Inhaltsverzeichnis
1. Biografische Anhaltspunkte S. 3
2. Das Wirken
2.1. Die politischen Nachtgebete S.9
2.2 Das Union theological Seminary S.11
3. Literaturverzeichnis S.12
Am 30.09.1929 erblickte Dorothee, die Tochter von Hans Carl und Hildegard Nipperdey, das Licht der Welt. Sie wuchs in einem reichen Professorenviertel in Köln – Marienburg auf. Dank ihres Elternhauses gehört Dorothee zum gehobenen Bürgertum.1 Ihr Vater war Professor für Arbeitsrecht und Präsident des Arbeitsgerichtes Kassel. Er war aus beruflichen Gründen viel unterwegs und kaum in Dorothees Leben präsent. [...]
Inhaltsverzeichnis
1 Biografische Anhaltspunkte
2 Das Wirken
2.1. Die politischen Nachtgebete
2.2 Das Union theological Seminary
Literaturverzeichnis
1. Biografische Anhaltspunkte
Am 30.09.1929 erblickte Dorothee, die Tochter von Hans Carl und Hildegard Nipperdey, das Licht der Welt. Sie wuchs in einem reichen Professorenviertel in Köln - Marienburg auf. Dank ihres Elternhauses gehört Dorothee zum gehobenen Bürgertum.1 Ihr Vater war Professor für Arbeitsrecht und Präsident des Arbeitsgerichtes Kassel. Er war aus beruflichen Gründen viel unterwegs und kaum in Dorothees Leben präsent.
Dorothees Elternhaus beschreibt am ehesten die Position des säkularisierten Christentums.2 Die Kirche spielte kaum eine Rolle im Leben der Nipperdeys. Doch verhielt man sich gutbürgerlich zu ihr, da sie in den Zeiten des Abfalls der Kirche diese nicht wie „die Ratte das sinkende Schiff" verlassen wollten.3
Hildegard Nipperdey war von Beruf Erzieherin. Sie war eine eindrucksvolle, kluge Frau mit protestantischen Grundsätzen und festen Regeln in der Lebensführung.4
Dorothee hatte drei ältere Brüder und zwei jüngere Schwestern. Alle Kinder des Ehepaars Nipperdey wurden konfirmiert. Dennoch bestand eine deutliche Distanz zwischen Dorothee und der Kirche. Das begründet sie zum Einen durch eine These Jean Paul Sartres: „In seiner Substanzt schien mir der Glaube ein unerlaubter Ausweg aus dem auszuhaltenden Dunkel. Die Christen waren zu feige, dem Nihilismus ins Gesicht zu sehen. Ich hatte eine vulgär-nietzscheanische Verachtung für das Christentum". Zum Anderen lag es an Dorothees schulischem Umfeld, bei welchem sie von „katholischer Dümmlichkeit" spricht und Mädchen bewunderte, welche den Religionsunterricht boykottierten.5 Sie konnte jedoch auch Substanzen an christlichen Grundeinstellungen aus der Familie in das beginnende Erwachsenwerden retten.
Die Zeit des Nationalsozialismus bekam Dorothee nur am Rande mit. Sie verbrachte ihre Zeit damals in einem kleinen Kreis, welchem auch ihr Bruder Thomas und eine sehr gute Freundin Margot Zmarzlik angehörten. Dort lasen sie regelmäßig Schiller und diskutierten über seine Werke. Diese sogenannte „Jungmädchenvereinigung" wurde von ihnen 1943 gegründet und diente als eine Art Fluchtburg, um sich von der Realität des Krieges abzuschirmen.6
Während der Bombardierung auf das Viertel Marienburg beschäftigte sich Dorothee das erste Mal intensiver mit dem Nationalsozialismus. Einige Monate danach las sie das Tagebuch der Anne Frank, welches in ihr eine starke Antipathie gegen den Nationalsozialismus gründete. In ihr löste es eine „ unauslösliche Scham: zu diesem Volk zu gehören, diese Sprache der KZ-Wächter zu sprechen, diese Lieder, die auch in der Hitlerjugend und im Bund der Mädchen gesungen wurden, zu singen. Diese Scham verjährt nicht, ja sie muss lebendig bleiben."7 Hierdurch entstand in ihre eine Art Heimatlosigkeit. Die nach außen getragene Angepasstheit passte nicht mit ihrer inneren Einstellung zusammen.8 In ihr hegte sich jedoch auch stets die Angst das deutsche Kulturgut, wie die deutsche Sprache, die deutsche Dichtung und die deutsche Musik zu verlieren.
