Da den Frauen juristisch keine Rechte in Bezug auf die Teilnahme am öffentlichen politischen Leben zustanden, uns aber die Quellen reichlich Hinweise auf derartige Aktionen bzw. Ambitionen liefern, sollte die Arbeit untersuchen, welche anderen Möglichkeiten der politischen Einflussnahme den römischenFrauen zur Verfügung standen.
Den Frauen war demzufolge der politische Raum verschlossen, d.h. die Ämter und Institutionen, in welchem Politik in Form von Abstimmungen und Gesetzen „gemacht“ wurde. Doch gerade die politische Struktur der römischen Republik, welche auf Konsens angelegt war, lässt den Schluss zu, dass Abstimmungen und Ergebnisse bereits vor ihrer Publikation im politischen Raum anderweitig besprochen und ausgehandelt wurden. Dies würde bedeuten, dass wir diese Konsensbildung in einem vor dem politischen Raum gelagerten Gebiet annehmen müssen; dabei spricht man dann vom vorpolitischen Raum.
Es trat hierbei die Erkenntnis zu Tage, dass die dargestellten Frauen in ihrem Typus und Auftreten und in der Wirkung, die sie erzielten, alles andere als homogen waren. Die Möglichkeiten der Frau in der späten Republik waren aufgrund der sich ändernden politischen Grundlagen des Gemeinwesens somit vielfältiger als die der Frauen im Prinzipat. Somit konnte man schlussfolgern, dass der vorpolitische Raum und seine Transparenz zum politischen Raum für die Frauen gerade in der späten römischen Republik erweitert waren und verschiedenste Möglichkeiten der Einflussnahme boten. Jedoch mit der Konsolidierung des Prinzipates verschwand diese Transparenz zumindest für die Frauen, die keine Angehörigen des Kaiserhauses waren, ganz beträchtlich und beschränkte die Frau wieder auf ihre traditionelle Rolle.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Die privatrechtliche Stellung der Frau in der römischen Republik
1. patria potestas
2. manus-Ehe und manusfreie Ehe
3. tutela
III. Ausgewählte Frauen der späten römischen Republik
1. Servilia
2. Hortensia
3. Clodia
4. Fulvia
5. Octavia minor
IV. Zusammenfassung
V. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Die Beurteilung der Rolle der Frauen in der späten römischen Republik - ich spreche hierbei nur von Frauen aus der römischen Aristokratie - erfordert eine differenzierte Betrachtung.
Da den Frauen juristisch keine Rechte in bezug auf die Teilnahme am öffentlichen politischen Leben zustanden, uns aber die Quellen reichlich Hinweise auf derartige Aktionen bzw. Ambitionen liefern, sollten wir untersuchen, welche anderen Möglichkeiten den Frauen zur Verfügung standen.
Den Frauen war demzufolge der politische Raum verschlossen, d.h. die Ämter und Institutionen, in welchem Politik in Form von Abstimmungen und Gesetzen „gemacht“ wurde. Doch gerade die politische Struktur der römischen Republik, welche auf Konsens angelegt war, lässt den Schluss zu, dass Abstimmungen und Ergebnisse bereits vor ihrer Publikation im politischen Raum anderweitig besprochen und ausgehandelt wurden. Mit anderen Worten, der Konsens unter den Antragstellern von politischen Anträgen war bereits erzielt worden, und der institutionalistische Weg war im Grunde nunmehr reine Formsache. Dies würde bedeuten, dass wir diese Konsensbildung in einem vor dem politischen Raum gelagerten Gebiet annehmen müssen; dabei spricht man dann vom vorpolitischen Raum.
Definieren wir also den vorpolitischen Raum als ein Feld, in welchem außerhalb von politischen Institutionen politische und gesellschaftliche Interaktionen stattfinden, ohne dass Entscheidungen mit unmittelbarer Gesetzeskraft getroffen werden konnten; politische, ökonomische, soziale und gesellschaftliche Interessen treffen hier aufeinander und werden miteinander verflochten.[1] Da aber gerade im römischen Gemeinwesen über die gesellschaftlichen Kontakte sowohl einerseits innerhalb der Aristokratie wie auch andererseits zwischen Aristokratie und populus die politischen Beschlüsse gefasst wurden, so darf man meines Erachtens voraussetzen, dass selbige im sogenannten vorpolitischen Raum gefasst wurden bzw. Einigung, also Konsens über sie erzielt wurde und sie erst dann in den politischen Raum der Institutionen getragen wurden.
