Der Verfasser, Kriminaldirektor a.D. Ernst Hunsicker, war rund 16 Jahre in verantwortlicher Funktion bei der (Kriminal-)Polizei in Osnabrück tätig – zunächst von Mai 1988 bis einschließlich Oktober 1993 als stellvertretender Leiter der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Osnabrück und danach von Oktober 1994 bis zu seiner Pensionierung (Februar 2004) als Leiter des Zentralen Kriminaldienstes (ZKD) sowie in Personalunion als stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion (PI) Osnabrück-Stadt. Während dieser Zeiten wurde, was die Kriminalitätskontrolle (Kriminalprävention, Kriminalitätsbekämpfung, Opferschutz) betrifft, präventiv und repressiv Wegweisendes in Osnabrück konzipiert und praktiziert.
Hunsicker geht auf die wesentlichen Bereiche der „Osnabrücker Kriminalitätskontrolle“ ein und resümiert, wie sich (kriminal-)polizeilich relevante Phänomene und die objektive sowie subjektive Sicherheit entwickelt haben.
Die in 14 Kapiteln niedergelegten und dokumentierten Beispiele machen auch zum Teil das Zusammenspiel von (Kriminal-)Prävention und Kriminalrepression deutlich, wobei spezifische Hilfen (z.B. für Drogenabhängige, Opfer jeglicher Gewalt) einzubeziehen sind und nicht zu kurz kommen dürfen.
Die Kapitel 15 bis 20 befassen sich u.a. mit thematischen Auszeichnungen (Preise, Förderpreise), Jubiläumsveranstaltungen und herausragenden Großeinsätzen; Kritisches wird nicht ausgelassen.
Inhaltsübersicht
Kapitel 1: Aufgabenumfang
Kapitel 2: Arbeitsgruppe (AG) zur Bekämpfung der Beschaffungskriminalität („AG Beschaffung“)
Kapitel 3: Ressortübergreifende Präventionskommission Osnabrück („RePrOS“) und Kriminalpräven- tionsrat Osnabrück („KPR OS“) als Nachfolge- organisation
Kapitel 4: Ermittlungsgruppe (EG) zur Bekämpfung jugendlicher Straßenbanden („EG Straße“)
Kapitel 5: Runder Tisch Eversburg („RTE“) als lokale Basisprävention
Kapitel 6: Osnabrücker „Drogenhistorie“ und das „Osnabrücker Anti-Drogen-Modell“ als Erfolgsmodell
Kapitel 7: Verein zur Förderung der kommunalen Kriminalprävention in Osnabrück (Präventions- verein Osnabrück e.V. – „PrävOS“)
Kapitel 8: Kundenbefragung
Kapitel 9: „Polizeiladen“ –
Kapitel 10: Projekt „Weniger Gewalt an Schulen“
Kapitel 11: Kriminologische Regionalanalysen in der Stadt Osnabrück („KRA OS“)
Kapitel 12: Präventive Gewinnabschöpfung („PräGe“)
Kapitel 13: Problembehaftete Straßen- und Wohnungsprostitution
Kapitel 14: Entwicklung der objektiven und subjektiven Sicherheit in der Stadt Osnabrück
Kapitel 15: Spezifische Auszeichnungen der Stadt Osnabrück (Preise und Förderpreise)
Kapitel 16: Jubiläumsveranstaltungen
Kapitel 17: Herausragende Großeinsätze in bzw. mit Bezug zu Osnabrück (Auswahl)
Kapitel 18: Kritisches
Kapitel 19: Der Schockanrufer und Vergewaltiger: eine abscheuliche und leider erfolglose „Geschichte“
Kapitel 20: Abschied aus dem aktiven Polizeidienst
Anhänge
Anhang 1 Konzeption „Vernetzte Kriminalprävention Osnabrück“
Anhang 2 Polizeistrategische Erhebungs-, Analyse-, Planungs- und Messinstrumentarien – »Progressivmodell Osnabrück im Überblick«
Anhang 3 Vortragsorte
Anhang 4 (Fach-)Bücher von/mit Ernst Hunsicker
Berufliche Vita des Verfassers in Kurzform.
Kapitel 1:
Aufgabenumfang
Schon kurz nach meinem Dienstantritt bei der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück wurde mir klar, dass es sich um keinen Tagesdienstjob handelt. Über besondere Vorkommnisse und Ereignisse wurde ich außerhalb der Dienstzeiten – also auch während der Nacht, an Wochenenden, an Feiertagen, manchmal auch versehentlich im Urlaub – immer wieder telefonisch informiert; häufig verbunden mit (Eil-)Fahrten mit meinem privaten Pkw zur Dienststelle oder direkt an Tat- oder Ereignisorte.
Mir ging es nicht darum, mich großartig in die Basisarbeit einzumischen, sondern ich sah meine Aufgabe vorrangig darin, den Ermittlern weitgehend „den Rücken freizuhalten“ und ihnen so Lästiges abzunehmen, d.h., die Verantwortung für Einsätze zu übernehmen (insbesondere in Verbindung mit der Anforderung und dem Einsatz von Spezialkräften wie SEK[1] und MEK[2]), mich um Personal und Material zu kümmern, die mündlichen und schriftlichen Berichtspflichten wahrzunehmen (z.B. Fernschreib-Meldung über „Wichtige Ereignisse“, Verlaufsberichte) und – als Pressesprecher – die Medien zu informieren.
Über Ernst Hunsicker als Pressesprecher:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 30.10.1993
Außerdem wurde mir kurz nach meinem Dienstantritt die Leitung der „Kommission 4“ innerhalb der Landeseinsatzorganisation „LEO Leine“ übertragen, die ich mehrere Jahre wahrgenommen habe. Dazu gehörten auch die Ausbildung und der Einsatz als Luftbeobachter in Hubschraubern.
Zusätzlich war ich in verschiedenen Kommissionen, Arbeitsgruppen o.Ä. tätig, nämlich u.a.:
- Arbeitsgruppe „Grundlagen der Kriminalitätsbekämpfung, Zusammenarbeit - S - und - K -, ADV-Anwendung“ von Januar 1991 bis zur Auflösung der Arbeitsgruppe im Juni 1993, Leiter: Ltd. Kriminaldirektor Heinrich Wahlers, Braunschweig,
- Kommission zur Untersuchung des Reformbedarfs der Niedersächsischen Polizei – Arbeitsgruppe 10 „Innere Führung“ (später: „Inneres Gefüge“), Vorläufiger Abschlußbericht: Hann. Münden, März 1992, Leiter: Polizeipräsident Claus Spenst, Braunschweig,
- Konzept zur Umsetzung des „Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes (NGefAG) – Einsatz einer landesweiten Arbeitsgruppe (1993/94), Leiter: Erster Polizeihauptkommissar Egon Kaatz, Hann. Münden,
- Reform der Niedersächsischen Landespolizei – Arbeitsgruppe „Landeskriminalamt“, Abschlußbericht: Braunschweig, im Mai 1995, Leiter: Ltd. Kriminaldirektor Manfred Pfahl, Braunschweig,
- Arbeitsgruppe „Kriminalprävention“ zur Unterstützung der Projektgruppe „Kriminalitätsverhütung und -verfolgung“ (Landeskriminalamt, 1995/96), Leiter: Kriminaldirektor Michael Völchert, Hannover.
Kapitel 2:
Arbeitsgruppe (AG) zur Bekämpfung der
Beschaffungskriminalität („AG Beschaffung“)
Literatur:
Hunsicker, Ernst,
- Woher nehmen und nicht stehlen? – Rauschgiftkonsum und Beschaffungskriminalität am Beispiel Osnabrück, in: Kriminalistik 4/90, Seiten 211 ff.,
- Spielstätten im Spannungsfeld zwischen Legalität und Illegalität – eine Situationsbeschreibung, in: der kriminalist 11/90, Seiten 441 ff.,
- Erwiderung durch Klaus Hübner, Polizeipräsident a.D., Berlin, in: der kriminalist 1/91, Seiten 27 ff.,
- danach: Eine offene Frage …, in: der kriminalist 3/91, Seite 131,
- Indirekte Beschaffungskriminalität – Die Suche nach einem praktikablen Bekämpfungsmodell, in: Kriminalistik 2/92, Seiten 115 ff. (zusammen mit Schlagetter, Thomas),
- Glücksspielsucht und Beschaffungskriminalität: Fakten und Zahlen aus kriminalpolizeilicher Sicht, in: Drogenreport, Jg. 17 (1996), Nr. 2, Seiten 11 ff.,
- Glücksspielabhängigkeit und Beschaffungskriminalität aus kriminalistischer Sicht, in: Arbeitskreis gegen Spielsucht (Hrsg.), Beschaffungskriminalität und Glücksspielsucht: 2. landesweite Fachtagung am 14. November 1995 in Unna, Unna 1996, Seiten 55 ff.
weitere Veröffentlichung:
- Schankin, Frank, Von anderen lernen – Das Osnabrücker Modell zur Bekämpfung der indirekten Beschaffungskriminalität mit Erfolg kopiert, in: Kriminalistik 7/94, Seiten 465 ff.