Die Eltern von Dorothee waren selbst gegen die Ideologie der Nationalsozialisten und mieden den Kontakt zu Juden nicht. Hans Carl Nipperdey war zu einem Viertel jüdischer Abstammung.9 Aus beruflichen Gründen wusste Hans Carl Nipperdey sich jedoch mit dem Regime zu arrangieren.
Ein großer Rückschlag für die gesamte Familie Nipperdey erfolgte mit der Nachricht, dass Carl Nipperdey auf dem Rückweg aus russischer Gefangenschaft im November 1949 ums Leben kam.10
Zu diesem Zeitpunkt war Dorothee auf einem Mädchengymnasium in Köln. Hier beschäftigte sie sich bereits mit Nietzsche, Benn, Heidegger, Camus, Sartre und Kierkegaard. Dort lernte sie eine Religionslehrerin namens Marie Veit kennen, welche ihre Einstellung zum Christentum grundlegend veränderte: „Die neue Religionslehrerin ist umwerfend gut, leider Christ!".11 Dorothee beginnt zwischen ihrem durch Aggression verzerrten Bild des kirchlichen Christentums und dem echten Christentum zu unterscheiden. Sie sagte: „Was mich eigentlich in die Theologie gebracht hat war Christus" - „Da gab es das Gesicht eines Menschen, eines zu Tode Gefolterten vor zweitausend Jahren, der nicht Nihilist geworden war."12
Nach dem erfolgreichen Abschluss am Mädchengymnasium besuchte Dorothee 1950 die Universität Köln. Sie studierte Deutsch, Alte Sprachen und Philosophie. Jedoch erfüllte dieses Studium nicht ihre Erwartungen. Sie wechselt dann zu Theologie, weil sie die Frage um Auschwitz beschäftigt. Sie sagte: „ ich habe später versucht, eine Theologie von Auschwitz- und nicht jenseits dieses Ereignisses - zu entwickeln. Ich wollte keinen Satz mehr schreiben, in dem nicht das Wissen von dieser in der Tat größten Katastrophe meines Volkes gegenwärtig ist oder gegenwärtig gemacht werden kann".13 Aus diesem Grund wechselte sie 1951 nach Göttingen, um dort ein Theologiestudium zu beginnen. Dieses ließ jedoch ebenfalls die Dimension der politischen und sozialen Existenz offen.14 Der Konflikt, der sie stets beschäftigt war folgender:
„ Wo war Gott in Auschwitz? Der Glaube an diesen omnipotenten Gott, der alles so herrlich regieret, war erschüttert, und das war viele Jahre lang meine Hauptschwierigkeit mit dem Christentum. "15
Begleiter auf Dorothees Weg waren zu dieser Zeit Bultmann, welcher ihr mit seiner Entmythologisierung einen Zugang zur Theologie verschaffte und Gogarten, durch welchen sie zu eigenem, verantwortlichen Denken angeregt wurde.
1954 beendete Dorothee ihr Examen in Theologie und Literaturwissenschaft an der Uni Göttingen. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über das Thema „Untersuchungen zur Struktur der Nachtwachen von Bonaventura" und wurde für die nächsten sechs Jahre Lehrerin an der Genoveva Schule in Köln- Mühlheim.16
Dorothee vermittelte ihre Schüler sehr viel über den Nationalsozialismus und fordert sie zum eigenständigen Denken auf. Sie sollen aus ihrer eigenen Urteilskraft heraus sich ihrer Vergangenheit stellen.
