Wenn man heute die Opernlandschaft betrachtet, dann wird deutlich: Oper ist ein multimediales Phänomen geworden. Seit den ersten Aufführungen im 17. Jahrhundert hat sich Oper und seine Aufführungspraxis deutlich geändert. Oper ist heute ein Spektakel geworden, das im Fernsehen, auf öffentlichen Plätzen und in Kinos statt findet.
Nachdem es völlig normal geworden ist, dass Oper auf DVDs und im Fernsehen zu bestaunen ist, zeigt sich Oper seit kurzer Zeit in einem neuen, völlig ungewohnten Kontext: immer mehr Opernhäuser übertragen einzelne Inszenierung live an einen anderen Ort. Wie jede neue Technologie hat auch Public Viewing einen Einfluss auf die Gesellschaft und bewirkt womöglich „eine Ausweitung des Körpers und des Bewusstseins.“ (McLuhan) Welche gesellschaftliche Relevanz dahinter stecken muss, zeigt sich schon daran, dass selbst die Bild-Zeitung mehrfach über „Oper für alle“, wie einige Opernhäuser ihre Public Viewing Veranstaltungsreihen nennen, berichtet hat. Wenn Oper den Saal verlässt und es auf einmal eine ungewohnte Aufmerksamkeit gegenüber Oper gibt, heißt das dann, dass wir es mit einer neue Öffentlichkeit zu tun haben?
Diese soziologisch-medientheoretische Arbeit soll ein paar Überlegungen zu dem Thema Public Viewing aufwerfen und sich mit seinen unterschiedlichen Aspekten beschäftigen. Dabei geht es im Kern um die Frage, welchen Einfluss das neue Medium Public Viewing im Opernbereich auf die Rezeption von Oper und auf das Rezeptionssetting haben könnte. Es soll versucht werden, über literarische Umwege, z.B. Überlegungen zum Medium Kamera und Fragen, wie sich Kunstwerke durch eine Reproduktion verändern, Verbindungen zu Public Viewing herzustellen. Dabei will sich diese Arbeit von einer Konsumkritik fern halten. Public Viewing soll hier kein Anzeichen für die Ökonomisierung aller Lebensbereiche inklusive der Kultur sein. Vielmehr geht es um eine institutionserweiternde Betrachtung von Oper im Rahmen des Public Viewings. An einigen Stellen mögen die geäußerten Überlegungen überhellt sein und überspitzte Konturierungen aufweisen, doch geschieht dies mit Absicht, um die Struktur dieses Phänomens zu verdeutlich.
Gliederung
1. Einleitung
2. Phänomen Analyse - Einstieg mit dem Erstaunen
Definition von Public Viewing
Skizzierung des Phänomens anhand zweier Beispiele aus dem Opernbereich
Beispiel I: Bayreuther Festspiele - „Gott sei Dank, das Wetter war schön“
Beispiel II: Staatsoper Unter den Linden - „Oper für alle“
3. Historische Analyse - ein Rückblick
Setting des anfänglichen Musiktheaters
Eine neueöffentlichkeit im 18. Jahrhundert
Setting der Wagner‘schen Oper
Über einen dunklen Opernsaal, ein verschwundenes Orchester und die Illusion
4. Mediale Analyse - eine Medienverschiebung
Das Ereignis im Ereignis
Public Viewing - ein neues Medium zwischen Publikum und Bühne?
Der Verlust des Auratischen
Erwidert die Leinwand den Blick?
5. Public Viewing zerstört die Aura - So what?
Der Gewinn im Neuen
Public Viewing als Forderung nach einer Erlebnishaftigkeit?
Zurück ins 18. Jahrhundert?
Dieöffentlichkeit verliert sich im Privaten
Führt Public Viewing Oper aus dem Dunkel des Wagner‘schen Opernsaals an das Tages-
licht einer neuenöffentlichkeit?
Public Viewing als ein neuer Ort vonöffentlichkeit?
Oper, Ort und der Stadtraum
Was ist die Intention der Opernhäuser?
6. Nimmt Public Viewing die Oper mit in die Zukunft? - ein Ausblick
Anhang
Bibliographie
- Citation du texte
- Moritz Josch (Auteur), 2008, Wie Public Viewing die Oper auf den Kopf stellt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163316
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