Die Wahl des Themas für diese Diplomarbeit erfolgte aus zwei Gründen:
Erstens stand mein persönliches Interesse am Sport im Vordergrund. Zweitens
erfuhr ich im Zuge einer Lehrveranstaltung während meines Studiums der
Publizistik- und Kommunikationswissenschaften von Behindertensportlern
selbst, welchen Stellenwert der Behindertensport in den Medien darstellt bzw.
welche Probleme diesen Sportlern in der Öffentlichkeit widerfahren. Aus
diesen Gründen entschied ich mich, diesem Thema intensiver nachzugehen.
An dieser Stelle möchte ich mich einerseits bei meiner Familie für alles
bedanken, insbesondere bei meinen Eltern, die mir das Absolvieren dieses
Studiums überhaupt ermöglichten. Weiters danke ich meinen Freundinnen
sowie meinen Studienkolleginnen für jegliche Unterstützung. Besonderer Dank
gilt auch meinem damaligen Freund, der mir die Kraft gegeben hat, mit der
Diplomarbeit zu beginnen und mir in der Anfangsphase immer zur Seite
stand.
Dank auch den Sportlern und Journalisten, die sich für die Beantwortung
einiger Fragen bereiterklärt und dadurch zum Gelingen dieser Arbeit einen
Teil beigetragen haben.
Schließlich möchte ich mich bei Univ.-Ass. Dr. Fritz Hausjell für die
Übernahme des Themas sowie die Betreuung meiner Arbeit vielmals
bedanken.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Einleitung
3. Behindertensport
3.1 Begriff „Behinderter“
3.2 Geschichte des Behindertensports
3.3 Entwicklung des Behindertensports in Österreich
3.4 Ebenen des Behindertensports
3.4.1 Rehabilitationssport
3.4.2 Breiten- und Freizeitsport
3.4.3 Leistungs- und Wettkampfsport
3.5 Ziele des Behindertensports
3.5.1 Allgemeine Ziele
3.5.2 Behinderungsspezifische Ziele
3.6 Zusammenfassung
4. Paralympics – Paralympische Spiele
4.1 Der Begriff Paralympics
4.2 Der Ursprung der Paralympics
4.3 Geschichte und Verlauf der Paralympics
4.4 Die Winter-Paralympics
4.5 Special Olympics – der Unterschied
4.5.1 Idee und Geschichte der Special Olympics
4.5.2 Special Olympics Eid
4.6 Zusammenfassung
5. Salt Lake City 2002 – Die VIII. Winter-Paralympics
5.1 Fakten und Daten
5.2 Sportarten
5.2.1 Ski Alpin
5.2.2 Ski Nordisch
5.2.3 Eisschlittenhockey
5.3 Das österreichische Team
5.4 Wettkämpfe
5.5 Erfolge und Ergebnisse
5.6 Zusammenfassung
6. Sportberichterstattung in den Medien
6.1 Begriff Sportberichterstattung
6.2 Geschichte der Sportberichterstattung
6.3 Stil und Sprache in der Sportberichterstattung
6.4 Merkmale und Funktionen der Sportberichterstattung
6.5 Zusammenfassung
7. Medien und Behindertensport
7.1 Merkmale der Behindertensportberichterstattung
7.2 Die defizitäre Berichterstattung
7.2.1 Quantitative Aspekte
7.2.2 Qualitative Aspekte
7.3 Einflussfaktoren der Behindertensportberichterstattung
7.4 Zusammenfassung
8. Berichterstattung aus Sicht von Athleten und Betreuer
8.1 Athleten
8.1.1 Athletin 1: Ski Alpin
8.1.2 Atheltin 2: Ski Alpin
8.1.3 Athlet 3: Ski Alpin
8.1.4 Athlet 4: Ski Alpin
8.1.5 Athlet 5: Ski Alpin
8.1.6 Athlet 6: Ski Alpin
8.2 Betreuer
8.2.1 Betreuer 1: Trainer Ski Alpin
8.2.2 Betreuer 2: Trainer Ski Nordisch
8.3 Zusammenfassung
9. Medien berichten
9.1 „Kronen Zeitung“
9.2 „Die Presse“
9.3 „Kurier“
9.4 „Sportwoche“
9.5 „Sportmagazin“
9.6 „Sportzeitung“
9.7 Zusammenfassung
10. Berichterstattung aus Sicht von Journalisten
10.1 Journalist „Kronen Zeitung“
10.2 Sportchef „Kurier“
10.3 Journalist „Sportmagazin“
10.4 Journalist „Sportzeitung“
10.5 Zusammenfassung
11. Zusammenfassende Darstellung mit Schlussbemerkung
12. Literaturverzeichnis
13. ANHANG
A1: Interview Sportler 1
A2: Interview Sportler 2
A3: Interview Sportler 3
A4: Interview Sportler 4
A6: Interview Sportler 6
A7: Interview Betreuer 1
A8: Interview: Betreuer 2
A9: Interview mit Jürgen Preusser, Sportchef „Kurier“
A10: Interview mit Gerhard Weber, Journalist „Sportzeitung“
A11: Interview mit Fritz Hutter, Journalist „Sportmagazin“
A12: Interview mit Herrn Brockmann, Journalist „Kronen Zeitung“
1. Vorwort
Die Wahl des Themas für diese Diplomarbeit erfolgte aus zwei Gründen: Erstens stand mein persönliches Interesse am Sport im Vordergrund. Zweitens erfuhr ich im Zuge einer Lehrveranstaltung während meines Studiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaften von Behindertensportlern selbst, welchen Stellenwert der Behindertensport in den Medien darstellt bzw. welche Probleme diesen Sportlern in der Öffentlichkeit widerfahren. Aus diesen Gründen entschied ich mich, diesem Thema intensiver nachzugehen.
An dieser Stelle möchte ich mich einerseits bei meiner Familie für alles bedanken, insbesondere bei meinen Eltern, die mir das Absolvieren dieses Studiums überhaupt ermöglichten. Weiters danke ich meinen Freundinnen sowie meinen Studienkolleginnen für jegliche Unterstützung. Besonderer Dank gilt auch meinem damaligen Freund, der mir die Kraft gegeben hat, mit der Diplomarbeit zu beginnen und mir in der Anfangsphase immer zur Seite stand.
Dank auch den Sportlern und Journalisten, die sich für die Beantwortung einiger Fragen bereiterklärt und dadurch zum Gelingen dieser Arbeit einen Teil beigetragen haben.
Schließlich möchte ich mich bei Univ.-Ass. Dr. Fritz Hausjell für die Übernahme des Themas sowie die Betreuung meiner Arbeit vielmals bedanken.
2. Einleitung
Der Begriff Behindertensport war den Menschen schon lange Zeit bekannt. Seine Ursprünge liegen im Heilturnen bzw. in der Heilgymnastik. Im Laufe der Zeit wurde die Bedeutung des Sports für den Menschen aus medizinischen und auch sozialen Gründen immer mehr erkannt. So wurde auch für den Menschen mit Behinderung der Sport zu einer immer wichtigeren Aufgabe und Herausforderung. Verbände wurden gegründet, Wettkämpfe im nationalen und internationalen Vergleich stehen wie für alle anderen Sportler, auch bei den Behindertensportlern auf der Tagesordnung. Die Paralympics kommen immer mehr den Olympischen Spielen gleich und gelten neben den Weltmeisterschaften als das Sportereignis der Behindertensportler schlechthin. Das letzte Großereignis in dieser Hinsicht waren die Winter-Paralympics 2002 in Salt Lake City, USA.