E.Flaig erläutert beispielsweise in seinem Aufsatz die Art der Konsensherstellung zwischen Aristokratie und populus in den comitien und den contiones; Für diese Arbeit jedoch ist interessant, die Konsensbildung innerhalb der Aristokratie zu beleuchten. Flaig charakterisiert die contiones als eine Art vorpolitischer Raum - wenngleich dieser begriff keine Anwendung bei ihm findet - , in welchem der Konsens zwischen nobiles und plebs über abzustimmende Anträge in den comitien hergestellt wird.[2]
Es musste demzufolge auch einen solchen vorpolitischen Raum innerhalb der Aristokratie gegeben haben, in welchem der Konsens erzielt wurde, ehe man diesen offiziell im Senat verkündete.
Wie und wo müssen wir uns einen solchen vorpolitischen Raum vorstellen? Da die römische Nobilität aus einigen bedeutenden Familien bestand, welche die politischen Ämter ausübten und diese Familien durch vielfältige verwandtschaftliche Beziehungen verbunden waren,[3] so liegt der Gedanke nahe, dass innerhalb und zwischen den einzelnen Familien Konsens über politische Aktionen hergestellt wurde, noch ehe diese dann einem breiteren Publikum - zum Beispiel dem Senat und den comitien - vorgestellt wurden. Gesteht man der Familie in der inneraristokratischen politischen Kommunikation eine solche Bedeutung zu, müsste man sich auch die Frage stellen, welche Rolle dann explizit die Frau innerhalb der Familie bei der Konsensfindung gespielt haben könnte.
II. Die privatrechtliche Stellung der Frau in der römischen Republik
Die römische Frau hatte - obwohl sie durchaus freie Bürgerin sein konnte - nicht die gleichen Rechte und Pflichten wie ein freier römischer Bürgers. Sie verblieb - bis auf wenige Ausnahmen - zeit ihres Lebens in einem Abhängigkeitsverhältnis, welches sie an einem völlig unabhängigen rechtlichen Handeln hinderte.
Diese offiziellen Gewaltverhältnisse sind patria potestas, manus und tutela. Aus ihnen ergeben sich durchaus für die Frau gewisse Rechte, jedoch auch Einschränkungen und rechtliche Unfähigkeiten, welche sich u.a. im Familien- und Erbrecht oder aber im Eigentums- und Besitzrecht zeigen. Im öffentlichen Recht dagegen gibt es für die römische Frau keinen Platz.[4]
Es soll nun in einem kurzen Abriss diese Gewalten und ihre Entwicklung dargestellt werden. Zu klären ist, ob durch eine Veränderung dieser Gewalten eine Verbesserung der privatrechtlichen Situation der Frau in der römischen Republik eintrat oder nicht und ob und wie sich dies auf ihre staatsrechtliche Stellung auswirkte.
II.1. patria potestas
Als patria potestas wird die Gewalt des pater familias über sämtliche Mitglieder einer familia, egal ob frei oder unfrei, bezeichnet, ebenso die volle Verfügungsgewalt über Sachgüter. Einbezogen sind somit in diese Gewalt auch die Kinder ohne Unterschied von Geschlecht oder Alter.[5]
Diese potestas geht bis hin zur vitae necisque potestas, der Macht über Leben und Tod. Jedoch ist einzuschränken, dass dieses Recht gemildert wurde durch sakrale Vorstellungen[6] wie auch durch die Zensoren im Rahmen ihrer Sittenaufsicht.[7]
Diese extreme Gewalt eines pater familias speziell über seine Kinder unterlag in Rom natürlich der Veränderung; so gab es in der Prinzipatszeit verschiedene Einschränkungen, bis dann unter Konstantin die Tötung der eigenen Kinder als parricidium bestraft wird[8] ; aufgelöst oder aber vollständig ersetzt wurde die patria potestas jedoch nie.
Auch das Recht auf Aussetzung der Kinder sowie Verkauf derselben beinhaltet die patria potestas, wobei jedoch nicht nachweisbar ist, ob speziell Mädchen ausgesetzt bzw. verkauft wurden.[9]
Die Befreiung von der patria potestas konnte erfolgen durch den Tod des pater familias, durch Freiheits- oder Bürgerrechtsverlust, durch eine adoptio und eine emancipatio; bei Töchtern durch conventio in manum. Weiterhin erlischt die patria potestas, wenn ein Sohn flamen Dialis wurde bzw. eine Tochter virgo Vestalis.[10]
Starb ein pater familias, so rückte im Regelfall sein Sohn in diese Funktion nach; eine Tochter jedoch konnte eine solche Position nie erreichen. Sie wurde zwar eine Person sui iuris, besaß jedoch keine familia, da sie keine potestas über ihre Kinder hatte.[11] Ihre rechtlichen Möglichkeiten waren nach wie vor eingeschränkt, da sie einen Vormund besitzen musste, dessen Zustimmung zu vielen Rechtshandlungen benötigt wurde.
