Das Menschen-gesellschaftliche Leben erfordert zum einen definitiv die Beziehungsaufnahme, zum anderen bleibt die geheime Sehnsucht nach der unerfahrbaren, einer bisher nicht dagewesenen, also in diesem Sinne nicht abhängigen und ungekannten Existenz des Einzelnen.
Diese Sehnsucht drückt sich heute in vielfältigen Formen gesuchter oder erlebter Grenzerfahrungen über kulturelle, soziale und mentale Unterschiede hinaus aus. - Die Erfahrung als solche ist eine individuelle, denn sie wird jeweils allein gemacht; deshalb hat sie isolierenden Charakter und stellt keine solide Grundlage für ein über die Erlebnisgrenze des Einzelnen hinausreichendes Beziehungsangebot dar.
Im menschlichen Erleben der heutigen Zeit entsteht zunehmend eine Dynamik, die sich zwischen Individualerlebnis und Beziehungskonstrukt bewegt, wobei letzteres eben die Hinwendung zum Anderen, zum Fremden, zum Nicht-Eigenen unbedingt erfordert und damit in völligem Gegensatz zum Individualerlebnis steht. Das Individualerlebnis erfährt nun im Zuge zunehmender Isolations- und Vereinzelungserscheinungen in der Gesellschaft eine symbolische Verstärkung.
Die oben benannten Vorgänge, Beobachtungen und Erfahrungen werden in den einzelnen Kapiteln literarisch bearbeitet um dem gewählten Arbeitstitel „Zur ambivalenten Beziehungsdynamik von Sucht“ gerecht zu werden. Ziel ist es, die Sichtweise des Begriffs der Sucht abzuwandeln und vielleicht eine neue Dimension für ihr Verständnis zu eröffnen. Das von der Sucht beeinflusste menschliche Beziehungsgeschehen wird eingehend untersucht, und die Bedeutung des Themas Sucht in seiner gesamtgesellschaftlichen Dimension dargestellt.
Den Begriff der Ambivalenz wird sowohl im psychologischen Sinne für »einander entgegen gesetzte Gefühle«, als auch im Sinne von »Doppelwertigkeit« und »Zwiespältigkeit« verwendet. Ein Hauptaugenmerk soll dabei auf die im Suchtgeschehen etablierten Widersprüche gerichtet werden, die letztlich den Zwiespalt im Beziehungsgeschehen des Menschen ausmachen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- Zur Konstitution von Beziehung
- Darstellung des Subjekt-Objekt-Verhältnisses
- Das Eltern-Kind-Verhältnis und seine Bedeutung für die Beziehungsfähigkeit des Menschen
- Das Mensch-Welt-Verhältnis als Sozialisationsleistung
- Lust und Unlust als Antagonismus
- Zur Pathogenese von Sucht
- Zur Definition von Sucht
- Etymologischer und philosophischer Ansatz
- Psychologischer Ansatz (nach S.Scheerer)
- Der Ansatz der Objektbeziehungs-Theorie
- Ableitung und Folgerung
- Sucht und der Krankheitsbegriff
- Sucht als abweichendes Verhalten
- Zur Definition von Sucht
- Der Süchtige als Objekt
- Rauscherleben als Abtrennung der Wirklichkeit?
- Subjektivität des Rauscherlebens
- Sehn-Sucht
- Droge und Ritual
- Die süchtige Beziehungsgestaltung
- Objektfixierung und Isolation
- Symbiose
- Co-Abhängigkeit
- Narzißmus als Form moderner Selbst-Sucht
- Exkurs: Drogen, Sucht und Tabu
- Der Begriff der psychischen Krankheit
- Zur Therapierbarkeit von Sucht
- Sucht-Hilfe im Sucht-System
- Soziale Arbeit als Entwicklungshemmung
- Eine produktive Hilfe-Konzeption
- Abgewandeltes Klärungsmodell für Veränderungsprozesse
- Mögliche Lern- und Handlungsalternativen
- Schlusswort — Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der ambivalenten Beziehungsdynamik von Sucht. Sie analysiert die Entstehung und Ausprägung von Sucht im Kontext menschlicher Beziehungen und gesellschaftlicher Strukturen. Die Arbeit zielt darauf ab, ein tieferes Verständnis für die Komplexität von Sucht und deren Einfluss auf das individuelle Erleben und die Gestaltung von Beziehungen zu entwickeln.
- Die Konstitution von Beziehung als Spannungsfeld zwischen Individualerlebnis und Beziehungskonstrukt
- Die Pathogenese von Sucht und ihre unterschiedlichen Definitionen
- Die Gestaltung von Beziehungen unter dem Einfluss von Sucht
- Der Narzißmus als Form der modernen Selbst-Sucht
- Die Rolle von Tabus und der Begriff der psychischen Krankheit im Kontext von Sucht
Zusammenfassung der Kapitel
Das zweite Kapitel der Arbeit widmet sich der Konstitution von Beziehung. Es wird erläutert, wie das Individuum in einem Spannungsfeld zwischen Selbstwahrnehmung und Bezugnahme zur Außenwelt lebt. Die Bedeutung des Eltern-Kind-Verhältnisses für die spätere Beziehungsfähigkeit des Menschen wird hervorgehoben, wobei die Rolle von Erziehungsstilen und deren Einfluss auf die Entwicklung des Selbstwertgefühls beleuchtet wird. Das Mensch-Welt-Verhältnis wird als Sozialisationsleistung betrachtet, die den Menschen in eine komplexe Welt von Anforderungen und Erwartungen einführt. Schließlich werden Lust und Unlust als antagonistische Kräfte dargestellt, die das menschliche Triebgeschehen bestimmen.