Zeitschriften:
- Glücksspiele – Für ein paar Silberlinge – Die Automatenindustrie verharmlost mit zweifelhaften Wissenschaftsgutachten die kriminellen Folgen der Spielsucht, in: DER SPIEGEL 16/1991, Seite 110;
Auszug:
„ … Auch in den Fachblättern der Polizei wird vor den kriminellen Folgen der Spielsucht gewarnt. So erschien in der November-Ausgabe der Zeitschrift DER KRIMINALIST ein Beitrag des Glücksspiel-Fachmanns Ernst Hunsicker von der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück. Der Experte hat erkannt, daß sich die Beschaffungskriminalität zu ‚einem Brennpunkt entwickelt’ habe. Typisches Delikt: Eine 45jährige Frau überfällt maskiert eine Tankstelle, raubt 1500 Mark. Die Polizei ermittelt Spielsucht als Tatmotiv. …“
- Die gezähmte Metropole – New York bekämpft das Verbrechen mit strengsten Methoden - Von Bernhard Maier, in: WIENER ZEITUNG vom 26./27. Februar 1999, Seite 7 (EXTRA – Reportage); Auszug:
„ … Die Übernahme der Zero Tolerance-Politik ist in Europa bislang noch nicht erfolgt. Die Broken Windows-Theorie hingegen fiel auch auf unserem Kontinent auf fruchtbaren Boden. In Fachkreisen gilt die deutsche Stadt Osnabrück als Vorzeigebeispiel für wirksames community policing. Anfang dieses Jahrzehnts entwickelte sich die Drogen- und Beschaffungskriminalität der Stadt explosionsartig im wahrsten Sinne des Wortes. Die Brutalisierung ging bis zum Schußwaffengebrauch. Die Stadtverwaltung entschied sich daraufhin, dem kriminellen Treiben mit Repression durch konsequente Rechtsanwendung zu antworten. Ab Mai 1997 wurden unter der Ägide von Kriminaldirektor Ernst Hunsicker Streifen zu Fuß und per Mountain-Bike verstärkt. Die Ordnungshüter hatten den Auftrag, Ordnungswidrigkeiten nicht nur zu unterbinden, sondern auch durch Anzeigen oder Bußgelder zu ahnden.
Das Ergebnis läßt sich sehen. Die registrierten Straftaten gingen erheblich zurück. Ladendiebstähle in der Innenstadt verringerten sich zum Beispiel um mehr als ein Drittel (33,02 Prozent). Auch die Gewalt an Schulen der niedersächsischen Stadt konnte eingedämmt werden. Den Schlüssel zum Erfolg beim Kampf gegen Kriminalität sieht Hunsicker aber nicht allein im repressiven Vorgehen. Präventive Maßnahmen müssen · wie in Osnabrück auch geschehen · das polizeiliche Handeln begleiten. ‚Zuwachsraten sind eher dort wahrscheinlich, wo sich ausschließlich polizeilicher Verfolgungsdruck auf mono-phänomene Kriminalitätsfelder beschränkt und daneben die Kriminalprävention sowie Hilfs-/Therapieangebote (z.B. für Junkies) vernachlässigt werden!’ …“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.1 Studie „Korrelation zwischen Betäubungsmittelkriminalität und Beschaffungskriminalität; …“
Bei der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück machten wir über Jahre sehr gute Erfahrungen mit Ermittlungsgruppen (EG’en) und Arbeitsgruppen (AG’en)[3].
Schon kurz nach meiner Versetzung zur Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück habe ich mich in Form einer Studie der Thematik
„Korrelation zwischen Betäubungsmittelkriminalität und Beschaffungskriminalität; Erhebung/Auswertung für den Bereich der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Osnabrück“
angenommen und dazu einen elfseitigen Bericht erstellt (Bl. 1 und Bl. 10/11 – 3.2.4 Fazit: – nachfolgend). Diese Ausarbeitung durfte nicht ohne Konsequenzen bleiben (Aufbau- und Ablauforganisation, strategisch-taktische Präventions- und Repressionskonzeption).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Zuständigkeitswirrwarr
Bis zur Einrichtung der „AG Beschaffung“ wurde die indirekte Beschaffungskriminalität[4] in verschiedenen Dienststellen der Kriminal- und Schutzpolizei mit der Folge bearbeitet, dass es keinen zusammenhängenden Überblick über Art und Umfang der Beschaffungstaten, Tätern/innen, Täterstrukturen und folglich auch keine entsprechende Statistiken gab. Ziel musste es deshalb sein, diesen Deliktsbereich zentral für das Stadtgebiet Osnabrück zu bearbeiten.
Polizeidirektor Horst Denningmann[5] , Leiter der Schutzpolizeiinspektion (SPI) Osnabrück, war sofort zu begeistern; bei der vorgesetzten Behörde in Oldenburg (Bezirksregierung Weser-Ems: Leiter der Kriminalpolizei, Kommandeur der Schutzpolizei) dauerte es etwas länger, um sich mit dieser „Osnabrücker Besonderheit“ anzufreunden. Letztendlich stimmte aber auch die Oldenburger Behörde zu.
2.3 Modelle I und II
Die „AG Beschaffung“ war zunächst aufbauorganisatorisch dem 2. Kommissariat (Sachgebiet Betäubungsmitteldelikte) der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück zugewiesen (Modell I – was sich aber nicht bewährte), sodass eine organisatorische Anbindung an das 4. Kommissariat (Diebstahl, Einbruch, Raub, Hehlerei) erfolgte (Modell II). AG-Leiter wurde Kriminalhauptkommissar Thomas Schlagetter, der sich mit hoher Motivation dieser Aufgabe angenommen und zusammen mit den AG-Kräften Grundlegendes geleistet hat.
Die neue AG, also Modell II (3 Beamte Kriminalpolizei, 2 Beamte Schutzpolizei) kontrollierte von da an – präventiv und repressiv – die indirekte Beschaffungskriminalität, die zur Finanzierung des Drogenkonsums und des exzessiven Spielens („Spielsucht“) dient.
2.4 Wesentliches Ergebnis
Als wesentliches Ergebnis ist herauszustellen, dass nach Einrichtung der „AG Beschaffung“ (Modell II) herausragende Beschaffungsdelikte (insbesondere Raub/Räuberische Erpressung zum Nachteil von Spielhallen und Tankstellen, Ladendiebstahl) erheblich zurückgegangen sind, was sich auch durch das täterorientierte Vorgehen der AG begründen lässt.
Die 1990 eingerichtete „AG Beschaffung“ (Modell II) hatte über meine Pensionierung (Jahr 2004) hinaus Bestand.
Kapitel 3:
Ressortübergreifende Präventionskommission Osnabrück („RePrOS“)
und
Kriminalpräventionsrat Osnabrück („KPR OS“)
als Nachfolgeorganisation
Literatur:
Hunsicker, Ernst,
- Kommunale Kriminalprävention – Aufklärung und Vorbeugung, in: Unsere Sicherheit, Heft 50/Mai 1990, Seiten 18 ff.,
- Erfahrungen mit dem »Ressortübergreifenden Präventionsmodell Osnabrück« (Kommunale Kriminalprävention), in: DIE POLIZEI 7/97, Seiten 173 ff.,
- Kriminalitätsverhütung – Kommunale und lokale Basisprävention als Ausformung der Idee „Räte für Verbrechensverhütung“, in: Kriminalistik 11/93, Seiten 725 ff.,
- Alternative Kriminalprävention in Osnabrück – Zusammenfassende Darstellung, in: der kriminalist 12/93, Seiten 482 ff.,
- Das ressortübergreifende Präventionsmodell Osnabrück - Initiativfunktion von Seiten der Polizei am Beispiel Osnabrück, in: Vereint gegen Kriminalität – Wege der kommunalen Kriminalprävention in Deutschland (Herausgeber Kube, Edwin / Schneider, Hans / Stock, Jürgen), Verlag Schmidt-Römhild Lübeck (1996), Seiten 189 ff.,
- Verbrechensverhütung: Vernetzte Kriminalprävention auf internationaler bis lokaler Ebene, in: POLIZEI- heute 2/98, Seiten 54 ff.,
- Kommunale und lokale Kriminalprävention in Osnabrück seit 1989 – Erfahrungen und Arbeitsergebnisse, in: Europäische Beiträge zu Kriminalität und Prävention 3/1998, Seiten 25 ff.,
- Kommunale Kriminalprävention noch lange nicht am Ende – Fortschritt und vorübergehender Stillstand am Beispiel der Stadt Osnabrück, in: DIE POLIZEI 11/2001, Seite 320 f.,
- Kritische Reflektion der Kriminalprävention in Osnabrück, in: Die Kriminalprävention 2/2003, Seiten 51 ff.,
- Entwicklung der kommunalen Kriminalprävention in Osnabrück seit 1989, in: Kriminalpolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen – Festschrift für Professor Dr. Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag (Herausgegeben von Feltes, Thomas / Pfeiffer, Christian / Steinhilper, Gernot), C.F. Müller Verlag Heidelberg (2006), Seiten 945 ff. (946 ff.).