Was nun bedeutete diese patria potestas konkret für die Frauen der Familie, sei es als unverheiratete Tochter sowie als Ehefrau?
Die unverheiratete filia familias war vollständig der patria potestas unterworfen. Sie unterlag der Aufsicht und Strafgewalt des Vaters, auch Verlobungen wurden durch den Vater beschlossen bzw. bedurften seiner Zustimmung, wohingegen die Zustimmung der Tochter nur bedingt erfolgen musste.[12] Wenngleich der absolute Handlungsspielraum des Vaters bezüglich der Eheschließung seiner Töchter in späterer Zeit etwas eingeengt wurde, so besaß er doch das Recht, nicht nur rechtsgültige Ehen für die Töchter zu schließen, sondern diese auch wieder aufzulösen, wenn sie manusfrei geschlossen waren.[13]
II.2.Manusehe und manus-freie Ehe
Mit manus-Ehe wird eine Eheform beschrieben, in welcher die Frau in der Vollgewalt ihres Ehemannes stand;[14] deshalb wird die manus-Ehe auch als ein spezieller Anwendungsfall der patria potestas beschrieben, der sich nur auf die Ehefrau bezieht.[15]
Die Ehe als sozialer Tatbestand ist dabei zu unterscheiden von der Ehe als Rechtsverhältnis, welche durch privatrechtliche Vorgänge, also Rechtsakte, begründet wird.[16]
Es scheint zumindest in der frühen Republik so gewesen zu sein, dass eine manus-Ehe gemeinsam mit den drei Formen der Eheschließung vollzogen wurde.[17]
Die manus-Ehe bewirkte, dass die Frau aus ihrer familia und gens ausscheidet und in die des Ehegatten überwechselt;[18] er somit ähnliche Rechte über seine Frau ausübt, wie sie in einer patria potestas üblich sind. Bestandteil davon sind das Recht über Leben und Tod der Frau, das Recht auf Züchtigung, die Sittenaufsicht, das Recht auf Scheidung bzw. Verstoßung der Frau sowie das alleinige Recht auf das Vermögen. Beschränkt werden diese Gewaltformen wieder durch sakrale Normen sowie das regimen morum des Censors.[19]
Begibt sich eine Frau demnach in eine manus-Ehe, so erloschen sämtliche Bande zu ihrer Familie, und die Frau verliert auch das Intestaterbrecht nach dem Tod ihrer bisherigen agnatischen Verwandten, die patria potestas erlischt und wird abgelöst durch die Gewalt ihres Ehemannes über sie. Ihre Stellung innerhalb der familia des Ehegatten ist die einer filiae loco, womit sie gegebenenfalls in der Erbfolge nach ihrem Mann bedacht werden kann, d.h. sie konnte zu gleichen Teilen wie ihre Kinder erben.[20]
Die Ehefrau in manus war vermögensunfähig; war sie vor ihrer Eheschließung sui iuris, so verliert sie ihre Vermögensfähigkeit an den Mann oder seinen Gewalthaber; allerdings erlöschen auch ihre Schulden, ausgenommen erbliche Schulden.[21] Was sie während ihrer Ehe erwirbt, gehört ihrem Ehemann. An den gemeinsamen Kindern hat sie kein Recht, da diese unter der patria potestas ihres Vaters stehen und dessen Familie fortsetzen. Auch ist sie unfähig zu Rechtsgeschäften und nicht prozessfähig, bleibt aber verklagbar.[22]
Der bisherige pater familias der Ehefrau ist bei der Heirat verpflichtet, dem Ehemann eine Mitgift, das sogenannte dos, zu gewähren. Dieses besteht in Grundstücken, Geld oder anderen Vermögenswerten und dient dazu, dem Ehemann und damit der Ehefrau verbesserte Lebensbedingungen zu bieten.[23]
Die manus-Ehe blieb bis in die Spätzeit der römischen Republik die vorherrschende Eheform; dann verbreitete sich stark die manusfreie Ehe.
Die Frage hierbei ist, ob die manusfreie Ehe ein Vorteil für die Frauen darstellte oder nicht.
