niedrigen Gewinnmargen im Vergleich zum produzierenden Gewerbe oder zum Handel verwiesen. Die hohe Betreuungsintensität der Luxushotellerie führt aufgrund des hohen Personalbedarfs zu vergleichsweise hohen Lohnkosten und starkem Zeitdruck.
2.2 Das Konzept Emotionsarbeit[1]
2.2.1 Organisationen als emotionale Arenen
Fineman (1994, S. 9f.) spricht von emotionaler Anorexie an der die Organisationstheorien leiden. Sie reduzieren Organisationen auf das Rationalitätsprinzip, welches lediglich auf Effektivität und Effizienz bei der Erreichung der Unternehmensziele fokussiert. Organisationen, so der Ansatz Finemans (1994, S. 30), sind hingegen als emotionale Arenen zu betrachten, da bereits das individuelle Verhalten der Mitarbeiter maßgeblich durch Emotionen gesteuert wird. In Unternehmen spielen zudem Gefühle der Zusammengehörigkeit, der Identität des Individuums und der sozialen Zusammengehörigkeit eine maßgebliche Rolle. Da Organisationen in der Mehrzahl nach wie vor straff hierarchisch strukturiert sind und deutliche Machtdifferenzen aufweisen, werden Gefühlsäußerungen und Emotionen stark tabuisiert. Emotionsregulierung verbleibt im privaten Raum.
Was bereits für das Innenleben einer Organisation gilt, verschärft sich noch an den „Grenzstellen“ (vgl. Voswinkel, 2005, S. 37-44) der Organisation. Einer der entscheidenden „Grenzstellenarbeiter“ in der Hotellerie ist der Rezeptionist, der für den Kunden als erste Bezugsperson zunächst einmal die gesamte Organisation repräsentiert. An dieser Stelle zeigt sich die zentrale Problematik der Grenzstellenarbeit: Der personenbezogene Dienstleister untersteht zwei Autoritäten, der Organisation und dem Gast; somit entsteht eine Dienstleistungstriade.
2.2.2 The managed heart - Konzept und Implikationen
In diesem Nexus von Emotionalität und Effizienz ist der personenbezogene Dienstleister gezwungen, seine eigenen Gefühle zu kontrollieren und die von der Organisation geforderten (verkaufsfördernden) Gefühle darzustellen.
Der Begriff Emotionsarbeit bzw. Gefühlsarbeit (beide Begriffe werden synonym behandelt) ist durch die stark kapitalismuskritischen Studien der Soziologin Arlie R. Hochschild (The managed heart, 1983, Das gekaufte Herz, 2006) bekannt geworden, wobei die Autorin einen Ansatz verfolgt, der versucht, die soziale Konstruktion von Gefühlen herauszuarbeiten (vgl. Dunkel, 1988). Sie bezog sich dabei zunächst auf Erving Goffman, der soziales Verhalten mit Rollenverhalten von Bühnenakteuren verglich. Allerdings geht es Goffman im Sinne der Tradition des klassischen Behaviorismus (vgl. Badura, 1990, S. 323) um die Strategien äußerer Selbstdarstellung auf einer Vorder- und Hinterbühne der Realität (vgl. Küpers & Weibler, 2005, S. 66). Das innere Bemühen um ein emotionales Gleichgewicht ist seine Sache nicht, hier setzt Hochschild an.
Hochschild hat ihr Konzept der Emotionsarbeit entworfen, um zu zeigen, dass zur Erfüllung von Arbeitsaufgaben in personenbezogenen Dienstleistungen eine Regulation von Emotionen notwendig ist und es gleichermaßen zu den Arbeitsanforderungen gehört, mit Emotionen umzugehen. Exemplarisch für Berufe des tertiären Sektors untersuchte Hochschild in einer soziologischempirischen Fallstudie die Tätigkeit von Flugbegleiterinnen bei Delta-Airlines. Sie fand, dass das Dienstleistungsverhalten der Flugbegleiterinnen (Aufmerksamkeit, Zuwendung, Empathie etc.) nicht Produkt ihres individuellen Arbeitsstils war, sondern dass Gefühlsnormen (feeling rules, vgl. Hochschild, 2006, Kap. 4) und die dazugehörigen Ausdrucksformen von der Firmenleitung exakt definiert und vorgeschrieben wurden (vgl. Hochschild, 2006, Kap. 6). Die Darstellung verordneter Emotionen wird mithin zu einer Arbeitsanforderung.
