"I am an Indian. I am proud to know who I am and where I originated. I am proud to be a unique creation of the Great Spirit. We are part of Mother Earth…
"We have survived, but survival by itself is not enough. A people must also grow and flourish."
Chief John Snow, These Mountains Are Our Sacred Places
(Toronto: Samuel Stevens, 1977)1
"I am an Indian. I am proud to know who I am…". Dieser kurze Satz aus dem Zitat des Indianerhäuptlings John Snow beschreibt mit wenigen Worten wohl eines der umstrittensten und aktuellsten Probleme des heutigen Kanadas: die Suche der indianischen Urbevölkerung nach ihrer ursprünglichen Identität. Der überhebliche Anspruch vieler weißer Kanadier auf die alleinige Gültig- und Wichtigkeit ihrer Kultur und Lebensweise macht es den häufig an den Rand der Gesellschaft getriebenen Indianern unmöglich, ihr Leben nach ihren eigenen, ursprünglichen Lebensvorstellungen und Werten zu gestalten. In einem Land, das sie einst ihr eigen nennen durften, wird die indianische Minorität immer stärker in die Rolle eines geduldeten Außenseiters gedrängt, die keinen Raum für Identitäts- oder Persönlichkeitsentwicklung lässt. Die Suche nach einer im Laufe der Zeit verloren gegangenen Identität bleibt in den meisten Fällen erfolglos, weil die Verbundenheit und die Erinnerung der indianischen Bevölkerung an die Ursprünge und "Wurzeln" ihres Volkes durch die alle Lebensbereiche umfassende Dominanz der weißen Bevölkerung ‚zertrennt′ worden ist.
Vielleicht erklärt sich gerade aus dieser scheinbaren Erfolglosigkeit die Tatsache, dass nahezu alle indigenen Schriftsteller Kanadas eben diese Suche nach Identität zu einem Hauptkriterium ihrer Werke machen. Indem sie in fiktiver Form den verzweifelten Versuch einer Bevölkerungsgruppe beschreiben, in einer ihr häufig verschlossen gegenüber stehenden Gesellschaft Halt zu fassen, bringen sie indirekt ihren Protest und ihre Abneigung gegenüber der bestehenden kanadischen Gesellschaft zum Ausdruck.
Inhalt
Vorwort
Satire - Definition des Begriffs
Lee Maracle’s Shortstory Bertha
Kurze Inhaltsangabe
Verwendung und Absicht satirischer Elemente
in der Shortstory Bertha
Schlussbetrachtung
Vorwort
„I am an Indian. I am proud to know who I am and where I originated. I am proud to be a unique creation of the Great Spirit. We are part of Mother Earth…
“We have survived, but survival by itself is not enough. A people must also grow and flourish.”
Chief John Snow, These Mountains Are Our Sacred Places
(Toronto: Samuel Stevens, 1977)[1]
„I am an Indian. I am proud to know who I am…”. Dieser kurze Satz aus dem Zitat des Indianerhäuptlings John Snow beschreibt mit wenigen Worten wohl eines der umstrittensten und aktuellsten Probleme des heutigen Kanadas: die Suche der indianischen Urbevölkerung nach ihrer ursprünglichen Identität. Der überhebliche Anspruch vieler weißer Kanadier auf die alleinige Gültig- und Wichtigkeit ihrer Kultur und Lebensweise macht es den häufig an den Rand der Gesellschaft getriebenen Indianern unmöglich, ihr Leben nach ihren eigenen, ursprünglichen Lebensvorstellungen und Werten zu gestalten. In einem Land, das sie einst ihr eigen nennen durften, wird die indianische Minorität immer stärker in die Rolle eines geduldeten Außenseiters gedrängt, die keinen Raum für Identitäts- oder Persönlichkeitsentwicklung lässt. Die Suche nach einer im Laufe der Zeit verloren gegangenen Identität bleibt in den meisten Fällen erfolglos, weil die Verbundenheit und die Erinnerung der indianischen Bevölkerung an die Ursprünge und „Wurzeln“ ihres Volkes durch die alle Lebensbereiche umfassende Dominanz der weißen Bevölkerung ‚zertrennt’ worden ist.