In Freiburg hatte Dorothee im Jahr 1954 Dietrich Sölle kennengelernt. Dieser kam aus der damaligen sowjetischen Besatzungszone und war gelernter Schreiner, Zeichner und Maler. Es gab viele Ungewöhnlichkeiten in der Beziehung zwischen Dorothee und Dietrich: Dietrich war sieben Jahre älter als Dorothee und kam aus einem ganz anderem Hintergrund: er lebte sehr bedürfnislos und hatte kein eigenes Einkommen.17 Trotz der Unterschiede heirateten die Beide noch im gleichen Jahr.
Zwei Jahre später, im Jahr 1956, kam ihr erster Sohn zur Welt.
Dieser trug den Namen Martin. Im Jahr darauf kam hierzu noch eine Tochter mit dem Namen Michaela. Mit den beiden Kindern im Haus wurde der Platz zu klein und die gesamte Familie zog wieder in das Elternhaus in Köln - Marienburg. Durch die Arbeit mit ihren beiden Kindern fühlte Dorothee sich zum ersten Mal in ihrem Leben eingewurzelt. 1960 kam dann ihre drittes Kind zur Welt: Caroline. Mit drei kleinen Kindern wird Dorothee die Arbeit mit der Schule, der Familie und ihre ausweitende Leidenschaft des Schreibend für Rundfunk und Zeitschriften zu viel. Sie trennte sich von ihrer Schularbeit. 18
Das Glück der Ehe dauerte nur elf Jahre. Als Dietrich Dorothee verließ, war dies ein harter Rückschlag für sie. Ihre scheinbar gefundene Heimat wurde zerstört. Diesen Konflikt versuchte sie in ihrem Werk „Stellvertretung" zu verarbeiten:
„Dieses Buch geht von der Frage aus, wie ein Mensch mit sich selber identisch werden könne, und es versucht, sie in Beziehung zu setzen zu der anderen, was Christus für unser Leben bedeutet.
Wer bin ich? Wie komme ich zu mir selber? Wie lebe ich so, dass ich es bin, der dieses Leben lebt? So fragt nicht nur die um sich selbst bekümmerte Subjektivität, sondern der Mensch in der Gesellschaft, die ihn bindet und formt, beschädigt und entstellt.
Geblendet von den Rückschritten der Aufklärung in diesem Jahrhundert, jenem ungeheuren Rückgang in die selbstverschuldete Unmündigkeit, betroffen von den immer neuen und sich vervielfältigenden Formen der Versagung jeder möglichen Identität, geängstet von den Neurosen, mit denen Zivilisation sich erkauft und nicht hält, was sie verspricht: Humanisierung - fragen wir nach einer Welt, in der es vielleicht einfacher sein möchte, mit sich identisch zu werden. Aber jede Vision einer heimatlicheren Erde muss sich messen an der größten der Visionen, die wir kennen: am Reich Gottes."19
Durch die Trennung von ihrem ersten Mann stellte Dorothee in der Gesellschaft das Bild eines gescheiterten Lebens dar. Dies prägte sie sehr. Um sich beruflich neu zu orientieren nahm sie eine Stelle an der Kölner Universität als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Studienrätin für die nächsten drei Jahre an. Hierdurch hatte sie mehr Zeit für die Erziehung ihrer Kinder.
Dorothee pilgerte das erste Mal 1954 nach Jerusalem. Dort begegnete sie Martin Buber, welcher als großer jüdischer Gelehrter und Vermittler zwischen den beiden Welten der Gott- und Wahrheitssucher galt.