2.2.3 Begriff und Regeln des Gefühlsmanagements
Die Prämisse des Konzepts einer Emotionsregulierung oder eines Gefühlsmanagements besteht darin, dass Gefühle bewusst gestaltet, hervorgerufen oder unterdrückt werden können. Dieses Konzept zielgerichteter Beeinflussung eigener Gefühle steht dem Konstrukt der emotionalen Intelligenz von Golemann (2004) nahe, dass gleichermaßen die Fähigkeit der Reflexion eigener und fremder Gefühle postuliert.
Privates und betriebliches Gefühlsmanagement unterscheidet sich hinsichtlich der Herkunft der Norm, der Beziehungsebene und dem Ziel (vgl. Rastetter, 2008, S. 16). Private Emotionsarbeit basiert auf sozialen Normen, während am Arbeitsplatz die Organisation betriebliche Emotionsnormen etabliert. Auf der Beziehungsebene handelt es sich einerseits um private andererseits um marktförmige Beziehungen. Das Ziel privater Emotionsarbeit besteht in der Regulierung von Interaktionen, am Arbeitsplatz wird auf Kundenbindung und Profitmaximierung fokussiert.
Fiehler (1990, zit. nach Neuberger 2007, S. 284-285) unterscheidet vier Arten von Gefühlsregeln, die sich sowohl auf das private wie auch das betriebliche Gefühlsmanagement beziehen.
Emotionsregeln (feeling rules) definieren, welches Gefühl für welche Situation in welcher Intensität adäquat ist und erlebt werden „muss“. So schreibt z. B. die typisierte soziale Situation einer Beerdigung das Gefühl Trauer vor. Robbins (2001) berichtet von einer speziellen Emotionsregel: „Der rituelle Ausdruck der Begeisterung auf dem Gesicht der zweiten Siegerin nach Bekanntgabe der neuen Miss America ist ein Ergebnis der Spielregel, dass Verlierer ihre Trauer hinter dem Ausdruck von Freude für den Gewinner verbergen“(S. 135).
Manifestationsregeln oder Darbietungsregeln (display rules) determinieren die Ausdrucksformen von Gefühlen. So muss Trauer ausgedrückt werden u. a. durch die Vermeidung von Lachen, einer leisen Stimme und einem gesenkten Kopf (vgl. Ekman, 2007, S. 5; Schmidt-Atzert, 1996, S. 160). Ashforth und Humphrey (1993) führen hierzu aus:“(...) display rules refer to behavior rather than to internal states, it is relatively easy for customers, managers and peers to observe one’s level of compliance with the rules“ (p. 89-90).
Korrespondenzregeln legen fest, welche weiteren und nachfolgenden Emotionen zu der jeweiligen Basisemotion als angemessen gelten und erwartet werden können. So wird neben der Trauer um einen Verstorbenen stets auch einfühlsame Anteilnahme für die Hinterbliebenen gefordert.
Schließlich stellen Kodierungsregeln einen Katalog von Konventionen dar, die festlegen an welchen verbalen oder nonverbalen Signalen welche Emotion konkret erkennbar ist.
2.2.4 Definition und Konzeption emotionaler Arbeit
Morris und Feldmann (1996) definieren betriebliche Emotionsarbeit (emotional labor in der Diktion Hochschilds) als „the effort, planning, and control needed to express organisationally desired emotions during interpersonal transactions“ (p. 987).