weitere Veröffentlichungen:
- Bode, Dagmar, Problemwahrnehmung der Bürger in den Stadtteilen Schinkel und Westerberg im Hinblick auf ihre Sicherheit, Universität Osnabrück, Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften, Diplomarbeit im Diplomstudiengang Geographie (1. Dezember 1999), 117 Seiten (ohne Anlagen),
- Franke, Karen / Schneiders, Monika, Kommunale Kriminalprävention – Bausteine zur kommunalen Sicherheitsvorsorge, V D M Verlag Dr. Müller (2006), 385 Seiten,
- Hunold, Daniela, Sicherheitsgefühl und kommunale Kriminalprävention. Sichtweise von Bürgern und Verwaltung am Beispiel des Osnabrücker Stadtteils Eversburg, Universität Osnabrück, Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften – Diplomarbeit im Diplomstudiengang Geografie (25. Juni 2002), 155 Seiten (ohne Anlagen),
- Schmuch, Hanna, Kommunale Kriminalprävention und zivilgesellschaftliche Partizipation am Fallbeispiel Osnabrück, Universität Osnabrück – Bachelorarbeit im Studiengang Social Sciences (Vorgelegt am 02.09.2009), 53 Seiten.
Zeitungen:
- Die gezähmte Metropole – New York bekämpft das Verbrechen mit strengsten Methoden - Von Bernhard Maier, in: WIENER ZEITUNG vom 26./27. Februar 1999, Seite 7 (EXTRA – Reportage)[6].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.1 Überblick „RePrOS“ (Jahr 1999)[7]
3.2 Präventionsauftrag; erste Schritte
Der gesetzliche Präventionsauftrag wurde in Niedersachsen erstmalig durch einen Runderlass des Innenministeriums konkretisiert und präzisiert.[8] Nach diesem Erlass, der mit
„Intensivierung der vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung; Polizeiliches Präventionskonzept“
überschrieben war, oblag es der polizeilichen Präventionskommission – als Beschlussgremium – auch, außerpolizeiliche Behörden, Einrichtungen und Institutionen zu unterstützen; ggf. einzubeziehen.
Im Mai1989 hatte ich Gelegenheit, an einem Seminar im Landeskriminalamt Niedersachsen zu dem Thema
„Aufgabenorientierte Aus- und Fortbildung für die Mitglieder der Präventionsgruppen“
teilzunehmen.[9] In diesem Seminar stellte Jörg Ziercke[10], ehemals Kripochef in Neumünster, sein – breit angelegtes – ressortübergreifendes „Präventionsmodell Neumünster“ vor.
Nach der Erlassvorgabe und diesem Ziercke -Referat war für mich klar, etwas Ähnliches mit weniger Aufwand in Osnabrück anzustreben. Eine umgehende Abfrage bei verschiedenen präventiv arbeitenden Ressorts in der Stadt Osnabrück ergab, dass durchaus Interesse an einer systematisierten und institutionalisierten Präventionsarbeit bestand. Bis dahin kamen mehr zufällig bzw. anlassbezogen polizeiliche und außerpolizeiliche Ressorts zusammen, um sich eines problembehafteten Sachverhalts in der Stadt Osnabrück – auch unter kriminalpräventiven Aspekten – anzunehmen.
3.3 Konstituierende Sitzung, Grundsätze, erste Vereinbarungen
Im Dezember 1989 hat sich in der Stadt Osnabrück die
„Ressortübergreifende Präventionskommission Osnabrück“ („RePrOS“)
konstituiert.[11] Für das Land Niedersachsen war dies das 2. kriminalpräventive Gremium nach Delmenhorst, wo sich kurz zuvor im gleichen Jahr ein Kriminalpräventiver Rat gegründet hatte.[12] Diese Delmenhorster Initiative hatte sich bis dahin allerdings noch nicht bis Osnabrück herumgesprochen.
In der 1. Sitzung, zu der 16 präventionsbereite Frauen und Männer aus den verschiedensten Ressorts erschienen waren, ging es zunächst darum, Grundsätze festzulegen. Nahezu gestritten wurde über die Bezeichnung des Gremiums. Als Initiator und in meiner Funktion als Geschäftsführer/Koordinator habe ich die Bezeichnungen Präventionsrat Osnabrück bzw. Kriminalpräventiver Rat Osnabrück vorgeschlagen. Damit konnte ich mich aber nicht durchsetzen. Die Vertreter/innen der Stadt Osnabrück hatten erhebliche Bedenken wegen der Bezeichnung „Rat“. Sie verwiesen einerseits auf die Macht der Räte im Kommunismus und Sozialismus; andererseits ergingen Hinweise auf eine nicht völlig auszuschließende Verwechslung mit dem Rat der Stadt Osnabrück. Letztendlich haben wir uns auf die Bezeichnung Ressortübergreifende Präventionskommission Osnabrück („RePrOS“) geeinigt.
In der konstituierenden Sitzung wurden erste Vereinbarungen getroffen, und zwar:
- Die Kommission ist ein lockerer Zusammenschluss von Repräsentanten/innen unter Verzicht auf eine Geschäftsordnung.
- Die Terminplanung, die Vorbereitung und die Durchführung der Sitzungen einschließlich Protokoll – also die organisatorischen Aufgaben und somit die Geschäftsführung (später: Koordination) – liegen bei der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück[13].
- Die Kommission ist kein Beschlussgremium; allenfalls können Empfehlungen ausgesprochen werden. Die primäre Aufgabe wird darin gesehen, durch den Austausch von Sachverstand und Erfahrung die sachliche Entscheidungskompetenz in den Ressorts auszubauen.
- Der Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück – oder Vertreter im Amt – leitet die jeweilige Sitzung.[14]
- Grundsätzlich ist pro Quartal eine Sitzung abzuhalten.
- Die jeweilige Sitzung sollte einen zeitlichen Rahmen von etwa zwei Stunden haben.
3.4 Überholte Kardinalfrage: Federführung durch die Polizei oder bei der Kommune
Zunächst ist festzuhalten, dass die Vertreter der Stadt Osnabrück in der konstituierenden Sitzung nicht bereit waren, den Vorsitz und die Geschäftsführung/Koordination der Präventionskommission zu übernehmen. Zudem war ich in den Anfängen dieser ressortübergreifenden Präventionsarbeit noch davon überzeugt, dass die Verantwortung bei der Polizei liegen muss, was sich auch zum Teil aus den ersten wesentlichen Erfahrungen ergab.
3.5 Wesentliche Erfahrungen
3.5.1 Die Initiative für eine ressortübergreifende Zusammenarbeit geht grundsätzlich von der Polizei aus.
3.5.2 Wenn die Polizei so etwas initiiert, dann verbleibt die Arbeit (Vorsitz, Organisation usw.) auch zumeist „an der Polizei hängen“.
3.5.3 Die Bereitschaft, Tagesordnungspunkte (TOP) einzubringen, verteilte sich auf mehrere Stellen. Im Laufe der Jahre wurde aber deutlich, dass das Gros der TOP von der Polizei eingebracht wurde oder die Polizei den Anstoß dazu gab.
3.5.4 Zwischen den einzelnen Ressorts wird die Kommunikation gefördert und die Kooperation verbessert, was auch folgerichtig zu höherer Akzeptanz und zu mehr Toleranz führt. In der Konsequenz daraus lassen sich Kosten verursachende Maßnahmen o.Ä. besser durchsetzen.
3.5.5 Auch wenn laut Vereinbarung der konstituierenden Sitzung die Kommission kein Beschlussgremium ist, so hat sich dennoch die Arbeit im Laufe der Jahre so entwickelt, dass mittelbar oder unmittelbar Entscheidungen und Maßnahmen o.Ä. positiv beeinflusst werden konnten.