Vielleicht erklärt sich gerade aus dieser scheinbaren Erfolglosigkeit die Tatsache, dass nahezu alle indigenen Schriftsteller Kanadas eben diese Suche nach Identität zu einem Hauptkriterium ihrer Werke machen. Indem sie in fiktiver Form den verzweifelten Versuch einer Bevölkerungsgruppe beschreiben, in einer ihr häufig verschlossen gegenüber stehenden Gesellschaft Halt zu fassen, bringen sie indirekt ihren Protest und ihre Abneigung gegenüber der bestehenden kanadischen Gesellschaft zum Ausdruck.
Dieses Problem der Ausgrenzung und Abwertung einer Minoritätsgruppe erscheint besonders in einem Land wie Kanada, dessen Gesellschaft sich selbst als multikulturell begreift, eher seltsam. Wie kann eine Gesellschaft, die sich selbst aus zahlreichen ganz verschiedenen kulturellen Kreisen zusammen setzt, einer bestimmten Gruppe von Menschen, in diesem Fall den indianischen Ureinwohnern, das Recht absprechen, nach ihren eigenen Wertmaßstäben zu leben? Die Beantwortung dieser Frage würde in das zur Zeit viel und kontrovers diskutierte Thema des Multikulturalismus in Kanada führen, dem man sich sicherlich nicht ohne Seitenblicke auf Begriffe wie Postkolonialismus, Kultur, Nationalismus und letztlich nationale Identität nähern kann.
Die hier vorliegende Arbeit wird sich im Folgenden mit der Shortstory „Bertha“ beschäftigen, die von der 1950 in Vancouver als Tochter einer Metis-Mutter und eines „Salish“-Vaters geborenen Schriftstellerin Lee Maracle verfasst wurde. Auf Grund ihrer indianischen Protagonistin Bertha, die genau mit den zuvor beschriebenen Problemen der Ausgrenzung und des Verlustes der eigenen Identität konfrontiert wird, wäre diese Shortstory sicherlich sehr gut geeignet, unter dem Gesichtspunkt des Multikulturalismus und seinen Konsequenzen analysiert zu werden. Doch ich habe mich entschlossen, die Diskussionen zu diesem aktuellen Thema nicht zum eigentlichen Schwerpunkt meiner Arbeit zu machen, sondern mich der Shortstory vornehmlich mit einem eher literarischen Interesse zuzuwenden. Im Folgenden wird diese Arbeit der Frage nachgehen, ob und inwieweit Lee Maracles Shortstory „Bertha“ als satirische Kurzgeschichte verstanden werden kann. Hierzu werde ich zunächst den Begriff der Satire für die hier vorliegende Arbeit definieren, um im nächsten Schritt die Verwendung von satirischen Elementen in der zu untersuchenden Shortstory besser darstellen zu können. Hierbei soll ebenfalls gezeigt werden, worin Lee Maracles Motivation für den Einsatz von satirischen Elementen gelegen und mit welchem Ziel sie dieselben ausgewählt hat. Dass bei dieser vornehmlich literarischen Betrachtungsweise Gedanken zu multikulturellen Fragestellungen und Problemen nicht gänzlich vernachlässigt werden dürfen, sondern als wichtige Verständnisgrundlage und Rechtfertigung für den Einsatz satirischer Mittel von großer Bedeutung sind und daher notwendigerweise Erwähnung finden müssen, versteht sich von selbst.