Die Konzeption des Begriffs der emotionalen Arbeit wird mittels vier Komponenten vorgenommen: „frequency of appropriate emotional display, attentive- ness to required display rules, variety of emotions to be displayed, and emotional dissonance generated by having to express organisationally desired emotions not genuinely felt“ (p. 986). Als zentrale Komponente wird von den Autoren die Häufigkeit („frequency“) des zu zeigenden Gefühlsausdrucks herausgestellt. Der Grad der Aufmerksamkeit („attentiveness“) zur Darstellung geforderter display rules wird über Dauer und Intensität des Gefühlsausdrucks definiert. Die Mannigfaltigkeit („variety“) des Gefühlsausdrucks ergibt sich einerseits aus der beruflichen Rolle des Mitarbeiters und andererseits aus der Art des jeweils darzustellenden Gefühls. Emotionale Dissonanz („emotional dissonance“) bezeichnet den möglichen Widerspruch zwischen dem von der Organisation vorgeschriebenen Gefühlsausdruck und den tatsächlich empfundenen Gefühlen. Hochschild (2006) stellt fest, „dass eine Trennung von Darstellung und Gefühl über einen langen Zeitraum hinweg kaum durchzuhalten ist, weil diese Trennung eine der kognitiven Dissonanz vergleichbare emotionale Dissonanz (Hervorh. v. Verf.) bewirkt“ (S. 99-100). Ähnlich argumentieren Rafaeli und Sutton (1987), dass emotionale Dissonanz entsteht, wenn „(...) expressed emotions satisfy feeling rules, but clash with inner feelings“ (p. 32).
2.2.5 Folgen und Bewältigungsstrategien
Hochschild (2006, S. 45) verweist auf die Signalfunktion der Gefühle. Ein Mensch ohne Gefühle besitzt weder ein Warnsystem noch einen Orientierungsrahmen (ebd., S. 48). Die Gefühlswelt vermittelt einen Standpunkt und zeigt Vergleichsgesichtspunkte auf. Zudem informieren Gefühle über die reale Befindlichkeit des Individuums und die authentische Bewertung der Umwelt. Dauerhafte Selbstmanipulation, aufgrund inflationärer Fremderwartung durch von Organisationen normierte Emotions- und Manifestationsregeln, führt dazu, dass die beschriebenen Funktionen der Gefühle außer Kraft gesetzt werden. Es kommt zur Selbstentfremdung und inauthentischer Emotionalität.
Mit Hilfe von Emotionsregulation bzw. Gefühlsmanagement soll die Widersprüchlichkeit zwischen tatsächlich empfundenen und von der Organisation gefordertem Gefühl aufgelöst werden. Hochschild (2006, Kap. 3) schlägt hierzu zwei Strategien vor, das Oberflächenhandeln (surface acting) und das Tiefenhandeln (deep acting).
2.2.5.1 Surface Acting und Deep Acting
Surface acting ist typisch für die dramaturgischen Darstellungen Goffmans, die als Adaption von Gefühlsausdrücken an die jeweiligen situativen Erwartungen zu bewerten sind. Oberflächenhandeln schließt eine innere emotionale Beteiligung aus. Lediglich die äußere Darstellung und Expression der Gefühle in Gestik und Mimik wird den Normen angepasst. Es wird an der Oberfläche agiert, allerdings mit klarem Bewusstsein über die wahren eigenen Gefühle (vgl. Brehm, 2001, S. 361), d. h. der Handelnde modifiziert seine Darbietung ohne die inneren Gefühle zu verändern. Die display rules des Unternehmens werden eingehalten, allerdings stets mit der Gefahr einer inauthentischen Wirkung („amerikanisches McDonalds-Lächeln“- asymmetrisches Lächeln, zit. nach Zapf, 2003, S. 275). Damasio (zitiert nach Ortmann, 2001, S. 313) führt hierzu aus, dass es eine paradoxale Aufforderung sei, willkürlich ein unwillkürliches Lächeln zu erzeugen, da dies neurobiologisch unmöglich sei. Versucht man zu lächeln, obwohl einem zum Weinen ist, steuert man seine Gesichtsmuskeln willkürlich unter Verwendung des motorischen Cortex, m. a. W. was das limbische System mühelos zustande bringt, lässt sich absichtlich kaum nachahmen.