3.5.6 Die ressortübergreifende Präventionsarbeit ist – nach wie vor – ausbaufähig.
3.6 Tagesordnungspunkte und Arbeits- bzw. Projektgruppen
Mit folgenden Tagesordnungspunkten (TOP) hat sich die Präventionskommission meistens auf Grund von „Auffälligkeiten“ bis April 2005[15] beispielsweise befasst und als Reaktion darauf Maßnahmen und Projekte eingeleitet oder auch Strategien entwickelt:
- Konzeption zur Drogenkontrolle in der Stadt Osnabrück („Osnabrücker Anti-Drogen-Modell“; vgl. Kapitel 6 – „Besondere Aufbauorganisation Rauschgift“ - „BAO RG“),
- Sicherheit/Integration von Migranten,
- Jugendschutz im weiteren Sinne (gewaltbereite „Fußballfans“, Sachbeschädigungen und Körperverletzungen aus Anlass so genannter „Chaostage“, Schlägereien zwischen jungen Türken und jungen Aussiedlern, Rechtsradikalismus, Ausschreitungen unter Schülern während der „Rosenmontagsfeten“ und nach den Zeugnisvergaben, Gewalt an Schulen und auf der Straße),
- Schulverweigerung (in Verbindung mit dem „Projekt Auszeit“),
- Verhinderung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (auch Nachsorge).
3.7 Eingesetzte Arbeits- und Projektgruppen
Aus bzw. über die Präventionskommission wurden immer wieder Arbeits- oder Projektgruppen eingesetzt. Beispielhaft sind folgende Schwerpunktprogramme (Kampagnen) zu erwähnen:
- für Ausländer- und Aussiedlersicherheit,
- gegen Graffiti,
- gegen Gewalt an Schulen und auf Schulwegen (vgl. Kapitel 10),
- für mehr Zivilcourage,
- gegen häusliche Gewalt,
- gegen sexuelle Gewalt und gegen sexuellen Missbrauch (in Verbindung mit einer Broschüre über helfende Organisationen/Institutionen).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 16.10.1992
3.8 Kritische Anmerkungen, lokale Ausweitung
Die Präventionskommission hat ihre Arbeit 1989, wie vorstehend ausgeführt, mit 16 Mitgliedern aufgenommen. Der Kreis der Teilnehmer war in den Anfängen „klein aber fein“, d.h., die Quartalsbesprechungen erfolgten auf Chefebene (Amtsleiter, Fachbereichsleiter, vergleichbare Funktionsträger). Im Laufe der Jahre haben sich die meisten dieser Chefs aus den Besprechungen verabschiedet und ihre Vertreter oder sogar die Vertreter vom Vertreter entsandt. Entgegenwirkende Appelle waren nur von geringem Erfolg, obwohl wir als Polizei immer mit gutem Beispiel vorangegangen sind (Inspektionsleiter, Leiter des Zentralen Kriminaldienstes und Präventionsbeauftragte als regelmäßige Teilnehmer).
Trotz allem drängten immer mehr Präventionsinteressierte aus Dienststellen, Behörden und Institutionen in die Präventionskommission, sodass bereits im Jahr 1993 zwangsläufig nach einem Ausweg gesucht werden musste, um ein zunehmendes Präventionsbewusstsein nicht auszubremsen. Außerdem wurde schon in den Anfängen der ressortübergreifenden Zusammenarbeit deutlich, dass die kriminalpräventive Arbeit allein auf kommunaler Ebene bei der Größe der Stadt Osnabrück mit nahezu 160 000 Einwohnern, verteilt auf 23 Stadtteile, nicht effektiv genug sein kann. Meine Idee war es, nach und nach in den Stadtteilen eine lokale Basisprävention zu installieren. Ganz konkrete Vorstellungen hatte ich allerdings noch nicht. Das spätere Ergebnis: „Runde Tische“ (vgl. Kapitel 5).
3.9 „Kriminalpräventionsrat Osnabrück“ ab 2005 in kommuna-ler Verantwortung
Wir als Polizei haben immer wieder auf die Einrichtung eines kommunalen Präventionsbüros mit einer/m hauptamtlichen Präventionsbeauftragten gedrängt und sogar Vorschläge über
- die organisatorische Anbindung,
- die abzudeckenden Aufgabenfelder,
- das Anforderungsprofil und
- die Kompetenzen
des Büros bzw. der/des Stelleninhaberin/s unterbreitet.[16]
Stattdessen hat die Stadtverwaltung Osnabrück zwei Studentinnen der Universität Osnabrück quasi beauftragen lassen,
„unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten und Strukturen der Stadt Osnabrück ein geeignetes Strukturmodell zur Umsetzung kommunalpräventiver Arbeit zu entwickeln und diesbezüglich eine Handlungsempfehlung für die Stadt Osnabrück zu formulieren.“
Das Ergebnis liegt in einer sehr ansprechenden Diplomarbeit mit folgender Handlungsempfehlung für die Stadt Osnabrück vor:
„Wir empfehlen der Stadt Osnabrück zur Strukturierung der kommunalen Sicherheitsvorsorge das Modell 2 (Präventionsbeauftragter und Beratungsgremium).“[17]
3.10 Eine Kompromisslösung
In der 59. und damit letzten Sitzung der „Ressortübergreifenden Präventionskommission Osnabrück“ (April 2005) wurde nach vorheriger Rücksprache mit Vertretern der Stadt Osnabrück und mit vorausgegangener Zustimmung des Oberbürgermeisters die neue Struktur des kommunalen kriminalpräventiven Gremiums unter der Bezeichnung „Kriminalpräventionsrat Osnabrück“ (KPR)[18] vorstellt:
a) Vorsitzender wird der Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück,[19]
b) Der Kriminalpräventionsrat Osnabrück organisiert sich durch eine Lenkungsgruppe und durch ein Plenum. Im Plenum sind zumindest alle Ressorts der „alten“ Präventionskommission vertreten.
c) Koordination/Geschäftsführung durch Wolfgang Zimmerer[20] in Zusammenarbeit mit Wolfgang Wellmann[21].
d) Die büromäßige Abwicklung der Aufgaben der Geschäftsführung/Koordination erfolgt zunächst in den Räumlichkeiten des Stadtsportbundes Osnabrück.
e) Die Stadt Osnabrück trägt die Kosten des Büros und übernimmt einen Verwaltungskostenzuschuss in Höhe von 3000,00 €.
Ergänzend ist anzuführen:
f) Ich arbeite seit Jahren im Team des Kriminalpräventionsrates (KPR-Team)[22] mit, habe aber meine Arbeit in mit Ablauf des Jahres 2010 eingestellt und werde auch nicht mehr an den Sitzungen der Lenkungsgruppe[23] teilnehmen. Als stellvertretender Geschäftsführer des Präventionsvereins Osnabrück e.V. („PrävOS“) erhalte ich vielleicht noch Einladungen zu den „Ratssitzungen“ (Plenum)[24].
g) Die Geschäftsführer (Wolfgang Wellmann, Wolfgang Zimmerer), die meine anfänglichen Bedenken zerstreut und hervorragende Arbeit leisten, werden ihre Tätigkeit voraussichtlich im Jahr 2011 einstellen, sodass es einen Neuanfang geben muss. Ich glaube nicht, dass es sich die Stadt Osnabrück leistet, eine/n hauptamtliche/n Präventionsbeauftragte/n einzusetzen.
Übrigens: Während meiner elfmonatigen „Stippvisite“ in Lingen habe ich die „Ressortübergreifende Präventionskommission Lingen“ gegründet und drei Sitzungen geleitet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle (Ausschnitt): Lingener Tagespost vom 21.01.1994
3.11 Lob durch den Innenminister
Großes Lob des Ministers für die Präventionsarbeit
Gerhard Glogowski sprach mit Bürgern in der Stadthalle
Mehrfach hohes Lob zollte der niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski gestern der Stadt, der Osnabrücker Polizei und den Präventionsgremien, die sich auf verschiedenen Ebenen mit der Kriminalitätsvorbeugung befassen. Der Minister sprach auf einer Konferenz zum Thema „Sicherheit vergrößern – Ängste ernst nehmen“, zu der die SPD-Landtagskandidatin Ulla Meyer eingeladen hatte.
„Es ist unsere Angelegenheit, ob es einer Gemeinde gut geht“, mahnte der Minister zur gemeinsamen Anstrengung von Staat und Bürgern. In Osnabrück werde eine der erfolgreichsten Präventionen in Niedersachsen praktiziert. […] „Prävention beginnt im Stadtteil, wo Vereine und Gemeinschaften Geborgenheit geben und Jugendliche vor dem Abgleiten bewahren können“, so Glogowski. […]
Gerhard Glogowski lobte das „Osnabrücker Modell“ zur Bekämpfung der Drogenkriminalität bei gleichzeitiger Hilfe für die Abhängigen und die „erfolgreiche Arbeit“ der Polizei, die die Kriminalität gesenkt und die Aufklärungsquote erhöht habe (wir berichteten).