Die manusfreie Ehe belässt die Ehefrau unter der Gewalt ihres pater familias, was folgende Konsequenzen hat:
Die Frau verblieb unter der Strafgewalt ihres pater familias, welche bis zum Tötungsrecht reicht. Auch das Recht zur Züchtigung und die Sittenaufsicht werden weiterhin vom pater familias der Frau ausgeübt, einschließlich dem Recht auf Auflösung der Ehe der Frau, auch gegen ihren Willen.
Die Frau ist vermögensunfähig, was sie erwirbt, erwirbt sie ihrem Gewalthaber, also ihrem pater familias.[24]
Erbberechtigt gegenüber dem Ehemann ist eine manusfrei verheiratete Frau nicht, sie besitzt dagegen in ihrer eigenen Familie, die sie ja bei dieser Eheform nicht verlässt, Intestaterbrecht.[25]
Die Frau steht bis Ende des 2.Jhd. n.Chr. in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zu ihren Kindern.
Die dem pater familias unterstehende Frau ist weder geschäfts- noch prozessfähig.[26]
Was die dos anbegeht, so hat die manusfrei verheiratete Frau keine Möglichkeit, während der Ehe auf diese zurückzugreifen; die dos wird bei der Heirat Eigentum des Mannes. Allerdings hat sie nach Beendigung der Ehe - gleichgültig ob durch Scheidung oder Tod des Ehemannes - ein Recht auf Herausgabe der dos.[27] Somit ist die dos als eine Art finanzieller Absicherung der Frau nach der Ehe anzusehen.[28]
Zum Problem des divortium ist zu bemerken, dass es ein sozialer Vorgang war und lediglich durch Sakralordnung und von der Sitte beschränkt wurde. Zunächst konnte die Ehe wohl nur durch den Mann beendet werden, indem er die Frau verstieß; erst später wurde der Frau die Scheidung gestattet, und dann zunächst vermutlich nur bei der manusfreien Ehe.[29]
Betrachtet man vorrangig die Auswirkungen von manus oder manusfreier Ehe auf die Vermögensverhältnisse, so hat die manusfreie Ehe den Vorteil, dass der Vermögensteil des in dieser Ehe lebenden weiblichen Familienmitgliedes bei der eigenen familia verbleibt, wohingegen er bei einer manus-Ehe in die Familie des Ehegatten übergeht; um so mehr, als die manusfreie Ehe völlige Gütertrennung gewährte. Das Vermögen der Frau verblieb in der Familie ihres Vaters, und somit hatten ihre nächsten männlichen Angehörigen Erbrecht darauf.
Starb der Vater. so konnte die Frau selbst und unabhängig von Ihrem Ehegatten Eigentum haben, stand jedoch dabei unter Vormundschaft ihrer agnatischen Verwandten.[30]
Außerdem war eine manusfreie Ehe für eine Frau, deren pater familias noch lebt und die somit unter patria potestas steht insofern günstiger, als das die Chance, dass ihr pater familias vor ihrem Ehemann - welcher ja in der Regel jünger als der pater familias war - sterben würde, größer war und sie somit hoffen konnte, eher sui iuris zu werden.
Allgemein ist zu sagen, dass das Aufkommen der manusfreien Ehe der Frau selbst nicht unbedingt ökonomischen Vorteil einbrachte, und auch keine grundlegenden privatrechtlichen Änderungen. Vorteilhaft war die manusfreie Ehe für Frauen, wenn sie in Verbindung gesehen wird mit dem Erlöschen der patria potestas und dem daraus folgenden Status sui iuris sowie der Entwicklung der tutela mulieris.
Weitestgehend kann man schon davon sprechen, dass die den Frauen gesteckten engen rechtlichen Grenzen sich ausweiten und sich der Frau verstärkt die Möglichkeit bot, finanziell und damit auch im vorpolitischen Raum tätig zu werden.
II.3. tutela
Minderjährigen Kindern ohne pater wurde ein Vormund bestellt, der sogenannte tutor impuberis. Diese Vormundschaft endete für Mädchen mit dem zwölften Lebensjahr, wurde jedoch dann - so noch keine Ehe eingegangen wurde - von der Vormundschaft über die Frau ersetzt, der sogenannten tutela mulieris. Auch eine Frau, welche durch den Tod ihres Vaters oder Ehemannes sui iuris wurde, musste ebenfalls einen tutor haben.