Doch nicht nur das Interesse am Sport ist in den letzten Jahren enorm gestiegen, auch die Sportberichterstattung hat demzufolge kontinuierlich zugenommen. Diese Entwicklung lässt sich bereits ab dem Ende des 19. Jahrhunderts erkennen, als der Sport der gesamten Bevölkerung zuerkannt wurde. So stieg auch ab dieser Zeit die Berichterstattung in den Medien. Bestehende Zeitungen bildeten eigene Sportredaktionen sowie neue Zeitungen, spezielle Sportzeitungen entstanden. Diesen Verlauf konnten auch die beiden Weltkriege nicht stoppen.
Das Hauptaugenmerk der Sportjournalisten stand und steht immer noch in nationalen und internationalen Ereignissen des Spitzensports. Rand- und Breitensport stehen meist im Hintergrund. Doch wie sieht es nun mit der Berichterstattung über Behindertensport aus. Aus immer mehr Menschen mit Behinderung werden Spitzensportler und diese verdienen demzufolge das selbe mediale Ansehen wie normale Sportler. Doch die Frage, mit der sich diese Diplomarbeit beschäftigen wird ist, wie sieht es in der Realität aus. Berichten die Medien über solche Ereignisse der Behindertensportler, wie sehen die Sportler selbst dieses Problem, wie denken die Journalisten darüber und natürlich wie kam es dazu, dass der Behindertensport und auch die Sportberichterstattung zu dem geworden ist, was sie in der heutigen Zeit und in der Gesellschaft darstellt.
All diese Aspekte sollen in der folgenden Arbeit näher erläutert und untersucht werden.
Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich also mit dem Behindertensport selbst. Hier soll die Geschichte des Behindertensport näher erläutert werden. Wo und wann waren die Anfänge, wie entstand der Behindertensport und welche Entwicklungen machte er im Laufe der Zeit durch. Weiters soll die Entwicklung des Behindertensport in Österreich ein Teil dieses Kapitels sein. Auch die verschiedenen Ebenen des Behindertensports, wie Rehabilitationssport, Breiten- und Freizeitsport sowie Leistungs- und Wettkampfsport werden genauer analysiert. Schließlich bilden die Ziele des Behindertensport den Abschluss dieses ersten Kapitels.
Im zweiten Kapitel wird auf das Sportereignis im Behindertensport, der Paralympics, näher eingegangen. Geklärt wird hier natürlich zuerst die Begriffsdefinition des Wortes Paralympics. Weiters wird der Ursprung und die Herkunft dieser Behindertenspiele erläutert, sowie deren Geschichte und Verlauf. Genauere Aufmerksamkeit wird den Winter-Paralympics geschenkt. Was diesem Kapitel auch nicht fehlen darf, ist die Darstellung und Erläuterung der Special Olympics, die leicht mit den Paralympics gleichgestellt werden, jedoch in keinem Zusammenhang stehen.
Das dritte Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich danach speziell mit den Paralympics aus dem Jahr 2002 in Salt Lake City, USA. Hier werden unter dem Aspekt Fakten und Daten die Dauer, Zahl der Athleten und Länder, Zahl der Bewerbe in den unterschiedlichen Wettkampfklassen usw. dargestellt. Die gebotenen Sportarten (Ski Alpin, Ski Nordisch und Eisschlittenhockey) werden genau erklärt. Weiters wird das österreichische Team vorgestellt. Auch die Wettkämpfe der einzelnen Tage sowie die sich daraus ergebenden Erfolge und Ergebnisse werden Teil dieses Kapitels sein.
Im nächsten Kapitel dreht sich alles um die Sportberichterstattung. Zu Beginn soll eine Klärung des Begriffes erfolgen. In weiterer Folge wird die Geschichte der Sportbeichterstattung näher analysiert. Wichtig für dieses Kapitel ist ebenfalls der Stil und die Sprache im Sportjournalismus sowie dessen Merkmale und Funktionen.
Im darauffolgenden fünften Kapitel soll der Aspekt Behindertensport in den Medien angeführt werden. Inhalt hier sind die Merkmale der Behindertensportberichterstattung. Die sich daraus ergebende defizitäre Berichterstattung soll weiters näher untersucht werden, ebenso wie die Einflussfaktoren dieser Berichterstattung.
Im nächsten Kapitel werden die Stellungnahmen von Behindertensportler selbst dargestellt. Einigen der Athleten, die an den Paralympics 2002 teilgenommen haben, sowie deren Betreuer, werden per E-Mail ein paar Fragen zum Thema Behindertensport bzw. Paralympics 2002 in Zusammenhang mit den Medien gestellt. Die Beantwortung der Fragen werden in diesem Kapitel zusammengefasst und die Hauptaussage hervorgehoben. Die gesamten Antworten der Fragen werden am Schluss der Arbeit in den Anhang gestellt. Dieses Kapitel ist für die Arbeit sehr interessant, da gezeigt werden soll, wie die Athleten die Berichterstattung in den Medien finden bzw. was ihrer Meinung nach verändert werden sollte.
Im siebenten Kapitel werden verschiedene österreichische Printmedien in Bezug auf die Berichterstattung der Paralympics 2002 untersucht. Analysiert werden die Tageszeitungen „Kurier“, „Die Presse“ und „Kronen Zeitung“ sowie die special interest Zeitungen „Sportwoche“, „Sportmagazin“ und „Sportzeitung“. Erläutert werden die Länge, Inhalte und Aufmachung der Artikel sowie die Relation zur restlichen Sportberichterstattung des jeweiligen Mediums. Wie oft erschient ein Artikel und wie erfolgt die Darstellung der Behindertensportler. Zusammenfassend werden auch noch die einzelnen Medien diesbezüglich untereinander verglichen.
Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit der Berichterstattung von den Paralympics 2002 bzw. dem Behindertensport aus Sicht der Journalisten. An Redaktionen der analysierten Medien werden einige Fragen rund um dieses Thema gestellt. Von Interesse ist, wie sie den Stellenwert dieser Berichterstattung sehen bzw. wie sie die positive oder negative (ergibt sich aus den Befragungen der Sportler sowie der Analyse der Artikel) Berichterstattung der Paralympics 2002 begründen.
Abschließend erfolgt in dieser Arbeit noch eine zusammenfassende Darstellung mit Schlussbemerkungen aller Kapitel. Dies soll noch einmal den Inhalt und die Resultate der einzelnen Themen kurz und bündig beinhalten.
3. Behindertensport
3.1 Begriff „Behinderter“
In der Gesellschaft werden Menschen mit einer Einschränkung als Behinderte bezeichnet. In erster Linie sieht man das Wort „Behinderter“. Dass es sich aber in dabei um einen Menschen handelt, wird in dieser Formulierung nicht berücksichtigt. Dennoch legen diese Menschen auf eine würdige Bezeichnung großen Wert. Sie sehen es als Benachteiligung bzw. Diskriminierung, in erster Linie als Behinderter bezeichnet und gesehen zu werden. Sie sind Menschen wie alle anderen auch, trotz dem sie eine Behinderung haben. Und als solche wollen sie in der Gesellschaft auch anerkannt und bezeichnet werden. Um ein Umdenken bei den „normalen“ Menschen erreichen zu können, wird immer öfters die Bezeichnung „Menschen mit Einschränkung“ oder „Menschen mit Behinderung“ erwähnt. Diese Wörter sollen den Begriff „Behinderter“ so bald wie möglich ablösen. Einen Beitrag dazu leistet auch das Europäische Jahr 2003 - das Jahr der Menschen mit Behinderung. Dieser Titel soll der gesamten Bevölkerung zum nach- bzw. umdenken verhelfen (vgl. www.eypd2002.org, 08.05.2003, 14:16).