[…]
Kriminaldirektor Ernst Hunsicker von der Osnabrücker Polizei berichtete vor dem Publikum von den gesunkenen (registrierten) Straftaten in der Stadt und den vielen Aktivitäten zur Kriminalitätsbekämpfung: „Es fügen sich viele Bausteine zusammen und alle Stellen haben an einem Strang gezogen.“ Er mahnte eine Rückbesinnung auf die „öffentliche Ordnung“ an, die wieder Bestandteil des polizeilichen Gefahrenabwehrgesetzes werden müsse und sprach auch die große Rolle junger Spätaussiedler in der Drogenszene an: „Integration geht nur über die Schaffung von Arbeitsplätzen.“(d.)
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 22.10.1997, Seite 15
3.12 Zum Schluss: Osnabrück nach wie vor Niedersachsens Präventionshauptstadt?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle:
Polizeispiegel 05/01 Niedersachsen, Seite 24
Zwei offene Fragen (Osnabrück nach wie vor Präventionshauptstadt?, Und was kommt jetzt?), die sicherlich nicht nur mich bewegen.
Kapitel 4:
Ermittlungsgruppe (EG) zur Bekämpfung
jugendlicher Straßenbanden
(„EG Straße“)
Literatur:
- Hunsicker, Ernst / Brockschmidt, Thomas, Die „EG (AG) Straße“ wäre fast auf der Strecke geblieben – Modell zur „Bekämpfung“ jugendlicher Straßenbanden (unveröffentlicht[25]),
Veröffentlichungen:
- Schramm, Gudrun, Die Schocktherapie der Kommissarin, in: Deutsche Polizei 1/94, Seiten 15 ff.,
- Schramm, Gudrun, Kriminalpräventive Maßnahmen zur Gewaltvorbeugung, in: der kriminalist 11/94, Seiten 536 ff. (u.a. als Zwischenüberschrift „Einrichtung der Ermittlungskommission – Erfahrungen).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.1 Vorgesehene Einleitung (Manuskript)[26] der geplanten Veröffentlichung im Original (Dezember 1993)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4.2 Eine abscheuliche Straftat als Anstoß
93jährige in der Kirche ausgeraubt –
Kripo ermittelt die jugendlichen Täter
Eine Ermittlungsgruppe der Kripo Münster kam jetzt einer Bande von vier jugendlichen Türken aus Osnabrück auf die Spur. Ihnen werden, u.a. in Münster und Osnabrück, mehrere Raubstraftaten und Ladendiebstähle zur Last gelegt. In der westfälischen Nachbarstadt wurde bei einem Raub eine 93jährige Frau verletzt.[27]
Die Zusammenarbeit mit der „Ermittlungskommission (EK) Jugendbanden“, Polizeipräsidium Münster, in der Münsteraner Raubsache brachte uns übrigens auf den Gedanken, etwas Vergleichbares in Osnabrück „auf die Beine zu stellen“. Die Lageauswertung hatte nämlich ergeben, dass in der Stadt Osnabrück Jugendliche bandenmäßig agierten.
4.3 Ein erster Fehlversuch
Aufgrund der Zuständigkeitsregelungen zwischen der Schutz- und Kriminalpolizei wurde seinerzeit die Jugenddelinquenz in verschiedenen Dienstbereichen und Dienststellen bearbeitet. Die Arbeit der „EK Jugendbanden“ erschien uns vorbildlich, sodass wir im Juli 1992 mit der Planung einer „Arbeitsgruppe (AG) Jugendbanden“ begannen.
In der wöchentlichen Besprechung der Führungskräfte der Schutz- und Kriminalpolizei („Montagsrunde“) war die Schutzpolizei sofort zu begeistern; personelle Unterstützung wurde durch den SPI-Leiter Horst Denningmann zugesagt. Wie schon in der „AG Beschaffung“ sollten in der „AG Jugendbanden“ auch Schutz- und Kriminalpolizisten gemeinsam arbeiten.
Die vorbereitenden Maßnahmen liefen an (Lagebild, retrograde Aufarbeitung relevanter Ermittlungsverfahren, begleitende Operativmaßnahmen durch Kräfte der Bereitschaftspolizei etc.).
Über die beabsichtigte Einrichtung der „AG Jugendbanden“ wurde der Leiter der Kriminalpolizei bei der Bezirksregierung Weser-Ems, Oldenburg, informiert. Dort hatte man Bedenken ob der Bezeichnung und stellte fest: In Osnabrück gibt es keine Jugendbanden! So kam es zu der Bezeichnung „Ermittlungsgruppe (EG) Straße“, die eigentlich nur vorübergehend eingesetzt werden sollte.
Jetzt hätte die „EG Straße“ loslegen können, wenn da nicht die Vorbehalte im eigenen Hause aus der Ermittlungsebene gewesen wären (zu wenig Personal, zusätzliche Arbeit durch ein täterorientiertes Vorgehen und durch den Einsatz von Operativkräften). Aufgrund dieser Vorbehalte entschied der Leiter der Kriminalpolizeiinspektion: Aus der „EG Straße“ wird nichts.
4.4 Ein neuer Anlauf
Ein Sachbearbeiter des 1. Kommissariats in der Ermittlungssache
„Stundenlang festgehalten – Vier Jugendliche ‚entführten’ junge Frau“[28]
ging in seinem Ermittlungsbericht auf die „Türken-Bubis“ ein und bemängelte die Bearbeitung einer Vielzahl von Vorgängen gegen diese Gruppierung beim 1. und 2. Polizeirevier sowie in mehreren Fachkommissariaten der Kriminalpolizeiinspektion Osnabrück. Der Sachbearbeiter wies darauf hin, dass seines Erachtens eine Vorgangskoordinierung unabdingbar sei. Damit lebte das Problem wieder auf.
Eine sich Mitte Januar 1993 ergebene günstige Personalkonstellation habe ich genutzt, nun doch noch eine adäquate und koordinierende Ermittlungsführung in Form einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe (Schutz- und Kriminalpolizei) zu erreichen. Am 01.02.1993 nahm dann die „Ermittlungsgruppe (EG) Straße“ in der Stärke 1 : 3 (je 2 Beamte der Schutz- und Kriminalpolizei) ihre Arbeit auf. Auf weitere Einzelheiten (z.B. Dienstanweisung, Zuständigkeitsabgrenzung) wird verzichtet. Wichtig ist aber noch der Hinweis, dass jeder Sachbearbeiter seinen „festen Kundenstamm“ („Patenprinzip“) hatte.
Die „EG Straße“ war zunächst dem Beauftragten für Jugendsachen unmittelbar unterstellt, was sich aber nicht bewährte, sodass eine Anbindung an das 4. Fachkommissariat (Diebstahl, Einbruch, Raub, Hehlerei) erfolgte.
4.5 Ergebnis
Diese EG zur Verfolgung „jugendlicher Straßenkriminalität“ hat sich in Osnabrück über mehr als ein Jahrzehnt bewährt. Als Folge der Polizeireform (2004) wurde die „EG Straße“ in das 6. Fachkommissariat (Jugendsachen) integriert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 30.04.1993 (Ausschnitt)[29]
Kapitel 5:
Runder Tisch Eversburg („RTE“)
als lokale Basisprävention
Literatur:
Hunsicker, Ernst,
- Kriminalitätsverhütung – Kommunale und lokale Basisprävention als Ausformung der Idee „Räte für Verbrechensverhütung“, in: Kriminalistik 11/93, Seiten 725 ff.,
- Alternative Kriminalprävention in Osnabrück – Zusammenfassende Darstellung, in: der kriminalist 12/93, Seiten 482 ff.,
- Lokale Basisprävention – Oder: Was hat ein Wochenmarkt mit einem „Runden Tisch zur Kriminalitätsverhütung“ zu tun?, in: Kriminalistik 8-9/94, Seite 543 f.,
- Das ressortübergreifende Präventionsmodell Osnabrück - Initiativfunktion von Seiten der Polizei am Beispiel Osnabrück, in: Vereint gegen Kriminalität – Wege der kommunalen Kriminalprävention in Deutschland (Herausgeber Kube, Edwin / Schneider, Hans / Stock, Jürgen), Verlag Schmidt-Römhild Lübeck (1996), Seiten 189 ff.,
- Verbrechensverhütung: Vernetzte Kriminalprävention auf internationaler bis lokaler Ebene, in: POLIZEI- heute 2/98, Seiten 54 ff.,
- Kommunale und lokale Kriminalprävention in Osnabrück seit 1989 – Erfahrungen und Arbeitsergebnisse, in: Europäische Beiträge zu Kriminalität und Prävention 3/1998, Seiten 25 ff.,
- Kritische Reflektion der Kriminalprävention in Osnabrück, in: Die Kriminalprävention 2/2003, Seiten 51 ff.,
- Entwicklung der kommunalen Kriminalprävention in Osnabrück seit 1989, in: Kriminalpolitik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen – Festschrift für Professor Dr. Hans-Dieter Schwind zum 70. Geburtstag (Herausgegeben von Feltes, Thomas / Pfeiffer, Christian / Steinhilper, Gernot), C.F. Müller Verlag Heidelberg (2006), Seiten 945 ff. (950 ff.).