Das dritte Kapitel beleuchtet die Pathogenese von Sucht. Es werden verschiedene Definitionen von Sucht aus etymologischer, philosophischer und psychologischer Perspektive vorgestellt. Der Ansatz der Objektbeziehungs-Theorie wird im Detail behandelt, wobei die Sucht als Folge einer gestörten Ich-Funktion und einer fehlenden Differenzierung zwischen Innen- und Außenwelt betrachtet wird. Der Krankheitsbegriff wird in Frage gestellt und Sucht als ein Symptom gesamtgesellschaftlicher Bedingungen interpretiert. Schließlich wird das Konzept des abweichenden Verhaltens diskutiert und die gesellschaftliche Produktion von Normen und deren Einfluss auf die Definition von "normalem" und "abweichendem" Verhalten analysiert.
Das vierte Kapitel beschreibt den Süchtigen als Objekt. Es wird das Rauscherleben als eine Form der Abtrennung von der Wirklichkeit betrachtet, die dem Individuum eine andere, subjektive Realität eröffnet. Die Sehnsucht nach einer jenseits der Realität liegenden Welt wird im Kontext der Sehn-Sucht und der rituellen Bedeutung von Drogengebrauch beleuchtet. Die Subjektivität des Rauscherlebens wird hervorgehoben und die Ambivalenz zwischen dem Streben nach dem Rausch und der Notwendigkeit der Integration in die gesellschaftliche Realität analysiert.
Das fünfte Kapitel behandelt die süchtige Beziehungsgestaltung. Es werden verschiedene Formen von Beziehungen beschrieben, die durch Sucht geprägt sind, wie Objektfixierung und Isolation, Symbiose und Co-Abhängigkeit. Die Objektfixierung wird als eine Form der Beziehung definiert, die durch das Streben nach Harmonie und die Vermeidung von Nähe gekennzeichnet ist. Die Symbiose wird als eine destruktive Form der Beziehung betrachtet, die durch eine starke Verstrickung der Partner und die Verleugnung von Autonomie geprägt ist. Die Co-Abhängigkeit wird als ein durch die Sucht dominiertes Interaktionsgeschehen beschrieben, in dem das Verhalten, Denken und Empfinden der Partner durch die Sucht des anderen gesteuert wird.
Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit dem Narzißmus als Form der modernen Selbst-Sucht. Es wird die Entwicklung des Selbst in der Beziehung zu den Objekten erläutert und der primäre Narzißmus als ein Zustand der frühen Kindheit beschrieben, in dem das Individuum zwischen sich und der Umwelt nicht unterscheiden kann. Der Narzißmus wird als ein Verlangen nach absoluter Unabhängigkeit und der Vermeidung von Frustration interpretiert. Die gesellschaftlichen Bedingungen, die zur Entstehung von Narzißmus beitragen, werden analysiert und die Rolle der Erziehung im Kontext von Selbst-Sucht beleuchtet.
Das siebte Kapitel widmet sich dem Thema Drogen, Sucht und Tabu. Es wird die gesellschaftliche Ambivalenz gegenüber Drogen und Rausch beleuchtet und die Rolle von Tabus in der Konstruktion von "normalem" und "abweichendem" Verhalten analysiert. Die Bedeutung von Drogen für die Kunst und Kultur wird hervorgehoben und die moralische Bewertung von Drogengebrauch durch die Gesellschaft kritisch betrachtet.
Das achte Kapitel befasst sich mit dem Begriff der psychischen Krankheit. Es wird die Entstehungsgeschichte der modernen Psychiatrie und die Konstruktion des Krankheitsbegriffs als ein sozialer Prozess beschrieben. Der Mythos der psychischen Krankheit wird in Frage gestellt und die Bedeutung von Metaphern in der Kommunikation und der Gefahr der Subsumierung von Menschen unter Begriffen analysiert.
Das neunte Kapitel behandelt die Therapierbarkeit von Sucht. Es werden verschiedene Ansätze zur Behandlung von Sucht vorgestellt und die Schwierigkeiten der Therapie im Kontext der Systemimmanenz von Sucht analysiert. Die Rolle von Suchthilfe im Suchtsystem wird kritisch betrachtet und die Gefahr der Co-Abhängigkeit von Helfern und Klienten hervorgehoben. Schließlich wird ein alternatives Modell für eine produktive Hilfe-Konzeption vorgestellt, das auf einer positiven Motivation durch Glauben und Glaubenssätze basiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Beziehungsdynamik, Sucht, Abhängigkeit, Narzißmus, Tabu, psychische Krankheit, Gesellschaft, Sozialisation, Individualisierung, Objektbeziehung, Symbiose, Co-Abhängigkeit, Therapierbarkeit, Hilfe-System, Sozialarbeit und Veränderungsprozesse. Die Arbeit beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen Sucht, menschlichen Beziehungen und gesellschaftlichen Strukturen und zeigt die Ambivalenz und die Herausforderungen, die mit dem Umgang mit Sucht verbunden sind.
- Citar trabajo
- Harms Waldmann (Autor), 1997, Zur ambivalenten Beziehungsdynamik von Sucht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1622
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