3.2 Geschichte des Behindertensports
Schon lange Zeit ist bekannt, dass Bewegung für die psychophysische Gesundheit, Leistungsfähigkeit und dadurch auch soziale Stellung eine besondere Bedeutung hat. Daher war es auch selbstverständlich, die gesundheitsfördernde Wirkung sportlicher Bewegungsreize dort auszunützen, wo durch Krankheit, Verletzung oder Geburtsfehler nicht nur rein körperliche Aktivitätsbeschränkungen vorliegen, sondern aufgrund psychischer Probleme auch die Lebensqualität zusätzlich eingeschränkt war. Dass dieses Problem die Menschen schon immer wieder beschäftigte, zeigt vor allem die Geschichte der Medizin (vgl. Prokop. S. 22ff).
Schon im dritten Jahrhundert vor Christi versuchte man im alten Ägypten die damals sehr häufig auftretende Kinderlähmung durch eine Art Bewegungstherapie zu verbessern. Ähnliches gab es auch in Indien (vgl. Prokop, S. 22ff). Im Jahr 2698 vor Christi war es der chinesische Kaiser Hoang Ti, der durch Heilturnen seine verletzten und verwundeten Soldaten wieder für den Krieg einsatzfähig machte (vgl. Schäfermeier, S. 6). Auf die große Bedeutung einer geeigneten Bewegungstherapie wird auch im altindischen Schrifttum von Ayur Veda 1800 vor Christi und in chinesischen Schriften von Kong Fu im Jahr 1100 vor Christi hingewiesen. Unter den langen Vorkämpfern für den Behindertensport befinden sich allerdings auch zahlreiche berühmte Ärzte der Antike wie Heraklit von Ephesus, Hippokrates oder auch Herodikus von Selymbria, der als Vater der Heilgymnastik angesehen wird (vgl. Prokop. S. 22ff).
In neuerer Zeit gehen sehr viele wichtige Impulse von deutschen, englischen und französischen Ärzten aus. Wichtig war ihnen dabei, dass der Mensch durch eine vernünftige Anwendung von Leibesübungen seine Gesundheit erhalten könne.
1845 erschien, aufbauend auf die „Gymnastik für die Jugend“ von Guth Muth aus dem Jahr 1793, die „Medizinische Gymnastik“ von Werner und zwei Jahre später, 1847, die „Gymnastik für Blinde“ von Klein, der die erste Blindenerziehungsanstalt in Wien gründete. Vorher hatte schon Kaiser Josef II. eine Taubstummenanstalt gegründet (vgl. Prokop. S. 22ff).
Aus der ursprünglich rein medizinischen Heilgymnastik entwickelte sich immer mehr eine echte sportliche Bewegungsform und damit verbunden auch ein gewisses sportliches Leistungsdenken. Der beingelähmte Lord Byron trägt etwa zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit seinem Sportlehrer Boxkämpfe aus. 1880 findet in London zum ersten Mal ein Laufen für Amputierte statt, ein sogenanntes „cripple race“, das sogar in Anwesenheit des Königs stattfand. Dies war damals eine große Sensation und lässt schon gewisse Ähnlichkeiten zu den heutigen Wettkämpfen von Beinamputierten erkennen. Ein großes Zeichen für den Behindertensport setzten allerdings weiterhin die Ärzte. So erkannte auch 1908 der Berliner Chirurg Bier, dass Behinderte Sport betreiben müssen (vgl. Prokop. S. 22ff).
Um besser Sport betreiben zu können, finden sich behinderte Sportler immer mehr zusammen. Als Folge dessen wird 1888 der Berliner, 1910 der Deutsche und 1924 der Internationale Gehörlosensportverband gegründet.
Einen großen Impuls für den Behindertensport lieferte der Erste Weltkrieg mit seinen zahlreichen Verwundeten. Daher war es auch kein Zufall, dass der moderne Behindertensport seinen Ausgang vom Sport der Kriegsversehrten genommen hat. Große Verdienste auf diesem Gebiet erwarben sich Mallwitz, Heiß, Lorenzen und andere, die einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des Versehrtensports, später dann des Behindertensports leisteten. Seit dieser Zeit (Beginn und Mitte des 20. Jahrhunderts) kam es zu einer zunehmenden Bedeutung einer Bewegungstherapie. Allerdings gehen die Begriffe Heilgymnastik, Heilturnen, Bewegungstherapie und Rehabilitationssport von den Inhalten her im Laufe der Zeit oft ineinander über (vgl. Prokop, S. 22ff).
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges schließen sich die Menschen mit einer Behinderung vermehrt zu Vereinen auf lokaler, nationaler und internationaler Basis zusammen, um besser auf sich aufmerksam machen zu können. 1924 wurde der Weltausschuss für Gehörlosensport und 1928 in Berlin der erste Blindensportverein gegründet. Bei diesen sinnesgeschädigten Gruppen stand jedoch nicht nur der Sport- bzw. Turngedanke im Vordergrund, sondern auch durch gemeinsames Sportbetreiben wieder mehr Selbstvertrauen, Stärkung des Selbstbewusstseins und eine Verbesserung der allgemeinen Kontaktfähigkeit zu erreichen (vgl. Bacher, S. 44). Im selben Jahr wurde aufgrund einer stetigen Aufwertung des Behindertensports auch die „Fédération Internationale Médicine Sportive“ (FIMS) gegründet (vgl. Schäfermeier, S. 6).
Der Zweite Weltkrieg war auch von vielen Verwundeten gekennzeichnet, die ebenfalls rehabilitiert werden mussten. Die inzwischen gemachten positiven Erfahrungen der Medizin mit Sport als Therapie und Rehabilitation brachten zunehmend Impulse für den Behindertensport. Während des Zweiten Weltkrieges lagen dem schon gut organisierten Rehabilitationssport allerdings nicht nur rein humanitäre Überlegungen zugrunde, vielmehr sollte er dazu beitragen, verwundete Soldaten so schnell wie möglich wieder feldeinsatzfähig zu machen (vgl. Prokop. S. 22ff).
Nach Kriegsende ging der Behindertensport vor allem von den Amputierten aus. Im Jahr 1947 wurden in Deutschland und Österreich die ersten Meisterschaften im Versehrtensport ausgetragen. In Österreich konnte man außerdem mit der Unterstützung des Unterrichtsministeriums den ersten Skikurs für Amputierte durchführen. 1948 entstand der erste österreichische Versehrtensportklub. 1951 wurde in Wien mit mehr als 200 Teilnehmern die erste Versehrtensportwoche durchgeführt (vgl. Desch, S. 40f). Im selben Jahr wurde in Deutschland ein eigenes Sportsanatorium für Behinderte errichtet und die „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Versehrtensport“ gegründet. 1951 wurde in Österreich des Versehrtensportabzeichen eingeführt, das in Deutschland schon seit 1942 in jedoch anderer Form existierte.