weitere Veröffentlichung:
- Hunold, Daniela, Sicherheitsgefühl und kommunale Kriminalprävention. Sichtweise von Bürgern und Verwaltung am Beispiel des Osnabrücker Stadtteils Eversburg, Universität Osnabrück, Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften – Diplomarbeit im Diplomstudiengang Geografie (25. Juni 2002), 155 Seiten (ohne Anlagen).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5.1 Kriminalitätsstudie
Wie unter Kapitel 3 („Ressortübergreifende Präventionskommission Osnabrück“) ausgeführt, war bereits in den Anfängen der ressortübergreifenden Zusammenarbeit erkennbar, dass die kriminalpräventive Arbeit allein auf kommunaler Ebene bei einer Größe von nahezu 160 000 Einwohnern, verteilt auf 23 Stadtteile, nicht effektiv genug war.
Um nicht völlig ins Blaue zu planen, habe ich zunächst die Normabweichungen in den 23 Osnabrücker Stadtteilen auf der Grundlage statistischer Daten erhoben.
Besonders auffällig erschien mir der Stadtteil Eversburg (gut 7 000 Einwohner) wegen des überproportionalen Anteils sowohl an Straftaten als auch an hier wohnhaften Tatverdächtigen.
5.2 Kontaktaufnahme zum Stadtteil Eversburg
Ich hielt es für zweckmäßig, zunächst Kontakt zum Vorsitzenden des Bürgervereins Eversburg aufzunehmen. Der zeigte sich ob der Ergebnisse meiner Erhebung nicht besonders überrascht, und er nannte mir in einem persönlichen Gespräch Heike Jünemann, seine Vertreterin im Bürgerverein, als Kontaktperson für ein weiteres Vorgehen.
Zusammen mit Frau Jünemann habe ich eine Auftaktveranstaltung vorbereitet, zu der Vertreter/innen aller in Eversburg ansässigen Vereine, Kirchen, Schulen etc. schriftlich eingeladen wurden.
5.3 Schwerfällige und mit Kritik beladene Auftaktveranstaltung
Zu dieser Auftaktveranstaltung im Schulzentrum Eversburg (April 1993), zu der ich zugleich als Vertreter der Polizei und der „Ressortübergreifenden Präventionskommission Osnabrück“ erschienen war, kam etwa die Hälfte von 60 geladenen Personen.
Während der Vorstellung der „Eversburger Situation“ erhielt ich wiederholt heftigen Gegenwind von den versammelten Bürgerinnen und Bürgern. Sie wollten keine Einmischung von außen. Ihre kritische Einstellung wurde an vier Punkten deutlich:
- Es gibt in Eversburg bereits Arbeitsgruppen, die Präventiv arbeiten. Offenbar ist die Polizei der Meinung, dass ohne sie nichts läuft.
- Ein Teil der Eversburger/innen vermutet, dass auf diese Weise „Polizeispitzel“ gewonnen werden sollen.
- Keine Berichterstattung in der Presse über diese Auftaktveranstaltung mit dem Hinweis, bisher nach dem Prinzip „Tu’ Gutes und sprich’ nicht drüber!“ gehandelt zu haben.
Trotzdem dieser Presseartikel:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 26.04.1993
- Später wurde mir sogar vorgeworfen, mit falschen Statistikzahlen operiert zu haben.
Mein Vorhaben, bereits in der Auftaktveranstaltung Arbeitsgruppen zu bilden, lief bei diesen negativen Vorzeichen völlig ins Leere. Immerhin zeigten am Ende der Veranstaltung aber wenige Frauen und Männer Bereitschaft, sich – in welcher Form auch immer – mit einem lokalen Präventionsgremium näher zu befassen.
Ich habe diese Auftaktveranstaltung mit sehr gemischten Gefühlen verlassen, und ich hatte nur wenig Hoffnung, dass meine Idee einer „lokalen Basisprävention“ überhaupt in Eversburg angekommen war.
5.4 Überraschende Wende
Nach dieser Auftaktveranstaltung habe ich die Entwicklung in Eversburg ein wenig aus den Augen verloren, was auch mit meiner vorübergehenden Verwendung als Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Lingen/Ems zu tun hatte (November 1993 bis Oktober 1994).
Im Juni 1994 wurde aber bereits positiv über den „Runden Tisch Eversburg“, der sich kurz nach der Auftaktveranstaltung gegründet und selbst so bezeichnet hatte, in der lokalen Presse berichtet.
Am 15. Juni 1994 fand auf dem Gelände des Schulzentrums Eversburg erstmalig ein Wochenmarkt statt, für den sich der „Runde Tische“ eingesetzt hatte und der laut Presse „halb Eversburg anlockte“.
5.5 Ergebnisse
Danach stellte sich die Frage, was ein Wochenmarkt denn wohl mit lokaler Basisprävention zu tun haben könnte. Da die Antwort nicht gleich auf der Hand liegt, hier die Erklärung:
Der Wochenmarkt sollte nicht auf den Einkauf begrenzt sein, sondern auch als Forum dienen. Für Ältere und Behinderte wurde ein Fahrdienst eingerichtet. Der „Runde Tisch Eversburg“ war zudem in seinen Anfängen mit einem Info-Stand auf dem Markt vertreten, um für sich selbst und seine Anliegen zu werben.
Was hat der „Runde Tisch Eversburg“ ansonsten bewirkt:
a) Erfolgreicher Einsatz für den Verbleib der Stadtbücherei in Eversburg,
b) Einrichtung des Jugendzentrums „JZ Westwerk 141“,[30]
c) „Grünes Klassenzimmer“ auf dem Schulgelände,
d) Organisation und Durchführung von Stadtteilfesten,
Runder Tisch Eversburg: Eversburg feiert
(sb) Osnabrück, 1. September 2009 / Beim 6. Stadtteilfest rund um das Schulzentrum machte Petrus nicht wie gewünscht mit. Kurz vor der Eröffnung durch Oberbürgermeister Boris Pistorius gab es einen derben Schauer, danach blieb es aber überwiegend trocken. Der Runde Tisch Eversburg hatte mit großem Organisationsaufwand gemeinsam mit den Vereinen, Kirchen, Organisationen und Gruppen ein vielfältiges Programm zusammengestellt.
Auf der Bühne gab es abwechslungsreiche Vorführungen und für Kinder gab es viele Möglichkeiten zum Mitmachen. Ein Traditionsbus der Stadtwerke lud zu Rundfahrten ein, für Essen und Trinken war auch gesorgt und eine große Tombola versprach viele gute Preise. Der Erlös des Festes kommt sozialen Zwecken in Eversburg zu Gute.
Quelle: »http://www.marktplatz-osnabrueck.de/desktopdefault.aspx/tabid-472/ 1402_read-23219/«
e) „go sports tour“ im Jahr 2003,
f) Mitsprache bei der Stadtteil- und Bebauungsplanung.
5.6 Eversburg als Vorbild
Später haben sich in weiteren Osnabrücker Stadtteilen „Runde Tische“ gegründet, die sich mehr oder weniger um lokale Belange kümmern oder gekümmert haben. Häufig werden sie von organisierten Nachbarschaftshilfen[31] unterstützt.
Im Wesentlichen geht es bei den „Runden Tischen“ um ein Mehr an Wir-Gefühl, einen Abbau der Anonymität und im Ergebnis um eine Verbesserung der Lebensqualität. Diese unmittelbare bürgerschaftliche Mitverantwortung für das Gemeinwohl, ist – losgelöst von hemmenden Verwaltungsstrukturen – fundamentale Kriminalprävention.
Die Jugend ist, und das erscheint mir besonders wichtig, zum Teil sehr stark in das Geschehen eingebunden und sie wird, was nur konsequent ist, an jugendspezifischen Entscheidungsprozessen und an den Entscheidungen selbst beteiligt.