Die Verfahrensweisen, welche zu seiner Bestellung führten, waren unterschiedlich. Im allgemeinen wurden drei unterschiedliche Verfahrensweisen angewandt:
Wenn der Vater oder Ehemann ohne Testament starb, so trat eine Regelung ein und bestimmte einen tutor legitimus, welcher ein agnatischer Verwandter der Frau war.[31]
Der vom Testament bestimmte Vormund war der tutor testamentarius oder dativus; augenscheinlich konnte der testierende Ehegatte es der Frau überlassen, sich einen Vormund zu wählen.[32] Diese Möglichkeit bot der Frau die Chance, sich einen Vormund auszuwählen, welcher ihr nach ihrem Ermessen so wenig Schwierigkeiten wie möglich machen würde.[33]
Schließlich konnte ein Magistrat einer von ihm bestimmten Person die Vormundschaft übertragen.[34]
Der Vormund musste seine Zustimmung geben zu Eheschließungen seines Mündels wie auch für die Bestellung der Mitgift und für die Errichtung eines Testamentes.
Hauptaufgabe des Vormundes einer erwachsenen Frau war augenscheinlich seine Zustimmung oder aber Ablehnung bestimmter Handlungen seines Mündels; Handlungen, welche das Vermögen der Familie betrafen. Hierbei jedoch gab es einen entscheidenden Unterschied. Der Vormund musste seine Zustimmung nur zu solchen Transaktionen geben, welche den Typus von Eigentum betrafen, dass als res mancipi bezeichnet wurde. Dazu gehörten Sklaven, Ochsen, Pferde und Esel ebenso wie Landbesitz in Italien, einschließlich der Gebäude darauf.
Andere, als res nec mancipi klassifizierte Güter waren zum Beispiel Schmuck, Kleider, Möbel, Häuser und Landbesitz außerhalb Italien. Diese Güter konnte die Frau frei veräußern bzw. frei erwerben, ohne die Zustimmung ihres Vormundes einzuholen, so wie sie auch Geld verleihen konnte.[35]
Vergegenwärtigt man sich weiterhin, dass die Frau sich ihren Vormund selbst erwählen konnte, und dieser dabei nicht in verwandtschaftlichem Verhältnis zu ihr stehen musste, so wird die vermögensrechtliche Bedeutung klar. Da der Vormund nun nicht mehr ihrer Familie entstammen musste und deshalb auch kein direkter Erbanwärter der Frau war, so musste er die finanziellen Transaktionen der Frau auch nicht mehr aus dem Blickwinkel einer Überwachung und Bewahrung des Vermögens durch bzw. für die Familie sehen. Dies führte dazu, dass er die tutela nur mehr formal ausübte und der Frau bei ihren Geschäften keine allzu großen Hürden in den Weg stellte.
Sollte keine testamentarische Verfügung der Frau gestatten, sich einen tutor ihrer Wahl zu nehmen, so konnte sie durch eine coemptio tutelae evitandae mit nachfolgender remancipatio und manumissio erreichen, dass die Vormundschaft auf einen Mann ihres Vertrauens überging.[36]
Auf ähnliche Weise konnte die Frau auch erreichen, dass sie testierfähig wurde; sie ging einen Scheinkauf ein und wurde direkt danach an einen Mann remanzipiert, welcher sie freiließ.[37]
Die Auflockerung der tutela mulieris im Laufe der Republik erreichte im Prinzipat ihre Höhepunkte, nämlich mit dem ius liberorum des Kaisers Augustus und der Abschaffung der Agnatentutel durch Kaiser Claudius, obwohl sie de iure noch bis in die Zeit der Spätantike fortzubestehen scheint.[38]
Es werden verschiedene Gründe für den allmählichen Rückgang der tutela genannt. So könnten sakrale Ursachen[39] ebenso wie ökonomische[40] oder aber gar staatsrechtliche[41] Gründe die Ursachen für die zunehmende Bedeutungslosigkeit der tutela mulieris sein.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich durchaus durch die Verbreitung von manusfreien Ehen und die Abschwächung der tutela gewisse privatrechtliche und vor allem vermögensrechtliche Verbesserungen für die Frau ergaben, jedoch nur für die Frau sui iuris.
Jedoch blieb die Frau rechtlich weiterhin grundsätzlich gegenüber dem Mann benachteiligt. Sie bleibt Zeit ihres Lebens unter einer männlichen Gewalt. Sie besitzt ein eingeschränktes Erbrecht und eine eingeschränkte Testierfähigkeit (bis Kaiser Hadrian). Es war ihr nicht gestattet, ein Amt auszuüben oder sich an Wahlen zu beteiligen, als Geschworene zu fungieren oder für andere zu postulieren. Ebenso war ihr die defensio verboten wie auch die in iure cessio. Eine Frau konnte auch weder als curator noch als procurator tätig sein, ebenso wenig eine Adoption oder eine Arrogation vornehmen.
