„Es gibt in der LTI keinen anderen Übergriff technischer Wörter, der die Tendenz des Mechanisierens und Automatisierens so nackt zutage treten ließe wie dieses ’gleichschalten.’ […] Der immer wiederholte Übergriff, das Ausspinnen des Technischen, das Schwelgen in ihm: Weimar kennt nur das Ankurbeln der Wirtschaft, die LTI fügt nicht nur das Auf-volle-Touren-Kommen hinzu, sondern auch ’die gut eingespielte Lenkung’ – alles dies […] legt Zeugnis ab für die tatsächliche Missachtung der vorgeblicherweise geschätzten und gehegten Persönlichkeit, für den Willen zur Unterdrückung des selbständig denkenden, des freien Menschen.“
Dies gehört zu Victor Klemperers Erfahrungen mit der Sprache des Nationalsozialismus. Er erkennt in ihr die „Verdinglichung“ des Menschen, die dessen bloße Funktion im totalen System in den Vordergrund rückt.
Mit diesem Phänomen setzte sich auch Hannah Arendt auseinander. Im Wissen, dass Worte Aufschluss über das „Wer-einer-ist“ verschaffen, betrachtete sie neben der Sprache des Nationalsozialismus auch die des Stalinismus. Arendt ging in ihrer Analyse noch weiter als Klemperer und erkannte, dass KZ und Gulag als Idealmodell des totalitären Systems fungieren. Sie sind der Inbegriff der Entmenschlichung und machen aus der Pluralität der Menschen den Menschen. Jener soll zu keinerlei freien Handlungen und Spontaneität fähig sein. Dies setzt Arendt mit der Vernichtung der dem Menschen eigenen Natalität gleich. Eine Massenbewegung gehört zu den sechs Wesenszügen durch die Arendt aber auch Carl Joachim Friedrich totalitäre Regime charakterisierten. Wie kommt es aber zu solch einer „atomisierten Masse“ und warum ist gerade dieser Faktor für die totalitären Systeme so wichtig?
Um dies zu beantworten, möchte ich einige Begriffe näher erläutern, die Arendt in ihren Werken verwendet. Dazu gehört die Differenzierung von Mob und Masse im 19. und 20. Jahrhundert. Bei dieser Thematik sind Klassenlosigkeit, Atomisierung, Pluralismus und Natalität entscheidende Termini.
Als Literatur sind hierbei Arendts Hauptwerke „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ und „Vita activa“ sehr hilfreich. Der Schlussfolgerung, dass totalitäre Regime im Gegensatz zur Tyrannei nicht nur apolitisch, sondern antipolitisch seien , kann man einiges über Hannah Arendts Politikbegriff entnehmen. Mit der Überzeugung, dass der Sinn der Politik in der Freiheit liege, äußerte sie sich konträr zu Carl Schmitt, der oft als juristischer „Steigbügelhalter“ der Nazis gesehen wird.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Die Bedeutung der atomisierten Masse in der totalen Herrschaft
II. KZ und Gulag - Die Rolle der Lager bei der Verdinglichung der Menschen
III. Besser „Herstellen“ als „Handeln“?
IV. Sprechen und Handeln - H. Arendts Begriff der Politik
V. Freund und Feind - Aspekte Carl Schmitts politischer Theorie
VI. Gegner statt Feind? -Bezüge zur aktuellen Politik
VII. Fazit
Bibliografie
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