Satire - Definition des Begriffs
Mit seinen häufig zitierten Worten „Satura quidem tota nostra est.“ nimmt der römische Dichter Quintilian für die lateinische Literatur den Ruhm in Anspruch, die Satire begründet zu haben. Und tatsächlich ist die Satire, nach Ansätzen in der griechischen Dichtung, wesentlich römisch-lateinischen Ursprungs. Sie erscheint zuerst bei Lucilius im 2. Jahrhundert v. Chr. und erhält durch Lucilius’ Nachfolger Horaz, Persius und Juvenal ihre klassische Ausprägung als eigene Gattung.[2] Satire jedoch ausschließlich als selbständige Gattung zu definieren, erscheint nicht sinnvoll, da sich in der Literatur zahlreiche Werke finden lassen, die zwar satirische Elemente enthalten, in ihrer literarischen Gesamtheit aber den traditionellen Gattungen wie Roman, Drama, Novelle etc. zugeordnet werden müssen. Eine Bezeichnung der Satire als gattungsübergreifende Literaturform wird dem Wesen der Satire daher gerechter. Grundsätzlich können alle Literaturformen (z.B. durch parodistische Verkehrung ihres Gestaltsinnes) von der satirischen Absicht her überformt werden. Es gibt wohl keine Gattung, in der noch keine Satire geschrieben worden wäre. Doch aus welchen Gründen greifen Literaten seit Jahrhunderten immer wieder zu satirischen Mitteln der Darstellung? Was können sie mit ihnen ausdrücken und zeigen, was mit anderen sprachlichen Mitteln nicht möglich wäre? Das folgende Zitat scheint mit wenigen Zeilen eine Antwort auf diese Fragen zu geben:
„The Satyre should be like Porcupine.
That shoots sharpe quils out in each angry line.
And wounds the blushing cheeke, and fiery eye,
Of him, that heares, and readeth guiltiliy.“[3]
Die Satire wird hier mit der Metapher eines Stachelschweins beschrieben, das seinen schuldigen Gegner in aggressivster Weise bekämpft, in dem es seine giftigen Stacheln gegen ihn schleudert.
Überträgt man diese bildliche nun auf eine literaturtheoretische Ebene, so kann man Satire als Literaturform begreifen, „die durch Spott, Ironie, Übertreibung bestimmte Personen, Anschauungen, Ereignisse oder Zustände kritisieren oder verächtlich machen will“.[4] Der Angriff des Satirikers richtet sich immer auf „irgendein nichtfiktives, erkennbares und aktuell wirksames Objekt individueller oder allgemeiner Art“[5] und darf nie aus privat motivierter Feindseligkeit, sondern muss aus allgemeinem Interesse entstehen. Seit Jahrhunderten verwenden Satiriker satirische Mittel, um auf soziale oder gesellschaftliche Ungerechtigkeiten bzw. Normabweichungen aufmerksam zu machen. Diese Offenlegung kann nur erfolgreich sein, wenn das angeprangerte Objekt allgemeiner Natur ist, d. h., wenn es sich bei der aufgedeckten Unzulänglichkeit um eine von der Gesellschaft als solche empfundene handelt. Ziel des Satirikers ist es, der Gesellschaft bezüglich dieses Übels die Augen zu öffnen und sie zum Kampf gegen bzw. zur Abschaffung desselben zu motivieren. Hieraus wird ersichtlich, dass sich die satirische Schreibweise wie keine andere Literaturform an den sozialen, gesellschaftlichen, kulturellen Normen einer Gesellschaft orientieren muss. Um jedoch auch über die betroffene Epoche hinaus Bedeutung zu bewahren, ist es notwendig, dass in der Kritik an einem Umstand eine gewisse allgemeine Gültigkeit liegt, die auch auf andere Umstände in anderen Epochen übertragen werden kann. Dieses Ziel zu erlangen stellt eine der größten Herausforderungen an den Satiriker dar.
Bis jetzt habe ich gezeigt, aus welchen Motivationsgründen und mit welchen Zielen satirische Literaturformen geschrieben werden, doch was macht nun literarische und sprachliche Elemente zu satirischen Elementen? Worin bestehen ihre Besonderheiten? Die drei wichtigsten Konstituenten der satirischen Schreibweise sind verzerrende Darstellungsart (distortion), Indirektheit des Angriffs und Aggressivität, wobei alle drei Kriterien auf ganz unterschiedliche Weise realisiert und gewichtet werden können.
[...]
[1] Olive Patricia Dickason, Canada’s First Nations, A History of Founding Peoples from Earliest Times.
[2] Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 16, S.483
Rolf Arnold Müller, S. 70
[3] Müller, S. 78
[4] Brockhaus Enzyklopädie, Bd.16, S. 483
[5] Reallexikon der Deutschen Literaturgeschichte, S. 602
- Quote paper
- Meike Julia Schurreit (geb. Greinert) (Author), 2001, Satirische und multikulturelle Aspekte in Lee Maracles Shortstory Bertha, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16437
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