Die Arbeit der „Runden Tische“ geht folglich über die Tätigkeiten der traditionsverwurzelten Bürgervereine hinaus.
5.7 Kritische Anmerkungen
Leider hat es sich gezeigt, dass „Runde Tische“ grundsätzlich erst dann eingerichtet werden bzw. an Bedeutung gewinnen, wenn sich in einem Stadtteil Probleme mit so genannten Randgruppen entwickeln (Drogenszenen, auffällige Jugendliche, Migranten, ethnische Gruppieren als Beispiele). Also überwiegend Reaktion anstatt Aktion.
Auch ist festzustellen, dass mit einer Erledigung oder Reduzierung des Problems/der Probleme das Engagement nachlässt und der jeweilige „Runde Tisch“ nach und nach „einschläft“.
Die Arbeit der „Runden Tische“ ist sehr unterschiedlich (aus)geprägt, was insbesondere Organisation und Systematik betrifft. Ein „Runder Tisch der Runden Tische“, der in Osnabrück existiert, könnte dazu beitragen, diesen Mangel zu beheben.
Ziel sollte es sein, in allen 23 Osnabrücker Stadtteilen einen „Runden Tisch“ einzurichten. Das ist aber eine Idealvorstellung, die sich wohl nicht verwirklichen lässt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 16.06.1994 (Ausschnitt)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle:
Neue Osnabrücker
Zeitung vom 29.08.1994 Quelle:
Polizei-Extrablatt (PEB) 9/94
Kapitel 6:
Osnabrücker „Drogenhistorie“
und das
„Osnabrücker Anti-Drogen-Modell“ als Erfolgsmodell
Literatur:
Ernst Hunsicker,
- Der Staat und sein Drogendilemma – Das Osnabrücker Modell zur Minimierung der Drogenkriminalität, in: Kriminalistik 11/96, Seiten 711 ff.,
- Das Osnabrücker Anti-Drogen-Paket – Zehn Schritte zu beachtlichen Erfolgen, in: Kriminalistik 4/97, Seiten 234 ff.,
- Es muß ja nicht gleich New York sein – Noch einmal: Das „Osnabrücker Modell“ für eine sichere Stadt, in: Kriminalistik 7/98, Seiten 493 ff.,
- Jenseits der Landesgrenzen: Das komplexe „Osnabrücker (Anti-Drogen-) Modell im Überblick, in: Die Bayerische Polizei, September/Oktober 1999, Seiten 20 ff.,
- Zur Kriminalität der Spätaussiedler – Die Bedeutung des Phänomens am Beispiel der Stadt Osnabrück, in: Kriminalistik 8/99, Seiten 529 ff.,
- Prävention der Aussiedlerkriminalität in Osnabrück, in: Die Kriminalprävention 1/2000, Seiten 30 ff.
weitere Veröffentlichung:
- Axel Mühe, Rauschgiftbekämpfung – Wolfsburg im Wandel - Erfahrungen mit einem erprobten Modell zur örtlichen Rauschgiftbekämpfung, in: Kriminalistik 2/00, Seiten 119 ff.; Vorspann:
„In Kriminalistik 4/97, S. 234 ff., wurde das Osnabrücker Anti-Drogen-Paket mit seinen zehn Schritten zum Erfolg vorgestellt. Wir hatten dazu angemerkt, dass sich dieses Maßnahmenpaket sicher problemlos kopieren und auf andere Bereiche übertragen lasse. Unter mehreren Städten ist auch Wolfsburg dem „Rat“ gefolgt. Über das Ergebnis berichtet im folgenden Beitrag der Leiter der Ermittlungsgruppe Rauschgift der Volkswagen-Stadt.“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
6.1 Osnabrücker „Drogenhistorie“
Als ich 1967 meinen Dienst bei der Osnabrücker Kriminalpolizei im mittleren Dienst begann, gab es so gut wie keine „Drogenverstöße“. In Ausnahmefällen waren Strafanzeigen gegen Ärzte/innen oder Apotheker/innen zu bearbeiten, weil sich diese aus ihren „Giftschränken“ illegal bedient hatten.
Die ersten illegalen (Weich-)Drogen brachten Ende der 60er Jahre ganz offensichtlich – auch bekannte – Bands aus den Niederlanden und England nach Osnabrück, die im „Schweizerhaus“ an der Rheiner Landstraße „aufspielten“. Sie hatten nicht nur Groupies im Gefolge, sondern auch Cannabisprodukte im Gepäck. Hier liegen die Anfänge der sich danach entwickelnden Osnabrücker Drogenszene, die dann später ausuferte und in der Konsequenz zum „Osnabrücker-Anti-Drogen-Modell“ führte.
Die halboffene bis offene Hartdrogenszene (Händler/Dealer, Konsumenten/Junkies) hatte sich Anfang der 90er Jahre in dem eigentlich idyllischen Schlossgarten hinter dem Hauptgebäude (Schloss) der Universität Osnabrück festgesetzt. Deshalb gab es nicht nur fortlaufend von unmittelbaren Anliegern Beschwerden. Um den Druck auf die Polizei und die Stadt (Verwaltung, Politik) zu erhöhen, wurde immer wieder die örtliche Presse eingeschaltet.
Polizei und Stadt haben mit dem „Osnabrücker Modell“ (Repression, Prävention und Hilfen) reagiert, das bundesweit Furore machte. Jetzt hatten wir nach vorausgegangener veröffentlichter Kritik eine positive Presse – sogar über Osnabrück hinaus (mehrere Berichte auf den Folgeseiten).
6.2 „Alle ziehen an einem Strang“ – nicht nur Repression, insbesondere auch Prävention und Hilfen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 06.05.1995
6.3 „Osnabrücker Modell“: Hilfen – Prävention – Repression im Überblick[32]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
6.4 „Besondere Aufbauorganisation Rauschgift“ (BAO RG)
Im Fokus des repressiven Vorgehens gegen die örtliche Rauschgiftszene stand die „Besondere Aufbauorganisation Rauschgift“, die im Mai 1995 eingerichtet wurde und die ich über fast zehn Jahre bis zu meiner Pensionierung (Februar 2004) geleitet habe.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
[1] Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) ist eine Spezialeinheit der Polizei. In Deutschland verfügen die Polizeien aller Länder über mindestens ein SEK. Die Spezialeinheiten des Bundes sind die 1972 gegründete GSG 9 der Bundespolizei und die 1997 ins Leben gerufene Zentrale Unterstützungsgruppe Zoll (ZUZ) der Zollverwaltung. Das SEK Baden-Württemberg gehört als einziges SEK dem Atlas-Verbund europäischer Polizei-Spezialeinheiten an. (Wikipedia – Spezialeinsatzkommando)
[2] Das Mobile Einsatzkommando (MEK) ist eine Spezialeinheit (SE) der deutschen Polizei für Observation und Zugriff. (Wikipedia – Mobiles Einsatzkommando)
[3] Hunsicker, Ernst, Ermitteln durch Ermittlungsgruppen oder durch Arbeitsgruppen, in: DIE POLIZEI 6/91, Seiten 136 ff.
[4] Der Begriff Beschaffungskriminalität bezeichnet kriminelle Handlungen zur Finanzierung von Betäubungsmitteln und ist damit Teil der Drogenkriminalität. Das klassische Beispiel sind Eigentumsdelikte wie Einbruch, Diebstahl, Raub, seltener Apothekeneinbrüche von abhängigen Drogenkonsumenten. Man unterscheidet zwischen der direkten und indirekten Beschaffungskriminalität. Unter die erste Gruppe fallen Delikte zum direkten Erwerb der Betäubungsmittel, die zweite Gruppe dient der Beschaffung von Geld oder Wertgegenständen zur Finanzierung des Kaufs. Unter drogenabhängigen Frauen und Männern findet man neben der Beschaffungskriminalität auch häufig Beschaffungsprostitution. (Vgl. Beschaffungskriminalität – Wikipedia)
[5] Horst Denningmann war von 1982 bis Mai 1988 mein unmittelbarer Vorgesetzter an der Polizei-Ausbildungsstätte Bad Iburg / Landkreis Osnabrück und ab Dezember 1988 Leiter der Schutzpolizeiinspektion Osnabrück.