Demgegenüber ist deep acting eine Strategie, bei der versucht wird, die erwarteten Gefühle tatsächlich zu empfinden oder eine schwierige Situation anders zu bewerten. Rastetter (2008, S. 18-19) führt drei Techniken für das Tiefenhandeln an.
Zunächst gelten alle Arten körperlicher Entspannung von tiefem Durchatmen bis zur Meditation als hilfreich. Die zweite Methode beschreibt eine Art Konzentrationsübung, d. h. der Dienstleister konzentriert sich auf den Gast und seine Bedürfnisse. Es handelt sich hierbei im Grunde um Empathie, d. h. sich in die „Welt des Gastes“ hineinzuversetzen. Die dritte Technik ist die sog. Stanislawski-Methode, mittels derer versucht wird, mentale Bilder und Vorstellungen hervorzurufen, die mit dem in der jeweiligen Situation erforderlichen Gefühl verbunden sind. Es wird also imaginativ versucht, das erforderte Gefühl zu erzeugen.
2.2.5.2 General Model of Emotion Regulation
Grandey (2000, p. 98-100) hat den konzeptionellen Versuch unternommen, das „General Model of Emotion Regulation“ (p. 98) von Gross (1998) mit Hochschilds Strategien zu verknüpfen. Gross unterscheidet zwischen auslöserbezogener („antecedent focussed“) und reaktionsbezogener („response focussed“) Emotionsregulation. Grandey erörtert nun die Frage „(...) how they apply to the concept of deep acting and surface acting” (p. 98). Surface acting wird konzeptionell mit der reaktionsbezogenen Emotionsregulation gleichgesetzt: “An employee may paste a smile on her face though she is feeling “blah” (adjusting intensity) or may put on a empathic “mask” in order to remain polite toward the customer who is annoying (fake the display)” (p. 99). Deep acting hingegen korrespondiert mit der auslöserbezogenen Emotionsregulation. Gross identifiziert zwei Klassen von insgesamt vier konstitutiven Typen der antecedent-focused emotion regulation: “situation selection, situation modification, attention deployment, and cognitive change” (p. 98). Im Unterschied zu surface acting geht es hier darum, die Wirkung der Auslösebedingungen von Emotionen im Vorfeld (antecedent) zu beeinflussen. Auswahl und Modifikation der jeweiligen Situation meinen die Wahl der beruflichen Tätigkeit und das Aufsuchen passender Situationen bzw. deren Veränderung z. B. Verlassen einer schwierigen Situation. Diese Verhaltensweisen sind aber in einer aktuellen Dienstleistungssituation entweder nicht möglich oder unpassend. Relevant sind die anderen beiden Typen, denn „(...) in these, employees can modify how they perceive the situation in order to adjust their emotional response to the situation“ (p. 98). Aufmerksamkeitssteuerung (attention deployment) entspricht der oben aufgezeigten Stanislawski-Methode („method acting“) mittels derer adäquate Imaginationen durch Rückgriff auf das emotionale Gedächtnis erzeugt werden. Als Technik kognitiver Restrukturierung („cognitive change“) gilt einerseits die empathische Perspektivenübernahme des Gastes (s. o.), andererseits eine kognitive Uminterpretation mit dem Ziel, über eine Neuattribuierung der jeweiligen Situation („cognitively reappraising“) auch das Gefühl zu verändern und den vorgeschriebenen Erfordernissen anzupassen (Gerhards, 1988, S. 53). Hochschild führt beispielhaft die Aufforderung an Flugbegleiterinnen an, sich so zu verhalten, als wäre die Fluggastkabine ihre Wohnung ( vgl. 2006, S. 102). Die häusliche Atmosphäre vermittelt Schutz und Sicherheit und ist zudem nicht absturzgefährdet. Diese Technik ist somit ein wirksamer Puffer gegen Stress: “Reappraising work as challenging, rather than stressful, can also help buffer against stress reactions“ (p. 99).