Sieht man all diese Benachteiligungen im staatsrechtlichen Bereich, so scheinen die vermögens- und privatrechtlichen Verbesserungen eher gering zu wiegen.
Betrachtet man jedoch die Bedeutung von politischem und vorpolitischem Raum und ihre Beziehung zueinander, so wird deutlich, dass sich der vorpolitische Raum, der den Frauen Einflussmöglichkeiten gab, tatsächlich durch solche vermögensrechtlichen Erleichterungen wenn auch nicht vergrößerte, jedoch bedeutungsvoller und variantenreicher wurde. Die Möglichkeiten der politischen Einflussnahme stiegen an, insbesondere wenn man sich die Bedeutung von Vermögen in bezug auf militärische Aktionen betrachtet. Politik wurde nunmehr verstärkt durch militärische Aktionen betrieben, und für die Rekrutierung und den Erhalt eines Heeres sowie für die Versorgung der Veteranen waren große Geldmittel erforderlich.
Gelang also mit den Verbesserungen ihrer finanziellen Situation den Frauen eine Verbesserung ihrer politischen Einflussmöglichkeiten? Handelte es sich dabei nur um eine Erweiterung ihrer bisherigen Möglichkeiten der Einflussnahme im vorpolitischen Raum, oder aber entstand eine neue Qualität des Einflusses? Diese Fragen müssen geklärt werden.
III. Ausgewählte Frauen der späten römischen Republik
III.1. Servilia
Servilia, geboren um 100 v.Chr., war die Tochter des Quintus Caepio[42] und der Livia[43], der Schwester des Volkstribunen von 91 v.Chr., des M.Livius Drusus.
Nach der Scheidung von Q.Caepio[44] heiratete Servilias Mutter den M.Porcius Cato, dem sie einen Sohn, den Cato Uticensis, gebar.[45]
Da Servilia die älteste von mehreren Geschwistern und Halbgeschwistern war, kann man ihr schon in früher Jugend Erfahrung und eine gewisse Autorität zugestehen,[46] was ihre Stellung in der ausgehenden römischen Republik verdeutlicht.[47]
Servilia ging zwei Ehen ein; die erste mit M.Iunius Brutus, dem Volkstribunen von 83 v.Chr., welcher 78 v.Chr. verstarb, und die zweite Ehe um 75 v.Chr.[48] mit D.Iunius Silanus[49] dem Konsul von 62 v.Chr.[50]., der wahrscheinlich nur kurze Zeit später, um 60 v.Chr. verstarb; aus dieser Ehe stammen drei Töchter, von denen eine den späteren Caesarmörder Cassius ehelichte und eine andere den späteren Triumvirn Lepidus.[51]
Servilias Sohn aus erster Ehe war Marcus Iunius Brutus, der spätere Caesarmörder. Diesen Sohn erzog sie in der Tradition der servilischen Vorfahren[52], denn M.Iunius Brutus entstammte sowohl väterlicherseits als auch mütterlicherseits[53] dem servilischen Geschlecht[54], so dass man eine besondere Wertschätzung hierfür bzw. eine besondere Verpflichtung unterstellen darf.
Noch bevor Servilia in nähere Beziehung zu C.Iulius Caesar kam und somit in den Kreis politischen Geschehens trat, kann man anhand der Ehen ihrer Töchter erahnen, das diese Frau Einfluss und Ansehen in der römischen Aristokratie hatte.[55]
Servilia, eine der Schwestern des Brutus, war die Gattin des P.Servilius Isauricus, cos. 48 v.Chr. und 41 v.Chr.[56] ; Servilius Isauricus entstammte dem plebejischen Zweig der Servilier.[57] ; sie war eventuell verlobt mit dem jungen C.Octavius, welcher dann jedoch Claudia heiratete[58], die Tochter der Fulvia und des P.Clodius Pulcher. Schließlich war eine Schwester - Iunia - mit dem späteren Triumvirn M.Aemilius Lepidus (cos. 46 v.Chr.) vermählt, wobei aus dieser Ehe mindestens ein Sohn entspross, welcher mit einer Servilia verheiratet war, wohl einer Enkelin der Brutus-Mutter Servilia.[59] Die dritte Tochter der Servilia - genannt Iunia Tertia oder Tertulla - war mit C.Cassius verheiratet, dem späteren Caesarmörder.[60]
Dies zeigt eine Heirats- und Familienpolitik, wie sie in den Kreisen der römischen Aristokratie üblich war.