[6] „ … Die Übernahme der Zero Tolerance-Politik ist in Europa bislang noch nicht erfolgt. Die Broken Windows-Theorie hingegen fiel auch auf unserem Kontinent auf fruchtbaren Boden. In Fachkreisen gilt die deutsche Stadt Osnabrück als Vorzeigebeispiel für wirksames community policing. Anfang dieses Jahrzehnts entwickelte sich die Drogen- und Beschaffungskriminalität der Stadt explosionsartig im wahrsten Sinne des Wortes. Die Brutalisierung ging bis zum Schußwaffengebrauch. Die Stadtverwaltung entschied sich daraufhin, dem kriminellen Treiben mit Repression durch konsequente Rechtsanwendung zu antworten. Ab Mai 1997 wurden unter der Ägide von Kriminaldirektor Ernst Hunsicker Streifen zu Fuß und per Mountain-Bike verstärkt. Die Ordnungshüter hatten den Auftrag, Ordnungswidrigkeiten nicht nur zu unterbinden, sondern auch durch Anzeigen oder Bußgelder zu ahnden. …“
[7] Hunsicker, Ernst, Konzeption „Vernetzte Kriminalprävention Osnabrück“, in: Dokumentation 1. Niedersächsischer Präventionstag – Montag, den 4. Oktober 1999 in der Stadthalle Osnabrück - Landespräventionsrat Niedersachsen, Anlage 2 (Stand: 01.01.1999).
[8] RdErl. d. MI v. 24.4.88 – Nds. MBl. 17/1988, 436; geändert durch RdErl. d. MI v. 18.7.90 – Nds. MBl. 27/1990, 924.
[9] Als stellvertretender Leiter der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Osnabrück hatte ich auf Grund Erlassvorgabe (wie vorstehend) die Geschäfte dieser Präventionsgruppe, die sich aus Beamten der Kriminal- und Schutzpolizei zusammensetzte, zu führen.
[10] Jörg Ziercke (*18. Juli 1947 in Lübeck) ist seit dem 26. Februar 2004 der Präsident des deutschen Bundeskriminalamts (BKA); Wikipedia – Jörg Ziercke.
[11] Von der 1. Sitzung (Dezember 1989) bis zu meiner Pensionierung (Februar 2004) war ich Geschäftsführer/Koordinator dieser Präventionskommission, die ich in Abwesenheit des Inspektionsleiters auch geleitet habe. Während meiner vorübergehenden Tätigkeit als Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Lingen/Ems von November 1993 bis Oktober 1994 ließ die Kontinuität nach, indem eine Sitzung ausfiel und Sitzungsprotokolle nicht mehr konsequent geschrieben wurden.
[12] Kriminalpräventiver Rat (KPR) als immer noch gängige Bezeichnung. Die Verantwortung für diesen KPR lag von Beginn an bei der Stadt Delmenhorst in Person des Oberstadtdirektors (Vorsitzender).
[13] Nach der 94er Polizeireform wurden diese Aufgaben durch die Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt fortgeführt.
[14] Nach der 94er Polizeireform ging die Leitung auf den Leiter der Polizeiinspektion Osnabrück Stadt – oder Vertreter im Amt – über.
[15] Danach wurde die sicherlich erfolgreiche Arbeit durch den Kriminalpräventionsrat Osnabrück (KPR OS) fortgesetzt. Vorsitzender ist der jeweilige Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück.
[16] Hunsicker, Ernst / Heyer, Hermann, Einrichtung kommunaler Präventionsbüros in Kombination mit „Polizeiläden“ – Ein Plädoyer nur aus Sicht der Polizei?, in: Die Kriminalprävention 1/2001, S. 12 ff.
[17] Franke, Karen / Schneiders, Monika, Diplomarbeit zum Thema: Kommunale Kriminalprävention als kommunale Sicherheitsvorsorge – Entwicklung eines Strukturmodells für die Stadt Osnabrück, Universität Osnabrück – Fachbereich Psychologie - Fachgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie, Dezember 2004, 334 Seiten (245), und – später als Buch –
Schneiders, Monika / Franke, Karen, Kommunale Kriminalprävention – Bausteine zur kommunalen Sicherheitsvorsorge, V D M Verlag Dr. Müller (385 Seiten).
[18] Homepage »http://www.osnabrueck.de/kpr/«
[19] Damit hat der jeweils eingleisige Oberbürgermeister den Vorsitz im Kriminalpräventionsrat und im Präventionsverein Osnabrück e.V. (vgl. Kapitel 7).
[20] Bürgerbeauftragter der Stadt Osnabrück und Leiter der Bürgerberatung.
[21] Ehemals Präventionsbeauftragter der Polizeiinspektion Osnabrück-Land (zunächst Altersteilzeit, dann Pensionierung).
[22] Zum so genannten KPR-Team, das für das operative Tagesgeschäft zuständig ist, gehören neben weiteren engagierten ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern auch der frühere Leiter des polizeilichen Präventionsteams, EKHK a.D. Wolfgang Wellmann als Geschäftsführer, der ehemalige Kriminaldirektor Ernst Hunsicker und der Leiter der Bürgerberatung der Stadt Osnabrück, Wolfgang Zimmerer, ebenfalls als Geschäftsführer. Dieses Team trifft sich regelmäßig jeden Monat und darüber hinaus nach Bedarf. (Quelle: »http://www. osnabrueck. de/kpr/17812.asp«)
[23] Eine Lenkungsgruppe, der verschiedene Fachbereiche der Stadt Osnabrück, wie zum Beispiel der Fachbereich Bürger und Ordnung, der Fachbereich Kinder, Jugend und Familie, aber auch Vertreter der Landesschulbehörde, Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten angehören, trifft sich vier- bis sechsmal jährlich und ist für die grundsätzliche strategische Ausrichtung der Präventionsarbeit zuständig. (Quelle: »http://www.osnabrueck.de/kpr/17810.asp«)
[24] Der Kriminalpräventionsrat ist ein offenes Gremium, dem Behörden, Institutionen, Verbände, Einrichtungen, Runde Tische und Nachbarschaftshilfevereine angehören, die im weitesten Sinne Aufgaben der Kriminalprävention wahrnehmen und dazu beitragen möchten, dass die Entstehung von Gewalt und Kriminalität bereits im Vorfeld verhindert wird. Alle gesellschaftlich relevanten Gruppen können im Kriminalpräventionsrat mitarbeiten und sich aktiv an Maßnahmen zur Verhinderung von Kriminalität im eigenen Umfeld beteiligen. Bürgerinnen und Bürger in unterschiedlichsten Funktionen sollen gemeinsam mit den zuständigen Organen Verantwortung für den Sicherheitszustand ihres Gemeinwesens übernehmen. Vorsitzender des Kriminalpräventionsrates ist Oberbürgermeister Boris Pistorius. Die Geschäftsstelle des Kriminalpräventionsrates ist täglich besetzt. (Quelle: »http://www.osnabrueck.de/kpr/17808.asp«)
[25] Obwohl das Manuskript komplett vorlag, ist es nicht zu einer Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift gekommen. Die Gründe dafür sind mir heute nicht mehr bekannt.
[26] Geschrieben auf meiner privaten Kofferschreibmaschine „Olympia Monica“.
[27] Neue Osnabrücker Zeitung vom 13.06.1992.
[28] So die Überschrift in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 23.06.1992.
[29] Die vollständige Überschrift lautet „Schüler: ‚Angst vor Stadtbummel’ - Ermittlungsgruppe der Polizei wirft ‚Jugendbande’ Diebstahl, Raub und Erpressung vor“.
[30] »http://www.westwerk141.de/«
[31] … Innerhalb der Initiativen und Vereine in der AgNES-OS arbeiten Menschen, die freiwilliges Engagement voran bringen wollen. Besonders das Ehrenamt soll aufgewertet werden. Des Weiteren sollen Mut, Lust und Kreativität gefördert werden, damit Menschen ihre Angelegenheiten selbst oder mit Hilfe anderer in die Hand nehmen können. Ein weiteres wichtiges Ziel der AgNES-OS ist, Neues anzufangen, Erfahrungen zu machen, gegenseitigen Austausch zu organisieren, Zeit einzubringen und die Generationen zusammenzuführen. Die Devise „Jung und Alt zusammen im freiwilligen Engagement“ erscheint wichtig. Initiativen, Nachbarschaftshilfen, Vereine, Genossenschaften und andere Gruppen mit diesen Zielen arbeiten in der Stadt zusammen, um Menschen Perspektiven aufzuzeigen, was sie selbstbewußt und gemeinschaftlich tun und leisten können. … (Quelle: »http://www.osnabrueck.de/sozhandb1.asp?s=1&sw=&sb=&ide=2265«)
[32] Hunsicker, Ernst, Konzeption „Vernetzte Kriminalprävention Osnabrück“, in: Dokumentation 1. Niedersächsischer Präventionstag – Montag, den 4. Oktober 1999 in der Stadthalle Osnabrück - Landespräventionsrat Niedersachsen, Anlage 3 (Stand: April 1999).
- Citation du texte
- Ernst Hunsicker (Auteur), 2011, Kriminalitätskontrolle am Beispiel der Stadt Osnabrück - oder:, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164501
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