2.2.6 Harmonie - Devianz - Dissonanz
Rafaeli und Sutton (1987, p. 32-33) konstatieren drei emotionale Zustände, die aus der Übereinstimmung oder aus der Divergenz zu zeigender und tatsächlich empfundener Gefühle resultieren können.
Stimmt der Gefühlsausdruck mit den empfundenen Gefühlen, den Gefühlsnormen und den eigenen Erwartungen an den Gefühlsausdruck überein, stellt sich emotionale Harmonie ein („acting in concert with feeling norms“, p. 32). Natürlich ist es denkbar, dass ein gewünschtes Gefühl verweigert wird oder das sich ein Dienstleister mit seinem gezeigten Gefühlsausdruck über die Normen hinwegsetzt. Rafaeli und Sutton (1987, p. 33) bezeichnen emotionale Devianz als das Gegenteil von emotionaler Dissonanz „(...) because the organization member expresses inner feelings and disregards feeling rules.“ Allerdings wird dieses Verhalten zu schnellen Sanktionen des Unternehmens führen.
„Emotional dissonance (...) occurs when expressed emotions satisfy feeling rules, but clash with inner feelings“ (p. 32). Diese Reaktion bezeichnet also den empfundenen Widerspruch zwischen ausgedrückten und empfundenen Gefühlen. Emotionale Dissonanz wird als besonders bedeutsamer Belastungsfaktor personenbezogener Dienstleistungen identifiziert (vgl. Wecking und Wegge 2005, S. 36) mit negativen Auswirkungen auf das psychische und physische Wohlbefinden und der speziellen Gefahr emotionaler Erschöpfung.
2.2.7. Emotionale Dissonanz - faking in good faith or bad faith
Hinsichtlich der Beanspruchungsfolgen ist entscheidend, welche spezifische Form der emotionalen Dissonanz vorliegt, „faking in good faith“ und „faking in bad faith“. „Some people display „fake“ emotions, yet believe that such acting should not be part of the job; this is faking in bad faith“ (Rafaeli & Sutton, 1987, p. 32-33). Faking in bad faith, also die Täuschung in schlechter Absicht, kommt, dadurch zustande, dass ein bestimmter geforderter Gefühlsausdruck nach Meinung des betroffenen Dienstleisters nicht Teil der beruflichen Rolle ist. In diesem Fall liegt ein Person-Rollen-Konflikt vor oder ein „(...) clash between personal values and role requirements“ (p. 32). Dienstleister, die diese Dissonanz erleben, gehen nur dann mit der Anforderung konform, wenn sie überwacht werden oder ein Zuwiderhandeln zu offensichtlich wäre. Diese Ausprägung emotionaler Dissonanz, also der Gegensatz zwischen der berufliche Rollenanforderung zur Darstellung von Emotionen und den persönlichen Werten, gilt als der eigentliche Stressor personenbezogener Dienstleistung und als der Faktor für emotionale Erschöpfung.
Faking in good faith beschreibt gleichermaßen eine Ausprägungsform emotionaler Dissonanz, allerdings werden jetzt Gefühle in guter Absicht vorgetäuscht, die zwar ebenfalls nicht tatsächlich empfunden werden, aber vom Dienstleister als notwendige Anforderungen der Arbeit betrachtet werden. Faking in good faith setzt eine Identifikation mit der jeweiligen Tätigkeit und der damit verbundenen Rolle voraus und ist nur möglich, wenn die geforderten Darstellungsregeln internalisiert sind. Gegen die Ansicht Hochschilds, die auch hier ein Entfremdungspotenzial sieht, argumentieren Rafaeli und Sutton (1987, p. 32): „(..) faking in good faith can enhance wellbeing.“ Möglich wird diese Einschätzung, wenn man unterstellt, dass ein gewisser Typus von Dienstleistern die professionelle Darstellung geforderter Emotionen als berufliche Kompetenz auffasst. Dementsprechend wird die, wenngleich von außen erzwungene, Darstellung von Gefühlen als Leistung erlebt, wirkt intrinsisch motivierend und kann als Ressource gegen emotionale Erschöpfung aufgefasst werden. In diesem Sinne kann die Verhaltensweise des detached concerns („ (...) acting concerned about clients, but allowing themselves to feel emotionally detached, p. 33), die eine Besorgnis um den Gast bei gleichzeitiger innerer
Distanz beschreibt („verstellbar dicke Haut“, Burisch 1989, S. 41), ebenfalls als Schutzmechanismus und Zeichen von Professionalität bewertet werden.