Vor allem die vom Krieg betroffenen Länder mit ihren zahlreichen Kriegsversehrten, vorwiegend Amputierten, leisten mit entsprechender staatlicher Hilfe wichtige Beiträge zum heutigen Behindertensport. Die damaligen Erfahrungen mit dem Sport der Kriegsversehrten liefern letztendlich den Grundstein für die meisten Rehabilitationsmaßnahmen anderer, durch Arbeits- oder Verkehrsunfälle Behinderter, aber auch Nichtbehinderter (vgl. Prokop. S. 22ff).
Der Behindertensport, früher in Deutschland und Österreich als Versehrtensport, in der Schweiz als Invalidensport und manchmal sogar im Zusammenhang mit dem Begriff Krüppelwohlfahrt als Krüppelsport bezeichnet, entwickelte langsam eine gewisse Eigendynamik. Die Einführung von Ausbildungsmöglichkeiten für spezielle Behinderten-Sportbetreuer wurde notwendig, wie Einweisungslehrgänge für Versehrtensportärzte (1951 in Deutschland) oder Skiwartelehrgänge für Kriegsversehrte (1951 in Österreich) (vgl. Scherney, S. 155). 1962 wird in Wien schließlich ein spezielles Ausbildungsfach für Behindertensportlehrer gegründet. Bereits 1960 hatte sich nach einigen Anläufen in Paris die „International Sportorganisation for all Disabled“ (ISOD), eine internationale Arbeitsgruppe für den gesamten Behindertensport gegründet, in der erstmalig alle Behindertensportgruppen zusammengefasst wurden (vgl. Prokop, S. 22ff). 1978 wurde aus dem Begriff Versehrtensport der Begriff Behindertensport. Grund dafür war, das zu den Kriegsversehrten immer mehr Unfallopfer und Zivilversehrte zu den damaligen Versehrtensportgemeinschaften kamen (vgl. Bacher, S. 45).
3.3 Entwicklung des Behindertensports in Österreich
In der Zwischenkriegszeit war die Idee, den Versehrten (der Begriff Behinderte wurde erst später geprägt) durch sportliche Aktivitäten und Übungen zu einem besseren körperlichen, aber auch seelischen Zustand zu verhelfen, etwas in den Hintergrund getreten. Aufgrund des Zweiten Weltkriegs, durch den sich die Zahl der Versehrten wieder deutlich vergrößerte, wurde die Motivation, Menschen mit körperlichen und geistigen Gebrechen zu helfen, neu entdeckt. Infolge dessen entstanden in den Jahren nach 1945 Rehabilitationszentren. Diese machten es sich zur Aufgabe, den Versehrten eine soziale und körperliche Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen.
1946, kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde als erste Disziplin das Skifahren von den Versehrten erneut aufgenommen. So wurden bereits 1948 in Hofgastein, Salzburg, die ersten österreichischen Versehrtenwettkämpfe ausgetragen. In Kärnten kam es noch vor der Gründung des Versehrtensportverbandes im September 1951 zu den ersten österreichischen Schwimmwettkämpfen unter internationaler Beteiligung in Velden. Im selben Jahr gab es bereits die vierten österreichischen Meisterschaften im Versehrtenskilauf auf der Gerlitzen bei Villach. In Wien wurde 1951 der Versehrtensportklub Wien gegründet. Dieser war maßgeblich an der Entwicklung des Blindenskilaufs und am Sitzfußball für Amputierte beteiligt. In den restlichen Bundesländern verlief die Entwicklung von Versehrtensportverbänden in den Jahren 1951 bis 1958 ähnlich.
Der erste Höhepunkt der Entwicklung des Versehrtensports in Österreich war 1958 die Gründung des Österreichischen Versehrtensportverbandes (ÖVSV). Durch diesen Schritt bekam der Versehrtensport das Gesicht einer modern organisierten Sportbewegung. 1954 gab es die erste erfolgreiche Teilnahme querschnittgelähmter Österreicher bei den englischen Stoke Mandeville Games (vgl. Vondracek, S. 14). Was folgte waren erfolgreiche internationale Vergleiche, wie die ersten Olympischen Spiele für Querschnittgelähmte 1960 in Rom. 1976 gab es in Toronto die „Ersten Olympischen Spiele der Versehrten“, an denen neben den Querschnittgelähmten auch Blinde und Amputierte teilnahmen. 1976 erfolgte auch die Aufnahme des ÖVSV als ordentliches Mitglied in die österreichische Bundessportorganisation und die immer stärkere Hinwendung zum kostenaufwendigen Hochleistungssport.
Bis 1987 durchlebte der Versehrtensport eine große Veränderung. Die Kriegsversehrten waren schon bald nicht mehr allein. Immer mehr sportbegeisterte Querschnittgelähmte, Zerebralparetiker, Sinnes-, Geistig- und Mehrfachbehinderte fanden im Sport eine neue herausfordernde Lebensaufgabe. So wurde im Jahr 1989 der Österreichische Versehrtensportverband (ÖVSV) auf „Österreichischer Behindertensportverband“ (ÖBSV) umbenannt. Ein Jahr später, 1990, wurde auch der „Österreichische Gehörlosensportverband“ Teil des ÖBSV (vgl. Schäfermeier, S. 7ff).
3.4 Ebenen des Behindertensports
Die Behinderung ist ohne Frage eine Benachteiligung, aber sehr wohl zu bewältigen. Sie ist ganz bestimmt eine erhöhte Beeinträchtigung im Sport. Sport macht die Behinderung besonders deutlich und verlangt, dass der Betroffene sich zu ihr bekennen und sich mit ihr auseinandersetzen muss. Sport lässt den Behinderten aber auch erfahren, zu welchen Leistungen verbliebene Funktionen, sogar eingeschränkte Funktionen noch fähig sind (vgl. Scheid & Rieder, S. 13).
Der Behindertensport unterteilt sich in folgende drei Ebenen:
1. Rehabilitationssport
2. Breiten- und Freizeitsport
3. Leistungs- und Wettkampfsport
3.4.1 Rehabilitationssport
„Maßnahmen zur weitgehenden Wiederherstellung der ursprünglichen Leistungsfähigkeit nach Leistungseinbußen durch Verletzungen, Schädigungen oder Erkrankungen. Das Rehabilitationstraining erweitert durch krankengymnastische Übungen die therapeutischen Mittel und Maßnahmen moderner Krankenhaus- und Kureinrichtungen. Unter Ausnutzung der Anpassungserscheinungen des Organismus wird eine beschleunigte Wiederherstellung angestrebt. Gleichzeitig soll ein Rückgang der ursprünglichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt werden. Entsprechend den Prinzipien des sportlichen Trainings wird eine planmäßige und systematische Belastung empfohlen, die sowohl spielerische als auch leistungsbetonte Gestaltungsmittel einschließt. Charakteristisch für die erste Phase ist die Belastung gesunder und die Schonung der verletzten, geschädigten oder erkrankten Körperteile. Im weiteren Verlauf des Rehabilitationstrainings werden die zunächst mit physiotherapeutischen Maßnahmen behandelten, nicht gesunden Körperteile allmählich auch durch sportliche Übungen belastet.“ (Das neue Sportlexikon, S. 150f.)
Der Rehabilitationssport beinhaltet bewegungstherapeutische Übungen in der Gruppe sowie Sportarten, die während der Ausübung ärztlich betreut oder überwacht werden können und bei denen keine erhöhte Verletzungsgefahr besteht bzw. kein weiteres gesundheitliches Risiko eingegangen wird, wie etwa Gymnastik, Schwimmen und Bewegungsspiele. Weiters wird noch zwischen der stationären und der ambulanten Rehabilitation unterschieden.