Diese Schwiegersöhne wurden von Caesar mit hohen Ämtern bedacht,[61] was ein Indiz für eine nähere Beziehung der Servilia zu Caesar darstellen könnte. Die Meinung, dass Servilia die Geliebte des Caesar war,[62] suchte man oftmals über dessen Verhältnis zu ihrem Sohn Brutus zu belegen[63], der im Verdacht stand, ein natürlicher Sohn des Caesar zu sein.[64]
Augenscheinlich gab es Beziehungen zu Caesar, welche als ein Liebesverhältnis gedeutet werden können. So berichtet Sueton von einem wertvollen Perlengeschenk Caesars an Servilia im Jahre 59 v.Chr.[65] ; wobei jedoch zu beachten ist, dass sowohl Caesar - nach der Scheidung von Pompeia - als auch Servilia nach dem Tod ihres zweiten Gatten ungebunden waren und somit eine eheliche Verbindung[66] hätten anstreben können. Mit einer Art Heiratsantrag wäre dieses kostbare Geschenk durchaus zu erklären; dass Caesar letztlich die junge Calpurnia heiratete, könnte man mit einem Wunsch nach einem Erben erklären.
Auch gibt es die Überlieferung, dass Servilia derart in Caesar verliebt gewesen wäre, dass sie ihm sogar in den Senat Liebesbriefe sandte, die Caesar auch an Ort und Stelle las;[67] daraufhin kam es zu einer Auseinandersetzung mit Cato minor, dem Halbbruder[68] der Servilia.[69]
[...]
[1] Zu den Begrifflichkeiten siehe H.Münkler
[2] Flaig, S.77-129
[3] Zur römischen Nobilität siehe Hölkeskamp und Münzer.
[4] Kaser, S.66; von Hesberg-Tonn, S.14f. Auf die Sonderstellung von Frauen als Priesterinnen soll in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden.
[5] Kaser, S.56; von Hesberg-Tonn, S.23
[6] Kaser, S.61f.
[7] von Hesberg-Tonn, S.22
[8] von Hesberg-Tonn, S.22
[9] Gardner, S.11f.
[10] Kaser, S.68; von Hesberg-Tonn, S.23
[11] Gardner, S.12f.
[12] Kreck, S.14; Gardner, S.17; Dig.23,1,11-12 Die Tochter muss zwar in Ehe und Verlobung einwilligen, jedoch wird ihr Widerspruch nur gestattet, wenn sie moralische und sittliche Einwände gegen den Erwählten vorzubringen hat. Überdies dürfte bei Verlobungen im Kindesalter diese Zustimmung Formsache gewesen sein.
[13] von Hesberg-Tonn, S.25f. beschreibt hier eine ganze Reihe dieser Einschränkungen.
[14] Gardner, S.18
[15] von Hesberg-Tonn, S.37
[16] Kaser, S.72f.
[17] von Hesberg-Tonn, S.37f.; Kaser, S.76ff. Die drei Formen der Eheschließung - confarreatio, coemptio und usus werden hier näher beschrieben.
[18] Kaser, S.79
[19] von Hesberg-Tonn, S.38f.; Gardner, S.20 Umgangen werden konnte die manus durch das trinoctium, d.h. das Fernbleiben der Frau drei Nächte hintereinander vom Haus innerhalb eines Jahres, siehe Gaius I, 111. Da dies ausdrücklich auf eine Bestimmung des Zwölftafel-Gesetzes zurückgeht, so ist anzunehmen, dass manusfreie Ehen bereits in der Frühzeit der Republik geschlossen wurden.
[20] von Hesberg-Tonn, S.40-43; Kaser, S.79; Gaius I,111; II, 159
[21] Gaius III,84
[22] von Hesberg-Tonn, S.40f.; Kaser, S.80
[23] Kaser, S.332. Der Ehemann war sittlich verpflichtet, die Frau an seinem Lebensstandard teilhaben zu lassen und ihr gegenüber Unterhalt zu gewähren.
[24] von Hesberg-Tonn, S.32f.
[25] Kreck, S.19
[26] von Hesberg-Tonn, S.32f.