2.2.8 Kritik am Konzept Hochschilds
Als zentrales Strukturprinzip Hochschilds fällt unmittelbar die Dichtomie eines wahren und eines falschen Selbst auf (vgl. Bogner und Wouters, 1990, S. 258). Das wahre Selbst geriert sich quasi wie ein vorgesellschaftlicher und undomestizierter Kern des freien Individuums (ebd. S. 257), der durch kommerzielle Organisationen bedroht und verfälscht wird. Die Sphäre des Privatlebens wird scharf von der Berufswelt abgetrennt. Dabei wird die soziale Instrumentalität von Emotionen weitgehend ignoriert (vgl. Weber, 2000, S. 145). Regulation von Emotionen ist privat wie öffentlich notwendig als fundamentaler Aspekt menschlicher Interaktion, aber bei Hochschild wird sie nur in der Berufswelt zum psychischen Aufwand.
Wie bereits die Ausführungen zum Konzept faking in good faith gezeigt haben, kann Emotionsarbeit durchaus positive Gefühle von Selbstwirksamkeit und intrinsischer Motivation bereiten. Emotionsarbeit bei Hochschild ist stets dysfunktional, denkbar wären durchaus dysfunktionale Aspekte fehlender Emotionsarbeit. Zapf (2009, S. 758-759) bezeichnet Emotionsarbeit als multidimensionales Konstrukt, welches durchaus mit positiven Parametern des Wohlbefindens zusammenhängen kann. Offen bleibt auch die Frage nach individuellen Differenzen oder Persönlichkeitsmerkmalen, die beispielsweise eher mit faking in bad faith korrelieren. Organisationale Maßnahmen und Bereitstellung von Ressourcen zur Erleichterung unvermeidbarer Emotionsarbeit werden ebenfalls nicht thematisiert. Trotz dieser Kritikpunkte und einem latenten Ideologieverdacht, thematisiert Hochschild zweifelsohne ein Kernproblem personenbezogener Dienstleistungen.
2.2.9 Personenbezogene Dienstleistungen und Emotionsarbeit
Dienstleistung existiert einzig und allein in dem Moment, in dem sie produziert wird (uno-actu-Prinzip). Versuche, Dienstleistungsqualität mit herkömmlichen quantitativen Methoden (Kennzahlen des üblichen Controllings) messbar zu machen, scheitern in der Regel an der Immaterialität und Intangibilität der Leistung. Es werden Gästebefragungen durchgeführt, deren Validität sehr zweifelhaft ist (Negativselektion). Der hohe interaktive Anteil (face-to-face) und die Mitwirkung des Empfängers im Leistungserstellungsprozess machen personenbezogene Dienstleistungen geradezu unkalkulierbar und zu einem Risiko für die Dienstleister. Die Gefahren der Emotionsarbeit, im wesentlichen Selbstentfremdung und Verlust der Signalwirkung von Gefühlen, sind offensichtlich. Oberflächen- und Tiefenhandeln sind instrumentelle Haltungen den eigenen Gefühlen gegenüber, die nicht dauerhaft durchzuhalten sind oder in der Sprache Hochschilds: „(...) draußen auf dem großen Marktplatz Amerika, wacht die Schauspielerin auf und muss feststellen, dass ihr Herz bereits geraubt ist.“ (2006, S. 72). Die Gefahren sind in der Tat nicht zu unterschätzen, so führt Ulich (1995, S. 37) aus: „Emotionen als die „grundlegendste“ Bezogenheit der Person auf die Wirklichkeit geben mehr als andere psychische Erscheinungen dem Bewußtsein Kontinuität (Izard). Stärker als im „Wissen“, im „Wollen“ oder im „Handeln“ erlebt die Person in ihren Gefühlsregungen sich als mit sich selbst identisch“.