Im Zusammenhang mit Rekreation sind in der Sporttherapie die Physiotherapie und die Ergotherapie eng miteinander verbunden. Sie werden heutzutage in fast jeder Klinik angeboten. Diesen Ansätzen liegt die körperliche Aktivität zu Grunde, der Organismus wird unterschiedlich belastet (vgl. Hogl, S. 61f).
Den Physiotherapeuten wird große Bedeutung für das spätere Sportinteresse des behinderten Menschen beigemessen, da es von ihnen und der entsprechenden Heranführung an die Bewegungen abhängt, ob die Patienten später weiter körperliche Aktivitäten nutzen werden (vgl. Hogl, S. 61f).
Diese Form des Behindertensports wird in speziellen Rehabilitationszentren durchgeführt. Es beginnt mit der Heilgymnastik und geht hin bis zu einfachen Spielen und einfachen sportlichen Aufgaben auf dem Gebiet der Leichtathletik und des Geräteturnens. Dabei wird die selbständige sportliche Betätigung gelehrt, um die Patienten auf die Zeit nach der Rehabilitationsphase vorzubereiten und anzuregen.
Der klinische Sport ist insofern vom allgemeinen Behindertensport zu unterscheiden, da er streng therapeutischen Prinzipien und sorgfältiger ärztlicher Überwachung unterliegt. Außerdem stellt er oft ein wichtiges Glied zum später betriebenen Leistungssport dar. Nebenbei beinhaltet er auch wichtige sportpädagogische Grundsätze und methodische Verfahren (vgl. Schäfermeier, S. 19f)
3.4.2 Breiten- und Freizeitsport
„Nicht auf Höchstleistungen abzielende, sondern der Lebensfreude, Gesundheitsförderung und Leistungserhaltung dienende (regelmäßige) sportliche und touristische Betätigung der Bevölkerung in Wohngebieten, Betrieben, Urlaubseinrichtungen, Naherholungsgebieten und anderen.“ (Das neue Sportlexikon, S. 63)
Regelmäßige körperliche Betätigung dient der Erhaltung der Leistungsfähigkeit und der Vorbeugung gegenüber sekundären Schäden.
Freizeitsport wird im Allgemeinen als „Sport für alle“ bezeichnet. Er umfasst daher Alltagssport, Alternativsport, Erholungssport, Familiensport, Rekreationssport, Sozialsport, Urlaubssport und Integrationssport.
Die große Anzahl von Begriffen verweist auf den dynamischen Charakter eines Sportverständnisses, das sich nicht mehr allein an den Sportarten und den Regeln der internationalen Sportfachverbände orientiert. Seit den 80er Jahren gibt es eine Reihe von neuen Erklärungsmodellen zum heutigen Sport. Bei aller Unterschiedlichkeit in terminologischer Sicht ergibt sich folgende Struktur, die inhaltlich weitgehend übereinstimmt:
- Breitensport als traditionelles wettkampfbezogenes Sportmodell mit Amateurcharakter, das auf allen unteren Ebenen vereinsgebunden ist. Regelmäßig stattfindende Spiele und Wettkämpfe am Wochenende und das darauf vorbereitende Training sind charakteristisch.
- Freizeitsport im engeren Sinn als „Spaßsport“, als „expressives Sportmodell“.
- Gesundheitssport und Sozialsport als „instrumenteller Sport“ im Sinn einer Dienstleistung zur Prävention/Rekreation oder als soziale Integrationsmaßnahme.
- Alternativsport bezeichnet eine „neue Spiel- und Bewegungskultur“, die sich unter anderem auch durch die Wiederbelebung von Bewegungskünsten und durch die Integration von Spiel- und Bewegungsformen anderer Kulturen auszeichnet (vgl. Röthig S. 190f).
Über die sportliche Betätigung von Behinderten im Freizeitbereich in freier, nicht organisierter Weise kann nur wenig gesagt werden. Sicher ist, dass behinderte Menschen in den letzten Jahren mehr und mehr von dem sich ausweitenden Freizeitangebot Gebrauch machen.
Der Breiten- und Freizeitsport steht dem Hochleistungssport gegenüber, bei dem nicht nur aus Geselligkeits-, sondern auch aus Leistungsmotiven Sport betrieben wird (vgl. Strohmayer-Dangl, S. 49).
3.4.3 Leistungs- und Wettkampfsport
„Bestandteil der körperlichen Erziehung, deren Ziel darin besteht, im organisierten Wettkampfbetrieb innerhalb eines Sportverbandes talentierte Sportler durch wissenschaftlich fundiertes langjähriges Training auf das Vollbringen hervorragender sportlicher Leistungen (sportliche Siege, Gewinn von Trophäen, Meisterschaften, Höchstleistungen und Rekorde) vorzubereiten.“ (Das neue Sportlexikon, S. 116)
„Wettkampfsport ist eine mit dem Ziel des Leistungsvergleichs durchgeführte Form des Sporttreibens.“ (Rusch, In: Rusch & Größing, S. 245)
Leistungssport der Behinderten ist Spitzensport schlechthin (vgl. Scheid & Rieder, S. 16). Mit Leistungssport ist jener Sport gemeint, der mit dem Ziel einer Höchstleistung betrieben wird; Hochleistungssport, der durch ein Höchstmaß an persönlichem Einsatz gekennzeichnet ist, um den vorhandenen absoluten Normen (Rekord, Meisterschaft) möglichst nahe zu kommen. Voraussetzungen sind auch eine Spezialisierung und ein systematisches Training.
Prinzipiell ist jedes Sporttreiben Leistungssport, da der Leistungsvollzug einen Grundbestandteil des Bewegungsverhaltens darstellt.
Der Leistungssport ist fester Bestandteil im organisierten Behindertensport. Die Festlegung der Wettkampfdisziplinen in den Sommer- und Wintersportarten erfolgt im Rahmen der definierten Schadensklassen, die in den Wettkampfbestimmungen definiert sind, ebenso wie die Bewertung von Leistungen und Anerkennung von Rekorden. Dieses System hat die Grundidee, dass nur Behindertensportler mit gleichen oder ähnlichen Schäden in Wettkämpfen miteinander konkurrieren. Das Schadens- und Wettkampfsystem präsentiert sich dem nicht eingeweihten Zuschauer oft als kompliziert und trägt daher nicht immer positiv zum Interesse der Öffentlichkeit für Behindertensport bei.
Die Teilnahme an großen, nationalen und internationalen Behindertensportbewerben ist hier das Ziel. Diese Form des Behindertensports hat sich so weit entwickelt, dass sie gegenwärtig dem Hochleistungssport der Nichtbehinderten mit all seinen Vor- und Nachteilen um nichts nachsteht. Die Behindertenspitzensportler werden nach den neuesten Erkenntnissen aus den modernen Sportwissenschaften (Sportmedizin, Bewegungslehre und Ernährungslehre) vorbereitet. So gerüstet werden Leistungen erbracht, die verglichen mit denen der nichtbehinderten Sportler mindestens gleichzustellen sind. Die technischen Entwicklungen in diesem Bereich haben auch längst auf Rollstühle und Prothesen übergegriffen, was auch für die Nichtsportler unter den Behinderten große Vorteile bedeutet (vgl. Schäfermeier, S. 20f).