Ein weiteres Mal pilgerte sie im Jahre 1966 zu einer Konferenz mit Buber nach Jerusalem. Dort lernte sie Fulbert Steffensky kennen, welcher Buber aufsuchte, um eine Antwort auf folgende Frage zu finden: Soll er das Kloster auf Grund der neuen philosophischen Strömungen verlassen? Die Frage beantwortete sich schnell, als Fulbert Dorothee kennen lernte.
1967 wurde der ökumenische Arbeitskreis gegründet, welchem sie aktiv angehörte. Dort trafen sich evangelische und katholische Christen und diskutierten über christliche Themen, wie neue Formen von Glaubensbekenntnissen, konfessionsverschiedenen Ehen oder ein neues Verständnis der Sakramente.20 Später gingen die Themen in Richtung Politik. Man wählte politisch brisante Themen, welche die Mitglieder der Versammlung besonders berührten. Dorothee legte ihren Schwerpunkt auf das Geschehen im Vietnam, über welches sie von einem engen Freund informiert wurde, welcher im Vietnam als Arzt arbeitete.21
Da die Arbeit des ökumenischen Arbeitskreises sehr umstritten war, bekam Dorothee keine Stelle mehr an den Schulen und Universitäten. Das konservative Deutschland hielt ihre Theologie für Blasphemie.22
Im Jahre 1969 heirateten Dorothee und Fulbert. Zwei Jahre später wurde ihre erste gemeinsame Tochter Miriam geboren.
Dorothee reichte im Jahr 1970 ihre Habilitationsschrift über „ Realisation. Studien zum Verhältnis von Theologie und Dichtung nach der Aufklärung" an der Universität Köln ein. Darauf folgte ein Prüfungsgespräch, welches normalerweise lediglich der Formsache diente. Völlig unerwartet fiel Dorothee durch. Das geschah nur ein einziges Mal in den letzten 25 Jahren. Ihrer Meinung nach hatte sie eine zu radikal politische Haltung. Dorothee lies sich davon jedoch nicht entmutigen und wiederholte das Prüfungsgesprach ein viertel Jahr später und bestand dieses Mal.23
Erst im Jahr 1972 bekam Dorothee einen Lehrauftrag in Mainz. Sie unterrichtete über „ Theologie und ihre Grenzgebiete". Der Vertrag lief über ein Jahr. Darauf hin entschied man, den Vertrag nicht zu verlängern, da Dorothees Arbeit „zu teuer" sei. Nach heftigen Diskussionen einigte man sich darauf, dass sie ein weiteres Semester bleiben dürfe, hierfür jedoch keine Bezahlung bekam. Erst als die Diskussion rund um Dorothee sich etwas gelegt hatte, wurde der Vertrag wieder verlängert.
Im Sommer 1974 entschied sich Dorothee an dem Union Theological Seminary in New York zu arbeiten. Dorothee fand schnell Gefallen am amerikanischen Publikum, da dieses viel offener an ihre Thesen heran ging und sich mehr von den eigenen Erfahrungen leiten lies, ohne dies mit den traditionellen Erfahrungen zu vergleichen.24 Die Liturgie wirkte hierdurch sehr viel sinnlicher, als in Deutschland.
[...]
1 Renate Wind, Dorothee Sölle, S.23.
2 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.16.
3 Ebd.
4 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.17.
5 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.19.
6 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.18.
7 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.27.
8 Ebd.
9 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.20.
10 Renate Wind, Dorothee Sölle, S.31.
11 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.23.
12 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.24.
13 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.28.
14 Renate Wind, Dorothee Sölle, S.55.
15 Renate Wind, Dorothee Sölle, S.56.
16 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.33.
17 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.34.
18 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.37.
19 Renate Wind, Dorothee Sölle, S.54.
20 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.49.
21 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.49.
22 Renate Wind, Dorothee Sölle, S.82.
23 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.65.
24 Ralph Ludwig, Die Prophetin, S.80.
- Arbeit zitieren
- Sandra Friederich (Autor:in), 2009, Dorothee Sölle - Biographie und Wirken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163805
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.