[27] Kaser, S.332ff. schreibt, dass die Ehefrau bei Missbrauch der dos seitens des Mannes die Scheidung androhen kann, aber keinen Rechtsanspruch auf Bestellung der dos während der Ehe hat. Dazu auch von Hesberg-Tonn, S.33.
[28] Kreck, S.19
[29] Kaser, S.81ff.; Kreck, S.19
[30] Gardner, S.21
[31] Kaser, S.88; Gardner, S.22ff.
[32] Kaser, S.308
[33] Da die Frau sich auch mehr als nur einen Vormund erwählen konnte, sprich sich für verschiedene Geschäfte verschiedene tutoren erwählen konnte, liegen die Vorteile klar zutage. Eine eventuelle vorherige Einigung mit dem zu bestimmenden Vormund über ein zu tätigendes Geschäft dürfte häufig gewesen sein. Allerdings galt dieser Vorzug jedoch nur für Witwen aus manus-Ehen, und diese Form der Ehe ging in der späten Republik stark zurück.
[34] Gardner, S.22ff.
[35] Gaius II 14-19; II 80-85
[36] Gaius I, 115; Kaser, S.308
[37] Gaius I, 115; II, 112; Kaser, S.324. Seit einem SC unter Kaiser Hadrian sind Frauen sui iuris grundsätzlich immer testierfähig.
[38] Das ius liberorum nach der lex Iulia et Papia Poppea besagte, dass freigeborene Frauen mit drei Kindern, freigelassenen Frauen mit vier Kindern gänzlich von der tutela befreit sind. siehe auch Gaius I, 145. 195
[39] Kreck, S.28f. Anm.110 Hier wird die Annahme diskutiert, dass die Vorbildwirkung der vestalischen Jungfrauen einen Rückgang der tutela bewirkten.
[40] Kreck, S.29f. Die Autorin sieht das Aufkommen der Geldwirtschaft und somit des mobilen Vermögens als Hauptursache des Verschwindens der tutela an und verneint kategorisch die anderen genannten Gründe.
[41] von Hesberg-Tonn, S.57. Den Aspekt der sich verstärkenden Tendenz des Staates, in den vermögensrechtlichen Belangen Kompetenz zu erlangen sieht die Autorin als Hauptursache des Verschwindens der tutela.
[42] Plut.Cato minor 1,1
[43] Plut.Cato minor, 1,1
[44] Münzer, S.296
[45] Plut. Cato minor 1
[46] Ascon.Scaur.17
[47] Balsdon, S.54f.; Bauman, S.73
[48] Münzer, S.349
[49] Cicero, Brutus 240
[50] Plut.Cato minor 21,2
[51] Schuller, S.51
[52] Cic., Phil. II 26; siehe auch Plut.Brutus 1; das Brutus späterhin Münzen mit dem Bildnis gerade des Servilius Ahala prägen ließ, der 439 v.Chr. den Spurius Maelius, welcher angeblich nach der höchsten Macht strebte, tötete, lässt einmal seine Verbundenheit mit seinen Ahnen erkennen und zum anderen die Verpflichtung gegenüber der Tradition, die republikanischen Grundlagen zu bewahren und gegen Diktatoren vorzugehen; zu Servilius Ahala siehe Livius IV 13; 14
[53] Plut.Caesar 62
[54] Cic.Phil. X 14
[55] Schuller, S.51
[56] Dio gibt für das zweite Konsulat das Jahr 42 v.Chr. an,; Dio XLVII 16
[57] Münzer, S.257
[58] Dio XLVI 56,3
[59] Vell.II 88
[60] Münzer, S.351
[61] Plut.Caes.37,1; Dio XLI 43; App.b.c.II 196; Dio XLIII 1; Plut.Ant.16
[62] Schuller, S.51
[63] Sueton, Caes. 50; Plut.Caes. 62; Plut.Brut.5,1
[64] Plut.Brut.5,1; P.Walcot, Plato´s mother and other terrible women, in: I.McAuslan/P.Walcot, Women in Antiquity, S.124
[65] Sueton, Caes.50
[66] Balsdon, S.55; Bauman, S.75
[67] Plutarch berichtet, dass Servilia heftig verliebt gewesen sei in Caesar und von jenem verführt wurde, auch stand sie eben wegen dieser Beziehung in „üblem Ruf“, Plut.Cato minor 24; Plut. Brutus 5
[68] Plut. Cato minor 1; 21,2
[69] Bauman, S.75
- Citation du texte
- M.A. Diana Beuster (Auteur), 1999, Der politische Einfluss der Frauen in der späten Römischen Republik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16246
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