Der Leistungssport der Behinderten, besonders auch die Paralympische Bewegung, entwickelt aus sich heraus genügend Attraktivität und Überzeugungskraft, um die Öffentlichkeit zu begeistern. Er bringt, wie jeder Sport, Persönlichkeiten hervor, die mit ihren herausragenden Leistungen, ihrer Einstellung und Haltung zum Sport und zum Leben Vorbilder für andere sind. Die Athleten helfen Vorurteile abzubauen und geben vielen Menschen, sowohl den Behinderten als auch den Nichtbehinderten, ein Beispiel, das Leben selbstbewusst und tatkräftig in die Hand zu nehmen (vgl. Scheid & Rieder, S. 17).
3.5 Ziele des Behindertensports
Die Ablösung des Begriffs Versehrtensport durch Behindertensport stellt schon ein gewisses Ziel, das angestrebt wird, dar. Das ist die Öffnung des hauptsächlich auf Kriegsversehrte, Blinde und Rollstuhlfahrer ausgerichteten Versehrtensports und die Einbeziehung aller sportinteressierten Menschen mit diversen Erscheinungsformen einer Einschränkung oder Störung physischer oder psychischer Art. Kurz gesagt, der Behindertensport strebt in seiner gegenwärtigen Form mit seinen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Unterstützung von Entwicklungsprozessen an, die zur Entfaltung der physischen und psychischen Fähigkeiten von Behinderten beitragen.
Wichtig ist die Förderung der Gesamtentwicklung des behinderten Menschen. Oft decken sich die Zielvorstellungen des Behindertensports mit denen der Rehabilitation.
Die Ziele sind dahingehend vorgegeben, die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhalten, ein sportlich orientiertes Freizeitverhalten anzustreben und sich dadurch einen dauerhaften Rehabilitationserfolg zu sichern. Dies ist alles verbunden mit sozialer Eingliederung. Die Ziele des Sports für Nichtbehinderte sind ähnlich den Zielen des Behindertensports. Bei den Behinderten ist der therapeutische Charakter, der dem Sportler hier zugeschrieben werden muss, sowie die psychologischen, sozialen und körperlichen Komponenten der Rehabilitation besonders hervorzuheben. Sowohl für Körperbehinderte als auch für Sinnesbehinderte ist der Sport sehr wichtig, da durch sportliche und gymnastische Betätigung alle grundlegenden sportlichen Kriterien wie Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit trainiert werden. Diese Kriterien sind für den Behinderten im Alltagsleben viel wichtiger als für Nichtbehinderte. Der Sport bringt dem Behinderten aber nicht nur Muskelzuwachs und Kondition, sondern es werden ihm auch die spielerischen Aspekte, das Gemeinsame, Lebensfreude, Vergnügen und mehr vermittelt, was sich natürlich auch positiv auf seinen Zustand auswirkt.
Behindertenport motiviert, führt dem Betroffenen vor Augen, dass er trotz seiner Beeinträchtigung noch viele körperliche Fähigkeiten und Fertigkeiten besitzt oder auch erlernen kann. Dadurch ist es ihm möglich, sein Selbstwertgefühl zu steigern und seine Würde zu wahren.
Ein weiteres Phänomen, welches sich immer wieder zeigt, ist die Ablenkung, die durch regelmäßiges Betreiben von Behindertensport erreicht wird. Das oberste Ziel ergibt sich daraus, das Rehabilitationsresultat zu erhalten und möglicherweise eine Verbesserung in körperlicher Hinsicht mit Hilfe des Behindertensports zu erreichen.
Guttmann schreibt dem Behindertensport drei wesentliche Ziele zu:
- Sport als kurativer Faktor als Ergänzung neben der konventionellen Krankengymnastik.
- Der rekreative Wert des Sports: Er wirkt den ungünstigen psychischen Haltungen, die ein Behinderter aufweist, entgegen.
- Sport als Mittel zur sozialen Integration: Sport soll dem Behinderten helfen, den Kontakt zur Umwelt wiederherzustellen (vgl. Guttmann, S. 37).
Bei genauerer Betrachtung ist diese Einteilung des Sachverhaltes jedoch etwas zu einfach. Heute unterscheidet man im Rehabilitations- und Behindertensport zwischen allgemeinen und speziellen (behinderungsspezifischen) Zielen.
3.5.1 Allgemeine Ziele
Die allgemeinen Ziele sind für den Behinderten genauso wichtig wie für einen Nichtbehinderten. Sie sind die Grundlage einer planmäßigen Gestaltung sowie Durchführung des Sports. Sie beinhalten einerseits die Entwicklung der konditionellen Fähigkeiten und andererseits die Entwicklung der koordinativen Fähigkeiten. Die konditionellen Fähigkeiten beinhalten Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit. Die koordinativen Fähigkeiten beinhalten unter anderem die Gleichgewichtsfähigkeit, Orientierungsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit oder Umstellungsfähigkeit.
Diese Ziele sind im Rehabilitations- und Behindertensport von der Behinderung abhängig und orientieren sich an unterschiedlichen Sportarten. Diese Ziele sind als Schwerpunkte zu sehen und miteinander verbunden. Daneben existieren auch noch die im Sport für Behinderte und Nichtbehinderte wichtigen sozialen Funktionen bzw. Aufgaben (vgl. Hogl, S. 66ff). Diese können in fünf Funktionen unterteilt werden:
a. Die sozio–emotionale Funktion: Hierzu zählt der Abbau von Stress und Aggression. Dies gelingt durch die Ermüdung nach einer sportlichen Anstrengung einerseits und andererseits durch die Anpassung des vegetativen Nervensystems an das Ausdauertraining. Weiters bringt der Sport für Behinderte eine gute Freizeitbeschäftigung sowie die Möglichkeit, die Lebensqualität zu erhöhen.
b. Die Sozialisationsfunktion: Eine gezielte sportliche Betätigung kann viele soziale Fähigkeiten verbessern, wie etwa die Kommunikationsfähigkeit, die Kooperations- und Interaktionsfähigkeit, die soziale Sensibilität, die Fähigkeit mit Regeln umzugehen, die Reflexionsfähigkeit, die Anpassung an die Regeln einer Gruppe, die Solidarität und die Fairness.
c. Die soziale Integration durch Sport: Sport kann helfen, Menschen unterschiedlicher Gruppen und sozialer Schichten zusammenzuführen. Dazu zählt nicht nur die Integration der Behinderten in die Welt der Nichtbehinderten.
d. Die politische Funktion: Dazu zählt die Teilnahme an nationalen und internationalen sportlichen Ereignissen. Sie stärkt das Zugehörigkeitsgefühl zum Verein und zur Nation. Dieselbe Wirkung wird bei den Zuschauern bei Sportereignissen erzielt, wenn die Athleten des eigenen Landes erfolgreich sind.
e. Sport als soziale Aufstiegshilfe: Ist ein Sportler erfolgreich, steigt automatisch sein soziales Ansehen. Bei Behinderten ist dies etwas anders, da hier schon allein der Aspekt, dass ein Behinderter Sport betreibt und an Wettkämpfen teilnimmt, zu einem hohen Ansehen führt.
(vgl. Heinemann, S. 71f)
3.5.2 Behinderungsspezifische Ziele
Die behinderungsspezifischen Ziele sind abhängig von der Behinderung und ihrer psychologischen Auswirkungen. Sie werden von den allgemeinen Zielen abgeleitet und entwickelt. Bei der Planung und Durchführung behinderungsspezifischer Aufgaben darf nicht die Behinderung mit ihren Einschränkungen im Vordergrund stehen, wichtig ist die Fähigkeit der behinderten Person. Die individuellen Körperverhältnisse (Funktionsbeeinträchtigung der Extremitäten, Behinderungen im Bereich des Zentralnervensystems, Sinnesbehinderungen usw.) von den einzelnen Behindertensportlern machen eine weitere Differenzierung der Zielangaben notwendig.