Der personenbezogene Dienstleister, in diesem Falle der Rezeptionist, befindet sich in einer schwierigen Lage. Einerseits ist seine Performance (man beachte den oft gebrauchten Begriff Performance in seiner Doppeldeutigkeit von Leistung und Inszenierung) schwer messbar, andererseits ist er emotionalen Dissonanzen ausgesetzt, die sich zwangsläufig aus seiner Tätigkeit ergeben. War bereits mehrmals von emotionaler Erschöpfung als Folge von Emotionsarbeit (insb. Faking in bad faith) die Rede, stellt sich die Frage: Kann Emotionsarbeit, die in personenbezogenen Dienstleistungen erbracht werden muss, zu Burnout führen, dessen zentrale Komponente emotionale Erschöpfung darstellt?
3 Ausgebrannt - Das Burnout-Phänomen
Zunächst als „Helfer-Leiden“ etikettiert, häufen sich empirische Belege (Nerdinger, 1994, S. 173), wonach Burnout in allen Berufen auftreten kann, die regelmäßige Interaktion mit anderen Menschen erfordert. Dementsprechend stellt Burnout eine spezifische Beanspruchungsfolge personenbezogener Dienstleistungsberufe dar (vgl. Enzmann und Kleiber, 1989, S. 15) und ist so für die vorliegende empirische Studie relevant. Durch eine massive Popularisierung des Burnoutphänomens ist das wissenschaftliche Konstrukt Burnout zu einem „Umbrella-Begriff“ (vgl. Gusy & Kleiber, 1998, S. 325) geworden, unter dem quasi jede Form von Fehlbeanspruchung und Unbehagen subsumiert wird. Von daher ist eine scharfe konzeptionelle und definitorische Abgrenzung nötig.
3.1 Definitionen und Konzepte von Burnout
Um das Burnout-Syndrom konkurrieren verschiedene Erklärungskonzepte und daraus abgeleitete Definitionen. Diese theoretischen Konzepte lassen sich unterscheiden nach dem Schwerpunkt der Betrachtung und der jeweiligen Forschungstradition auf der sie basieren.
3.1.1 Die Persönlichkeit
Individuenzentrierte Ansätze rücken die Persönlichkeit des Dienstleisters in den Mittelpunkt der Betrachtung und stammen zumeist aus der klinischen Psychologie. Zur Entstehung von Burnout werden in diesem Ansatz Faktoren und Prozesse innerhalb des Individuums beschrieben. Situationsbedingten Aspekten wird in dieser Konzeption lediglich geringer Einfluss zugeschrieben. So definieren z. B. Edelwich und Brodsky (1984, S. 12) Burnout als einen „(...) zunehmenden Verlust an Idealismus und Energie (...)“. Burnout auslösende Faktoren sind hier unrealistische Ziele. Das Ungleichgewicht zwischen hohen idealistischen Zielen und der Realität führt zu einer Desillusionierung, die in Frustration mündet, dann zu einer Stagnation der Handlungen führt und schließlich in Apathie endet (ebd., S. 111). Freudenberger und Richelson (1980) betonen die Enttäuschung unrealistischer Erwartungen, die auch durch Überengagement nicht erreichbar sind (vgl. Enzmann & Kleiber, 1989, S. 25-26). Der Ausgangspunkt aller individuenzentrierten Ansätze besteht darin, dass nicht alle Betroffenen gleich auf dieselben Bedingungen reagieren. Entscheidender Auslöser ist stets eine fehlgeschlagene Anpassungsleistung, dementsprechend zielen Interventionen darauf ab, die Perspektive der Betroffenen und die Realität in Übereinstimmung zu bringen.
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- Citar trabajo
- Heinz Giesen (Autor), 2009, Burnout in der Luxushotellerie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164912
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