Diese Ziele treffen vor allem auf den Rehabilitations- und Behindertensport zu, wobei die Gesundheit, die Erlebnisfähigkeit, die Gemeinschaftsfähigkeit, etc. auch beim Behindertenleistungssport eine Rolle spielen. Vor allem bei sportlichen Wettkämpfen kommen diese Aspekte wieder zum Vorschein. Trotzdem ist im Behindertenleistungssport eine Tendenz zu erkennen, die eindeutig andere Ziele hat, die mit den Zielen des Leistungssports der Nichtbehinderten völlig übereinstimmen. Hierzu zählen
- die Erbringung von absoluten Spitzenleistungen
- geplantes und gesteuertes ganzjähriges Training
- Professionalismus
- Sponsoring
- Sieg um jeden Preis
(vgl. Hogl, S. 69ff)
3.6 Zusammenfassung
Der Behindertensport war den Menschen also schon ewig bekannt. Seine Ursprünge hat er im Heilturnen bzw. der Heilgymnastik sowie später in der Rehabilitation Kriegesversehrter. Immer mehr wurde die Bedeutung des Sports für den Menschen, aus medizinischen und auch sozialen Gründen erkannt. So bildeten sich laufend neue Organisationen und Verbände und das in fast allen Ländern der Welt. Unterschieden wird im Behindertensport zwischen dem Rehabilitationssport, dem Breiten- und Freizeitsport und dem Leistungs- und Wettkampfsport. Ziele des Behindertensport sind es, den behinderten Menschen eine Aufgabe zu geben, sie sozial untereinander und mit Nichtbehinderten zusammenzuführen und natürlich die medizinischen Ziele, dem Kranken bald wieder zu einer Genesung zu verhelfen. Im engeren Sinn sind weiters zwischen allgemeinen und behindertensportspezifischen Zielen zu unterscheiden.
4. Paralympics – Paralympische Spiele
4.1 Der Begriff Paralympics
Der Begriff der Paralympics wird erstmals offiziell anlässlich der Spiele 1988 in Korea verwendet. Davor sind Bezeichnungen wie „Weltspiele der Gelähmten“, „Olympiade der Behinderten“ oder „Weltspiele der Behinderten“ gebräuchlich.
Erste Hinweise auf den Begriff „Paralympics“ lassen sich aber schon bis 1968 zurückverfolgen, als die damaligen „International Stoke Mandeville Games“ in Tokio ausgetragen wurden. Jedoch findet diese Bezeichnung nur in Japan Verbreitung, da Sir Ludwig Guttmann, der geistige Vater der Stoke Mandeville, auf den Titel „Stoke Mandeville Games“ besteht (vgl.www.oepc.at, 23.01.2003, 18:21).
Der Ursprung und die Bedeutung des Begriffs „Paralympics“ sind daher nicht eindeutig geklärt. In der Literatur finden sich vier verschiedene Erklärungssätze, wobei immer von den Wortteilen „para“ und „olympics“ ausgegangen wird:
Paralysis-Olympics: Zusammensetzung aus den englischen Begriffen für Lähmung und Olympische Spiele.
Parallel-Olympics: Spiele, die parallel zu den Olympischen Spielen organisiert werden.
Para-Olympics: abgeleitet von der griechischen Silbe „para“ – sich anschließen.
Para-Olympics: abgeleitet von der lateinischen Silbe „para“ – zugehören, neben (vgl. www.ndr.de/sydney2000, 23.01.2003, 21:42).
Der Zusammenhang der Silbe „para“ mit dem Phänomen der Lähmung hat mit Sicherheit für den Ursprung des Wortes große Bedeutung. Heute bezieht sich „para“ jedoch nicht mehr ausschließlich auf diese Behindertengruppe, da bei den Paralympics Bewerbe für Sportler mit allen körperlichen Behinderungen ausgetragen werden. Wie dem auch sei, stehen die Paralympics heute für eigenständige Spiele der Behinderten.
4.2 Der Ursprung der Paralympics
Am 28. Juli des Jahres 1948 wurden die ersten Olympischen Sommerspiele nach dem Zweiten Weltkrieg in London feierlich eröffnet. Nicht weit von London entfernt, in Aylesbury, wurden am gleichen Tag die Stoke Mandeville Games durchgeführt, die als Ursprung der Paralympics gelten (vgl. Guttmann, S. 57f).
Sie entsprangen einer Vision des Neurologen Sir Ludwig Guttmann, der als Jude 1939 vor den Nationalsozialisten in Deutschland nach England flüchtete und die damals progressive Meinung vertrat, dass auch körperliche behinderte Menschen die Möglichkeit haben sollten, sich in sportlichen Wettkämpfen messen zu können. Er betreute verwundete frühere Soldaten und kam auf die Idee, Sport in die Therapie seiner Patienten miteinzubeziehen. Er beobachtete, mit welcher Begeisterung die Querschnittgelähmten und Beinamputierten Rollstuhlpolo spielten (vgl. www.das-parlament.de, 23.01.2003, 22:11).
Guttmann selbst war der Begründer der Rehabilitation Rückenmarksverletzter und setzte die Eröffnung der ersten „Stoke Mandeville Games“, die nach dem Namen des Spitals, in dem er arbeitete, benannt wurden, auf den selben Tag wie die Eröffnung der Olympischen Spiele in London an, um eine Verbindung zu den Spielen der Nichtbehinderten herzustellen. Es handelte sich dabei um sportliche Bewerbe im Bogenschießen für ehemalige Soldaten, die im Krieg Querschnittlähmungen erlitten hatten.
Zwar beschränkte sich das Teilnehmerfeld auf nur 16 englische Kriegsveteranen (14 Männer und zwei Frauen), doch Guttmann hatte allein durch das Datum ein symbolisch bedeutsames Zeichen gesetzt.
Trotz der geringen Zahl der Teilnehmer war dieser Wettkampf eine Demonstration dafür, dass Sportwettkämpfe nicht eine Domäne der Gesunden sind, sondern dass auch schwerbehinderte Menschen Sport ausüben können. Die Spiele wurden zu einem großen Erfolg und inspirierten Behinderte in anderen Teilen des Landes, wodurch sich mit jedem Jahr die Zahl der Teilnehmer und die Zahl der Sportarten erhöhte (vgl. Hogl, S.94f).
4.3 Geschichte und Verlauf der Paralympics
Vom Wunsch Ludwig Guttmanns bis zur Realisierung der ersten Paralympics war aber ein langer Weg. Erst 1960 war es soweit. Obwohl die Stoke Mandeville Games bis heute jährlich ausgetragen werden, können erst 1960 die ersten „Weltspiele der Gelähmten“ wenige Wochen nach den Olympischen Spielen in Rom in derselben Stadt stattfinden. 400 Sportler aus 21 Nationen nahmen im Rollstuhl daran Teil (vgl. www.oebsv.or.at, 23.01.2003,18:19). Frauen nahmen in der italienischen Hauptstadt auch teil, doch sie blieben in einer klaren Minderheit, da nur die großen Rollstuhl-Sportnationen wie die USA, Italien, Großbritannien oder die Niederlande Athletinnen selektioniert hatten. Das Programm war noch spärlich. Es wurden in sieben Sportarten 113 Bewerbe ausgetragen.
„Drei Rollstuhlräder stellten in verkürzter Form die fünf olympischen Ringe dar – rollt hier sportlich zusammen, was irgendwie zusammengehört?“ (Buggenhagen, S. 16).
Ein Höhepunkt dieser ersten Spiele war die Audienz aller Athleten bei Papst Johannes XXIII., der Guttmann in Anlehnung an den Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit den „Baron de Coubertin der Körperbehinderten“ nannte (vgl .Hogl, S. 95).
Seitdem finden die „Olympischen Spiele der Behinderten“, wie sie zwischenzeitlich genannt wurden, alle vier Jahre statt und stellen den Höhepunkt im Veranstaltungskalender der internationalen Sportbewegung dar, obwohl das Teilnehmerfeld zu Beginn noch stark eingeschränkt war. So nahmen in Rom 1960 ausschließlich Gelähmte daran teil, 1976 in Toronto waren auch Amputierte und Sehgeschädigte bzw. Blinde zugelassen. Ihnen folgten 1980 in Arnheim die Cerebral-Bewegungsgestörten (vgl. www.ndr.de, 23.01.2003, 21:43).
Die neue, von Guttmann ins Leben gerufene Sportbewegung der Behinderten wurde 1960 auch in internationale Hände übertragen und nannte sich von nun an IOSD – International Sportorganisation for Disabled. Sie entsteht stellvertretend für amputierte Sportler, da bereits 1952 die ISMWF – International Stoke Mandeville Wheelchair Sports Federation für Rollstuhlsportler gegründet wurde.
Weiters folgten 1979 die Cerebral Palsy International Sports and Recreation Association (SP-ISRA) für den Sport der Zerebralparetiker und 1981 die International Blind Sports Association (IBSA) für den Blindensport (vgl. Hogl, S. 96ff).
Entscheidend für die Paralympics war jedoch das in Düsseldorf gegründete International Paralympic Commitee (IPC), das seit 1989 die Verantwortung für die Entwicklung des Behindertensports trägt. Das IPC ist ein Zusammenschluss von internationalen Behinderten-Sportverbänden und nationalen Organisationen. Es hat seinen offiziellen Sitz in Bonn. Zur Zeit sind 153 Nationen und fünf von sechs internationalen Behinderten-Sportverbänden Mitglied in diesem Komitee (vgl. www.fiat-autonomy.de, 23.01.2003, 22:05).
In Tokio 1964 wurde erstmals offiziell von einem „paralympischen Dorf“ gesprochen, und Nationalfahnen sowie Nationalhymnen waren ebenso ein Novum.
Die Paralympischen Spiele sollten eigentlich immer im selben Jahr und am selben Ort wie die Olympischen Spiele ausgetragen werden, aber häufig standen politische oder finanzielle Interessen dagegen. So kam es 1968 wieder zu einer Trennung der olympischen und paralympischen Austragungsstätten. Während die Olympioniken nach Mexiko City reisten, hielten die Paralympioniken ihre Wettkämpfe in Tel Aviv ab, an denen bereits 750 Aktive aus 29 Nationen teilnahmen. 1976 fanden die Paralympics in Toronto, die Olympischen Spiele hingegen in Montreal statt. Hier waren es durch die Aufnahme der amputierten und sehbehinderten Sportler bereits 1.600 Teilnehmer aus 42 Nationen, die bei der Eröffnungsfeier von 50.000 Zuschauern gefeiert wurden (vgl. www.oepc.at, 23.01.2003, 18:21).
Gelangten bisher die Paralympics nur als Sommerspiele zur Austragung, so wurde 1976 erstmals der Versuch unternommen, auch Paralympische Winterspiele auszurichten. Die Schweden waren die ersten. In Örnskjöldsvik trafen 250 behinderte Skirennsportler aus 14 Nationen einander, um die Besten zu küren. 1980 fanden die Sommer-Paralympics in Arnheim in den Niederlanden statt. Die Winterspiele wurden in Geilo in Norwegen ausgetragen (vgl. Cerne, S. 178ff).
Die paralympische Idee erlebte 1984 einerseits Rückschläge, andererseits neue Impulse, was auch darauf zurückzuführen ist, dass in diesem Jahr das International Coordination Commitee für den Behindertensport (ICC) gegründet wurde. Jugoslawien sollte die Winterspiele austragen, da die Olympischen Spiele in Sarajewo stattfanden. Leider erklärte sich Jugoslawien außer Stande, die Spiele für die Behinderten auszurichten. Innsbruck sprang ein und sicherte nicht nur den Fortbestand der Winterspiele, sondern setzte auch neue Maßstäbe. Die Sommer-Paralympics auf Long Island (USA) standen ebenfalls unter keinem guten Stern. Obwohl der amerikanische Präsident Ronald Reagan die Spiele mit großem Pomp eröffnete, wurden die Rollstuhlsportler kurzfristig ausgeladen. Die Einrichtungen am Veranstaltungsort seien nicht rollstuhlgerecht, war die offizielle Erklärung. Die Rollstuhlsportler kehrten in diesem Jahr an die Geburtsstätte der Spiele, nach Stoke Mandeville bei Aylesbury, zurück (vgl. www.oepc.at, 23.01.2003, 18:21).
Der Rückschlag von 1984 brachte aber gleichzeitig die Wende der Paralympics, die in diesem Jahr auch erstmals offiziell unter diesem Namen stattfanden. Viele Olympiaveranstalter konnten oder wollten die Spiele für die Behinderten nicht durchführen. Andere Länder sprangen dafür ein. Während die Winterspiele 1988 nochmals in Innsbruck stattfanden, kehrten die Sommer-Paralympics nach einer langen Pause in Seoul wieder an die Stätte Olympias zurück. Ein enormer Anstieg der Teilnehmerzahl war der Lohn für diese Politik. Nicht weniger als 3.053 Aktive und 1.200 Offizielle aus 62 Nationen nahmen an 732 Bewerben an fünf Wettkampfstätten teil. Weiters brachten die Spiele von Seoul eine gewaltige Leistungsexplosion, bedingt durch verbessertes Material und vermehrten Trainingseinsatz der Sportler, sowie neue Zuschauerrekorde und einen neuen Rekord des Gesamtbudgets, das man auf 26 Millionen Dollar bezifferte (www.oebsv.or.at, 23.01.2003, 18:19).
Die Winter-Paralympics des Jahres 1992 in Tignes, Frankreich, brachten zwar eine leichte Steigerung gegenüber Innsbruck, von Olympia aber war bei diesen Spielen nicht viel zu bemerken. Eine ausgezeichnete Organisation und ideale örtliche Verhältnisse entschädigten aber für diesen Mangel. Den bisherigen Höhepunkt bei den Sommer-Bewerben brachte Barcelona 1992. 3.020 Teilnehmer erlebten eine perfekte Organisation, begeisterte Zuschauer und ein enormes Medieninteresse in der katalanischen Hauptstadt. Bei den Winter-Paralympics werden sicher die Spiele von Lillehammer 1994 mit 1.000 Teilnehmern aus 31 Nationen lange Richtschnur bleiben (vgl. www.oepc.at).
[...]
- Citar trabajo
- Birgit Spanny (Autor), 2003, Behindertensport - ein Medienstiefkind?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16439
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